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Sterben kann so schön sein...

... oder auch nicht
von
Koautor:  Shizana

Vorwort zu diesem Kapitel:
iebe Ericchi, ist er's oder ist er's nicht? Finde es heraus!

Aufgabe 1: Lass dich von Dionysos zu den anderen bringen. Apollon kommt euch entgegen, um euch zu Hades zu führen. (Alle sind in ihrer Gottform.) Bei Hades erkennst du eine weitere Person: Takeru, triefend nass in seiner Gottform als Susanoo. Die beiden sind im Gespräch und als ihr zu ihnen stoßt, wirft dir Takeru nur einen abschätzigen Blick zu und verlangt unfreundlich zu erfahren, wer du bist.

Aufgabe 2: Takeru hat vom Sturz eine leichtere Kopfverletzung davongetragen. Dir fällt auf, dass er sich außerdem den Arm hält. Lausche dem Gespräch der anderen und erfahre so, dass Takeru eine Auseinandersetzung mit seinem Vater hatte, bei dem es um Familienangelegenheiten ging, und dass er wortwörtlich aus dem Haus geschmissen wurde.

Aufgabe 3: Versuche dich ihm anzunähern und mehr in Erfahrung zu bringen, sofern du dich traust. Allerdings wird er dich zurückweisen und dir unfreundlich zu verstehen geben, dass dich seine Angelegenheiten nichts angehen.

Aufgabe 4: Beratschlagt euch, was ihr nun machen wollt. Soll Takeru mit zu den anderen oder holt hier lieber Thoth und Anubis zu euch? Je nachdem, wie ihr euch entscheidet, setzt dieses Vorhaben in die Tat um.

Aufgabe 5: Zurück im Haus erwartet Takeru eine Standpauke von Thoth, die sich gewaschen hat. Dabei ist Thoth weniger wütend, dass der Sturm dich und Anubis in Gefahr gebracht und ein solches Chaos gestiftet hat, als dass sich Takeru einfach nicht im Griff hat. Entscheide, ob du etwas dazu beitragen willst oder nicht.

Aufgabe 6: Das nächste Mal, wenn du Takeru bei seinem Kamigami-Namen ansprichst, wird er dir barsch zu verstehen geben, dass er so nicht von dir genannt werden will. Er will nicht, dass du so vertraut mit ihm tust, obwohl ihr einander nicht kennt und ihr auch nicht auf gleicher Stufe steht. Überhaupt wäre es ihm lieber, wenn niemand ihn mehr so nennen würde, da sie nicht mehr an Zeus' Schule sind. Während Shizuku ihren Willen durchsetzt und gegen Takerus Willen seine Wunden versorgt, die schnell verheilen, such dir wen von den Göttern, um über Takerus Verhalten zu reden. Komplett anzeigen

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Durchgebrannt

Es war seltsam, dass der Sturm zwar etwas nachgelassen hatte, aber immer noch nicht in seiner vollen Gänze verschwunden war. Dabei dauerte es sicher einige Zeit, die ich, wieder von Dionysos getragen, auf dem Weg zu Hades und Apollon war, die IHN gefunden hatte. Zeit genug um dem Gott sicher einiges an Verstand einzuprügeln und diesen Sturm zumindest zu beenden.

„Ist alles in Ordnung, Erenya?“, fragte Dionysos, der mich sanft an sich drückte, damit ich ihm nicht von den Armen ins Meer fiel. Abgesehen von der Zeit in der ich im Schlafyukata verbracht hatte, ging es mir wirklich gut. Ich war vielleicht noch etwas müde und ausgelaugt, aber der Gedanke ihn endlich zu sehen, hielt mich davon ab an Ruhe zu denken.

„Mir geht’s gut. Ich könnte auch gar nicht ruhen, wenn sie wirklich Susanno-o gefunden haben. Nachdem was du mir erzählt hast, will ich ihn kennenlernen. Und vor allem die Wahrheit über diesen Sturm herausfinden. Wenn er es wirklich ist, dann will ich wissen wieso. Also, nicht das ich mir einbilde, ich könnte etwas daran ändern, auch wenn ich es schon gerne täte.“

Ein Seufzen kam von Dionysos und ich ahnte, wieso. Er hatte mir ja nicht umsonst eine Standpauke gehalten dafür, dass ich Anubis als Gott hatte helfen wollen. Natürlich musst es da seltsam aussehen, dass ich mich nun auch in Takerus Angelegenheiten, in die Angelegenheiten eines Gottes, einmischen wollte.

