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Vergissmeinnicht

von

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Erinnerungen an Damals


 

♥ Mimi ♥
 


 

Sie war überrascht als ihr Vater bei Sora anrief und mit ihr sprechen wollte. Er hatte am Telefon gar nicht viel gesagt, sondern ihr vielmehr ein Versprechen gegeben.

Ihre Mutter wollte ihr endlich die ganze ungeschminkte Wahrheit erzählen!

Selbstverständlich war Mimi sehr skeptisch gewesen, da sie ihren Eltern über eine Woche aus dem Weg gegangen war und nur mit Sora sowie Kaori über die Situation gesprochen hatte.

Auch bei ihrer Schulfreundin hing der Haussegen gewaltig schief, nachdem die Tatsachen offengelegt wurden. Kaoris Vater weigerte sich noch immer seinen Töchtern Näheres zu erzählen, während Emi scheinbar ihrer Schwester endlich Glauben schenkte, nachdem sie die Geburtsurkunde ihres gemeinsamen Bruders gesehen hatte.

Nach wie vor wollte Mimi eigentlich nichts mit Emi zu tun haben, doch auch sie hatte ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren, egal wie Erbarmungslos sie auch schien.

Mimi war bereit die Geschichte ihres Bruders zu hören, auch wenn sie dafür sämtliche Pläne des Tages canceln musste.

Nach dem Anruf hatte sie sich zielstrebig auf den Nachhauseweg gemacht. Ihr war es unfassbar schwer gefallen die Wohnung zu betreten, da sie sich wie fremd fühlte und im Lügengebilde ihrer Mutter versunken war.

Es kostete sie eine ganze Hand voller Mut, doch sie schloss eigenständig die Tür auf und schritt hinein.

Anstandshalber zog sie sich sogar die Schuhe aus, auch wenn sie noch nicht abschätzen konnte, wie lange sie tatsächlich bleiben würde.

Ihr Herz klopfte unregelmäßig gegen ihre schwere Brust als sie den Wohnraum betrat und ihre Eltern auf der Couch sitzen sah.

„Mimi…“, ertönte die schwächliche Stimme ihrer Mutter, die sofort aufgesprungen und auf sie zugegangen war. Doch Mimi verkrampfte nur die Arme vor der Brust und signalisierte ihr so, dass sie ihre Nähe im Moment nicht aushalten konnte.

Sie hielt augenblicklich inne und Mimi sah in ihre müden Augen, die ihr zeigten, dass sie in der letzten Woche wohl genauso wenig Schlaf fand wie sie.

„Papa hat gesagt, dass du mir endlich die Wahrheit erzählen willst…“, murmelte sie und ging auf Abstand, indem sie sich auf den Sessel setzte, der sonst für ihren Vater immer freigehalten wurde.

Ihre Mutter schenkte ihr nur ein müdes Lächeln und nickte beiläufig, bevor sie sich wieder neben ihren Vater setzte.

Sofort schlag er den Arm um sie und hielt ihre Hand, was Mimi mit knackendem Kiefer beobachtete. Sie wirkten wie eine unerschütterliche Einheit, die sich gegen sie verschworen hatte.

Noch war Mimi sich nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, wieder zurückzukommen, doch nur so konnte sie mehr erfahren!

Sie war es nicht nur sich selbst schuldig, sondern auch Kaori, die ihre komplette Existenz in Frage stellte.

„Okay, ich bin ganz Ohr“, sagte sie monoton und richtete einen erwartungsvollen Blick zu ihrer Mutter, den sie diesmal sogar erwiderte.
 

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„Ich war noch sehr jung als ich Fujitaka das erste Mal in meinem Leben sah. Er war neu hergezogen und wohnte drei Häuser weiter. Ich war damals gerade sechs Jahre alt geworden und besuchte das letzte Jahr der Vorschule und hatte mich sehr gefreut, dass ich nun immer jemanden hatte, mit dem ich zur Schule gehen konnte“, schwelgte sie in Erinnerungen.

