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Die Erben

Buch Eins: ANBU
von

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Familienbande II

In dieser Nacht lag Makani noch lange wach, während die Erlebnisse der vergangenen Tage unablässig durch ihre Gedanken geisterten. Doch trotz der inneren Unruhe fühlte sie sich allemal besser als noch am Abend zuvor. Sie hatte das Gefühl, dass sich der Nebel, in dem sie herum irrte seit dem Tag, an dem Koguma sie in sein Büro bestellt und in die ANBU aufgenommen hatte, etwas gelichtet hatte, dass sie endlich festeren Boden unter ihren Füßen spürte und nicht mehr nur blind von einem Ereignis ins nächste stolperte. Vielleicht würde sie ja doch noch in ihrem neuen Team ankommen und irgendwann richtig mit Itachi und Shisui zusammenarbeiten können – vielleicht sogar schon bald. Bei diesem Gedanken stahl sich ein kleines Lächeln in das Gesicht der Kunoichi. Aber dann dachte sie an ihren Anführer und wie furchtbar bedrückt er bei ihrem Gespräch gewirkt hatte… Er hatte offenbar ganz andere Sorgen, als sich um den Aufbau eines guten Teams zu kümmern. Er schien tatsächlich überzeugt, dass ernsthafte Gefahr drohte. Doch war die Lage tatsächlich so dramatisch? Oder hatte sich Itachi vielleicht einfach nur etwas zu sehr in einen Konflikt mit seinem Vater hineingesteigert? Und selbst wenn es tatsächlich Spannungen zwischen den Clans, der ANBU und wer wusste noch für Parteien gab, warum sollte sich dafür keine Lösung finden lassen? Solche Konflikte hatte es ja mit Sicherheit immer wieder gegeben. Mehr noch: Konoha war selbst das Ergebnis des Friedensschlusses zwischen den Clans im Hi no Kuni und gleichzeitig die Garantie für dessen Fortbestand – es gehörte zu den wichtigsten Aufgaben all seiner Würdenträger genau solche Querelen zu befrieden! Und nicht zuletzt war es schließlich der Uchiha-Clan höchstpersönlich gewesen, der das Dorf mitbegründet, der diese Institution des Friedens mitgeschaffen hatte. Es gehörte zum Selbstverständnis all seiner Mitglieder für die Bewahrung dieses Friedens in ganz besonderem Maße verantwortlich zu sein… Über solchen und ähnlichen zuversichtlichen Überlegungen schlief sie schließlich irgendwann ein.

Am nächsten Morgen fühlte es sich irgendwie nicht richtig an für Makani, ihren gewohnten einsamen Trainingsalltag einfach wieder aufzunehmen. Von ihrer sonstigen Routine abweichend machte sie daher nach dem Aufstehen zunächst einen Abstecher zum ANBU-Hauptquartier in der vagen Hoffnung, ihre Kollegen persönlich dort anzutreffen oder wenigstens einen weiteren Brief von Itachi mit neuen Instruktionen in ihrem Schrank vorzufinden, doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Daraufhin trödelte sie noch eine Weile unentschlossen in der Zentrale herum, bis es ihr irgendwann zu unangenehm wurde, untätig zwischen den einigermaßen geschäftig wirkenden ANBUs herumzulungern. Wenig motiviert machte sie sich schließlich doch auf den Weg zum Übungsgelände am Rande des Uchiha-Viertels, der wie immer um diese Tageszeit völlig verlassen da lag. Nachdem sie sich halbherzig aufgewärmt hatte, beschloss sie mit einem Anflug des über die letzten Wochen angestauten Trotzes Trainingsplan Trainingsplan sein zu lassen und sich stattdessen mit der Boju no Jutsu-Choreographie, die sie mit Shisui ausprobiert hatte, zu beschäftigen. Vielleicht würden sie ja doch bald die Gelegenheit bekommen, daran weiterzuarbeiten. Und tatsächlich: nach drei Durchläufen, in denen die Kunoichi hochkonzentriert versucht hatte ein bestimmtes Tempo ganz exakt beizubehalten, trafen endlich zwei weitere Personen auf dem Platz ein, bei deren Anblick sich Makanis Herzschlag sofort in freudiger Erregung beschleunigte.

