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Vergissmeinnicht

von

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Letzte Vorbereitungen


 

♥ Taichi ♥
 

Taichi saß mitten in seinem Zimmer und konnte jeden Tag beobachten, wie seine Habseligkeiten immer weniger wurden und in Kisten verschwanden, die sich bereits stapelten.

Die letzten Wochen vergingen wie im Fluge und der Tag der Tage war gekommen.

Sein Umzug nach Matsue stand unmittelbar bevor. Bereits morgen Nachmittag würde er sich gemeinsam mit seiner Mutter auf den Weg in seine erste eigene Wohnung machen.

Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie aufgeregt er war!

Es war das erste Mal, dass er vollkommen auf sich gestellt war und alleine klarkommen musste.

Eine große Herausforderung, auf die er sich jedoch auch schon sehr freute.

Dennoch gab es auch Zweifel, die sich in seinem Innersten manifestiert hatten.

Was wenn er es alleine nicht schaffen würde?

Wenn er feststellte, dass ihm alles aus den Fingern glitt, sein Studium zu viel und das Stipendium nicht ausreichen würde, um seinen Traum zu verfolgen?

Was wenn er nicht gut genug war?

Was wenn er versagte?

Er schüttelte sich bei dem Gedanken, da er wusste, dass er solchen Spekulationen keinen Raum lassen sollte. Er musste doch positiv in die Zukunft starten und mutig alle Herausforderungen trotzen!

Doch etwas hielt ihn am Boden.

Es war stärker als die Schwerkraft, die ihn am Abheben hinderte. Viel mehr spürte er diese negative Energie schon länger, da sich sein Leben von heute auf Morgen verändert hatte.

Das erste Mal seit langem hatte er unbändige Angst.

Auch die Tatsache, dass sich seine Freundschaften und Beziehungen verändern könnten, machten ihm mehr zu schaffen als er zugeben wollte.

Mit Mimi hatte er in den letzten Wochen fast jede freie Minute verbracht und jede einzelne Sekunde mit ihr genossen. Seit einigen Tagen spürte er ebenfalls eine Veränderung, die er auf den baldigen Abschied schob. Alles fühlte sich auf einmal so intensiv an. Jede Berührung, jeder Kuss, jedes Wort hinterließen tiefe Spuren in seinem Herzen – so als wolle er die Momente sammeln wie in einem Fotoalbum, um sie nicht zu vergessen.

Er seufzte gequält und bewegte seine Beine, die im Schneidersitz bereits eingeschlafen waren.

Vor ihm befand sich seine Vergangenheit, die ihm so viel Leid aber auch gleichzeitig unendliches Glück bereitet hatte.

Er war nicht der typische Sammler, aber dennoch hob er einige Erinnerungsstücke auf, die ihm besonders am Herzen lagen.

Glücklich betrachtete er das Freundschaftsband, dass ihm Mimi geschenkt und wieder geflickt hatte. Er trug es seither immer noch stolz an seinem Handgelenk und wagte es auch nicht es abzulegen.

Lächelnd nahm er ein weiteres Geschenk seiner Freundin in die Hand. Es war das Fotoalbum, dass sie ihm damals zum achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Mittlerweile waren viele gemeinsame Fotos hinzugekommen und Taichi liebte es ihre gemeinsame Geschichte durch die Bildersammlung erneut zu erleben.

Vorsichtig legte er es in die Kiste und holte ein scheinbar wertloses Stück Papier hervor, dass seine Zukunft lange bestimmt hatte. Es war das Empfehlungsschreiben von Herrn Ichinose für sein Sportstipendium, dass er letztlich nicht erhalten hatte.

Auch wenn er sich mittlerweile damit abgefunden hatte, ärgerte es ihn nach wie vor. Hätte er damals das Stipendium bekommen, müsste er nun nicht nach Matsue ziehen!

Ob ihn das Sportstipendium allerdings glücklich gemacht hätte? Mittlerweile bezweifelte Taichi es stark, da er andere Interessen hatte und Fußball nach wie vor als sein Hobby ansah.

