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Manus manum lavat

von

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Die Zeit ist am wertvollsten, wenn man sie nicht hat

Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.

- Friedrich Hebbel
 

 

 
 

~*~

 

 

- Kapitel fünfundzwanzig -

 

 

 

Man besaß – so wusste einer der beiden Saiyajins, der mit verschränkten Armen nach dem harten Aufprall bereits seine Umgebung prüfte – nichts wertvolleres und edleres als Zeit, die wie eine Sintflut davonschwamm, wenn man sie am meisten bräuchte. Vegeta und Son Goku – gestrandete Saiyajins in einer Zeit, die ihnen fremd war – hatten nicht mehr als eine Stunde, die sie sinnvoll nutzen mussten. Es war ein Weg, der Vegetas Zukunft verändern sollte – ein steiniger, harter Weg, der gegangen werden musste, um das Leben einer Person zu schützen, die dem König fast mehr wert war, als sein eigenes Leben. Eine Erkenntnis, die den jungen König traf; war er doch noch immer derselbe, oder? Nur weil ihn Bulmas Leben interessierte, hieß das nicht, dass er seine Belange hinten anstellte, oder? Nein, schließlich wusste er, dass seine eigene Haut in Gefahr wäre, wenn das ihrige Leben bedroht war.

 

Das, und nur das, war der Grund, weshalb sich Vegeta auf diese Reise begab. Außerdem wollte er keine weiteren hundertdreißig Tage warten, bis man die namekianischen Kugeln erneut einsetzen konnte. Es wären bloß weitere quälende Tage, die der König in seiner Melancholie ausharren müsste, aufgrund dessen, dass er nicht wusste, was dieses blauhaarige Weib auf der Erde trieb – mit Turles. Ständig würde er daran denken müssen, was mit Sicherheit Auswirkungen auf sein bereits angeschlagenes Gemüt ausüben würde. Aber war es auf der anderen Seite nicht witzig? Vegeta, ein Saiyajin, ein König der so viel Macht besaß, war nicht im Stande, etwas so banales wie die Liebe zu Bulma zu zeigen. Er konnte sich nicht einmal auf die Macht der Dragonballs verlassen. Nein, er musste selbst aktiv werden, den schlimmsten Part übernehmen und über sich hinauswachsen.

 

Womöglich wäre es klüger gewesen, sich im Hintergrund zu halten – darauf zu warten, bis Zeit ins Land gezogen war, aber er konnte es nicht. Der Drang, in ihrer Nähe zu sein, war allgegenwärtig.

 

Davon jedoch abgesehen, hielt ihn allerdings sein Stolz, sowie das drohende Unheil, das diese Prophezeiung voraussagte, davon ab, etwas derartiges – wie sich ihr nochmals zu nähern – in Betracht zu ziehen. Es war zu gefährlich – für ihn, für Bulma und für sein Volk, das er zu schützen hatte. Allerdings – und das war mindestens genauso lustig wie die Tatsache, die Liebe zu Bulma zu verbergen – war der Hang, sich in die nächste Katastrophe zu stürzen und seinen noch vorhandenen Stolz zu verlieren wie ein desolater Tanz auf Messers Schneide.

 

Und es gab für ihn momentan einfach nichts schlimmeres als das Wissen, dass ihm dieses Weib etwas bedeutete. Dass sie, eine unwürdige Saiyajin, die ihre Herkunft nicht schätzte, Erfolg darin hatte, das Schloss, das sein Herz in einem Käfig gefangen hielt, zu berühren und zu brechen. Wie konnte es ihm passieren, dass er so niederen Gelüsten nachgab? Ausgerechnet ihm – einem höheren Wesen, das unendliche Macht besaß, Planeten vollständig zu zerstören? Wann hatte er angefangen, weich zu werden? Wann hatte er damit begonnen, sie anders wahrzunehmen?

 

Anhand des Wissens, dass sie auf eine mysteriöse Art verbunden waren, die mit diesem Amulett zusammenhing? Es war unheimlich, zweifelsohne. Aber es war doch offensichtlich, dass dieses Wissen die Anziehung zu Bulma verstärkte? Oder bestand dieses abnorme Interesse ihr gegenüber schon immer? Wurde diese Zusammengehörigkeit erst aktiviert, nachdem er gezwungen war, sich mit ihr und ihrem impertinenten Verhalten auseinanderzusetzen?

 

Oder war es... Vegeta wollte es gar nicht denken, geschweige denn aussprechen, aber lag es im Bereich des Möglichen, dass er von ihrer Art angezogen wurde? Fühlte er sich dadurch bestärkt, das schwache, eingeschüchterte Mädchen zu beschützen – das er zusätzlich mochte? Reizte ihn ihr Aussehen? Oder war es das Verbot, dass sie gemeinsam die Büchse der Pandora geöffnet hatten – trotz der Fürsorge eines liebenden Vaters seiner Tochter gegenüber? Demgegenüber, was würde passieren, wenn Vegeta mit Kakarotts Hilfe das uralte Vermächtnis der Saiyajins zerstörte?

 

Wäre Vegeta dann immer noch mit ihr verbunden oder löste sich besagter Bund gar mit dem Untergang des Amuletts?

 

Was würde passieren? Vegeta stünde wahrscheinlich am Anfang – alleine mit seinen neu gewonnenen, dämlichen, ambivalenten Gefühlen, die – wenn er ehrlich war – nicht erst seit Beginn angesichts des Wissens um das Amulett existierten.

 

Verdammt.

 

Benommen rieben seine beiden Hände durch seine hochstehenden Haare, während er die triste Wüste vor sich genauer besah. Im Endeffekt war es egal, wofür er sich entschied. Schlussendlich würde es darauf hinauslaufen, dass er sie entweder – hinsichtlich der Auflösung der Seelenverwandtschaft – von sich trieb oder an Turles verlor. Doch was war das kleinere Übel? Womit konnte er besser leben?

 

Mit keiner Alternative, weil er an beiden Enden Turles sah, der Bulma auffing und ihr Trost spendete. Beide Optionen waren zum Kotzen, aber würde er nicht lieber bei Null anfangen – in der Hoffnung, sich ihr nähern und das Mädchen umgarnen zu können, statt sich dem ätzenden Bild hinzugeben, das Bulma und Turles zusammen abgaben, wenn er nichts unternahm? Ja, das wäre das kleinere Übel...

 

Indessen war sein Blick zu einem fernen Gebirge gewandert, das ihm bekannt vorkam. Rechts wuchsen Bäume. Sie waren recht klein, aber sie würden die Bewohner des Planeten überleben, wenngleich es keinerlei Anzeichen einer Zivilisation gab... wie merkwürdig.

 

Hatte Polunga etwas falsch gemacht?

 

„Kakarott?“, murmelte Vegeta nach etlichen Minuten der Stille, obwohl es ihn nicht im Geringsten interessierte, wie es Radditz' Bruder erging.

 

„Ja?“, nuschelte Son Goku mitgenommen, der den sicheren Halt – in Form des harten Bodens – unter seinem Hintern nicht aufgeben wollte. „Was ist denn, Vegeta?“

 

„Steh auf.“

 

„Aber mir ist noch ganz schwindelig. Und schlecht ist mir auch“, beanstandete er mit einer Hand auf seinem Bauch, die zarte Kreise darüber zog – darauf hoffend, die Übelkeit vertreiben zu können.

 

„Das ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Steh endlich auf, sonst mache ich dir Beine.“ Anlässlich der Erfahrung, dass man im Nachhinein immer schlauer war als vorher, wollte er keinesfalls Zeit verlieren. Dass er sich jedoch mit Kakarotts Trägheit und seinen Wehwehchen herumärgern musste, störte ihn massiv. Immerhin tobte in ihrer Zeitlinie das Chaos – zumindest für Vegeta.

 

„Vegeta, wir -“

 

„- haben keine Zeit, richtig. Beweg dich endlich, verflucht.“ Gerne hätte Vegeta ihm den nötigen Tritt verpasst, doch er beherrschte sich.