Mimi hörte nur zu, auch wenn sich ihr Puls bei dem eben Gesagten bereits beschleunigte. Sie kannten sich also schon aus Kindertagen! Eine Freundschaft, die sich in mit den Jahren verändert hatte.

Nervös strich ihre Mutter ihrem Vater immer wieder über den Handrücken und Mimi bemerkte sofort, dass es ihr alles andere als leichtfiel, ihr diesen verborgenen Lebensabschnitt mitzuteilen.

Immer wieder presste sie die Lippen zu einem schmalen Strich und suchte nach einem festen Punkt am Boden, um nicht in Tränen auszubrechen.

„Fujitaka, Akio und ich haben immer zusammen auf der Straße gespielt, wenn wir unsere Hausaufgaben erledigt hatten. Seine Eltern waren sehr traditionell eingestellt und zumal sehr streng, da sie für ihn bereits einen genauen Plan zurechtgelegt hatten. Er sollte Arzt werden und den Traum seines Vaters weiterleben.“ Sie lächelte kurz, bevor sich ihre Miene verfinsterte.

„Mit 13 lernte ich Yuuka kennen, Kaoris Mutter. Sie war eine alte Freundin aus der Heimat und kam ihn seit dieser Zeit immer in den Sommerferien besuchen. Erst ein paar Jahre später erfuhr ich, dass sie einander versprochen waren. Doch das hielt mich nicht davon ab, mich in ihn zu verlieben.“

Ihre Stimme klang dünn und sie hielt sich krampfhaft an Mimis Vater fest, der einfach mit einem starren Blick zuhörte – so als hätte er diese Geschichte mehr als nur einmal gehört.

Mimi hingegen versuchte sich ganz auf ihre Mutter zu konzentrieren, die ab und zu eine kurze Pause einlegte, bevor sie weitersprechen konnte.

Schwerfällig fuhr sie sich über das Gesicht als sie ihre Erzählungen wehmütig fortsetzte.

„Wir sind in der Oberstufe ein Paar geworden. Anfangs haben wir uns immer heimlich getroffen und aufgepasst, dass uns niemand erwischt, doch je älter wir wurden, desto schwieriger fiel es uns, unsere Liebe geheim zu halten. Letztlich war es mein eigener Bruder gewesen, der uns erwischt hatte und bei Großmutter den Mund nicht halten konnte. Damals war es eine Tragödie gewesen, da Fujitaka bereits versprochen und ich mich dazwischengedrängt hatte. Dein Großvater hatte alles versucht uns zu trennen, allein weil er den Ruf der Firma wahren wollte, aber je mehr er es versuchte, desto mehr wehrten wir uns dagegen“, führte sie weiter aus.

„Mit 18 bin ich damals von zuhause ausgezogen, um zu studieren. Doch eigentlich hatte ich es nicht mehr ausgehalten. Das Leben im Studentenwohnheim war damals mein Befreiungsschlag gewesen und Fujitaka und ich dachten, dass unsere Eltern unsere Liebe irgendwann akzeptieren würden.

Er studierte tatsächlich Medizin und ich Betriebswirtschaftslehre. In der ersten Vorlesung habe ich dann auch deinen Vater kennengelernt.“

Sie schenkte ihm ein knappes Lächeln, das jedoch sehr traurig wirkte.

Mimi ahnte schon das Schlimmste. War sie etwa in eine Dreiecksbeziehung geraten? Aber das würde, die Sache mit ihrem Bruder immer noch nicht erklären!

Ein leiser Seufzer löste sich von ihren Lippen, da sie allmählig ungeduldig wurde. Warum erzählte sie ihr das alles? Wieso konnte sie ihr nicht direkt sagen, was mit ihrem Bruder damals geschehen war?!

Es war wirklich zum Mäuse melken, doch die Geschichte ihre Mutter war noch lange nicht beendet.

„Aber du warst doch noch mit Fujitaka zusammen! Wie ist es auseinandergegangen oder hast du ihn mit Papa betrogen?“, fragte sie unverblümt.

Ihr Vater kicherte nervös – etwas das sie bei ihm noch nie gehört hatte und ihn deutlich verdächtig erscheinen ließ.