Vielleicht waren die Wege, die man bestreiten musste unergründlich. Es gab kein warum oder wieso. Es war, was es ist.

Er griff nach weiteren Dokumenten, die er unbedingt in dieser Kiste verstauen wollte.

Stolz hielt er seine Zusage von Matsue in Händen und betrachtete das Stammblatt des ersten Semesters.

Yagami. Taichi. 1. Semester. Rechts -und Politikwissenschaften.

Es fühlte sich einfach richtig an. So als würde er die grauen Wolken aus seinem Leben vertreiben, die sich störrisch vor ihm errichtet hatten.

Er brach einfach durch!

Vollkommen befreit legte er die Unterlagen ebenfalls in die Kiste und hielt inne als er auf einmal ein leises Klopfen an seiner Tür vernahm.

Ohne groß zu überlegen, bat er die Person hinein und musste mit Erstaunen feststellen, dass es sich um seinen Vater handelte.

Er schenkte ihm ein mildes Lächeln und schloss die Tür direkt hinter sich, was bei Taichi ein allgemeines Unwohlsein auslöste.

Nach all den Wochen und Monaten hatte sich sein Vater wirklich angestrengt. Er besuchte eine Suchtgruppe, hatte keinen Alkohol mehr angefasst und arbeitete auch seit kurzem wieder regelmäßig.

Dennoch war die Distanz zwischen ihnen deutlich zu spüren. Tai konnte ihm einfach nicht mehr blind vertrauen, denn immer, wenn er seinem Vater in die Augen blickte, sah er den Mann, der ihn damals vor den Schrank geschubst hatte.

Egal wie oft er sich auch entschuldigte, die Erinnerung blieb weiterhin.

„Was ist denn los?“, fragte Taichi etwas ungeduldig.

„Nichts, ich wollte einfach nur sehen, wie du vorankommst“, sagte er und stand immer noch an der Tür, so als bemerkte er, dass er sich in dem Zimmer seines Sohnes nur bedingt aufhalten durfte.

Dass er geduldet war, mehr aber auch nicht.

„Ich denke, ich werde die Kisten bis heute Abend fertig haben. Mimi kommt mich später abholen und wir verbringen den Abend bei Matt und Sora“, informierte er ihn steif.

„Klingt nach einem schönen Abend“, erwiderte er starr. „Falls du Hilfe brauchst, ich hätte…“

„Das ist lieb, aber ich komme schon zurecht“, antwortete er unterkühlt und drehte sich von ihm weg.

Eine eisige Stille legte sich über sie und Tai hoffte, dass er bald sein Zimmer verlassen würde.

Doch er blieb und war immer noch an seine Zimmertür gelehnt. Genervt seufzte Taichi auf und richtete einen giftigen Blick zu ihm, um ihm zu zeigen, dass er hier fehl am Platz war. Dass er in Ruhe weiterpacken wollte, um in seine glänzende Zukunft zu starten.

Jedoch war sein Vater nicht auf den Kopf gefallen und versuchte erneut ein Gespräch zu seinem Sohn aufzubauen.

„Ich weiß, dass du mich nach wie vor noch hasst und ich wohl auch nichts tun kann, um deine Meinung zu ändern. Aber ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich dich liebhabe und sehr stolz auf dich bin.“

Fragend zog Taichi eine Augenbraue in die Höhe. Wollte er sich jetzt etwa an schmusen und eine Versöhnung erzwingen, nur weil er auszog und seinen eigenen Weg ging?

Das durfte nicht wahr sein! Wie konnte er nur so egoistisch sein?!

Konnte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Allerdings spitzte er schon erneut die Lippen und Taichi musste dem Drang widerstehen, seine Augen zu verdrehen.

„Ich kann verstehen, dass du mich nach all dem hasst und mir nicht verzeihen kannst. Und ich möchte dir auch sagen, dass du es auch nicht musst. Ich habe euch und besonders dir, widerwertige Dinge angetan, die man als Vater nicht entschuldigen kann. Dennoch möchte ich wieder für dich da sein! Dich unterstürzen, auch wenn du es vielleicht nicht willst. Du bist mein Sohn und ich hoffe, dass du mir eines Tages vergeben kannst“, erwiderte er weinerlich.