 

„Woher“, röchelte Son Goku und schlug sich auf die Brust, „wissen wir eigentlich, wann es soweit ist?“

 

Daraufhin grinste der König schelmisch dem sandigen Boden entgegen, ohne seinen Begleiter zu mustern. „Wenn der Namekianer uns zurückwünscht – ganz einfach.“ Zeitgleich drückte er die Spitze seines Schuhs in den Boden um sich abzulenken und nicht weiter darüber nachzudenken, was alles passieren könnte. „Aus dem Grund wäre es von Vorteil, wenn wir uns unsere Zeit selbst einteilen und bestenfalls – bevor wir zurückgehen – etwas unternommen haben. Andernfalls war alles umsonst.“

 

„Das sehe ich ja genauso, aber -“

 

Mit einem kurzen, genervten Blick hinter sich, hatte er Kakarott zum Schweigen gebracht, ehe Vegeta wieder nach vorne sah. „Sieh dir die Sonne an, Kakarott“, wies er den am Boden sitzenden Saiyajin an, der Vegetas Aufforderung prompt folgte und den Himmel nach dem Feuerball absuchte. „Wenn die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hat, wird eine Stunde vergangen sein.“

 

Mit hochgezogenen Augenbrauen versuchte er, Vegetas Erklärung zu verinnerlichen, doch bemerkte er recht schnell, dass es ihn überforderte – woraufhin er seine Hand vor seine geblendeten Augen hielt. Kakarott wollte sich jedoch nicht de Blöße geben und antwortete spitzbübisch: „Vegeta, das dauert ja noch ewig, bis die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht hat.“ Infolgedessen konnte man deutlich seinen grummelnden Magen hören. Allerdings wusste Son Goku nicht, ob sein Magen ihm vor Hunger in den Kniekehlen hing, oder ob ihm die Übelkeit übel mitspielte.

 

Missbilligend nahm auch Vegeta das Magengrummeln zur Kenntnis, überwand den Ekel jedoch rasch und sah wieder nach vorne in die Ferne.

 

„Wir sollten vielleicht vorher noch etwas -“

 

„Denk nicht einmal dran, Kakarott.“

 

„Aber ich hab Hunger.“ Begierig wanderte sein Blick über die Einöde, doch nirgends war etwas zu entdecken, das man hätte essen oder kochen können.

 

„Wenn du mir dazwischen funkst – egal in welcher Form –, dann wirst du mich kennenlernen“, fauchte der König plötzlich in seine Richtung, dessen Körper vor Zorn zu Beben angefangen hatte – aufgrund der mangelnden Ernsthaftigkeit, die Kakarott an den Tag legte. Innerlich versuchte er sich zur Ruhe zu zwingen. Vegeta sollte sich auf das konzentrieren, weswegen er durch die Zeitlinien gereist war und schleunigst herausfinden, wo alles seinen Anfang gefunden hatte. Nachdem er allerdings um wiederholten Male seinen Namen aus Kakarotts Richtung vernommen hatte, drehte er sich schnaufend zu der Quelle, die seinen Zorn befeuerte. Vegeta wollte lediglich den anbahnenden Redeschwall im Keim ersticken – sachlich und prägnant, aber es gelang ihm nicht. „Ich versichere dir, Kakarott, wenn du noch einmal meinen Namen rufst, wirst du keinen Grund mehr haben, je wieder nach etwas Essbarem zu schreien. Ich gebe dir mein Wort“, ermahnte er den Saiyajin, „dass ich dich so übel zurichten werde, dass du nicht einmal im Jenseits mehr deinen Magen spüren wirst.“ Während er seine Drohung zähnefletschend aussprach, näherte er sich dem noch immer am Boden sitzenden Saiyajin, der – zu Vegetas Entsetzen – gar nicht erschrocken war.

 

Um diesen Zustand zu ändern, packte Vegetas Hand nach Kakarotts Kragen, wonach seine Worte – bezüglich des Aufwandes – tiefer und gefährlicher klangen als zuvor.

 

„Ich wiederhole mich nicht noch einmal. Steh endlich auf, Kakarott.“ Abschließend zog er sein Gegenüber auf die Beine und ließ den Körper des niederen Wesens unverzüglich los. „Es ist schon gefährlich genug, mit der Zeit zu spielen und in ihr herumzureisen.“

 

„Und wieso -“

 

„Sie zu ändern“, unterbrach Vegeta ihn barsch, „kann verheerende Folgen für unsere Welt haben – in der wir leben und wie wir sie kennen. Daher sollten wir uns nicht an Banalitäten wie deiner Fresssucht aufhalten. Verstehst du das?“

 

Davon unbeeindruckt, erwiderte Son Goku den Blick seines Königs, dem es offenbar missfiel, wie ungerührt er Vegeta entgegensah. „Aber ändern wir die Zukunft nicht schon? Schließlich sind wir in einer Zeit, in die wir gar nicht gehören“, überlegte der Größere von beiden aufmerksam, dessen Hand in seinem pechschwarzen Haar verschwunden war. Der zuvor stramme Griff um seinen Kragen ignorierte Son Goku weiterhin, da er in seinem Gegenüber keinerlei Gefahr mehr sah, nachdem ihm aufgefallen war, dass sich beide ebenbürtig waren.

 

Ob Vegeta abermals mit ihm kämpfen würde? Son Goku würde es jedenfalls tun – alleine des Nervenkitzels wegen. Und wenn alles ausgestanden wäre, könnte er ihn ja noch einmal fragen.

 

„Vermutlich schon, ja. Wieso fragst du?“ Unumgänglich begann er damit, die nachhallenden Worte innerlich zu verarbeiten. Denn tatsächlich hatte Kakarott recht. Bereits mit ihrem Erscheinen würden sie womöglich die Zukunft verändern, aber inwiefern?

 

Hatte Vegeta zu voreilig gehandelt?

 

Verdammt. Niedergeschlagen und sauer zugleich, befreite sich Vegeta aus seiner Starre. Er drehte sich eilig um und suchte nach einem Punkt, den er anvisieren konnte. Aber er fand nichts – keinen Punkt und keine Antwort. Grundgütiger, er wollte doch lediglich seine eigene Zukunft positiv beeinflussen und nun hing nicht mehr nur Vegetas Schicksal am seidenen Faden, sondern das aller Saiyajins. Dank seines eigensinnigen Handelns. Seiner uneingeschränkten Egozentrik war es zu verdanken, dass er unbedacht agiert hatte – ohne darüber nachzudenken, was mit seinem Volk passieren könnte.

 

Wie stolz wäre sein Vater in diesem Augenblick wohl, bezüglich Vegetas Eingeständnis, dass er womöglich einen Fehler begangen hatte? Wie erfreut wäre er wohl darüber gewesen, Zeuge dessen zu sein, dass Vegeta sich mit Gedanken beschäftigte, die nicht ihn selbst betrafen?

 

„Nun ja“, flüsterte indes Son Goku, der neben Vegeta herangetreten war und seine Hand – mit der Absicht, ihm Zuspruch zu spenden – auf dessen Schulter platzierte. „Wenn wir schon etwas ändern, dann sollten wir unser Vorhaben bis zum bitteren Ende durchziehen und alles zu unserem Vorteil nutzen, nicht? Immerhin tun wir das hier“, bekräftigte er nickend, „für Bulma, richtig?“ Anschließend musste der Saiyajin schmunzeln, der seinen König um zwei Köpfe überragte, denn er würde jetzt etwas in den Raum werfen, was Vegeta verunsichern würde – und das absichtlich. „Du magst doch Bulma, oder? Sie ist die treibende Kraft, die dich schlussendlich so impulsiv werden lässt. Hab ich recht?“

 

„Du fragst zu viel.“ Die die vielen Fragen störten Vegeta, sondern der Inhalt. Seine Gefühle die er für Bulma hegte, gingen niemanden etwas an. Das musste und konnte Vegeta nur mit sich selbst austragen – es war ein Kampf, der erhebliche Ausmaße sowohl auf seine, als auch auf Bulmas Zukunft nehmen würde. Es war ein Kampf der alles entschied und niemand durfte sich einmischen.

 

„Entschuldige“, ging er versöhnlich auf Vegetas harsche Worte ein. Zumindest versuchte er, die Stimmung etwas nach oben zu heben, bevor Vegeta einen weiteren Grund fand, wütend zu werden. „Es ist eben nur sehr eindeutig.“ Okay, er konnte nicht anders. Er musste diesen vernichtenden Satz sagen – nicht, um Vegeta vorzuführen, aber manchmal sah man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Selbiges betraf Vegeta. Er sah seine auffälligen Gefühle offensichtlich nicht.

 

Was ist eindeutig?“ Angespannt suchte er Kakarotts Blick. Er sah direkt in sein Gesicht, das... das so unschuldig aussah, doch der Schein trog. Radditz' kleiner Bruder hatte es faustdick hinter den Ohren.

 

„Das siehst du nicht?“ Er musste Vegeta wirklich erklären, was so offen auf der Hand lag?

 

„Nein?“ Natürlich sah es Vegeta, verflucht. Er wollte es aber nicht wissen und doch gab er Kakarott quasi die Lizenz, es ihm zu offenbar – ihm regelrecht an den Kopf zu werfen.