Als die beiden auf sie zu liefen, hob Shisui grüßend die Hand und grinste breit. Itachi grinste natürlich nicht, aber Makani bildete sich ein, dass seine Miene irgendwie weniger düster wirkte als sonst. Er musterte sie sehr aufmerksam, beinah erwartungsvoll.

„Vorbildlich wie immer, Makani. Konoha ist kaum mit dem Frühstück fertig, und du hast schon wieder das halbe Trainingsfeld umgegraben“, spöttelte Shisui und zwinkerte der Kunoichi zu.

Zerstreut blickte sie sich um. Tatsächlich hatte sie beim Ausführen der Übungen eine beachtliche Anzahl Furchen und Häufchen aufgewühlter Erde um sich herum hinterlassen. Sie stemmte die Hände in die Hüften und antwortete betont ernst: „Na, dann sind meine Bemühungen wenigstens zu irgendetwas nütze. Tekka regt sich immer furchtbar auf, wenn hier mal wieder alles zugewuchert ist…“

Shisui lachte laut, während Itachi zunächst so aussah, als wüsste er nicht genau, wie er Makanis Bemerkung einordnen sollte. Ein paar Sekunden erlaubte sie sich, seine leichte Verunsicherung zu genießen, dann antwortete sie seinem fragenden Blick mit einem versöhnlichen Lächeln. Sie freute sich einfach viel zu sehr, dass die beiden gekommen waren.

„Nun, um vorbildlich zu sein, hast du allerdings in einem viel zu kleinen Radius gearbeitet“, bemerkte Itachi streng und ließ seinen Blick über das großzügige Gelände schweifen. Dann sah er wieder zu seinen Kollegen und für den Bruchteil einer Sekunde erschien ein spöttisches Funkeln in seinen Augen.