Ihre Mutter blieb jedoch ganz ruhig und schüttelte sachte den Kopf.

„Nein, wir waren wirklich nur Kommilitonen gewesen. Später sogar recht gute Freunde, wobei…“

„Ich habe schon immer für deine Mutter so ein bisschen geschwärmt gehabt, aber als sie mir Fujitaka als ihren Freund vorgestellt hatte, war für mich klar, dass mehr als Freundschaft nicht drin sein würde“, erklärte ihr Vater verlegen.

„Besonders nicht nachdem ich schwanger wurde. Ich war erst neunzehn und es war nicht geplant gewesen, da es die Situation zwischen unseren Familien verkomplizierte, denn beide wollten ihr Enkelkind nicht anerkennen.“

„Auch Großmutter nicht? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, platzte aus Mimi hervor.

„Schätzchen, deine Großmutter hatte bei deinem Großvater nicht viel zu sagen. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass sie sich für mich einsetzt, aber dem war nicht so, weshalb wir uns alleine durchschlagen wollten. Wir wollten heiraten und aufs Land ziehen, nachdem er sein Studium beendet hatte. Aber am Schluss kam alles anders als geplant.“

Ein seltsames Gefühl erfasste Mimis Körper, da sich plötzlich alles so falsch anfühlte. Ihre Eltern hatten nicht diese romantische Liebesgeschichte, die sie sich auch für sich erträumt hatte.

Es streckte viel mehr dahinter. Mehr als sie je erwartet hätte. Ihre Mutter atmete hörbar und blies die Luft schwerfällig aus ihren Lungen, bevor sie den letzten Teil ihrer Geschichte erzählte.

„Ich bin nochmal zu meinen Eltern gegangen, um mit ihnen zu sprechen. Irgendwie hatte ich die Hoffnung doch noch nicht aufgegeben und suchte deswegen auch dieses Gespräch, von dem ich mir so viel erhofft hatte. Ich war schon im siebten Monat gewesen, weshalb man die Schwangerschaft auch nicht länger verleugnen konnte. Einen Namen hatten wir auch schon ausgesucht“, sagte sie immer leiser werdend und schluchzte leise auf.

Mimi sah wie die stummen Tränen über die Wangen ihrer Mutter wanderten. In ihrem Hals wuchs ein dicker Kloß heran, der ihr das Schlucken deutlich erschwerte. Denn auf einmal fühlte sie sich mittendrin. Mitten in der Vergangenheit, die alte Wunden aufriss und ihr den Schmerz aufzeigte, den ihre Mutter erdulden musste.
 

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„Wieso versteht ihr uns denn nicht? Wir lieben uns und wollen zusammen sein!“, brüllte sie und sprang auf.

„Satoe, weißt du welchen Eindruck das hinterlässt? Er ist verlobt! Damit würde der Ruf der Firma den Bach runtergehen“, erwiderte Yutaka Ibana starrsinnig.

„Aber Fujitaka und ich wollen heiraten! Er wird die Verlobung zu Yuuka lösen, damit wir eine Familie werden können“, sagte Satoe verträumt und fuhr sich behutsam über ihren Bauch.

„Du lebst wahrhaftig in einer Traumwelt! Als ob das die Nakamuras zulassen würden. Es wäre besser, wenn du diese Hirngespinste vergisst und eine Lösung für dein Problem findest.“

Er deutete eindeutig auf ihren Bauch, was sie rasend vor Wut werden ließ.

Ihr Blick wechselte zu ihrer Mutter, die ihre Hände in ihrem Schoß vergraben hatte und sich nicht traute ihrer Tochter in die Augen zu sehen.

„Hast du denn gar nichts dazu zu sagen? Wollt ihr, dass ich mein Kind weggebe? Verlangt ihr das wirklich von mir?“, stellte sie die Gegenfrage in den Raum und hoffte, damit wenigstens ihre Mutter zu erreichen, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie diese kranke Vorstellung unterstützte. Sie war doch selbst Mutter und ein Kind brauchte diese auch!

„Schätzchen…die Situation ist nicht zu unterschätzen! Nachher stehst du ganz alleine da“, löste sich mühsam von den Lippen ihrer Mutter, was in ihr das blanke Entsetzen auslöste.