„Nicht so wie du denkst. So selbstlos bin ich auch nicht. Ich frage was in seinem Kopf vorgeht und ihr dürft das Problem klären“, antwortete ich schnell, bevor Dionysos zur nächsten Standpauke ansetzen konnte und grinste breit. Natürlich würde es auf so etwas hinaus kommen. Das war eben der Nachteil ein Mensch zu sein. Man besaß nicht viele Möglichkeiten etwas übermenschliches zu tun, auch wenn ich genug Geschichten gehört hatte, in denen Menschen plötzlich durch einen Adrenalinstoß genug Kraft bekommen hatten um ein Auto anheben zu können. Allerdings hatte bis heute noch kein Mensch trotz Adrenalin es je geschafft, das Wetter zu ändern oder einen Wirbelsturm aufzuhalten. Zumindest war mir kein solcher Fälle bekannt.

„In der Regel mischen sich griechische Götter nicht in die Angelegenheiten japanischer Götter ein, Erenya“, merkte Dionysos allerdings an und dämpfte damit mein Vorhaben, sollte es wirklich Handlungsbedarf geben. So etwas in der Art hatte wohl auch schon Zeus gesagt. Auch wenn das logisch klang, sah ich das aber nicht ein.

„Erstens, ihr seid nicht irgendwelche Götter... Ihr seid seine Freunde und Freunde helfen einander, egal wo sie herkommen. Also rede nicht so einen Unsinn. Zweitens, wenn ich euch richtig verstanden habe, wart ihr gemeinsam in einer Schule und habt viel voneinander gelernt, mehr einmischen kann man sich ja wohl nicht in die Angelegenheiten anderer Götter. Was auch immer also mit Susanno-o gerade nicht stimmt, ihr werdet ihm gefälligst helfen. Eher gehen wir nicht.“

Ernst sah ich zu Dionysos. Ich sah im Traum nicht ein, dass sie einen Freund einfach so in Stich ließen. Sicher, es gab Angelegenheiten, in denen sich Götter anderer Kulturen nicht einmischen sollten, aber mit Sicherheit war Takerus Problem, sollte er eines haben, nicht so eines. Zumindest wollte ich das nicht wahrhaben, bevor ich nicht die ganze Geschichte aus seinem Mund gehört hatte.

„Du bist ganz schön stur...“, gab Dionysos schließlich seufzend nach, lächelte allerdings. Ich? Niemals. Vielleicht manchmal etwas engstirnig aber niemals stur.

„Ist es noch sehr weit?“

Es war mal wieder der leise Versuch von dem Thema abzulenken. Noch dazu interessierte es mich wirklich wie weit es war. Nicht das ich etwas gegen Dionysos hatte, die Gespräche mit ihm nahmen einfach zu meist eine für mich unangenehme Richtung an.

„Wir sind gleich da. Halte einfach noch ein wenig durch.“

Ich nickte zaghaft und blickte in die Richtung, in die wir flogen. Dionysos achtete dabei genaustens darauf, dass er die Felsen entlang flog. Wahrscheinlich hatten Hades und Apollon erneut eine kleine Höhle entdeckt und sich mit IHM dort vor dem Unwetter versteckt. Was es noch seltsamer machte, dass ER nicht einfach diesen Sturm beendet hatte.
 

Ich hatte keine Ahnung, wie Apollon sich mit Dionysos ausgetauscht hatte, aber er schien ganz einfach den Weg zu seinem Halbbruder gefunden zu haben. Denn kaum, dass wir eine kleine Höhle betraten und Dionysos mich abgesetzt hatte, kam uns Apollon entgegen gelaufen, der allerdings, kaum dass er mich erblickt hatte, kreidebleich wurde.