„Mal sehen, was wir zu dritt ausrichten können…“

Was nun folgte, war allerdings alles andere als eine meditative Boju no Jutsu-Übung, sondern viel mehr knallhartes Gefächtstraining: Um endlich an ihren Fähigkeiten im Team-Kampf  zu arbeiten oder überhaupt erst einmal ein Gefühl für das gemeinsame Agieren mit ihren Kameraden zu bekommen, bildete Makani mit einem der beiden Uchihas ein Zweierteam, gegen das dann der jeweils Übriggebliebene allein antreten musste. Nach einer Weile wechselte dann ihr Partner und so ging es weiter – und wie es weiter ging! Die Kunoichi meinte bald, sich kaum jemals einem härteren Kampf gestellt zu haben – objektiv betrachtet stimmte das vermutlich nicht, aber für den Moment fühlte es sich jedenfalls genauso an, denn Makani bekam zwischen den unzähligen durchzuführenden und abzuwehrenden Angriffen kaum eine Sekunde Zeit zum Durchatmen, geschweige denn um sich ihre letzten richtigen Kämpfe auf Leben und Tod zu in Erinnerung zu rufen. In der ersten Runde griff sie gemeinsam mit ihrem Team-Captain Shisui an, wobei sie eine ähnliche Strategie verfolgten, wie die beiden Uchihas sie damals während der Übung gegen die anderen ANBUs eingesetzt hatten und bei der es vor allem darum ging, einen direkten Nahkampf so lang wie möglich zu vermeiden: Zunächst sollte eine Tirade ermüdender Shuriken-Attacken erfolgen, so schnell und verwirrend, dass der Angegriffene alle Hände damit zu tun hatte, den Geschossen auszuweichen. Immerhin, Shisui schien tatsächlich Mühe zu haben, die Handlungen der Kunoichi, die sich natürlich stets so gut wie möglich verbarg, zu verfolgen. Leider konnten ihm ihre Wurfsterne trotzdem kaum gefährlich werden, auch wenn er nicht erkennen konnte, von wo aus sie geworfen wurden. Dafür waren sie schlicht nicht schnell genug und überhaupt zu wenige – Für Fernkampfwaffen hatte Makani sich nie sonderlich erwärmen können… Während die Kunoichi auf diese Weise ziemlich viel Energie darauf verwendete, möglichst unsichtbar und immer in Bewegung zu bleiben, stand Itachi dagegen die ganze Zeit wunderbar sichtbar mitten auf dem Feld und rührte sich kaum vom Fleck. Dafür schoss er dabei unablässig mit Schuriken um sich in einem Tempo und mit einer Präzision, dass einem schwindlig werden konnte. Schließlich endete die Runde in einem kurzen Taijutsu-Zweikampf zwischen Itachi und Shisui, während Makani vor Anstrengung japsend daneben stand und erfolglos nach irgendeiner Möglichkeit suchte, ihren Anführer zu unterstützen. Als die beiden Shinobi schließlich voneinander abließen, warf Itachi Makani einen kurzen und, wie es ihr erschien, unzufriedenen Blick zu. Doch dann gab er ohne etwas zu sagen ein Zeichen, dass es weitergehen sollte. Itachi stellte sich bald als ein viel erbarmungsloserer Kontrahent heraus als sein älterer Cousin: Zunächst einmal setzte er von Anfang an sein Sharingan ein und Makani hatte ja bereits feststellen müssen, dass es ungleich schwerer war, sich vor der Kekkei Genkai des Uchiha-Clans zu verbergen. Itachi schien tatsächlich jede ihrer Bewegungen verfolgen zu können, egal wie sehr sie sich auch anstrengte. Und nicht nur das – er konzentrierte seine Angriffe mehr und mehr auf die Kunoichi, begann schließlich sie regelrecht zu jagen: Sie war die Schwachstelle des Duos, die es auszunutzen galt. Makani versuchte verzweifelt ihm irgendetwas entgegenzusetzen. Vergeblich. Schließlich gab sie nur noch alles, was sie hatte, und noch mehr, um sich wenigstens so lange wie möglich nicht von ihm erwischen zu lassen. Sie wusste längst nicht mehr, was Shisui eigentlich machte, sie rannte nur noch, sprang, wich aus und rannte wieder ihren Team-Captain keine Sekunde aus den Augen lassend, aber sie wusste, dass es nur noch eine Frage von Minuten war, bis sie ihre Kräfte verlassen würden. Als letztes griff sie zu einem Mittel, das sie früher manchmal eingesetzt hatte, als sie noch Schwierigkeiten gehabt hatte, ihre Verbergungskünste in Kämpfen einzusetzen: Sie kombinierte sie mit einfachen Genjutsus, die die Sicht des Opfers mit Illusionen von Nebel, Schatten oder Blitzen stören sollten. Und tatsächlich – Itachi fiel auf einmal etwas zurück und in der Kunoichi mobilisierte die daraufhin einsetzende Euphorie weitere Energie. Und dann war sie plötzlich hinter ihrem Anführer, sein ungeschützter Rücken in greifbarer Nähe. Aber in dem Moment, in dem sie ihn mit einem entsprechenden Griff außer Gefecht setzen wollte, wirbelte er herum und sie bekam nur seinen rechten Arm zu fassen, während sich seine linke Hand blitzschnell um ihren Hals schloss. Doch dann war Shisui auf einmal da und setzte Itachi ein Kunai an die Kehle und sie alle drei erstarrten gleichzeitig in ihrer Bewegung – Pattsituation:  Der Kampf war vorbei.  

Sie verharrten noch ein paar Sekunden schwer atmend in dieser Position, bis sich der kurzhaarige Uchiha schließlich als erstes bewegte; er ließ die Waffe sinken, richtete sich auf und begann, seine Muskulatur zu lockern.

„Schönes Training“, sagte er. „Davon hatten wir in letzter Zeit definitiv zu wenig.“

Schließlich löste auch Itachi den griff um Makanis Hals und, weil sie bezweifelte, dass sie ihre zitternden Knie noch länger tragen würden, ließ sie sich daraufhin einfach zu Boden sinken, legte sich flach auf den Rücken und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ihre Muskeln und Lunge brannten wie Feuer und sie sah weiße Blitze vor den Augen. Erst nach etwa zwei Minuten fühlte sie sich wieder kräftig genug, um sich aufzusetzen. Ihre beiden Kameraden sahen ihr schweigend dabei zu.