Das hatte sie nicht gerade wirklich zu ihr gesagt?

Dachten sie ernsthaft, dass Fujitaka sie für Yuuka verlassen würde? Er liebte sie doch gar nicht, sondern sollte einem Versprechen nachkommen, dass deren Eltern über ihren Kopf hinweg geschlossen hatten!

„Ich kann euch doch nicht ernsthaft so egal sein! Wollt ihr nicht das ich glücklich werde?“, fragte sie verzweifelt und spürte auf einmal ein deutliches ziehen im Unterleib. Anscheinend hatte sie sich zu sehr aufgeregt, doch bei sowas konnte sie einfach nicht ruhig bleiben!

„Selbstverständlich wollen wir das! Du hattest doch ein Ziel vor den Augen. Dein BWL-Studium. Und dann wolltest du die Firma übernehmen, wenn ich in den Ruhestand gehe“, untermauerte ihr Vater und klang verständnisloser denn je.

„Das war immer dein Traum gewesen! Nicht meiner“, antwortete Satoe felsenfest und versuchte ihre aufkommenden Tränen zurückzuhalten.

Sie war einfach nur enttäuscht und hatte sich weitaus mehr von diesem Treffen erhofft, wenn sie ehrlich war. Doch ihre Eltern waren in ihren Ansichten einfach zu festgefahren, um sich zu ändern.

Ihr Vater redete noch immer auf sie ein, allerdings hörte sie nicht weiter zu.

Die Schmerzen im Unterleib wurden immer stärker, sodass sie sich am liebsten wieder hinsetzen wollte, aber sie biss lieber die Zähne zusammen und blieb weiterhin stehen.

„Ich werde jetzt gehen…“, eröffnete sie ihren Eltern schnaufend und drehte sich bedächtig zur Tür.

Sie konnte keine großen Schritte gehen, da der Schmerz allgegenwärtig war und ihr den Atem raubte.

„Du kannst doch jetzt nicht einfach verschwinden! Du machst einen gewaltigen Fehler“, sagte ihr Vater vorhersagend und sprang wütend auf.

Doch Satoe reagierte nicht mehr auf seine Worte, sondern hatte die Haustür fest im Blick. Sie wollte gerade nach dem Türknauf greifen als eine gewaltige Schmerzwelle sie erfasste.

Sie griff sich den Bauch und stützte sich an der Wand ab. Sie sog nach Luft und riss die Augen weit auf, bevor sie auf die Knie ging und ohnmächtig wurde.

Als sie wieder zu sich kam, erschrak sie augenblicklich. An ihrem Handgelenk spürte sie die Infusionsnadel und in ihrem Kopf fühlte sich alles noch sehr schwammig an.

Sie konnte nicht ausmachen, wo sie war, geschweige denn wie sie hergekommen war.

Ängstlich fasste sie sich an ihren Bauch, weil sie es meist beruhigte die zarten Bewegungen ihres Kindes zu fühlen, doch auf einmal wurde es ihr ganz anders.

Ihr wurde schlecht und sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Es herrschte eine beißende Ruhe, die ihr aufzeigte, dass etwas nicht stimmen konnte.

Warum spürte sie ihr Baby nicht mehr?
 

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„Ich hatte einen Notkaiserschnitt, weil ich mir eine Schwangerschaftsvergiftung eingefangen hatte. Es ging wohl alles sehr schnell. Ich war zuhause ohnmächtig geworden und mein Vater hatte den Notarzt verständigt. Ich wurde in Narkose gelegt und mein Sohn wurde direkt auf die Intensivstation gebracht. In den ersten Augenblicken wusste ich gar nicht wie mir geschah“, erzählte sie weinerlich.

Mimi beobachtete ihre Mutter und konnte ihre eigenen Tränen nicht mehr zurückhalten.

Erst nach und nach verstand sie, warum ihre Mutter ihr diese Geschichte nicht schon früher erzählt hatte.