„Nya-chan... Du... Du bist mitgekommen, wirklich mitgekommen?“

Ernst sah ich Apollon an, der scheinbar nicht damit gerechnet hatte, dass ich nach meinem kleinen Abenteuer noch einmal hier raus gehen würde. Da hatte er sich aber geirrt. Ich hatte schließlich nicht die ganze Zeit nach Takeru gesucht, um mir dann die Gelegenheit entgehen zu lassen, ihn zu treffen, soviel stand fest.

„Alles in Ordnung, Ahollon. Mir geht es gut. Würdest du uns bitte zu Hades und IHM bringen?“

Unsicher sah Apollon, trotz meiner Bitte zu Dionysos, als wollte er ihn fragen, ob das so okay war, doch dieser zuckte nur mit den Schultern, als wollte er sagen, dass er mir einfach meinen Willen lassen sollte, ohne weiter nachzufragen.

„Bitte, Apollon. Der Typ hat mich fast ertränkt und wärt ihr nicht, wäre ich hops gegangen. Denkst du, dass lasse ich mir so einfach bieten? Für euch Götter mag das ja keine große Sache sein, aber für mich ist ein Beinah-Tod innerhalb von zwei Tagen doch etwas zu viel des Guten.“

In der Tat. Wenn dieser Sturm wirklich Takerus Verschulden war, dann hätte er mich wirklich beinahe ertränkt. Dafür musste er dann auch gerade stehen. Und mit Sicherheit ließ ich mich nicht von den anderen Göttern davon abhalten, Takeru dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Was zu viel war, war eben zu viel.

„Nya-chan, das ist nicht so wie du denkt...“, setzte Apollon an, doch mein ernster Blick gebot ihn zu schweigen.

„Diese Diskussion können wir gerne mit Susanno-o persönlich fortführen, wenn es nicht so ist wie ich denke. Allerdings musst du mich dafür zu IHM und Hades bringen.“

Eigentlich war es unfair, denn ich ließ Apollon keine andere Wahl. Wie hatte er sie auch, solange ich hier anwesend war? Er konnte mich schlecht alleine am Eingang herumgammeln lassen.

Seufzend erkannte er das auch und griff nach meiner Hand. Erschrocken, dass er das so plötzlich tat, zog ich diese zurück und sah ihn entsetzt an.

„Der Weg ist etwas uneben, ich will nicht, dass du hinfällst, hinfallen sollst du nicht“, erklärte er und hielt mir seine Hand entgegen, dass ich sie nahm. In diesem Punkt hatte ich wohl keine Wahl, denn sicher war, dass Apollon nicht eher losgehen würde, bevor ich nicht seine Hand ergriff und ihn so folgte.
 

Apollon hatte nicht gelogen, der Weg war wirklich uneben gewesen und dank Apollons Führung waren mir Fehltritte erspart geblieben. Wie ich das an ihm hasste auch wenn es wirklich nett und charmant von ihm war.

„Da sind Onkel Hades und Take-Take, da sind sie.“

Apollon war auf dem Weg stehen geblieben und zeigte in die Ferne, wo Hades, wie auch schon Dionysos und Apollon, in seiner Götterform neben Takeru stand und sich mit diesem unterhielt. Auch wenn die Sicht nicht die beste war, die Götter hatten auch hier ein Feuer gemacht, so dass ich die beiden Silhouetten mehr als genau erkennen konnte. Dabei fiel mir auch auf, dass Takeru nicht nur in seiner Götterform dort stand. Zumindest erkannte ich feuchten, blauen Pelz um seiner Hüfte, die vom Wasser benetzte, glänzende Rüstung am Arm, den langen blauen Zopf, ebenfalls nass vom Wasser... Schon seltsam, dass der Gott des Meeres in seiner Götterform vollständig durchnässt war. Immerhin das Leid teilten wir, auch wenn er wohl nicht fürchten musste, noch einen grausigen Tod dank eines Schnupfens sterben zu müssen.

„Onkel Hades!“

Ich zuckte zusammen, als Apollon plötzlich nach dem Totengott rief, der seinen Blick zu unserer kleinen Gruppe richtete und wie Apollon bei meinem Anblick kreidebleich wurde. Was nur los mit ihnen? War ich etwa doch im Meer gestorben und ein Geist? Hatte ich was ausgefressen? Oder drohte mir gerade von Takeru irgendeine Gefahr, der ich liebevoll gesagt in die Arme gelaufen war? Zumindest sah Takeru nicht sehr erfreut aus, als er mich erblickte und wir auf die beiden zugingen.