 

„Dass du Bulma magst und eifersüchtig auf Turles bist, siehst du nicht? Was mich zu der Frage bringt, weshalb du ausgerechnet ihn zu Bulma geschickt hast, wenn er dir doch ein Dorn im -“

 

„Er ist mir kein Dorn im Auge, du -“

 

„Ach so, du wärst also auf jeden Saiyajin eifersüchtig. Ich verstehe“, beanstandete er und goss somit noch mehr Öl ins Feuer.

 

„Du dämlicher Idiot, sei endlich ruhig“, fuhr Vegeta ihn brüllend an, während seine Hände zu Fäusten geballt waren und die Mundwinkel dermaßen verzerrt waren, dass man seine fletschenden Zähne sah. Ebenso seine Körperhaltung, die bedrohlicher denn je war, verrieten ihn und seine ausreichende Zuneigung zu Genüge. „Ich empfinde nichts für dieses unzumutbare Weib. Gar nichts. Und Turles ist mir – mit Verlaub – genauso egal. Hier“, fuhr er ärgerlich dort, „in dieser Zeit, geht es um meine Zukunft und du, mein lieber Kakarott, der sich in alles einmischen muss, weil du deine schäbigen Füße nicht stillhalten kannst, hast einfach nur auszuführen. Kapiert?“ Im Endeffekt brachte es nichts, alles abzustreiten, aber er würde sich hüten, etwas wie Gefühle zuzugeben, die parallel Schwäche darstellte. Nein, er würde den Pfad der Wahrheit nicht gehen – schon gar nicht mit Kakarott, der es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht hatte, ihn mit nervigen Fragen zu bombardieren.

 

„Ach so. Gar nichts also.“ Beide Hände in die Hüften gestemmt, gesellte sich Son Goku erneut neben seinen König; den Kopf leicht zur Seite geneigt, gepaart mit einem Grinsen, das er nicht länger verbergen konnte. „Dass du mir aber unmissverständlich zeigst, dass ich rechte habe, weißt du schon, oder? Insbesondere deine... wie soll ich es nennen?“ Kurz überlegte er und begann seinen Satz fortzuführen. „Deine Wut, die nahezu jedes Mal aus dir herausbricht, sobald wir uns in eine Richtung bewegen, an dessen Ende Bulma und Turles warten, zeigt mir letztendlich, dass ich recht habe. Das ist... witzig, nicht?“

 

Witzig?“

 

„Auf jeden Fall. Zumal du es jedes Mal bist, der mir diese Brotkrumen hinwirft. Das macht das Ganze ja so lustig.“

 

Knurrend wandte sich Vegeta ab. Er dachte gar nicht mehr daran, sich auf eine Konversation mit Kakarott einzulassen. Täte er es weiterhin, müsste er sich am Ende noch vor Radditz rechtfertigen, der wissen wollen würde, was dazu geführt hatte, dass Vegeta Kakarott erdrosselte. Diesen verstörenden Gedanken wollte er sich ersparen, woraufhin er sich vom Boden abstieß um diesen zu kontrollieren. Mithilfe seiner Sinne versuchte er, eine Aura, ein Gefühl oder dergleichen aufzuspüren. Schließlich hätte Polunga sie niemals hierher gebracht, wenn es nichts zu ändern gäbe. Oder hatte der kleine Namekianer den Wunsch falsch formuliert?

 

Nein, das war unwahrscheinlich. Polunga hatte erwähnt, bevor sie verschwanden, dass er sie in die richtige Vergangenheit bringen würde. Außerdem baute Vegeta darauf, dass der Grünling unter seiner Drohung litt und nicht einmal im Traum daran dachte, ihn zu hintergehen. Andernfalls wären die Folgen sowohl für ihn, als auch für das namekianische Volk fatal.

 

„Spürst du das?“, unterbrach Son Goku Vegetas Gedanken, nachdem er ebenfalls in die Lüfte gestiegen war und seine Augen schloss. „Diese schwache Aura?“

 

„Ja“, log er genervt, ehe er augenrollend zu Kakarott sah. Dieses Aas hatte die Aura vor ihm spüren können – welch Schmach. Noch immer konnte Vegeta nicht ohne Scouter eine entfernte Aura spüren, doch fiel es ihm nicht sonderlich schwer, seinen Begleiter zu belügen. Lügen war schon immer einfach für ihn gewesen. Vor allem, wenn er jemanden belogn, den er bis aufs Blut nicht leiden konnte – wie Kakarott. Nichtsdestotrotz hatte er erst Minuten später die Augen wahrgenommen, woraufhin er – ohne ein Wort zu sagen – von dannen flog.

 

„Hey, Vegeta!“, entfuhr es Son Goku mit wedelnden Armen. „Warte auf mich.“

 

 

 
 

~*~

 

 

 

Radditz, Nappa, Dende, Yamchu und Kuririn standen inzwischen seit geschlagenen fünfzehn Minuten ratlos vor dem grünen Ungetüm, das die fünf Anwesenden abwartend beäugte.

 

„Worauf wartet ihr?“, donnerte seine dunkle Stimme in die Nacht hinein. „Nennt mir euren letzten Wunsch, den ich erfüllen werde.“

 

Verschlagen biss sich Kuririn daraufhin in seine Lippen, während er energisch überlegte, was er den Drachen fragen konnte. Es vergingen weitere Sekunden, ehedem er sich schnipsend an Dende vorbei zwängte und in das einschüchternde Gesicht des Drachen hinauf sah. Anscheinend, so hatte es der glatzköpfige Saiyajin aufgefasst, war Polunga in der Lage, seine Sprache zu verstehen – sofern es sich um keinen Wunsch handelte, was ihm gleichzeitig einen Vorteil verschaffte. So lief er nicht Gefahr, unbewusst einen Wunsch zu äußern. Schlotternd baute sich Kuririn vor ihm auf, den Blick fest auf den Drachen gerichtet. „Sag mir, Polunga, wieso bist du so ungeduldig? Wenn du unseren letzten Wunsch erfüllt hast, zerstreuen sich die Dragonballs auf dem Planeten und es dauert eine Zeit, bis man sie wieder findet, oder?“

 

Argwöhnisch betrachtete Polunga das Wesen vor sich, nachdem er sich missmutig nach vorne gebeugt hatte und Kuririn einen Einblick in sein riesiges Maul gewährte, das mit spitzen Zähnen ausgestattet war. „Junger Saiyajin, ist es dein Wunsch zu erfahren, weshalb ich ungeduldig bin? Wenn dies zutrifft, solltest du dein Begehr in meiner Sprache vortragen.“

 

„Oh! Nein“, winkte dieser händeringend ab. „Das soll kein Wunsch sein. Ich... Ich war nur neugierig. Ich dachte nur, dass dein Leben – außerhalb des Wünsche-erfüllen – recht eintönig sein könnte und du es deshalb genossen hättest, mal eine Unterhaltung zu führen, statt Wünsche zu erfüllen.“ Hilfesuchend wandte er sich an die übriggebliebenen, die aber genauso unschlüssig und schulterzuckend hinter ihm standen.

 

„Vielleicht sollten wir ihm einen Witz erzählen?“, schlug Nappa ambitioniert vor.

 

„Gute Idee“, höhnte Radditz, bevor sich seine Tonlage verdunkelte und seine Mundwinkel angesäuert nach oben gezogen wurden. „Bring den Drachen zum Lachen. Vielleicht lacht er sich ja tot, du Komiker.“

 

„Entschuldige, Radditz“, bemerkte Nappa beschämt, während er sich über seine Glatze rieb.

 

„Der Drache wird begeistert sein, wenn er zusätzlich noch verarscht wird. Unter diesen Voraussetzungen wird er garantiert bei uns bleiben“, fügte er sarkastisch hinzu, bevor er im Kreis ging und immer wieder gen Himmel sah, der ihm Aufschluss darüber gab, wie viel Zeit sie noch hatten. Ihre Aufgabe, den Drachen eine Stunde hinzuhalten, gestaltete sich als schwierig. Es war genauso anstrengend wie ein Kampf, angesichts des Umstandes, dass Radditz noch nie lustig gewesen war.