Sie litt beim Erzählen Höllenqualen und brachte auch ihre heile Welt ins Wanken. Die Großeltern, zu denen sie immer aufgesehen und die sie stets bewundert hatte, existieren nicht mehr.

Und Mimi ahnte nicht, dass das noch nicht der schlimmste Teil der Geschichte war.

„Ich erholte mich sehr schnell davon. Aber er konnte nicht hören, weshalb ich mir große Vorwürfe machte. Hätte ich eher etwas bemerkt, dann…“

Ihre Stimme brach ab und sie drückte die Hand vor ihren Mund, um nicht laut loszuschreien.

„Das war nicht deine Schuld“, hörte Mimi ihren Vater liebevoll flüstern.

„Ich weiß“, antwortete sie geschwächt. „Aber ich hätte mich nicht auf das alles einlassen dürften. Ich hätte Masuyo nicht weggeben dürfen.“

Masuyo. Das war also sein Name. Ihr Bruder trug also den gleichen Anfangsbuchstaben wie sie.

Ein hohler Schmerz erfüllte ihre Magengegend. Plötzlich schämte Mimi sich unglaublich, ihre Mutter wegen ihrer Lügen angefahren zu haben. Nicht nur sie hatte einen Bruder verloren, sondern ihre Mutter auch ihren Sohn.

„Was ist denn danach passiert?“, hakte Mimi nach auch wenn sie bereits Angst vor der Antwort hatte.

„Masuyo hätte viele teure Therapien benötigt, die wir ihm als Eltern nicht hätten bezahlen können. Fujitaka war zuerst eingeknickt und redete sehr lange mit mir über das Thema Adoption. Es wäre das Beste für ihn. Dass wir ein Pärchen finden würden, die ihm die besondere Fürsorge geben konnten. Ich habe dann irgendwann klein beigegeben und wir fanden ein Pärchen aus Osaka, die ihn adoptierten. Danach war alles anders. Fujitaka hatte sich von mir distanziert, weil er mit seinem Gewissen nicht zurechtkam und wir haben uns getrennt. Mit meinem Vater habe ich mich nie aussprechen können, was ich mittlerweile sehr bereue…“, gab sie zu und rieb sich die linke Schläfe, während sie sich erschöpft gegen Keisuke lehnte.

„Ich habe gedacht, dass es eine gute Idee wäre, den Job in der Firma deiner Großeltern anzunehmen. Deine Mutter hat zwar nicht mehr die Chance sich mit Großvater auszusprechen, aber Großmutter ist immer noch hier und ich hatte gehofft, dass ihr beide irgendwann über euren Schatte springen würdet“, offenbarte ihr Vater nach einem kurzen Moment des Schweigens.

„Keisuke…“, hörte Mimi die schwache Stimme ihrer Mutter als sie sich auf einmal in seinem Hemd vergrub und wieder zu weinen begann.

Ihr Vater streichelte sanft über ihren Hinterkopf, während Mimi das Szenario sprachlos betrachtete.

„Papa…du hast, dass also alles nur wegen Mama gemacht?“

„Ja. Ich möchte sie nie wieder so traurig sehen, wie damals. Als deine Mutter Masuyo zur Adoption freigegeben hatte, waren wir uns nach und nach nähergekommen. Ich hatte die Schwangerschaft ja ebenfalls mitbekommen, traute mich aber anfangs nicht, sie darauf anzusprechen“, übernahm ihr Vater nun das Wort.

„Und wann seid ihr zusammengekommen? Ich mein‘ wie war das nach all dem möglich? Mama hat Fujitaka doch wirklich geliebt“, sagte sie unvorsichtig.

Schnell wurde ihr bewusst, was sie in den Raum geworfen hatte, weshalb ihre Wangen ganz warm wurden. „Tut mir leid, so war das nicht gemeint! Ich wollte damit…“

„Man kann für mehrere Menschen starke Gefühle empfinden. Ich weiß, dass Fujitaka immer ein wichtiger Mensch in dem Leben deiner Mutter sein wird und das respektiere ich auch. Aber ich habe mich damals einfach sofort in sie verliebt und wollte sie deswegen auch wieder glücklich sehen. Was in der Vergangenheit war spielt für mich keine Rolle mehr. Deine Mutter und ich lieben uns und sind froh, dass du in unserem Leben bist. Du machst für uns alles komplett.“

Er beendete seinen Monolog und Mimi konnte vor Rührung kaum an sich halten.

