Zum Inhalt der Seite

Sein Wort, Mein Gesetz

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein Wort

Die Wut hielt den ganzen Weg über, bis ich "Ivan's Reich" erreicht hatte, an. Warum war alles was diesen Mann umgab, so düster? Warum war er so düster? Von Anfang an wusste ich, dieser Grobian war durch und durch schlecht. Er war vielleicht nicht so gefährlich und launisch wie Nicholas aber er schaffte es durch seine offensive brutale Art und Weise, Unbehagen in mir auszulösen.
 

Vor einem Backsteinhaus blieb ich letztlich stehen. Hier lebte er mit anderen aus der Belegschaft, tatsächlich wirkte diese Ecke des Geländes eher unspektakulär. Ich blieb vor den vier Stufen stehen, die mich von der Haustüre trennten und hielt inne. Ich kannte hier mittlerweile schone eine menge, charakterlose und unnahbare Frauen und Männer, die für Mister Norton arbeiteten. Keiner bis auf Kelly und Valentin hatte sich Mühe gegeben mehr als die üblichen Floskeln. "Wie geht es Ihnen heute?" "Guten Morgen." "Gute Nacht" und so weiter an mich gerichtet auszusprechen. Die Interesse war einfach nicht vorhanden. Annäherungen meinerseits wurden konsequent abgeblockt.
 

Hatten sie die Hoffnung nach fünf Mädchen letztlich aufgegeben? Rechnete keiner mehr damit, dass ich länger blieb als die anderen? Naja Unrecht hatten sie damit nicht. Bald würde ich das ganze hier verlassen. Doch bevor ich das tat, würde ich den emotionslosen Gorilla noch zu Rechenschaft ziehen. Irgendwie passten die Fragmente, die ich bereits erkennen durfte nicht zusammen. In einen Moment hatte Valentin es geschafft ihn in die Flucht zu schlagen und im nächsten Moment wurde der Blondschopf das Opfer des Russen.
 

Ich stellte den linken Fuß auf die verschneite Stufe und sah herab. Warum passte rein gar nichts zusammen? Warum wirkten alle Puzzleteile, so als würden sie kein Puzzle ergeben? Ich atmete die kalte Luft tief ein und zog den Mantel zu, dann stemmte ich mich vom Erdboden ab und erklomm auch die restlichen Stufen, ging über die kleine Veranda und blieb vor der Türe stehen. Ob er überhaupt da war? Es war mittags, sicherlich gab es genügend Arbeiten für den breitschultrigen Mann. War da etwa Zweifel, der mich heimsuchte? Versuchte ich eine Ausrede für das Beenden dieses Vorhabens zu suchen? Ich stampfte kurz auf um mich selber zu ermahnen. Er mochte größer, stärker und kühler sein aber ich hatte nichts zu verlieren. Ich streckte meine Hand nach der Klingel aus als ich durch einen kräftigen Zug am Ellbogen davon abgehalten wurde. Ich stolperte rückwärts die Stufen herab und fiel beinahe hin. Erst als ich unsanft um die Ecke des Hauses gezogen wurde, erkannte ich die Person, die mich energisch davon abgehalten hatte zu klingeln.
 

"Valentin!?" Ich sah ihn fassungslos an. Er hingegen sah mich ungewohnt ernst an.

"Was hast du vor?" fragte er und ich sah auf seine verbundene Hand.

"Ich werde Ivan das passende dazu sagen!"

"Und dann, wenn du ihm deine Meinung gegeigt hast? Was dann?" wollte er weiter wissen. Ich zog meinen Arm zurück und drehte mich ganz zu ihm.
 

Die Frage überforderte mich. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Ich schüttelte den Kopf.
 

"Was wohl, er wird sich von dir fern halten." Das Hochziehen der Augenbraue meines Gegenübers zeigte mir ganz deutlich, was er von meiner Aussage hielt. Nicht viel!
 

Ich ging an Valentin vorbei und wollte ihn stehen lassen um mein Aufgabe zu beenden, doch daraus wurde erneut nichts. Er ergriff mein Handgelenk und zog mich zu sich. Ich beugte mich dem Sog und ließ mich gegen die kalte Steinmauer drücken. Er ließ von meiner Hand ab und packte mit beiden Hände meine Schultern.
 

"Du wirst in den letzten Tagen, die du hier bist sicherlich keinen solchen Fehler begehen!"