 

„Hast du etwa eine bessere Idee, Schlaumeier?“, funkte Yamchu dazwischen, der nicht erahnen konnte, inwiefern sich Nappa und Radditz feindselig gegenüberstanden. Er empfand es jedoch als notwendig, sich auf die Seite des emotional Schwächeren zu stellen, auch wenn Nappa – bezüglich seiner Körpermasse – im Vorteil war. Aber selbst das hatte nichts zu bedeuten, wie Yamchu schon des Öfteren im Fitnessstudio erfahren musste. „Er hat wenigstens etwas vorgeschlagen – im Gegensatz zu dir. Wenn du also eine bessere Idee hast; nur her damit.“

 

„Tze, wer bist du, dass du dich dazu berufen fühlst, Nappa zu schützen?“, fauchte Radditz dem Erdling entgegen. „Ein Saiyajin ist nicht auf die Hilfe eines niederen Wesens angewiesen.“

 

„Ihr seid doch ebenfalls niedere Wesen“, konterte Yamchu.

 

„Was sagst du da, Erdling?“ Mit schweren Schritte wollte Radditz sich dem Insekt nähern, das ihn und seine Rasse denunzierte. Am Ende wurde er jedoch von Nappa zurückgehalten, der wortlos nach seinem Arm griff. „Wir sind niedere Wesen?“

 

„Ja, in Gegenwart des Drachen schon. Schließlich seid ihr auf seine Hilfe angewiesen.“

 

Polunga folgte indes dem Wortgefecht sehr interessiert und für einen kurzen Moment schien er zu vergessen, dass er darauf wartete, dass Dende den dritten und letzten Wunsch äußerte.

 

 

 
 

~*~

 

 

 

Nach diesem niederschmetternden Gespräch hatte sich Bulma erschöpft in ihr Zimmer zurückgezogen. Trottend war sie die Stufen nach oben gegangen und ihr war die ganze Zeit nicht wohl dabei; zu wissen, dass Vegeta zu jederzeit wusste, wo sie sich befand. Ebenso seine Drohung, die unheilvoll wie eine Wolke über ihr schwebte. Immerzu dachte sie an das folgende Schicksal der Erde, sollte sie sich nicht an seine Forderungen halten. Es bereitete der jungen Saiyajin unendliche Bauchschmerzen. Zwischen Vegeta und ihr war eine gigantische Kluft entstanden. Eine Distanz, die ihr vorheriges Verhältnis in den Schatten stellte. Sicher, sie hatten sich zuvor schon einige Male gestritten, sie wären sie des Öfteren am liebsten an den Hals gesprungen, doch jetzt... jetzt herrschte kein Zwietracht mehr zwischen ihnen. Nein, es hatte sich zu einem Krieg zwischen den beiden Saiyajins entwickelt und es störte Bulma, dass er es fertig brachte, sie zu seinen Gunsten zu steuern. Was hatte sie in ihrem Leben bloß falsch gemacht, um mit solchen Auseinandersetzungen und solch diffusen Gedanken bestraft zu werden? Und wieso war es ihm so egal? Amüsierte es Vegeta so sehr, Lebewesen die am Boden lagen, noch mehr körperlichen und seelischen Schaden zuzufügen?

 

Hinzu kam der immer größer werdende Abstand zu Turles. Bekümmert ging sie dem Saiyajin aus dem Weg, der nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln war. Aber Bulma durfte sich in kein Gespräch mit ihm verwickeln lassen – was leichter gesagt als getan war, denn der Tag kam, an welchem Turles vor ihrer Tür stand und zaghaft gegen das Holz klopfte. Allerdings hatte es sich anders angehört – fast feinfühlig. Nicht so grob und aggressiv wie beim ersten Mal, als er inmitten der Nacht vor ihrer Tür stand und Ruhe einforderte, angesichts ihrer Trauer und den daraus resultierenden Weinkrämpfen, weswegen er nicht einschlafen konnte. Schwankend, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte, schnappte sie sich ihre Wolldecke, die sie zögerlich um ihren Körper legte und anschließend zur Tür ging.

 

Ob sie vielleicht doch eher so tun sollte, als würde sie schlafen? Immerhin würde sie so dem Gespräch entgehen können. Allerdings und die Erleuchtung kam schnell, wusste Bulma, dass Saiyajins – abgesehen von ihr – Auren spüren konnten. Sie konnte sogar differenzieren, ob man tatsächlich schlief oder nicht. Demzufolge konnte sie sich ihm gar nicht entziehen, weshalb sie vorsichtig die Tür einen Spalt weit aufzog und ihren Kopf zwischen Zarge und Tür klemmte.

 

Das Bild vor ihr hätte nicht skurriler sein können. Vor ihr stand Turles, die Arme verschränkt und den Blick auf sie gesenkt.

 

„Ähm... Hey, was gibt’s?“, kam es recht subjektiv aus ihrem Mund.

 

„Was es gibt?“, wiederholte er, während sich eine seiner Augenbrauen erstaunt nach oben zog, ehe sich die zweite dazugesellte. Er war überrascht, hinsichtlich ihrer Reaktion. Turles konnte sie nicht einordnen, woraufhin er skeptisch – dennoch achtsam genug – die Tür aufschob und das Mädchen ins Innere des Raumes drängte, um ihr uneingeschränkt folgen zu können. In der Mitte des Raumes blieb er stehen, den Blick nach wie vor auf Bulma gerichtet. „Ich hab mich gefragt, was los ist?“

 

Was los ist?“ Bulmas Hände krallten sich in der Innenseite ihrer Decke fest. „Äh, was sollte denn los sein? Es ist nichts.“

 

„Es ist nichts?“ Unauffällig sah er sich in dem kargen Zimmer um. Bescheiden war der fast leere Raum allemal, wenn er sich ihre Behausung auf Vegeta-Sei in Erinnerung rief. „Bist du dir sicher?“

 

„Ja, ich bin mir sicher, Turles.“ Sie war alles andere als sicher. Aber was sollte sie tun? Ihm die Wahrheit sagen? Sich ergeben und ihm sagen, was vorgefallen war? Das ging einfach nicht.

 

„Wieso gehst du mir aus dem Weg, obwohl ich weiß, wie enorm groß dein Verlangen danach ist, mich ständig in ein sinnloses Gespräch zu verwickeln?“ Noch immer dachte er an ihr Haus auf Vegeta-Sei. Selbst ihr Badezimmer, in dem er Bulma bewusstlos vorgefunden hatte, als man sie und ihre Eltern überfiel, ließ ganz andere Rückschlüsse zu. Dort waren ihre Schränke mit Haarspangen, Haarbändern und Haargummis übersät gewesen. An ihrem Spiegelschrank hafteten Fotos aus ihrer Vergangenheit. Selbst das Waschbecken war kaum als dieses zu erkennen, dank der Überfüllung ihrer Kosmetika. In den Regalen daneben hatten sich unzählige Parfumflakons befunden, und hier? Hier deutete nichts darauf hin, dass eine junge, ansehnliche Saiyajin das Anwesen bewohnte.

 

„Äh, ich -“

 

„Wenn sich dieser Umstand innerhalb kürzester Zeit ändert, muss man der Ursache auf den Grund gehen, Mädchen.“ Ihm strahlte nur die Einsamkeit entgegen, der Bulma zwanghaft ausgesetzt war und es tat ihm wirklich leid und inmitten all dieser Erinnerungen, hatte die Saiyajin es noch immer noch geschafft, ihm in ganzen Sätzen zu antworten, weshalb er unbarmherzig fortfuhr: „Du hast dazu gar nichts zu sagen?“

 

„Es ist nichts“, beharrte Bulma.

 

Unterdessen war Turles kopfschüttelnd und ungefragt an ihr Fenster herangetreten, verschränkte daraufhin erneut die Arme und starrte – wie er es so oft schon getan hatte – in die Ferne. Das taten viele Saiyajins, wenn sie einer unausweichlichen Konfrontation gegenüberstanden und Zeit schinden wollten. Erst als er ihre Anwesenheit neben sich im Augenwinkel bemerkte, neigte er den Kopf in ihre Richtung, doch Bulma verstand es, ihm auszuweichen. So schüchtern sie in seiner Anwesenheit auch war, so versuchte sie jene Eigenschaften mit Cleverness und Raffinesse auszugleichen. Ja, er hatte ihre wahren Seiten kennenlernen können, nachdem er sich gründlich mit dem Mädchen befassen musste. Damals war ihm ihre Erscheinung noch ganz anders in Erinnerung geblieben – ängstlich, dennoch gewitzt genug, sich clever zu artikulieren. Aus diesem Grund wusste er auch ganz genau, dass sie weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen war.