„Mir geht‘s gut!“, versicherte sie genervt. 

Sie begann bereits sich mental für die Nachbesprechung zu wappnen, die nun unweigerlich folgen würde. Sie war sich sicher, dass sie eine ausgesprochen schonungslose Analyse erwartete, aber sie war entschlossen, das beste daraus zu machen. Schon jetzt erschien ihr der Kampf rückblickend betrachtet durchaus aufschlussreich und ihr fielen bereits spontan ein paar Dinge ein, die sie – und ihre Team-Kollegen! – hätten besser machen können.

„Naja, also...“ Shisui räusperte sich. „Ich werd‘ dann mal. Ich muss… ich habe zu Hause zu tun.“

Er warf Itachi einen seltsamen Blick von der Seite zu, doch dieser zeigte nicht die geringste Reaktion. Irritiert sah Makani von einem Uchiha zum anderen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die beiden noch kein einziges Wort direkt miteinander gesprochen hatten, seitdem sie das Trainingsgelände betreten hatten, und zumindest Itachi schien auch jetzt nichts daran ändern zu wollen. Shisui schenkte der Kunoichi ein flüchtiges Lächeln, dann kehrte er ihr und seinem Team-Leader einfach den Rücken und verließ den Platz. Makani sah ihm stirnrunzelnd nach. Sie dachte an jene unerfreuliche, aber umso aufschlussreiche Szene, die vor wenigen Tagen ebenfalls an diesem Ort stattgefunden hatte. Noch bis vor kurzem hätte sie sich gar nicht vorstellen können, dass diese vorbildlichen Kampfpartner überhaupt in Streit geraten könnten.

„Das sieht nicht gerade nach einem Wetterumschwung im Betriebsklima aus“, murmelte sie.

Itachi schüttelte nur stumm den Kopf. Sein Gesichtsausdruck hatte zu einem üblicheren Maß an Düsternis zurückgefunden. Makani stand seufzend auf. Sie hatte es ja geahnt… Wie hatte sie auch annehmen können, dass nach all dem, was passiert war und was sie nun wusste, ein normaler Trainingsalltag im Team – was das auch immer genau bedeuten mochte – möglich sein würde. Sie rechnete schon damit, dass Itachi sich nun auch verabschieden würde, doch da hatte sie sich geirrt. Er klopfte sich nur sporadisch den Staub von der Kleidung, baute sich dann mit strenger Miene vor ihr auf und legte ohne Umschweife los: „Deine Shuriken-Technik ist mehr als mangelhaft. Du bist zu zögerlich. Du wartest zu lange auf die richtige Gelegenheit und dann führst du Angriffe nicht konsequent genug durch. Du hast nicht sonderlich viel Kraft und du verschwendest im Kampf viel zu viel davon.“

Nein, Makani musste sich korrigieren: Nach Uchiha-Maßstäben war dies wohl durchaus ein ganz normales, wenn nicht sogar vorbildliches Training gewesen: Drauflos kämpfen bis zum drohenden Erschöpfungstod, sich anschließend ohne Widerrede eine ordentliche Portion vernichtende Kritik abholen – was dich nicht umbringt, macht dich stark! -, zwischenmenschliche Konflikte ignorieren und hoffen, dass sie von allein verschwinden. Auf einmal hatte Makani Sehnsucht nach Herrn Nakamura und ihrem Klemmbrett…

„Ja, du hast recht, danke“, erwiderte sie tonlos. „Zum Glück habe ich jetzt gleich beim Überwachungsdienst genug Zeit, um meine Kraftreserven wieder aufzuladen. Ich bin sowieso schon spät dran.“

Und ohne ihren Team-Leader noch eines Blickes zu würdigen schickte sie sich an das Gelände zu verlassen. Doch sie kam nur wenige Schritte weit.

