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Das zweite Gesicht

von

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Newt stand in seinem Zimmer und starrte noch einige Minuten auf die geschlossene Türe, durch die Gellert verschwunden war. Irgendwann setzten sich seine Beine jedoch wie von selbst in Bewegung und trugen ihn zu dem kleinen Sofa inmitten des Raumes. Mit zittrigen Beinen lies sich der Rotschopf auf das Sofa sinken und atmete erst ein mal tief durch. So viel war in der letzten Stunde geschehen und es schien als würde erst jetzt langsam alles zu ihm durchdringen.

Er hatte tatsächlich überlebt... Ohne größere Schäden davon zu tragen und auch seinen Geschöpfen ging es gut. Selbst das war für ihn bis vor kurzem noch völlig undenkbar gewesen und doch war etwas noch viel unglaublicheres passiert. Er hatte sich tatsächlich mit Gellert ausgesprochen. Konnte man das überhaupt so nennen? Irgendwie klang dieses Wort viel zu trivial für das, was in der letzten Stunde geschehen war. Es war gerade zu als hätte sich seine ganze Welt erneut komplett auf den Kopf gestellt.

Ein kleines, ungläubiges Lachen kam über Newts Lippen bevor er das Gesicht in den Händen vergrub. Und dann begann er einfach hemmungslos zu schluchzen.

Alles was er in den letzten Wochen versucht hatte zu unterdrücken und sorgfältig in sich wegzuschließen, kam mit einem mal in ihm hoch. Die ganze Sorge und die Ungewissheit, die er monatelang nach 'Percivals' Verschwinden verspürt hatte, wich erst jetzt der überwältigenden Erleichterung. Fast war es so, als hätte er jetzt erst erfahren, dass sein Geliebter nicht tot war. Aber irgendwo machte dies ja auch tatsächlich Sinn. Schließlich hatte er jetzt erst akzeptiert, was Gellert versucht hatte ihm die letzten Wochen klar zu machen: Gellert war Percival und immer noch derselbe. Er war das, was er so unendlich vermisst hatte; was ihm das Herz zerrissen hatte zu verlieren; was er sich um jeden Preis zurück gesehnt hatte. Fast kam er sich sogar dumm vor, dass er dies die ganze Zeit in Frage gestellt und zu verdrängen versucht hatte. Es war ein Selbstschutz gewesen. Er hatte versucht trotz aller Anzeichen daran zu glauben, dass alles nur eine Lüge gewesen war, dass Gellert ihn betrogen und verraten hatte und dies erneut versuchen wollte. Er hatte sich davor schützen wollen, diesen Fehler erneut zu machen und ein weiteres mal sein Herz zerrissen zu bekommen.

Doch als er vorhin in Gellerts Armen gelegen hatte, da wusste er einfach, dass er ihm vertrauen konnte und dass es nie eine Lüge gewesen war. Er hatte kurz den Schock und die Verletzlichkeit in Gellerts Augen gesehen, als dieser ihm unabsichtlich gestanden hatte, dass er ihn nur aus einem Grund nicht getötet hatte: Gellert Grindelwald hatte bereits damals Gefühle für ihn gehabt, die ihn die weniger logische und dafür risikoreichere Alternative hatten wählen lassen.

Er erinnerte sich an das Zögern und die Skepsis in den Augen des blonden Zauberers, als dieser ihn gefragt hatte, ob er ihn jetzt tatsächlich ein paar Stunden alleine lassen könne. Natürlich konnte er das und Newt würde nichts revidieren von dem, was ihnen beiden gerade bewusst geworden war. Auch wenn sich der Rotschopf gerade fast wünschte, er hätte auf diese Frage mit Nein geantwortet. Er hätte ihm gerne gesagt, dass er bleiben solle, denn gerade wollte er alles, nur nicht mit dieser Erkenntnis alleine sein.

Er wünschte sich Gellert wäre bei ihm geblieben, sodass er sich an ihn krallen und sich versichern könnte, dass sie nichts auf der Welt plötzlich erneut auseinanderriss. Aber Newt wusste, es hätte nichts gebracht. Gellert hatte ein wichtiges Meeting zu dem er musste. Selbst wenn er ihn gebeten hätte zu bleiben, hätte der blonde Zauberer sein Meeting nicht abgesagt. Obwohl... vielleicht hätte er es auch irgendwie hingebogen und verschoben für Newt. Aber welches Recht hatte der Rotschopf schon das zu verlangen nach allem? Die ganze Zeit hatte er sich quergestellt und Gellert abgewiesen und jetzt sollte er verlangen, dass dieser sofort alles stehen und liegen ließe nur weil Newt der Sinn danach stand? Nein, das ging tatsächlich nicht. Außerdem hatte Gellert schließlich gesagt, dass er nur ein paar Stunden weg sein würde...