"Wir können ihn doch nicht einfach so damit durchkommen lassen!" meinte ich und versuchte Zustimmung in den Augen meines Verbündeten zu erkennen. Doch die erkannte ich nicht. Sein Blick war nicht zu deuten. Er seufzte und rüttelte mich. Ich hatte Mühe meinen Kopf aufrecht zu halten.

"Warum bist du so töricht so naiv?" fragte er verzweifelt und ich war nicht sicher, ob er mir oder sich diese Frage stellte.

"Emily... es ist ok!" sagte der Blondschopf und hörte auf meinen Körper durch seine Bewegungen durchzurütteln.

"Ist es nicht!" beharrte ich und verengte die Augen.

"Ok Emily... wenn ich dir den Grund nenne warum du es besser sei lassen solltest wird diese Dummheit dann aus dem Kopf schlagen?" Nun versuchte er Zustimmung in meinem Blick zu finden und die gab ich ihm.

"Das wäre ein Deal auf den ich mich einlassen könnte!"

"Gut doch bevor ich dir das erzähle musst du zu Mister Norton... er verlangt nach dir... er ist ... naja heute nicht sonderlich gut gelaunt!"
 

"Wie geht denn das? Vorhin war er doch noch freundlich und nett." Ich legte den Kopf leicht schief. Was war denn bitte in den wenigen Stunden, die wir voneinander getrennt waren, geschehen?
 

Als ich die Bibliothek erreichte, in der Nicholas mich erwartete spürte ich etwas wie Sorge. Was wenn er seine schlechte Laune jetzt an mir ausließ?! Ich umklammerte die Klinke und drückte diese herab. Im Inneren stand der Herr des Hauses mit einem Buch in der Hand vor einer großen Fensterfront und blätterte ziellos in dem Schriftwerk. Als ich mich räusperte sah er auf. Wie Valentin bereits mitgeteilt, wirkte er keineswegs gut gelaunt.
 

"Komm her!" befahl er mir in einem herrischen Ton und ich folgte der Anweisung wortlos.
 

"Weißt du was Loyalität bedeutet?" fing er nüchtern an und schlug den Wälzer zu. Das Zusammenschlagen ließ mich zusammenzucken. Was genau sollte das hier werden?
 

"Sicher!" sagte ich schnell.

"Wie ist deine Loyalität mir gegenüber?" fragte er und betrachtete mich. Die Antwort lag doch wohl auf der Hand. So eine Frage zu stellen, nachdem ich versucht hatte ihn abzustechen grenzte an einer Absurdität, die nicht in Worte zu fassen war.
 

"Gestern Abend..." fing ich an.
 

Er schüttelte den Kopf.
 

"Nein vergiss gestern Abend ich meine heute, hier und jetzt!" er kam einen Schritt auf mich zu und ließ das Buch auf den Boden fallen. Ich zuckte wieder zusammen. Seine Art war mit nicht geheuer. Er erwartete eine Antwort und ich hatte das Gefühl, wenn ich ihm nicht das sagte was er hörten wollte, hatte das Konsequenzen, die mir sicherlich nicht gefallen würden. Ich schluckte die Ehrlichkeit runter.
 

"Im Hier und Jetzt ist meine Loyalität ausgeprägter den je." antwortete ich sicher und versuchte den Blickkontakt mit dem Mann zu halten, der noch einen Schritt näher kam.
 

"Was ist dir deine Loyalität wert?"

"Ich verstehe nicht ganz?"

"Loyalität heißt, mich zu respektieren.. Respektierst du mich?"
 

Ich nickte.
 

"Steht mein Wohlbefinden über deines?"
 

Ich nickte.
 

Ein weiterer Schritt in meine Richtung. Ich blieb an der Stelle stehen, an der ich mich bei seiner Anweisung bereits platziert hatte und schluckte schwer. Diese Fragen wirkten so verschwörerisch als würden sie uns beide auf etwas Großes hinführen.
 

"Wenn ich wollen würde... dass du dich hier und jetzt ausziehst nur damit ich meine Befriedigung darin finde dich anzusehen würdest du das ohne Zweifel machen?"
 

Ich blinzelte und war mir nun sicher, hier mussten Kameras sein. Küssen, ok? Händehalten, alles klar? Mehr hatte er nie gefordert und nun?! Wollte er wirklich, dass ich mich auszog? Er sah mich abwartend an.
 

Ich nickte.
 