 

„Du willst mir also weiter weismachen, dass nichts ist, obwohl ich dich der Lüge überführt habe?“

 

Schweißperlen bildeten sich auf Bulmas glatter Stirn, aber sie musste standhaft bleiben. „Turles, wenn ich es dir doch sage: Es ist nichts.“

 

„Fein“, entgegnete er süffisant. „Dann lass mich meine Frage anders stellen.“ Er sah, wie sie zusammenzuckte, aber das durfte ihn keinesfalls beeinflussen. „Wann genau wolltest du mir sagen, dass Vegeta und Radditz hier waren?“

 

Aufgrund dieser Aussage, fiel Bulmas Kinnlade förmlich zu Boden. Entgeistert sah sie zu ihm nach oben. „Du... Du wusstest davon?“ Ihr Kopf drehte sich in Windeseile zurück zum Fenster und wieder zu seinem Gesicht, das wissend ihre Züge studierte. Unter seinem Blick ausgesetzt und weil sie wusste, dass er ihre Lüge enttarnt hatte, zog sie die Decke, die ihr in diesem Moment Schutz bot, enger um sich. Auch wollte sie damit ihre Hände beschäftigen, die sich unaufhörlich in den weichen Stoff bohren wollten.

 

„Du hast daran gezweifelt?“ Spitzbübisch drehte er seinen Körper zur Seite, woraufhin die blauhaarige Saiyajin ihm auswich. Kurz sackten seine Mundwinkel nach unten, nachdem er bemerkte, dass sie die Distanz zu ihm wahren wollte, aber er ließ sich die Enttäuschung ihrer Zurückweisung nicht anmerken.

 

„Nein, nicht gezweifelt“, seufzte Bulma.

 

„Ich mag zwar so dumm aussehen wie Kakarott, doch unterscheiden wir uns – was Intelligenz angeht – auf ganzer Linie. Natürlich weiß ich, dass Vegeta und Radditz hier waren. Schließlich haben unsere Scouter Funktionen, die die Anwesenheit neuer Auren herauskristallisieren können.“ Er war nicht gekränkt, aber auch nicht besonders glücklich darüber, dass sie ihn belogen hatte. „Und dass es meine Aufgabe ist, dich daran zu hindern, zurück nach Vegeta-Sei zu flüchten, muss ich dir nicht sagen, oder?“

 

„Nein.“

 

„Was eine ständige Mitnahme meines Scouters erklärt und sag mir nicht“, erläuterte er besser gelaunt, „dass dir dieser Umstand nicht selbst klar war.“ Dass er sie zudem mit seinem Leben beschützen musste, erwähnte er per se nicht. Vegeta hatte es sträflich untersagt, sie in irgendetwas einzuweihen.

 

„Ich durfte dir nichts davon erzählen“, gab Bulma im Anschluss verlegen zu.

 

Misstrauische Züge entfachten sich in Turles' Gesicht, bevor er mürrisch in ihr Gesicht sah. „Denk noch einmal nach, ob das der Wahrheit entspricht.“

 

Auch Bulma sah eindringlich zu ihm auf. „Das ist die Wahrheit, Turles.“

 

„Bulma.“ Turles schloss den Abstand zu ihr, hob seine Hand und verharrte einen kurzen Moment, bevor er nach ihrem Handgelenk griff und sie zu sich heranzog. „Lüg mich nicht an! Ich weiß, dass Vegeta und Radditz meine Anwesenheit gespürt haben – ebenso wie ich ihre.“

 

„Das... Das stimmt nicht. Saiyajins können nur mithilfe ihrer Scouter -“

 

„Denkst du, sie hätten ihre Scouter nicht permanent im Auge? Uns wurde nie etwas anderes eingetrichtert. Ohne unsere Scouter sind wir machtlos, kapiert?“ Gott, was sollte er noch glauben? Turles war so verwirrt.

 

„Turles, ich sage dir die Wahrheit“, entfuhr es ihr panisch – die Augen fest geschlossen. „Ich habe dir nichts gesagt, weil Vegeta es mir verbot und ich verunsichert war. Aber wie kann ich erwarten“, keuchte sie nachfolgend und öffnete die Augen, „dass du das verstehst?“ Wieso sollte Turles, der sich sowieso nur für dich interessierte, sich darum scheren, dass Vegeta ihr ein Ultimatum stellte und die Erdbevölkerung indirekt damit bedrohte, sie auszurotten und das Schicksal von sieben Milliarden Menschen in Bulmas kleine Hände legte, die dem Druck schon lange nicht mehr standhalten konnten? War das Vegetas Plan? War es Willkür, weil er wusste, dass Bulma scheiterte? „Und selbst wenn ich dir davon erzählt hätte; zu dir wollten sie sowieso nicht, sondern zu mir.“

 

Nickend drehte er sich von Bulma weg, bis er in den Augenwinkeln nur noch ihr Profil ausmachen konnte. „Was wollten sie hier?“ Für die beiden ausgebildeten Saiyajins wäre nicht die Frage nach Turles' Aufenthaltsort relevant, sondern wie schnell – sofern sie zu Turles gewollt hätten – dort ankämen. „Dass sie nicht zu mir wollten, ist mir schon klar. Nichts wäre einfacher gewesen, als mich zu finden.“

 

„Stimmt“, resignierte sie anschließend.

 

„Gab es etwas bestimmtes, das sie wissen wollten?“

 

Nickend bestätigte sie seine Frage: „Ja, oder glaubst du, Vegeta lässt sich dazu herab, grundlos eine so weite Strecke zurückzulegen?“ Die Erinnerung an das verhängnisvolle Gespräch mit ihm kroch schnell zurück... Obwohl, die Erinnerung war nie weg, Bulma hatte es lediglich geschafft, sich nicht gänzlich davon erdrücken zu lassen. Aber es war unheimlich schmerzvoll, sich mit seinen bösen Worten auseinanderzusetzen. Es war grausam, wie Vegeta sie währenddessen angesehen hatte – feindselig und nicht gewillt, ihr etwas freundliches zu sagen.

 

„Ganz im Gegenteil, aber lass dir auch nicht alles aus der Nase ziehen.“

 

Bulma atmete noch einmal tief ein, bevor sie leise sprach: „Vegeta wollte wissen, wieso ich ihn belogen habe.“

 

„Inwiefern?“

 

Turles' folgender Ausdruck signalisierte ihr, dass er unbedingt wissen wollte, worum es in diesem Gespräch gegangen war. „Ich... Ich habe Träume, Turles.“ Peinlich berührt sah sie weg. Bulma drehte ihren Körper zur Seite, weil sie ihm nicht länger in die Augen sehen konnte – zu groß war die Scham vor dem, was sie ihm erzählen würde.

 

„Erzähl mir von den Träumen“, flüsterte Turles, nachdem er behutsam nach ihrem Kinn gegriffen und ihren Kopf zurück in seine Richtung gedreht hatte.

 

Eigentlich wollte sie ihm nichts davon erzählen. Bulma hatte ihm bereits – wie Vegeta zuvor – zu tiefe Einblicke in ihr Innerstes gewährt, obwohl sie doch schon daraus hätte lernen müssen, als sie diese Konfrontation mit Vegeta hatte. „Es begann, bevor du zur Erde kamst und mir meine wahre Herkunft offenbart hast. Damals dachte ich, alles sei Einbildung. Ich glaubte, es läge am Stress – bedingt durch mein Studium.“ Bulma erkannte, wie Turles sich erinnerte und auch sie erinnerte sich, wie sie ihm erzählt hatte, dass sie Studentin sei. „Allerdings wurden die Träume klarer, sie wurden drängender und... und schlimmer. Mir wurden Bilder vor Augen geführt, die das Ausmaß der größten Zerstörung eines Planeten zeigten – unseres Planeten, Turles.“ Errötet drehte sie nochmals den Kopf zur Seite, doch Turles sah ihr unbeeindruckt entgegen. Warum es ihn kalt ließ, konnte sie nicht sagen. Sie vermutete, dass das seinem Naturell entsprach und er keinerlei Gefühle zeigen durfte. „Als ich in deiner Wohnung aufgewacht bin, hatte ich wieder davon geträumt und... und -“

 

„- und was?“ Er wusste, dass er sie drängte und das der falsche Weg war, aber er vergaß sich in dem Moment einfach, weil sie um den heißen Brei herumredete. Des Weiteren legte er seine Hand unter ihr Kinn, da es ihm ein starkes Bedürfnis gewesen war, ihr in die Augen zu sehen. Er fühlte, dass das, was das Mädchen als nächstes sagen würde, ihr aller Schicksal betraf und gerne würde der hochgewachsene Saiyajin vorbereitet sein. Ja, Turles würde ihr... er würde ihr gerne diese Bürde abnehmen, doch konnte er das nicht. Aber er könnte ihr behilflich sein, gemeinsam mit ihm das Martyrium zu überstehen. „Bulma, sag mir was du geträumt hast.“

 

Dass ausgerechnet das Mädchen es schaffte, ihn – einen der bösesten Saiyajins – zu indoktrinieren, so dass er seelisch gezwungen war, sie zu schützen und ihr kein Leid zuzufügen, ließ so tief in seine Seele blicken, dass er sich davor fürchtete, den nächsten, offenen Schritt zu wagen. Trotz dass beide Saiyajns sich so unbekannt und fremd waren, so fühlte Turles eine Nähe zwischen ihnen, dass es ihm nicht einmal schwer fallen würde, sein Leben für ihres zu geben.