„Außerdem war dein Vater, der erste Mensch, der mich nach dieser schwierigen Zeit zum Lachen gebracht hatte. Er war immer für mich da gewesen, wie ein Fels in der Brandung. So standfest und stark. Ich glaube, es war Schicksal gewesen, dass wir uns begegnet sind und du in unser Leben getreten bist“, ergänzte ihre Mutter rührselig.

Danach konnte Mimi nicht länger an sich halten.

Sie stand sofort auf und begab sich in die schützenden Arme ihre Eltern, die sie nur zu gerne empfingen.

Sie hatte es verstanden. Manchmal verschwieg man gewisse Dinge, um den anderen nicht zu verletzen und den richtigen Moment abzuwarten.

„Es tut mir so leid! I-Ich habe mich furchtbar verhalten und ich wollte euch keine Sorgen bereiten“, wimmerte sie und drückte sich noch fester gegen sie.
 

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Mit geröteten Augen und zerzausten Haaren stand sie nun vor seiner Wohnungstür. Ihr war etwas unwohl, weshalb sie auch noch nicht geklingelt hatte.

So viele Gedanken und Worte gingen ihr durch den Kopf, die sie zu ihm sagen wollte. Aber in erster Linie war sie ihm eine Entschuldigung schuldig.

Sie hatte ihm gemeine Sachen an den Kopf geworfen und verstand selbst nicht so wirklich, was in sie gefahren war, denn eigentlich hatte ihr Vater mit seinen Worten recht gehabt.

Es war egal, was in der Vergangenheit passiert war.

Nur ihre Zukunft spielte noch eine Rolle! Sie wollte ihn sehen, ihn in den Arm nehmen und am liebsten gar nicht mehr loslassen.

Daher drückte sie einfach auf den Klingelknopf.

Sie atmete hörbar aus und richtete sich ihre Haare, um ihn nicht völlig zu erschrecken.

Die wenigen Minuten, die sie wartete bis sich die Tür öffnete, fühlten sich wie unzählige Stunden an, in deren ihre Nervosität deutlich anstieg.

Was wäre, wenn er ihr die Tür vor der Nase zuschlagen würde und sie gar nicht sehen wollte?

Dann würde sie einfach vor seiner Wohnungstür campieren und erst wieder gehen, wenn man ihren kalten Körper von den Fliesen entfernen müsste.

Ihr Herz setzte aus als sich die Tür auf einmal öffnete und Taichi tatsächlich vor ihr stand.

Sein Gesicht wirkte überrascht, aber gleichzeitig auch sehr traurig, was in Mimi erneut, das schlechte Gewissen hervorrief.

Sie presste die Lippen aufeinander und spannte sämtliche Gliedmaßen ihres Körpers an, während sie ein leises „Hi“ zur Begrüßung hervorbrachte.

„Was machst du denn hier? Hat Sora dich geschickt?“, fragte er irritiert.

„Sora? Nein, ähm ich bin einfach so vorbeigekommen“, stammelte sie und fühlte sich sehr verkrampft.

„Oh, okay“, antwortete er nur langgezogen und beobachtete sie kritisch, was Mimi noch mehr verunsicherte.

Sie ließ den Kopf hängen und spielte nervös an ihren Fingern.

„Tai, ich…ich weiß nicht wo ich anfangen soll“, erwiderte sie gebrechlich und sah ihn wieder an. „Ich bin wohl eine ziemlich blöde Kuh, die wirklich dumme Sachen gesagt hat.“

Sie zog die Unterlippe nach vorne und schämte sich inständig für ihr Verhalten, doch die passenden Worte dafür zu finden, war manchmal gar nicht so einfach.

„Ich wollte…“

Weiter kam sie jedoch nicht, da Taichi an ihrem Handgelenk zog und sie fest mit seinen Armen umschloss.