Vollkommen perplex starrte Taichi seinen Vater an und war nicht in der Lage auf seine unmittelbaren Worte zu antworten.

Ihm klappte vor Sprachlosigkeit der Mund leicht auf, da er mit diesen Worten einfach nicht gerechnet hatte.

„Ich…ähm…“, stammelte er unsicher, da er wirklich nicht wusste, was man auf sowas antworten konnte.

Schließlich war er wirklich noch nicht bereit ihm endgültig zu verzeihen, auch wenn seine Worte sein Herz schon erweichten!

„Du brauchst nichts zu sagen! Ich wollte nur, dass du es weißt!“, unterbrach er ihn bestimmend und öffnete ohne weiteres die Tür.

Sein Blick wirkte traurig, aber dennoch bereit – so als hätten ihn seine Worte erlöst.

„Papa“, brachte Taichi über seine Lippen und er erschrak vor seiner eigenen Stimme.

Papa – so hatte er ihn schon ewig nicht mehr angesprochen.

Sein Vater hielt sofort inne und wandte sich Taichi erwartungsvoll zu.

„Danke, das bedeutet mir sehr viel“, untermauerte er aufrichtig und bemerkte wie die Distanz zwischen ihnen geringer wurde.

Möglicherweise war dies ein guter Anfang, der ihm den Neustart erleichtern würde.
 

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Den halben Nachmittag dachte er an die Worte seines Vaters, die etwas bei ihm in Bewegung gesetzt hatten. Vielleicht war es wirklich an der Zeit ihm zu verzeihen, wohlwissend, dass er diese schwere Zeit wohl nie ganz aus seinem Leben streichen konnte.

Dass Verzeihen große Stärke bedeutete, die er einfach nicht besessen hatte, weil er mit seinem eignen Leben unglücklich war.

„Du siehst so nachdenklich aus?“, stellte Mimi fest, die neben ihm herlief.

Sie hatte ihn vor wenigen Minuten abgeholt und sie machten sich gemeinsam auf den Weg zu ihren Freunden, bei denen sie ihren letzten Abend verbringen wollten.

Taichi freute sich schon sehr darauf, da er wusste, was sie geplant hatte, auch wenn sie es vor ihm zu verbergen versuchte.

Zufälligerweise hatte er ausgerechnet die Planung für seine eigene Abschiedsfeier gefunden als er das letzte Mal bei Mimi übernachtet hatte.

Sie hatte sich so viel Mühe gegeben, es vor ihm zu verbergen, weshalb er die Überraschung auch nicht verderben wollte.

Freudig ergriff er daher Mimis Hand und genoss die zarten Berührungen, die er in den nächsten Monaten missen würde.

„Es ist alles in Ordnung! Ich will einfach nur die Zeit mit euch genießen“, offenbarte er ihr und verschränkte seine Finger mit ihren.

Natürlich fiel ihm ihr trauriges Gesicht auf, dass sich jedes Mal zeigte, wenn sich der baldige Abschied andeutete.

Auch er wollte sich nicht von ihr trennen, da sie in all den Monaten seine größte Stützte war.

Allerdings waren es nur drei Jahre, in denen sie diese Art von Fernbeziehung führen mussten.

Tai war daher optimistisch genug, dass ihre Liebe auch diese Strapazen überstehen würde.

Bisher hatten sie alles überstanden. Höhen und Tiefen gestrotzt, sich aufeinander verlassen, sich leidenschaftlich geliebt und gestritten, sodass es keine andere Möglichkeit blieb als die Zähne zusammen zu beißen.

Denn diese besondere Frau wollte er nicht mehr verlieren.

Er wollte zwar nicht zu weit gehen, doch er konnte sich vorstellen, irgendwann mit ihr eine Familie zu haben und alt zu werden!

Zwar waren sie davon noch weit entfernt, aber die Hoffnung in seinem Herzen stärkte die Vorstellung auf eine gemeinsame Zukunft, die sie sicherlich haben würden.