 

Das war verrückt, nicht? Er wurde herangezüchtet, durchlief ein strenges Training um letztendlich die Königsfamilie zu schützen und nicht die Tochter eines Erfinders, zu dessen Familie der Königssohn geschickt wurde, um zu lernen, was Pflichtgefühl bedeutete. So sehr er sich auch bemüht hatte sich dieser Nähe zu entziehen und seine Prioritäten nicht zu vergessen, so hatte Bulma es geschafft, ihn zu umgarnen. Ihr gelang etwas, wovon Turles dachte, dass das nie möglich gewesen wäre. Was erschwerend hinzu kam, war, dass sie das unbewusst geschafft hatte. Ohne es zu wollen, färbte ihr Auftreten auf ihn ab. Es war erschreckend, sowie sonderbar zugleich, festzustellen, dass es jemanden gab, der die Macht über ihn hatte – ohne das nötige Zutun. Der Saiyajin dachte an den bisherigen Verlauf ihrer Aufeinandertreffen zurück. Er dachte daran, wie verunsichert und beklommen sie vor ihm gestanden hatte und mit Worten zu verhindern versuchte, größeren Schaden auf der Erde anzurichten. Dinge – wie eine Familie – die für ihn unwichtig waren, waren für diesen Erdling das höchste Gut, was sie besaß – was sie sogleich von ihm unterschied. Aber Turles fing an, sie zu verstehen. Er begriff, dass es Dinge im Leben gab, die wichtiger waren als die Pflicht seinem König gegenüber. Allerdings hatte Turles keine Familie mehr. Er war zu einem Einzelkämpfer geworden, was ihn umso gefährlicher machte, da er wusste, sich alleine zu wehren und dass es niemanden gab, der auf ihn wartete – bis jetzt. Für ihn war Nähe, Zuneigung und das Wissen gemocht zu werden, stets belanglos, aber das hatte sich – nachdem er Bulma kennengelernt hatte – irgendwann geändert. Bulma war fähig genug, Saiyajins zu verändern, ihnen den Spiegel vorzuhalten und diejenigen zum Nachdenken anzuregen. Sie war mächtig genug, jemanden erkennen zu lassen – wenn auch unabsichtlich –, was richtig und falsch war. Charaktereigenschaften, die immer uninteressant für jemanden war, der sich Saiyajin nannte. Aber plötzlich... plötzlich waren das Dinge, die in Turles' Kopf herumschwirrten, was ihn in seinem Handeln einschränkte.

 

„Ich habe von dir geträumt, Turles“, murmelte die blauhaarige Saiyajn – als hätte sie etwas gesagt, was unter keinen Umständen erwähnt werden durfte. „Du warst es, der Vegeta-Sei retten wollte.“ Ihre blauen Augen suchten die Stelle, auf der Turles' Hand zuvor ruhig gelegen hatte und kurz war sie gewillt, ihre Hand über die nun leere Fläche zu streichen. Sie glaubte, dass sie auf diese Art irgendwie mit ihm verbunden wäre – was natürlich Irrsinn war. Und Bulma war froh, dass sie diesem Verlangen nicht nachgegeben hatte und sich stattdessen schmerzhaft auf ihre Lippen biss.

 

„Ich wollte Vegeta-Sei retten? Du redest so, als wäre ich gescheitert.“

 

Die Lippen fest verschlossen, sah sie zu Turles. Ein Saiyajin, der sie so viele Gedanken gekostet hatte. Turles, der so anders war als Son Goku und doch war es genau dieser Mann, der sich von ihrem besten Freund im Wesen so unterschied. Turles war ein Saiyajin, der Bulma so lange beschäftigte – und es noch immer tat.

 

„Du hast dich in einen riesigen Affen verwandelt.“

 

„In einen Weraffen“, korrigierte er ihre Aussage.

 

„Ja, du wolltest... du wolltest mich beschützen – uns alle schützen“, endete sie zitternd, nur um sich anschließend in Turles' Arme zu werfen, nachdem sie achtlos ihre Decke zu Boden hatte fallen lassen. Bulma erhoffte sich, in Turles die Stütze zu finden, die sie gerade so dringend benötigte, weil ihr alles zu viel wurde. Ohne ihn zu fragen, versuchte sie, ihre Arme um seinen muskulösen Oberkörper zu schlingen. Ihren Kopf drückte sie gegen seine Brust, um ihm nicht noch die Möglichkeit zu bieten, ihre Tränen zu sehen, die sie nicht mehr hatte aufhalten können.

 

Davon – von ihren Gefühlen und ihren Erzählungen – überrumpelt, versteifte sich sein Körper, weil Turles nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Zumal er ja zuvor noch nie so direkt damit konfrontiert worden war. „Und... Und das hast du Vegeta genauso erzählt?“

 

„Nicht alles. Dass du derjenige bist, der uns retten wollte, habe ich ihm nicht gesagt“, seufzte Bulma bedrückt, bevor sie ihm nachträglich erzählte, inwiefern sie Vegeta belogen hatte. Sie erzählte ihm von der Begegnung zwischen Vegeta und ihr in der Zelle, wodurch auch Turles einen Zusammenhang erschließen konnte, wieso es überhaupt zu dem Treffen auf der Erde kam.

 

„Werde ich scheitern, Bulma?“ Er betrachtete ihren blauen Haaransatz, legte sein Kinn darauf und wartete auf die vernichtende Antwort. Letzten Endes hätte er sich all das auch ohne ihre Antworten zusammenreimen können, da Vegeta – sobald er etwas wissen wollte – sehr überzeugend sein konnte; sei es auch mit roher Gewalt. Bulma würde wahrhaftig besser zu Vegeta als zu ihm selbst passen. Schwer zuzugeben, aber er hatte sehr wohl Vegetas Blicke bemerkt. Turles hatte... er hatte gespürt, was sein König für dieses Mädchen empfand, das in Turles' Armen lag. Trotz sämtlicher Versuche, all das zu verbergen und so sehr er Bulma auch mochte – und er mochte sie tatsächlich –, Turles musste sich beherrschen. Er musste sich am Ende zurückziehen, wenn der Zeitpunkt kam und es würde ihn vermutlich treffen – hart. Er würde einen leichten Stich in der Brustregion verspüren, der ihn zerbrechen lassen sollte.

 

„Ich weiß es nicht so genau. Ich sehe am Ende lediglich unseren zerstörten Planeten.“

 

„In Ordnung.“ Ohne dass Bulma es bemerkte, hauchte er einen sanften Kuss auf ihre Haare, weil er wusste, dass das sein Untergang bedeutete. Er würde zerbrechen, wie der Bierkrug, den er fallen ließ, nachdem Vegeta Bulma auf dem Fest geküsst hatte. Das Ausmaß war hier eben nur viel größer, da es Turles' Innenleben betraf, das unaufhaltsam in sich zusammenfallen würde. Jedoch schöpfte er Hoffnung. Hoffnung, dass er darüber hinweg kam, weil er sie bisher nie damit befassen musste. Kakarotts Ebenbild baute darauf, dass sein verdammter Stolz stärker war, dass sein Wille ungebrochen wäre und er Bulma irgendwann als Freund zur Seite stehen könnte.

 

 

 
 

~*~

 

 

 

Sie irrten schon viel zu lange durch das breit gefächerte Land, ohne ein Ziel gefunden zu haben, weshalb Vegeta und Son Goku das Tempo anzogen. Sie überquerten die vielen Flüsse, die das Land in mehrere Teile spalteten – in der Hoffnung, etwas zu finden, das auf eine Zivilisation schließen ließ. Irgendwo mussten sie ja anfangen.

 

Dass auch niemand von den beiden einen Scouter an seinem Körper trug, war Vegeta schleierhaft. Aber das war sicherlich der Hektik zuzuschreiben. Aber war es nicht Kakarott, der Auren ohne Scouter ausmachen konnte und eben noch etwas gespürt hatte? Wieso spürte er jetzt nichts mehr?