„Ich konnte sie einfach nicht daran hindern, konnte sie einfach nicht hindern.“

Entschuldigend sah Apollon seinen Onkel an, der leise seufzte und mich ansah. Ich konnte deutlich sehen, was er dachte. Im Geiste entschuldigte er sich bei mir, dass ich fast ertrunken wäre, doch das konnte er sich sparen. Es war ja wohl wenn meine Schuld gewesen und nicht seine.

Mehr störte mich allerdings Takerus Blick der mich abfällig musterte. Immerhin ein Gott, der mich nicht mit seinen Blicken ausziehen wollte. Immer positiv denken, auch wenn mir dieser Blick gar nicht gefiel und die Wut schon alleine deswegen in mir auf brodelte. Ich meine er hatte keinen Grund dazu mich nur wegen meines Aussehens zu bewerten. Die Sachen hatte ich immerhin nicht persönlich ausgesucht.

„Und du bist?“

Seine Stimme. Das war eindeutig Takerus Stimme. Dieses raue, was mir zeigte, dass er eigentlich etwas verärgert war, ihn aber so sexy machte. Wen wunderte es da, dass Loki ihn immer geneckt hatte. Hätte ich auch getan, nur um dieses sexy Tsundere Stimmchen zu hören.

„Schau nicht so blöd... Ich hab gefragt, wer du bist!“

Erneut hatte mich Takeru angesprochen, wieder mit diesem sexy Stimmchen. Das war einfach nicht fair. Wie sollte ich ihm da böse sein? Sicher er war nicht gerade höflich, aber das war Thoth auch nicht, demnach war ich es gewohnt. Und mit dieser Stimme durfte Takeru mich ruhig immer unhöflich behandeln.

„Ich rede mit dir!“

Er wurde lauter und der erste Gedanke der mir durch den Kopf schoss, war: 'Grinse ich gerade dämlich?' Zumindest wäre das eine Erklärung dafür gewesen, warum Takeru um ein paar raue Töne lauter wurde.

Allerdings hatte er Recht. Er redete mit mir und hatte mich etwas gefragt. Vollkommen wieder beim Bewusstsein, außerhalb meiner imaginären Fangirl-Zone, schüttelte ich den Kopf und sah den Gott des Meeres an. Er hatte gefragt wer ich war. Nun, da hätte es viele Antwortmöglichkeiten gegeben. Von „Ich bin die, die du beinahe ertränkt hast“ bis hin zu „Die, die dich gesucht hat.“ war alles dabei. Doch meine Wut war verraucht, so dass keine dieser Antworten auch nur eine Option war. Wäre das ein Anime gewesen, den ich geguckt hätte, hätte ich nun aber großspurig behauptet, dass ich das definitiv gesagt hätte.

„Erenya und du bist sicher der Gott des Meeres, Susanno-o, oder?“

Ja, das war definitiv genau das, was eine dumme Otome-Protagonistin gesagt hätte. Immerhin hatte ich diese Worte nicht zusammen gestottert. Was ich vielleicht auch der Tatsache verdankte, dass mich seine Stimme mehr dahin schmelzen ließ, als mir Angst machte.
 

Woher sie immer das Feuer bekamen, war mir ein Rätsel. Ein noch größeres Rätsel war, wieso diese Feuer auch weiterhin unaufhörlich brannten. Vielleicht hatte Apollon es mit seiner unbändigen Hartnäckigkeit genährt.

Interessiert sah ich das Feuer an, während Takeru sich den linken Arm hielt. Eine Haltung, die er schon die ganze Zeit gewahrt hatte. Wahrscheinlich hatte er sich bei seinem Sturz, vorausgesetzt er war es, der vom Himmel ins Meer gefallen war, etwas verletzt. Die leichte Kopfverletzung, es konnte nur eine sein, denn etwas Blut trocknete an seinem Haar, sprach Bände. Es war also wichtig, dass man Takeru schnellstens behandelte. Doch vorerst, war es wohl besser, wenn er ruhte.