„Makani!“

Die Kunoichi unterdrückte ein Stöhnen. Sie hielt an, drehte sich um und sah, dass der Uchiha mit schnellen Schritten auf sie zu kam.

„Was ist?“, fragte sie mit deutlicher Ungeduld in der Stimme.

„Mein Vater…“, setzte er an, dann zögerte er, sah sich kurz um und fuhr dann etwas leiser fort: „Es hat lange gedauert gestern Nacht, bis er wieder zurück war. Zu lange… Was ist passiert?“

Die Kunoichi zuckte mit den Schultern.

„Er hat mich nach Hause gebracht… Er ist noch kurz mit rein gekommen. Hat sich erkundigt, wie‘s mir so geht. Er war eigentlich ganz nett.“

Plötzlich schien sich Itachis Gesicht zu beleben: Es verzog sich zu einer missbilligenden Grimasse.

„Mein Vater ist vieles, aber sicher nicht nett!“

Er kam noch näher und ergriff Makanis Arm.

„Was hat er zu dir gesagt? Und viel wichtiger, was hast du zu ihm gesagt?“, verlangte er zu wissen.

Makani entwand sich augenblicklich seinem Griff und antwortete angriffslustig: „Ich wusste nicht, dass ich dir auch noch darüber Rechenschaft schuldig bin, mit wem ich über was in meiner Freizeit spreche. Und wieso musst du bei so etwas plötzlich überhaupt nachfragen? Du bist ein Ninja und noch dazu ANBU! Warum hast du uns nicht einfach nachspioniert? Du warst doch sonst auch nicht sonderlich zimperlich – zumindest was meine Privatsphäre betrifft.“

Itachi starrte die Kunoichi mit geballten Fäusten an. Sie konnte buchstäblich sehen, wie es hinter seiner ausdruckslosen Stirn arbeitete. Er war es offensichtlich nicht gewohnt, dass man so mit ihm sprach.

„Es wäre entschieden zu riskant gewesen, euch nachzuspionieren“, entgegnete er schließlich, wobei er das von ihr verwendete Wort mit übertriebener Betonung wiederholte. „Fugaku hätte es mit Sicherheit gemerkt; ich habe nicht deine Fähigkeiten auf diesem Gebiet.“

Makani entfuhr erneut ein Seufzer. Auch wenn es wahrscheinlich eher aus Versehen passiert war, besänftigte es sie irgendwie, dass er ihr damit so etwas Ähnliches wie ein Kompliment gemacht hatte. 

Sie sah dem Uchiha fest in die Augen und sagte ernst: „Ich habe versprochen, dass ich dich nicht an den Clan verrate, Itachi. Glaubst du wirklich, ich gebe dir erst mein Wort und fange keine zehn Minuten später an ausgerechnet mit dem Clan-Oberhaupt über deine Geheimnisse zu plaudern?“

Er stockte, dann schüttelte er langsam den Kopf.

„Nein, das habe ich nicht gedacht! Aber mein Vater ist, fürchte ich, zu fast allem fähig, um das zu erreichen, was er für notwendig oder richtig hält.“

„Er hat mir nichts getan“, versicherte Makani. „Er hat Tekka zu verstehen gegeben, dass er sich besser um mich kümmern soll und das nicht gerade sanft.“

Itachi runzelte leicht die Stirn, dann schien sich seine Anspannung endlich ein wenig zu lösen.

„Bitte, es wäre wirklich sicherer, wenn du ihm aus dem Weg gehst. Ich bin mir sicher, dass er irgendetwas vorhat. Er wartet nur darauf, dass ich einen Fehler mache. Und spätestens jetzt hat er auch dich im Visier.“

Ein unangenehm flaues Gefühl breitete sich in Makanis Magen aus. Sie beschloss, Itachi besser erstmal nichts davon zu sagen, dass sie sich bereiterklärt hatte zur nächsten Familienratssitzung zu erscheinen. Es würde ihm definitiv nicht gefallen. Andererseits stellte sie überrascht fest, dass es ihr gar nicht behagte, nun ihrerseits Dinge vor ihm zu verheimlichen.