 

„Vegeta, wir sind noch auf Vegeta-Sei“, rief Son Goku verblüfft, dem die Muster der Seen und Flüsse bekannt vorkamen, aufgrund seiner vielen Ausflüge. Allerdings waren keine Häuser zu erkennen, was ihn wiederum verunsicherte. „Oder? Wir sind doch noch auf Vegeta-Sei?“

 

„Mit Sicherheit“, gab er murrend zurück, da es ihn selbst verunsicherte, bisher auf niemanden gestoßen zu sein. Ob es sich vielleicht um einen Hinterhalt handelte? Nein, bestimmt nicht. Anschließend blickte er wieder nach vorne, um sich nicht von Kakarotts unaufhörlichem Magengrummeln weiter irritieren zu lassen – was sich auch prompt auszahlte. Es durchzuckte ihn wie einen Blitz, als seine Sinne plötzlich schwache Signale empfingen. Daraufhin kniff er seine Augen zusammen, während er teilnahmslos in der Luft stehen geblieben war, um dieses Gefühl besser auffangen zu können. Und als er die Aura endlich stärker wahrnahm, öffnete er blitzschnell die Augen. Gleichzeitig betrachtete er die umliegende Landschaft und endlich... Endlich sah er weiter hinter seichte Rauchschwaden aufsteigen. Ja, verdammt. Er hatte es ganz ohne Scouter geschafft – in einer Situation, die ausweglos erschien. „Da hinten. Dort muss ein verdammtes Dorf sein.“

 

„Wirklich? Bist du dir sicher?“ Auch Son Goku kniff seine Augen zusammen, doch konnte er sich nicht konzentrieren, da Vegeta bereits weitersprach.

 

„Wir sollten zumindest nachsehen.“ Schön, mittlerweile hatte auch Vegeta erkannt, dass er stets vorschnell handelte, aber tat er das nicht immer? Schließlich hatte er das auch getan, als er seinem Vater gegenübergestanden hatte – einem Mann, dem er stets Respekt gezollt hatte, bis zu jenem Tag, an dem er das Karussell der Gefühle verließ und auf seinen wahnsinnigen Verstand hörte. Aber auch das gehörte der Vergangenheit an – wie die Zeit, in der sie sich befanden. Mit wirren Gedanken folgten sie der Spur, die binnen weniger Minuten zu dem Ziel brachten. Doch das, was sie sahen, schnürte ihnen die Luftröhre ab.

 

Von hier oben sahen sie Wesen, die ihnen selbst nicht unähnlich waren. Waren es Saiyajins? Aber der König wusste doch, dass Saiyajins in der jetzigen Zeit noch gar nicht so weit entwickelt waren, oder?

 

Vegeta verspürte ein seltsames Gefühl in seiner Brust. Es war die nackte Angst, dass sie doch in der falschen Zeitebene – wieso auch immer – gelandet waren. Aber das konnte doch nicht sein. Nein, er hatte Polunga gehört. Auch anhand der unbewohnten Umgebung war es Vegeta möglich, abzuschätzen, in welcher Zeitlinie sie sich ungefähr befanden.

 

„Vegeta, das... das sind doch Saiyajins!“ Auch Son Goku war perplex.

 

„Nein, Kakarott.“ Es fiel dem kleineren Saiyajin wie Schuppen von den Augen. „Das sind keine Saiyajins“, klärte er seinen Nebenmann knurrend auf, während seine geballte Faust vor Zorn zu zittern anfing. Dieses Volk... Dieses durchtriebene Drecksvolk. Was waren seine saiyajinischen Vorfahren neidisch auf dieses hochentwickelte, moderne, intelligente Volk gewesen – das ihnen weit voraus gewesen war. Während diese Wesen die modernste Technik entwickelten, lebten Saiyajins wie... wie Tiere in den Bergen.

 

„Aber was sind das für Lebewesen?“

 

„Das, Kakarott, sind Tsufurujins.“

 

„Was? Tsufuru-was?“ Jedoch bekam er keine Antwort. Zu fokussiert war Vegeta auf das unter ihm befindliche Volk, das ein friedliches Leben zu führen schien. „Vegeta“, flüsterte er im Anschluss hinter vorgehaltener Hand, während er dem König zeitgleich und ungeduldig auf die Schulter tippte. „Was sind denn diese -“

 

„Tsufurujins?“, beendete er den Satz und sah, wie Kakarotts Kopf eifrig nickte. „Siehst du das nicht?“ Das Geschehen unter ihm musste eine Bedeutung haben – nicht umsonst hatte Polunga sie hierher gebracht. Demnach hatte sich der Drache auch nicht geirrt. Nein, sie mussten hier sein – dort, wo alles seinen Anfang fand.

 

„Nein, ehrlich gesagt sehe ich das nicht?“

 

Hier gab es etwas, das sie ändern mussten. „Mit diesen Wesen“, begann Vegeta genervt, „die uns so ähnlich sehen, haben wir unseren Planeten geteilt – bis die Saiyajins das Volk auslöschten.“ Ob Saiyajins bereits geboren worden waren? Ja, bestimmt. Sie lebten nur abseits der kleinen Stadt – versteckt in Höhlen, wo sie ihr Dasein fristeten. Im Augenwinkel bemerkte er darüber hinaus eine andere Aura, die sich von denen der Tsufurujins deutlich unterschied. Augenblicklich ruckte sein Kopf zur Quelle und was er dort sah, hinderte ihn am weiteratmen.

 

Ebenso Son Goku, der das Aufkeuchen seines Königs vernahm und seinem Blick folgte. Seine Augen weiteten sich, ehe er sprach: „Ach du heilige Heuschrecke, was ist denn das?“

 

„Verflucht, sei still!“, wies Vegeta ihn zurecht, der unverzüglich zu Kakarott flog, seine Hand auf dessen Mund presste und mit ihm zusammen den Boden erreichte. Das Wesen hingegen, das ihnen den Atem raubte, war weder Tsufurujin noch Saiyajin. Es war... nicht zu definieren. Der Körper des Fremden war überwuchert mit grünen Schuppen, die sich feingliedrig über jedes Körperteil hinwegzogen. Der Oberkörper war in ein langes Gewand umhüllt, das bis zu den Knien reichte. Der ovale Kopf glich eher einem Fisch, statt einem Bewohner des Landes – was beide Saiyajins angeekelt zusammenzucken ließ.

 

Was war das für ein Ungetüm? Um dem auf den Grund zu gehen, schob Vegeta seinen Begleiter, dem er noch immer angewidert den Mund verschloss, hinter das Haus, das das Wesen ebenfalls ansteuerte. Versteckt unter einem Fenster, wollte Vegeta dem anschließenden Gespräch lauschen.

 

„Mein alter Freund“, ertönte es im Innern des Hauses, nachdem man die schwere Tür verschlossen hatte.

 

Zögerlich hoben die Saiyajins ihren Kopf, bis sie über die Fensterbank lugen konnten, was es ihnen ermöglichte, das fremde Geschöpf und einen Tsufurujin – der allem Anschein nach der Älteste des Dorfes war – zu beobachten.

 

„Lange... Lange ist es her, mein Freund, und ich weiß, weshalb mich dein Volk bat, schnellstmöglich meinen Planeten Kanassa zu verlassen und zu euch zu kommen.“ Bedächtig griff das Wesen nach der Schulter des alten Mannes, der bedrückt in das Gesicht seines Gegenübers sah. „Die Botschaft, ich solle mich allerdings jetzt schon so schnell wie möglich auf den Weg machen, klingt besorgniserregend und das kann ich durchaus verstehen.“

 

„In der Tat“, stimmte der Älteste dem Fremdling zu. „Du weißt, wieso -“

 

„Ich weiß“, stoppte das Geschöpf den alten Mann mit erhobener Hand. „Die Saiyajins machen dir Sorgen.“

 

„Ja, sie dringen immer weiter in unsere Dörfer ein. Sie sind zerfressen von Neid und wollen kein Bündnis mit uns eingehen.“

 

„Allerdings“, nickte der fischähnliche Kopf. „Und sie werden weiter vordringen, Ältester“, fuhr er stirnrunzelnd fort. Die grünen Schuppen zitterten. Sie verströmten etwas, das Besitz von dem Ältesten ergreifen und ihn in dieselbe Starre versetzen wollte.

 

„Ist... Ist das wahr?“, stöhnte der Mann angestrengt – offenbar nicht bereit dazu, dasselbe sehen zu wollen, was sein Freund sah. „Sie sind... Sie sind so rückständig, doch unseren Kräften weit überlegen.“

 

„Sie werden stärker werden.“

 

„Aber wie ist das möglich?“, wollte der Tsufurujin verblüfft wissen. „Während wir kommunizieren, fällt es den Saiyajins deutlich schwer, sich zu unterhalten. Wie kann es sein“, fuhr er nahtlos fort, „dass sie uns überrumpeln können, wo wir doch mit Waffen ausgestattet sind, die -“

 

„Das ist dein Fehler, alter Freund.“ Inzwischen hatte sich das Wesen auf einen der Stühle niedergelassen. Es atmete schwer und griff nach einer Karaffe, welche sogleich zu seinem Mund herangeführt wurde. „Du unterschätzt die Macht der Saiyajins. Du unterschätzt die Macht eines einzelnen Geschöpfs, das in der Lage ist, euren gesamten Planeten zu pulverisieren. Noch“, begann er furchterregend, „wissen sie nicht, wie machtvoll sie sind. Sie wissen noch nicht, wie sie ihre Stärke gebrauchen können, was euer Vorteil sein könnte – aber seid gewarnt, Tsufurujins. Die Saiyajins werden siegen, weil ihr zu borniert seid und weiterhin die saiyajinische Rasse unterschätzen werdet.“

 

Unterdessen drehte sich Son Goku leise – aber mit weit aufgerissenen Augen – zu Vegeta. Wieder tippte er ihm aufgeregt auf die Schulter. „Vegeta, was reden die da? Ich versteh gar nichts.“

 

„Bist du tauber, oder was?“ Lange würde es nicht mehr dauern, dann würde Vegeta vollends ausrasten, was Kakarotts alleinige Schuld wäre. Wenn man ihre Anwesenheit bemerkte... Verdammt, das wäre vielleicht ihr aller Untergang und nachdem er Radditz' kleinen Bruder zurechtgewiesen hatte, riskierte er einen weiteren Blick über die Fensterbank, um sich zu versichern, dass sie nicht entdeckt wurden, ehedem er sich wieder nach unten beugte – in dieselbe Position, in der sich Kakarott befand.

 

„Aber nein, Vegeta“, hauchte er euphorisch und sein warmer Atem streifte das Gesicht des Königs, dessen Kopf sich hinterher augenrollend und angeekelt zur Seite drehte. „Mein Gehör ist in einem einwandfreien Zustand. Ich verstehe bloß nicht, was das alles bedeuten soll.“

 

„Ach, wirklich?“, zischte er säuerlich zurück. „Du machst nicht gerade den Eindruck, als würdest du überhaupt jemals etwas verstehen.“ Im Anschluss packte er Kakarotts Kragen, zog ihn näher zu sich heran und flüsterte: „Hör zu, Spatzenhirn.“

 

„Hey, sei nicht immer so gemein zu mir, Vegeta“, echauffierte sich Son Goku, der von Vegeta wegrutschen wollte, er ihm diese Möglichkeit aber nicht ließ. „Wieso sagst du immer so böse Sachen zu mir?“

 

Daraufhin packte eine Hand energisch nach Kakarotts Kinn, während die andere sich fester in seinen Kragen bohrte. „Du Idiot, du weißt schon, dass wir uns in der Vergangenheit befinden, ja? Kapierst du das?“

 

„Ja!“

 

„Das heißt, dass das, was wir hier sehen, bereits passiert ist. All das, was hier geschieht, hat unsere bisherige Zeit – in der wir beide leben – erschaffen und geformt, klar? Wir dürfen nicht erwischt werden und wenn wir beide die nachfolgende Zukunft zu unseren Gunsten ändern wollen, müssen wir das, was sie weiter besprechen, belauschen. Andernfalls können wir nicht handeln und das wollen wir doch, richtig?“

 

„Ja.“

 

„Gut, dann halt endlich dein Maul.“ Himmel nochmal. Seit wann war Kakarott so dümmlich geworden und beschwerte sich darüber, dass Vegeta so gemein war. Das war ja kaum zum Aushalten, diese elende Getue.

 

„Ist... Ist ja gut.“ Vegetas Hand konnte gnadenlos zugreifen, doch hütete sich Son Goku, dessen Kiefer bereits schmerzte, einzugreifen und den König von sich zu stoßen. „Aber... findest du nicht, dass wir auch etwas unternehmen sollten? Jetzt zum Beispiel, während du meinen Kiefer zertrümmerst?“ Blitzschnell zuckte daraufhin Vegetas Hand zurück, woraufhin Son Gokus Hand unweigerlich nach seinem Kiefer griff und sanft darüber strich. Und selbst die zarte Berührung tat abartig weh – Vegeta wusste eben genau, wie er zupacken musste.

 

„Nein, noch nicht. Wenn wir jetzt eingreifen, wissen wir gar nichts. Wir könnten zu viel Schaden in unserer Zeit anrichten.“ So sehr sich Vegeta beherrschen musste; auch ihm juckte es in den geballten Fäusten, endlich durch das offene Fenster zu stürmen und die Beiden niederzuschlagen. Schließlich lag es auf der Hand, dass diese beiden Kreaturen – so unscheinbar und harmlos sie auch wirkten – etwas mit der ganzen Sache zu tun hatten. Ein Glück war Vegeta immer misstrauisch, weswegen er der Herkunft des grünen Wesens nachgehen wollte. „Außerdem habe ich dir doch gesagt, dass Zeitreisen gefährlich sind und je früher wir eingreifen – ohne etwas zu wissen –, umso fataler werden die womöglichen Folgen. Wann verstehst du das endlich?“ Augenblicklich verstummte er in seinem Monolog, als das grüne Etwas die Stimme erhob.

 

„Die Saiyajins werden euch auslöschen. Ebenso wie sie mein Volk auslöschen werden und niemand kann etwas dagegen ausrichten.“

 

„Nein, das ist unmöglich!“, empörte sich der Alte. Seine knochige Hand knallte auf den Tisch, doch hatte es keinerlei Auswirkungen auf das marode Holz. „Das kann nicht sein.“ Getroffen von der Wahrheit, die sich nicht länger verheimlichen ließ, musste er sich an einem der Stühle festkrallen. „Wir... Wir können gar nichts unternehmen?“

 

„Nein. Weder du, noch ich.“

 

„Ich kann sowohl mein Volk, als auch die Nachwelt von diesen Monstern nicht befreien?“ Seine Stimme wurde zunehmend brüchiger.

 

„Nein.“
 

Der Zeitpunkt war gekommen. Er musste handeln, doch hätte er niemals gedacht, jemals so weit gehen zu müssen, um seine Nachwelt zu schützen. Allerdings war sein Volk in Gefahr. Bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, musste er sich jedoch hinsetzen, die Teetasse nehmen und einen Schluck des beruhigenden Tees trinken. Er war entschlossen – wild entschlossen, wonach er die Tasse auf den Tisch zurückstellte und zu dem Wesen sah, das Freund und Verbündeter zugleich darstellte. „Ich werde. Und ich kann unsere Zukunft retten!“

 

„Du wirst untergehen, alter Freund.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Seredhiel
2019-08-06T17:36:06+00:00 06.08.2019 19:36
ui ein neues Kapitel und noch dazu ein so spannendes *freu*

einfach schön wie du das hier alles zusammen fügst
ich musste so lachen bei der Diskussion beim Drachen XD einfach herrlich

Bulma und Tales reden also miteinander... bin gespannt was da noch kommend wird
oh Goku… manchmal biste echt verpeilt XD

Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht *Kekse und Kakao da lass*
Von:  GoSaKu
2019-07-13T21:37:08+00:00 13.07.2019 23:37
Vielen Dank für dieses spannende Kapitel :)
Von:  sama-chan
2019-07-13T06:34:36+00:00 13.07.2019 08:34
Jippie!!! Es geht weiter!!! 😍
Was für ein tolles Kapitel! Endlich nähern sich Turtes und Bulma wieder aneinander an (aber bitte mit gebührendem Abstand - der arme Turles soll schließlich nicht depressiv werden, wenn Vegeta wieder zurück kommt...).
Son Goku ist manchmal echt total neben der Spur. 😂 Würde mich nicht wundern, wenn Vegeta dann versehentlich doch mal die Kontrolle verliert. 😜
Freue mich schon auf das nächste Kapitel!!!
Von:  Tonja1987
2019-07-10T21:05:41+00:00 10.07.2019 23:05
Oh wie toll, es geht weiter 😀😀

Ein tolles Kapitel. Ich bin schon gespannt, was für eine Idee der Tsufurujin hat und wie Vegeta und Goku da eingreifen wollen 🙂


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