"Gut dann!" er hob eine Hand und deutete mir, dass ich genau das nun zu tun hatte. Ich biss mir auf die Zunge und öffnete den Rock. Nicholas ging einige Schritte zurück und lehnte sich an einen alten Sekretär, während ich mich unter seinen Blicken auszog bis auf die Unterwäsche. Ich stellte mich gerade hin und versuchte mit aller Mühe seinen kühlen, unergründlichen Blick standzuhalten.
 

"Wie fühlt sich das an?"
 

Ich schluckte und versuchte Worte in meinem Kopf zu ordnen. Ich fühlte mich tatsächlich unbehaglich. Warum hatte ich wieder das Gefühl jemand Fremden gegenüberzustehen?
 

"Es ist ungewohnt?" fragte ich eher als das ich antwortete.
 

Er sah sich meinen Körper nicht an. Er fixierte meine Augen und schien kein Interesse an dem Rest zu haben. Mein Brustkorb hob und senkte sich ganz unabhängig von meinem Willen. Ich wollte ruhig bleiben, doch da machte mein Herz nicht mit. Es pochte zu schnell und meine Lunge schien ebenfalls unentspannt zu sein.
 

"Zieh den Rest auch noch aus!" sagte er leise beinahe flüsternd. Ich weitete meine Augen und nun packte mich die Panik. Wie gut er auch in der Vergangenheit gewesen sein mochte das ging zu weit. Ich schüttelte den Kopf.
 

"Nein!"

"Ist hier etwa das Ende deine Loyalität erreicht?" wollte er wissen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sagte nichts.

"Zieh dich aus!" wiederholte er mit noch mehr Nachdruck und neigte den Kopf leicht. Sein Blick wirkte bedrohlich und ich fühlte mich wie ein Reh ausgeliefert an einen von Wahnsinn erfüllten Wolf. Mit Mühe schüttelte ich erneut den Kopf.

"Nein Nicholas, das kannst du vergessen!" Ich beugte mich zu meinen Klamotten, als ich die schweren, schnellen Schritte von Nikolas vernahm. Er packte sich mein Handgelenk und riss mein Arm in die Luft, ich ließ die Klamotten los und sah panisch in das markante Gesicht des Mannes, der mir das Gefühl gab Gefangen zu sein. Jeder Funke, der mir in dieser Welt Wärme geschenkt, war wertlos geworden. Ich war eine Gefangene! Er tat mir weh und ich verzog das Gesicht.
 

"Deine Loyalität ist nichts wert... wenn sie nicht echt ist..."
 

Ich kniff die Augen zusammen.
 

"Sieh mich an!" flüsterte er. Ich kam dem Wunsch nicht nach. Ich konnte nicht, ich wusste nicht wie ich reagieren würde. Würde ich mich zusammenreißen und die Tränen unterdrücken können?

"Sieh mich an..." wiederholte er etwas lauter. Wieder ignorierte ich seine Worte. Meine Beine fühlten sie an wie Pudding. Mir war nicht klar, wie lange sie noch durchhielten.

"Sieh mich an!" schrie er nun und mein Körper verkrampfte sich von Panik bestimmt. Reflexartig sah ich auf direkt in seine Augen, die mir die Unnahbarkeit entgegen brachten, die ich nicht gebrauchen konnte. Er hatte mir eine Art von Geborgenheit gegeben, die er mir nun entriss. Der Strohhalm, an dem ich mich gekrallter hatte war nicht mehr zu greifen. Ich versuchte die Tränen zu unterdrücken.

"Weißt du Emily..." wurde er wieder leiser und ließ meine Hand los. Ich fiel auf die Knie und merkte ich war wie eine Marionette gewesen, befestigt an einem dünnen Seil. Ich rieb mir das Handgelenk und sah nicht auf. Ich schafft es nicht.

"Loyalität reicht mir nicht aus... sie reicht mir bei dir nicht aus..." er ging vor mir in die Hocke.

"Bei dir brauche ich mir... mehr Macht... mehr Einfluss... ich weiß was du denkst... du hast die Hoffnung, dass du hier rauskommst aber das wirst du nicht... und solange du das nicht begreifst wird dir Loyalität nichts nützen." erklärte er mir wie ein Lehrer. Ich lauschte seinen Worten und starrte unnachgiebig auf seine schwarzen Schuhe.

"Was hast du nun vor? Wie willst du mich zügeln?" fragte ich und hatte Angst vor der Antwort.
 

"Ein Wort... Emily... ein Wort... Abhängigkeit!"



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück