Auftrag
Kapitel 17 - Auftrag
Ohne seinen Blick von dem Punkt, wo er Kagome zum letzten Mal sah, abzuwenden, gebot er dem Diener: "Tue es! Wenn Daisuke wieder auftaucht, will ich ihm angemessen entgegen treten."
Der Diener erhob sich bereits in die Luft, noch bevor die letzte Silbe Narakus Mund verlassen hatte. Dessen Blick folgte dem Vogeldämon und dann lachte er. "Ich bin endlich frei und sie gehört bereits mir Inuyasha, denn diesmal werde ich nicht zulassen, dass du dich einmischst."
Seine Zähne blitzten in der Sonne und seine Lippen hielten das triumphierende Lächeln aufrecht, während er Pläne schmiedete, wie er den Nebenbuhler loswurde. Bereits vor Wochen legte er den Grundstein und jetzt konnte er den dafür ausgesuchten Handlanger auf Inuyasha ansetzen.
Bis zu der Rückkehr des Falken verging leider nicht viel Zeit, deswegen unterbrach er seine Gedanken und nahm die mitgebrachten Sachen entgegen. Später, bekleidet mit einem lilafarbenen Hakama und Haori, die Füße in Weiß, band er sich zum Schluss den ebenso weißen Obi um. Danach trat der Dämon, nun in menschlicher Gestalt, an den See und suchte nach einem Anzeichen, doch vergebens. Das Wasser, undurchdringlich gab seine Geheimnisse nicht preis. So konnte er nur warten und rätseln, welches Erlebnis dem Herr der Falken gerade widerfuhr.
Kaum tauchte Daisuke in das Wasser ein, umgab ihn ein Kokon aus Licht, spendete Sauerstoff und zog ihn bis zum Boden hinunter. Der Herr der Falken spürte die Macht seiner Vorfahren, sie lockte ihn und prüfte seine Herkunft. Ruhig harrte er aus und wurde alsbald für seine Geduld belohnt. Ein älterer, jedoch geisterhafter Dämon, halb durchscheinend, erschien: "Mein Sohn, willkommen zu Hause."
Der Lebende kniete nieder, zeigte Ehrfurcht und bat: "Verzeiht, verehrter Vater, weil ich nicht früher erschien."
Mit einer Handbewegung und den Worten gab der Geist zu verstehen: "Erhebe dich Daisuke. Dich gelüstet es nicht nach Macht, aber du wirst sie brauchen, denn dir ist es bestimmt, sie zu beschützen."
"Wen?", wollte der Lebende wissen.
"Die Miko Kagome", offenbarte der Vater und forderte, "also höre mir genau zu, denn meine Zeit in dieser Welt neigt sich dem Ende! Dieser Spinnendämon, dem du zurzeit dienst, ist die Reinkarnation des gefährlichen Naraku. Seine Macht ist geringer als früher, trotzdem rate ich dir, dein Erbe anzutreten. Den Grund nenne ich dir sofort. Das Gute und das Böse müssen immer im Gleichgewicht sein. Sie bilden eine Einheit und nichts darf sie stören. Da es zwischen dieser Frau und dem neugeborenen Himitsu eine seelische Verbindung gibt, sollten ihre Herzen symbolisch verschmelzen, sonst nimmt das Böse überhand."
Mit einem nachdenklichen Ausdruck auf den Zügen fasste Daisuke zusammen: "Du meinst die Miko und der Dämon müssen den Bund eingehen, damit Himitsu kein Unheil in der Welt stiftet."
Der Geist bestätigte die Vermutung und erweiterte den Umstand: "Nicht nur. Kagome muss außerdem lernen, das Böse als Teil des Ganzen zu akzeptieren. Davon ist unsere Existenz abhängig, denn das Schicksal legt ihr eine Prüfung auf. Wenn sie den wiedergeborenen Naraku für seine Pläne mit ihr verachtet, steht zu befürchten, das sie mit dieser spirituellen Macht ausgestattet, die Dämonen bekämpft."
