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Einzelposting: Was haltet ihr von den Büchern?


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Von:    Mina_Murray 15.05.2011 15:44
Betreff: Was haltet ihr von den Büchern? [Antworten]
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Ich bin gerade mit der Reihe fertig geworden und sehr "begeistert" - denn das Ende macht mich im positiven Sinne auch fertig und lässt mich nicht mehr los. Von der politischen Seite her finde ich es perfekt, gerade, was mit Coin passiert und eine andere zur Präsidentin gwählt wurde. Und das Gefühl von "das Leben geht weiter und ist sogar etwas besser" am Ende. Wiederaufbau, aber Narben. Das richtige, melancholische Gefühl für den Schluss dieser Reihe, so wie bei Muse's Exogenesis Symphony.

Ich hatte ja ein paar enttäuschtere Meinungen zu den Folgebänden gelesen und hatte auch kleine Zweifel, ob der in sich recht gut abgeschlossene Band Fortsetzungen braucht, wenn es dann in ein Liebesdreieck und unglaubwürdige Weltverbesserung ausartet, aber das ist keineswegs der Fall. Ich finde die Folgebänder sogar besser, weil die Dystopie im ersten Band quasi nur als Erklärung für die Hungerspiele dient, aber nicht besonders tiefgründig erläutert wird. In den nächsten Büchern ist es anders und super dargestellt. In Band 2 zuerst die Tour, die gute Beispiele zur Rebellionssituation liefert und somit an der Oberfläche mehr als nur kratzt und dann wieder ein sehr guter Actionteil mit dem Quarter Quell, der knapper, aber noch spannender ist. An Band 2 stört mich eigentlich nur Katniss' Unentschlossenheit zum Thema Flucht, Rebellion oder Konformität, wo ich nach einigen Malen nicht mehr mitgekommen bin, ihre Gründe zu verstehen. Die Unsicherheit ist realistisch, aber doch etwas zu viel.

Band 3 ist das etwas zwiespältiger. Zwar empfinde ich einige Ideen als die besten der Reihe, andere wiederum finde ich eher nervig. So ist Peetas Gehirnwäsche schon ein wenig klischeehaft und zu oft gesehen, wenn es mit der Liebe sonst zu schnell ginge. Ich denke zwar, dass man seine Gefühle für Katniss nicht komplett auslöschen kann, da sie immer wieder zurückkehren würden (siehe Shirley Fenette), aber am Schluss geht es dann schon ein wenig einfach und unromantisch. Das ist ein weiteres Stichwort, die Liebe kommt sehr stark zu kurz. In den ersten Bänden kann ich verstehen, dass Katniss weder Zeit noch Wille noch Chance für romantische Gefühle hat, aber ich dritten Band verstehe ich ihr Eisblockverhalten immer weniger. Schon aus freundlichen Gefühlen hätte sie etwas netter zu Gale sein können, à la ein paar Umarmungen. Und dass ihn ziemlich gleichgültig gefangen nehmen lässt, stört mich auch extrem. Für Peeta hätte sie bestimmt alles getan (daran merkt man schon, dass aus ihr und Gale nichts werden kann), aber ihn stehen lassen, um aus egoistischen Gründen zu Snow zu gehen, finde ich herzlos und undankbar. Zumal sie eh beide Jungs immer zum Trösten missbraucht hat, auch wenn es sonst verzeihlich gewesen ist. Allgemein finde ich den Actionteil im dritten Band am schwächsten und längst nicht so spannend wie die Hungerspiele. Auch wegen Finnicks sehr unspektakulärem Tod -.-
Ihre selbstmörderische Leere nach Prims Tod ist mal etwas anderes und die Szene mit Buttercup hat mich wie sehr selten beim Lesen zum Heulen gebracht, aber das davor ist wieder mal ihr typisches Eisblockverhalten. Das ist wohl von der Autorin so gewollt, um auch ihre Unzurechnungsfähigkeit zu erklären, aber sympathisch ist es mir nicht. Aber Charaktere können ja ruhig Ecken und Kanten und Fehler haben. Ebenso ihre Stimme für die Kapitol-Hungerspiele. Ich finde, das hat doch nichts mit Rache zu tun, wenn man die unschuldigen Kinder umbringt. Die Politiker haben "Mist gebaut" und die Kapitolleute waren ignorant, aber letztendlich nicht schuldig.
Auch nervig sind Katniss' ständige Krankenhausaufenthalte, gerade nach Prim denkt man nur "nicht schon wieder!"

Der Gefühlsausbruch ist unbedingt nötig gewesen, darauf konnte man ja die ganze drei Bände warten. Prims Tod ist zudem ein essentielles Ereignis, da Katniss es schafft, ohne sie weiterzuleben und das eine wichtige Aussage zum Schluss. Irgendwie lebt man weiter, denn das Leben muss weitergehen und sich für andere zu opfern macht niemanden glücklicher. Genauso wie die Menschheit sich immer weiterentwickelt, ob nun zum guten oder schlechten.
Und somit bin auch schon bei den guten Seiten. Wie gesagt, Coins Ende ist gut inszeniert. Statt emotional bedeutungslos Snow zu erschießen, sucht Katniss die Möglichkeit, die Wahrheit zu finden. Ich denke, eine Person, die plötzlich Staatsoberhaupt wird, kann die Sache besser machen, als jemand, der jahrelang darauf hingearbeitet hat, weil sie noch Ideale und Ziele erkennen kann und nicht von Ehrgeiz zerfressen und korrumpiert ist. Ähnliches gilt so auch für Katniss, die auch eher gezwungen wird, zum Gesicht der Rebellion zu werden. Der ganze erste Teil des Buches hat mich sowieso sehr stark an Code Geass erinnert, wegen der theatralischen Reden und Kostüme und der Untergrundorganisation, die sich zum Hauptkriegsfeind mausert. Auch die Wichtigkeit der Medien ist ein interessanter Punkt, welcher zwar in allen Bänden essenziell ist, aber gerade im dritten Buch noch mal eine Verbindung zu unserer Gesellschaft aufbaut. Nämlich die Manipulation durch und von Medien. Faszinierend zu Beginn finde ich die Diskussion zwischen Katniss und Peeta, die quasi nur medial stattfindet.

Insgesamt wahrlich eine Top-Buchreihe, eine sehr gute Dystopie nicht nur für Jugendliche und für mich sicher schon in den Büchern des Jahres.
"Natürlich muss Gott nicht unbedingt von menschenähnlicher Gestalt sein. Oder das, was wir in unserem maßlosen Egoismus und unserer Gefühlsduselei 'einen anständigen Kerl' nennen. Aber wahrscheinlich gibt es Gott." - Gabrielle in "Der Fürst der Finsternis"

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