„Wir sollten uns beeilen“, sagte Mimi. „Die anderen warten sicher schon auf uns!“

Lächelnd überquerten sie die Straße und steuerten auf den Häuserblock zu, indem ihre besten Freunde wohnten.

Langsam schritten sie die Treppen zu ihrer Wohnung hoch und Taichi merkte, dass Mimi schon ganz hibbelig wurde.

Anscheinend war sie aufgeregter als er, da sie ja nicht ahnen konnte, wie dankbar er für diese kleine Party war.

Ohne zu zögern betätigte er die Klingel und spürte ebenfalls ein nervöses Kribbeln in seiner Magengegend.

Erst jetzt realisierte er, was alles auf ihm zukommen würde!

Der Abschied stand unmittelbar bevor. Auch wenn es nur eine vorrübergehende Trennung war.

Er wollte jede Sekunde genießen! Mit seinen Freunden und seinen Liebsten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, das war jetzt das letzte Kapitel aus Tais Sicht. Er wird sich nochmal im Epilog zu Wort melden.
Mimis letztes Kapitel wird dann im Laufe der nächsten Woche online kommen :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hallostern2014
2022-10-17T21:53:50+00:00 17.10.2022 23:53
Huhu meine Liebe ❤

Der Umzug kommt immer näher. Und Tai merkt langsam was er alles zurück lässt. Ich glaube auch das Tai die richtige Entscheidung getroffen hat. Auch wenn er dafür vieles zurück lassen muss. Jedenfalls erstmal. So schön was er alles an Erinnerung gesammelt hat. Und das meiste ist von Mimi. Mimk scheint wohl immer noch nicht mit ihn gesprochen zu haben. So das Tai die ganze Situation nicht ganz richtig deutet.

Ich finde es toll das Tais Vater nochmal mit ihn gesprochen zu haben. Er schneit es endlich eingesehen zu haben wir Falsch er sich seine Familie gegenüber benommen hat..vorallem Tai gegen über..deswegen waren seine Letzte Worten echt schön. Und Tai wird ihn verzeihen. Da bin ich mir sicher..

Ohman Mimi das wäre doch die Chance gewesen 😭. Ich glaube auch das beide es schaffen würden. ABER dafür müssen beide Ehrlich sein. Mal sehen was Tai macht wenn er davon erfährt was Mimi vor hat. Ich bin auch sehr gespannt. Aber da Mimi so traurig ist und dann das letzte Kapitel. Wird es bestimmt traurig enden. ABER ich habe ja noch Hoffnung..ein Gedanke ist da ja noch. Mal sehen was im letzten.Kapitel kommt..
Erstmal feiern die ja aber Tais Abschied..wo er auch weder merkt das er vieles für 3 Jahre zurück lässt.

Ich freue mich schon sehr aufs nächste Kapitel. Bin sehr gespannt darauf 🙈

Wünsche dir noch eine schöne Woche ❤
Antwort von:  dattelpalme11
19.10.2022 21:02
Huhu meine Liebe,
vielen Dank für dein Kommentar!

Leider hat Mimi nicht offen kommuniziert, wie es ihr wirklich geht. Ich denke, dass Tai zwar merkt, dass sich etwas verändert hat, aber er erwartet keine Trennung.

Ich denke, Tais Vater ist perse kein schlechter Mensch. Er hat nur schlechte Entscheidungen getroffen und ist bereit etwas zu verändert. Tai braucht einfach nur ein bisschen Zeit :)

Ich denke auch, dass Fernbeziehungen funktionieren können, aber leider eben nicht immer. Die beiden hatten ja schon eine Art Fernbeziehung, die leider nicht geklappt hat. Aber sie sind auch Älter geworden und theoretisch hätte Mimi die Möglichkeit nach dem Abschluss ebenfalls in Matsue zu studieren, wenn sie das denn möchte :D
Ich werde vorerst nichts verraten, aber ich würde empfehlen nach dem Epilog auch mein Nachwort zu lesen :D

Habe das letzte Kapitel online gestellt. Der Epilog kommt dann am Wochenende!
Dir auch noch eine schöne Restwoche <3


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