"Ich soll also vermitteln", murmelte der Falkenherr und blickte zu Boden. Sobald er den Kopf hob, weiteten sich seine Augen. "Vater", rief er, konnte aber nicht verhindern, dass der Geist sich auflöste. Dessen letzte Worte schwebten herüber wie ein Hauch: "Du bist nun mein Erbe. Regiere stets Weise!"
So viele Fragen lagen Daisuke auf den Lippen, besonders die junge Miko betreffend, doch er akzeptierte, dass er keine jemals stellen konnte. Deswegen musste er seinen eigenen Weg gehen und für den Fall, er traf falsche Entscheidungen, mit den Konsequenzen leben.
"Ich werde dich nicht enttäuschen Vater", versprach der gefiederte Dämon. Im nächsten Augenblick pulsierte das Wasser um ihn herum, begann zu brodeln und er spürte, wie neue Kraft ihn durchfloss. Die Wucht traf ihn zuerst schmerzhaft, bis seine Energie sich mit denen seiner Vorfahren vereinigte. Die Blase löste sich auf und er verwandelte sich in seine wahre Gestalt. Bevor ihm der Sauerstoff ausging, schnellte Daisuke an die Oberfläche und breitete seine Schwingen aus. Einmal kreiste er über dem See und landete danach bei Himitsu, ohne seine Überraschung ihn nun menschlich zu sehen, zu zeigen.
Der Spinnendämon beobachtete den See und spürte die Erschütterungen unter seinen Füßen. Eine starke dämonische Energie wurde freigesetzt und weckte Narakus Neid. Damit wäre er mindestens so mächtig wie früher und konnte es mit einem Daiyoukai aufnehmen, doch stattdessen steckte er in dem Körper eines schwachen Dämons. Anderseits gab es etwas, das ihm erhalten blieb. Er konnte intrigieren. Macht war nutzlos, wenn er sie nicht sinnvoll einsetzen konnte. Bei dem Gedanken erhellte ein kurzes Lächeln sein Gesicht und er ging die wenigen Schritte zu dem Falken, dessen Gestalt nun größer wirkte.
"Bevor du in den See abtauchtest, hast du mich etwas gefragt. Ich benötige weiterhin die Dienste deines Clans", begann die Spinne zu sprechen.
Daisuke unterbrach ihn: "Als Beobachter und Boten jederzeit. Mach dir die Miko zu eigen, verschone aber den Prinzen des westlichen Reiches. Jeden Mord, der auf meinem Grund geschieht, werde ich ahnden."
Der Spinnenhafte Lord wollte schon antworten, da hob der Falke seine Hand und so pausierte er, um weiter zuzuhören.
"Bedenke den Lord des Westens! Außerdem, wenn ihr Kagomes Herz gewinnen wollt, dürft ihr nicht verantwortlich für den Tod ihres Gefährten sein", warnte er noch, behielt aber sein Wissen über die Abstammung der Spinne geheim. Vielleicht konnte er diese Information später gut gebrauchen.
Naraku überdachte seine Optionen, änderte seine Pläne und beschloss den Falken im Auge zu behalten. Dessen Bereitschaft ihm zu helfen, weckte seinen Verdacht. Dennoch brachte Daisuke logische Argumente vor, die es zu beachten gab. Trotz das er gewissermaßen klein beigab, verlor er nicht sein Ziel aus den Augen. Um Kagome zu bekommen, konnte er Kompromisse eingehen.
Er bat: "Bringe mich ins Schloss und dein Diener soll sich aufmachen, um den Weg des Hanyou zu verfolgen!"
Ein Nicken seines Herrn genügte dem niederen Dämon und er befolgte den Befehl. Daisuke verwandelte sich, wartete, bis die Spinne ebenfalls ihre tierische Gestalt angenommen hatte, und strebte dann dem Anwesen zu.
Kapitel 18 - Heimtücke