„Weiß Fugaku, dass ich in der ANBU bin? Hat Shisui es dem Clan erzählt?“, wollte sie wissen.

Der Uchiha schüttelte entschieden den Kopf.

„Nein, von Shisui weiß er es nicht, da bin ich sicher. Auch wenn er damit nicht ganz einverstanden war, haben wir von Anfang an entschieden, dich da raus zu halten. Du bist schließlich auf ganz anderem Weg in die Einheit geraten.“

Weil Koguma mich dabeihaben wollte, dachte Makani und sie beschlich das leise Gefühl, dass sie vielleicht doch noch nicht alle Gründe für die Entscheidung des ANBU-Oberhauptes kannte.

„Aber es ist nicht auszuschließen, dass mein Vater es irgendwie anders herausgefunden hat. Und das wäre sehr ungünstig! Die ANBU ist für ihn der Feind…“, fuhr Itachi fort.

Die Kunoichi schluckte und fragte leise: „Wie kam es, dass er dich verdächtigt zum Feind übergelaufen zu sein?“

Makani war mittlerweile recht gut darin geworden, in der verschlossenen Miene des Uchiha zu lesen: Er rang wieder einmal mit sich selbst, ob er ihr wirklich noch mehr preisgeben sollte. Tatsächlich konnte sie ihm das immer weniger verübeln. Es war lebenswichtig für ihn, dass diese Dinge geheim blieben… und nun hatte er auf einmal eine Mitwisserin, die auch noch immer mehr Details zu wissen verlangte.

„Mein ursprünglicher Auftrag lautete, einen Weg zu finden, wie man Koguma aus dem Amt drängen kann. Ich denke, der langfristige Plan meines Vaters war, dass die Uchihas die Führung der ANBU übernehmen… dann hätte der Clan zwei der drei wichtigsten Machtpositionen des Dorfes in seiner Gewalt. Und dann…. Naja. Aber ich habe ihn immer wieder hingehalten und behauptet, es gäbe keine realistische Möglichkeit, gegen Koguma vorzugehen… Er hat mir ziemlich schnell nicht mehr geglaubt.“

Ein bitteres Lächeln erschien auf dem Gesicht des Shinobi.

„Am Anfang hat er vielleicht einfach nur gedacht, ich sei feige… aber spätestens, seitdem Shisui dabei ist und ich dieses schlechte Theater immer noch weiterspiele –„

„Es ist widerlich, so etwas von seinem Sohn zu verlangen!“, platzte es plötzlich aus Makani heraus und sie konnte die Verachtung, die sie auf einmal empfand, kaum verbergen. „Ich meine, du warst fast noch ein Kind, als er dich in diesen Kampf geschickt hat, der dich in einen furchtbaren Loyalitätskonflikt bringt und dich, egal wie du dich entscheidest, zum Verräter macht.“

Itachi sah sie für ein paar Momente verwundert an, dann lächelte er wieder, aber in seinem Lächeln lag auf einmal eine völlig ungewohnte Wärme.

„So denkt mein Vater leider nicht, Makani. Aus seiner Sicht hat er mir eine großartige Gelegenheit geboten, mich zu beweisen. Ich wäre der unangefochtene Held des Clans gewesen. Ich hätte in einigen Jahren Oberhaupt der ANBU und des Clans werden können und niemand hätte es gewagt zu behaupten, ich hätte diese Position einfach nur von meinem Vater geerbt… Ich hätte kaum eine Möglichkeit finden können, ihn tiefer zu enttäuschen. Naja…“

Die Wärme verschwand wieder aus Itachis Lächeln und die Bitterkeit kehrte zurück.