„Hör auf zu reden und mach dich nicht schlechter als du bist“, flüsterte er in ihr Ohr und küsste liebevoll ihren Haaransatz.

Mimi krallte sich in sein dünnes Shirt und drückte ihr Gesicht gegen seine starke Brust.

„Es tut mir leid“, säuselte sie, doch er sagte nichts, sondern strich sorgsam über ihren zierlichen Rücken, was bei ihr wohlige Schauer auslöste.

Sich geborgen und sicher zu fühlte, stellte sich bei Mimi ziemlich schnell ein, je länger Taichi sie in seinen Armen hielt.

Danach ließ er sie wieder los und fuhr besorgt über ihre Wangen, die die Spuren ihrer salzigen Tränen nicht verbergen konnten.

„Lass uns erstmal reingehen. Ich glaube, wir sollten reden“, schlug er in einem sanften Ton vor.

Mimi stimmte ihm nur durch ein bestätigendes Nicken zu und folgte ihm lautlos in die Wohnung.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo nach der Drabble-Woche geht es nun auch hier endlich weiter :D
Vielen Dank für eure lieben Kommentare <3

Dieses Kapitel hat die Hintergründe von Mimis Mutter etwas aufgeschlüsselt. Im nächsten Kapitel werden Mimi und Tai endlich miteinander reden ;)

Bis dahin, bleibt gesund und habt eine schöne Woche! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Suben-Uchiha
2021-02-25T11:17:30+00:00 25.02.2021 12:17
Moin Tami,

Wow.. das war einmal ein Kapitel mit vielen Antworten auf so einige Fragen.
Das war auf jedenfall sehr schön, auch wenn du echt einen quällen kannst die Antworten so lange hinter verschlossenen Türen zu halten.
Aber endlich haben sich Mimi und ihre Eltern versöhnt.
Ich muss aber echt sagen so eine Schwangerschaftsvergiftung ist nicht ohne, weder für Mutter noch für Kind. Spreche da aus eigener Erfahrung aus meiner Familie.
Und bin ich froh das Taichi doch keine Scheiße gebaut hat. xDDD
Das kann der Jung nämlich ziemlich gut wenn es nicht gerade alles nach Plan verläuft nicht wirklich nachzudenken xD
Aber gut das es bis jetzt alles gut zu gehen.
Bin echt gespannt wie das Gespräch mit den beiden verläuft. Hoffentlich gut xD

Freue mich schon auf das nächste

LG
Sven
Von:  Jea1995
2021-02-24T06:02:33+00:00 24.02.2021 07:02
Tolles Kapitel:)
Es ist schon traurig was Mimis Mutter durchmachen musste und nicht einfach darüber zu sprechen:( ich finde es gut das sie Ehrlich mit Mimi war und sie das jetzt versteht und Mimis Vater ist einfach nur toll :)
Endlich gibt Mimi sich ein Ruck 6nd spricht dich mit Tai aus ....:D
Ich bin gespannt auf nächstes Kapitel:)
Liebe Grüße <3
Von:  Hallostern2014
2021-02-23T19:09:58+00:00 23.02.2021 20:09
Huhu meine Liebe 😍

Was für ein Kapitel 😢

Ohman Mimi's Mama tut mir so leid. Was sie durchmachen musste. Echt der Hamma. Und einfach ihre Mutter hätte eher zu der Tochter halten müssen. Nun ist es zu spät. Und ich kann mir gut vorstellen das deswegen die Beziehung kaputt gegangen ist. Zum Glück hatte Mimis Mutter jemanden der für sie da ist. Und es wurde später zum Glück Liebe.

Was Mimis Vater dann noch dazu gesagt hat war einfach toll. Das zeigt wie sehr er Mimis Mutter liebt. Ich bin gespannt ob die beiden bzw alle nach dem verlorenen Halbbruder/Sohn suchen werden. Schön wäre es ja. .

Nun hatte Mimi auch dank ihren Vater den Mut aufgefunden mit Tai zu reden. Ich hoffe beide sprechen sich nun auch ganz aus.

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel. 😍
Ganz liebe Grüße und eine schöne Woche 😘😍❤


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