Dass sich Newt nun ruhig verhalten und ohne sich zu beschweren auf ihn warten würde, war das mindeste was er jetzt tun konnte.

 

Tief durchatmend hob der Rotschopf erneut den Kopf und wischte sich entschlossen die Tränen aus den Augen. Wenn Gellert zurück käme, dann wollte er nicht, dass er ihn hier heulend wie ein Häufchen Elend vorfand. Gellert hasste es wenn er heulte und abgesehen davon gab es auch überhaupt keinen Grund dafür. Nicht mehr zumindest.

Er zwang sich zu einem kleinen Lächeln, während er sich etwas gerader hinsetzte. Es würde schon irgendwie laufen von jetzt an.

Natürlich war da immer noch die Sache mit Gellerts politischen Einstellungen und Taten...

Aber war es nicht tatsächlich so, wie Gellert sagte...? Hatte er denn überhaupt eine andere Wahl? Was würde er schon bezwecken können? Newt war sich nur zu bewusst darüber, dass er alles andere als ein strahlender Held oder gar ein überaus begabter Zauberer war. Er hatte doch gar keine andere Wahl... Und war es nicht sein gutes Recht, sich um sein eigenes Wohl und das seiner Geschöpfe zu kümmern? Ihm konnte doch wirklich niemand einen Vorwurf dafür machen. Und selbst wenn, wann hatten ihn jemals die Urteile anderer interessiert?

Nein, daran sollte das zwischen ihm und Gellert nicht scheitern. Auch Newt hatte ein Recht darauf glücklich zu sein und das, was der blonde Zauberer tat, änderte nichts daran, dass er der Mensch war, den Newt tatsächlich liebte und respektierte. Wenn dies die einzige Möglichkeit war, dann würde er versuchen, diesen Aspekt seines Partners auszublenden. Er konnte und wollte nicht zulassen, dass diese Sache alles, was er an dem anderen liebte und bewunderte überschattete und relativierte. Er würde es versuchen und er würde es schaffen. Von hier an würden sie irgendwie einen Weg finden. Ganz sicher sogar.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß, ich weiß, sehr kurz für ein Kapitel. Ich hoffe der kleine Monolog hat dennoch ein wenig für Klarheit gesorgt, was gerade in Newt vorgeht. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  YouLi
2017-06-30T22:49:01+00:00 01.07.2017 00:49
Also erstmal mag ich dieses Kapitel sehr, obwohl es das kürzeste ist.
So viel Feingefühl für Newts Gedanken und Gefühle hätte ich dir tatsächlich nicht zugetraut :*
Newt gefällt mir immer besser, er ist richtig süß. Ich kann zu 100% mit ihm fühlen.
Wie er Gellert am liebsten Nein sagen würde, damit er bei ihm geblieben wäre und er sich an ihm festkrallen könnte.
So süß, schreibst du sehr schön <3
Und wenn ich mich an das Zögern und die Skepsis in Gellerts Augen zurückerinnere (X'D) freue ich mich sogar noch viel mehr auf das nächste Kapitel. Ich glaube, Gellert kann es sicher nicht fassen, dass Newt sich diesmal wirklich zusammenreißt.
Ich bekomme bei dem schlichten Satz hier schon Herzklopfen:
"Doch als er vorhin in Gellerts Armen gelegen hatte, da wusste er einfach, dass er ihm vertrauen konnte und dass es nie eine Lüge gewesen war."
Da kommt nochmal alles von dem legendären K14 wieder hoch.
Das hier liebe ich am meisten:
"Gellert war Percival und immer noch derselbe. Er war das, was er so unendlich vermisst hatte; was ihm das Herz zerrissen hatte zu verlieren; was er sich um jeden Preis zurück gesehnt hatte."
Man hat es als Leser ja immer gewusst, und deswegen darauf gewartet, bis Newt endlich an diesen Punkt kommt, wo es ihm selbst klar wird. Und dann gibt es kein Halten mehr für Diabetes. Es wird nämlich nach dem ganzen Stress endlich mal Zeit, dass Newt Gellert endlich was Gutes tut. Und ihm mehr Dankbarkeit entgegenbringt. Denn Gellert hat jetzt wirklich sehr sehr viel erdulden müssen. Ich hoffe, es zahlt sich für ihn im nächsten Kapitel aus. <3



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