„… im Grunde hat er immer befürchtet, dass ich zu weich bin. Und vor nicht allzu langer Zeit hätte ich noch alles dafür getan ihn vom Gegenteil zu überzeugen.“

Diese Worte ihres Team-Captains halfen Makani kaum, das Gefühl der Verachtung zu besänftigen, aber sie verbiss sich weitere Kommentare. Immerhin war es dieses Mal nicht Itachi, gegen den sich ihre Wut richtete. Dieser sah die Kunoichi nun beinah unsicher an, fast als fürchte er sich ein wenig vor ihrer Reaktion auf sein Geständnis. Sie hätte ihm gern noch mehr Fragen gestellt. Zum Beispiel wie es dazu gekommen war, dass er sich seinem Vater nun nicht mehr beweisen wollte und schließlich sogar gegen ihn arbeitete. Doch Itachi sah mittlerweile beinah ebenso erschöpft aus wie bei ihrem Gespräch am Abend zuvor und so brachte sie es nicht über sich. Ohnehin meinte sie einen Teil der Antwort bereits zu ahnen: Auf der einen Seite mochten Kogumas vernünftigere Ziele ihren Team-Captain wahrscheinlich wirklich überzeugt haben, aber zusätzlich hatte das ANBU-Oberhaupt ihm vielleicht durch seine warme väterliche Art etwas gegeben, zu dem Fugaku offensichtlich nicht im Stande war.  

Schließlich fragte sie in sanfterem Ton: „Und wie soll es jetzt weitergehen?“

Itachi atmete hörbar aus und zuckte kaum merklich mit den Schultern.

„Ich versuche so gut es geht, die Sache unter Kontrolle zu halten und herauszufinden, was im Clan vor sich geht und was mein Vater vorhat. Aber das ist nicht leicht, sein Vertrauen habe ich schließlich endgültig verloren.“

Ich könnte es versuchen, dachte Makani unwillkürlich. Fugaku hatte sie immerhin höchstpersönlich in den inneren Zirkel der Uchihas eingeladen. Sie könnte so tun, als wolle sie als junge ehrgeitige Clan-Tochter die ambitionierten Ziele des Oberhauptes unterstützen. Und sie musste ihm sogar ganz besonders geeignet erscheinen, war sie doch gerade erst durch einen glücklichen Zufall vom Hokage in die ANBU berufen worden… Plötzlich erschrak die Kunoichi vor ihren eigenen Gedanken. Wollte sie jetzt tatsächlich schon selbst in diesem gefährlichen Spiel mitspielen? Wollte sie wirklich so wie Itachi die tragische Rolle eines Doppelagenten annehmen und ihren eignen Clan verraten, nur weil Fugaku ein miserabler Vater war? Mit großer Mühe zwang sie sich zur Besonnenheit. Sie sollte nichts überstürzen!

„Alles klar, das klingt nach einem handfesten Plan… Und was soll ich solange tun?“, fragte sie endlich.

Itachi verdrehte tatsächlich leicht die Augen angesichts Makanis sarkastischer Bemerkung. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust und zog die Augenbrauen hoch.

„Also, so viel ich weiß, solltest du seit mindestens einer Dreiviertelstunde deinen Aufgaben in der Zentrale nachgehen.“

Als der Kunoichi draufhin die die Gesichtszüge entglitten, hörte sie ihren Team-Captain das erste Mal lachen.

 

 

 

*

 

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  NiOniOn
2019-03-23T22:54:17+00:00 23.03.2019 23:54
So, hier ist endlich ein neues (Teil-)Kapitel.
Ich würde soooo gerne schneller weiterschreiben, aber ich stecke gerade mitten im Examen... und das wird leider auch noch ein bisschen dauern T-T
Schlechte Laune und Stress wirken sich auch nicht besonders gut auf die Kreativität aus... ich hoffe, das Kapitel macht euch trotzdem Freude beim Lesen!

Okay Schluss mit der Jammerei!
Ich habe immerhin Zeit gefunden, mal wieder meine Pinsel und Farben rauszuholen...
Schaut doch mal bei den Charakteren zu dieser Fanfiktion vorbei, wenn ihr Lust habt :-*
Antwort von:  Line666
28.09.2019 23:41
Wann sind die denn um ich wünsche mir nämlich ein neues Kapitel !
Antwort von:  Line666
28.09.2019 23:41
Wann sind die denn um ich wünsche mir nämlich ein neues Kapitel !


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