„Also, mach da weiter, wo du aufgehört hast, Takeru“, setzte Hades ein, der scheinbar schon in intensiveres Gespräch mit dem Gott des Meeres geführt hatte. Takeru hingegen warf mir einen recht erbosten Blick zu, was wahrscheinlich darauf hindeuten sollte, dass er vor einem Menschenmädchen wie mir nicht sagen wollte, was vorgefallen war. Er sagte es jedoch nicht, sondern schwieg, weswegen ich leise seufzte.

„Apollon, deine Schulter...“, murmelte ich, bewusst sehr müde klingend. So wie ich es forderte, rückte Apollon näher an mich heran. Er war dahingehend wirklich ein dankbares Opfer. Man konnte ihm das ein oder andere befehlen, er hinterfragte nicht, sondern freute sich scheinbar noch, wenn man seine Nähe suchte. Noch dazu war ich vor kurzem fast ertrunken und hatte mich nicht gerade wenig verausgabt, weswegen er wohl alles getan hätte, damit ich mich wohl fühlte.

Ich lehnte mich an Apollon und bettete meinen Kopf auf dessen Schultern, wobei ich die Augen schloss.

„Was ist genau passiert, Take-Take“, hörte ich Apollon fragen, während ich mich schlafend stellte oder viel mehr bemühte, nicht wirklich einzuschlafen und dem Gespräch folgen zu können. Takeru schien sich selbst aber sicher zu sein, dass ich schlief, schwieg aber dennoch, als würde er überlegen, was er wie ausdrücken sollte.

„Mein alter Herr...“, antwortete er schließlich, wobei in seiner Stimme ein deutlicher Groll verborgen lag. Sein Vater... das bedeutete Izanagi. Der Mann, der laut Mythos Takeru aus seinem, wie nannten Shicchi und ich es, Schnoder geboren hatte. Da wäre ich auch voller Groll gewesen. Zum Glück war ich nur aus einer fruchtbaren Eizelle und etwas Spermium entstanden, nicht das der Gedanke appetitlicher war, aber immerhin nur halb so eklig.

„Wir hatten Streit. Gott was denkt er sich eigentlich, ich bin kein kleines Kind mehr...“, murrte Takeru. Da lag definitiv etwas im Argen.

„Und dann schmeißt er mich auch noch einfach so raus. Ohne ein Wort der Vorwarnung.“

Irgendwie waren meine Kenntnisse über die japanische Mythologie nun doch nicht so weit bewanderte. Wenn ich an Izanagi dachte, hatte ich ein Bild von Persona 4 Izanagi vor meinem inneren Auge vor mir. Sicher, der schwang ein großes Schwert und wirkte vernünftig, allerdings nicht wie jemand, der seine Kinder einfach mal so aus dem... wo auch immer japanische Götter lebten, warf. Die Frage war doch, was genau in dem Disput von Takeru und seinen Vater vorgefallen war, oder worum es genau ging. Doch keiner der anderen Götter bohrte weiter nach. Wahrscheinlich war das wieder so ein Götterding, dass Menschen wie ich einfach nicht verstanden. Wobei, wenn man all die bekannten Mythologien bedachte, so standen Familienstreitigkeiten wirklich an der Tagesordnung. Sei es nun zwischen Geschwistern oder Kindern und Eltern gewesen. Eine Welt, die mir vollkommen fremd war. Das einzige Problem, dass ich mit meinen Eltern hatte, war mein unaufgeräumtes Zimmer. Oder die Tatsache, dass mein Vater meinen 27. Geburtstag nicht mit mir gefeiert hatte. Eine Sache, die ich ihm bis heute nicht verziehen hatte, wovon er aber nichts wusste.

Nein, meine familiären Probleme waren bei weitem nicht so tragend wie die der Götter. Wahrscheinlich konnte ich es nicht verstehen, ich wollte es aber. Seltsam, warum wollte ich den Göttern nahe sein? Warum wollte ich sie verstehen? Wir stammten immerhin aus verschiedenen Welten. Und warum war es mir bei Thoth so wichtig? Hatte Dionysos recht? War ich vielleicht in gewisser Weise in den ägyptischen Gott verliebt? Schon der Gedanke trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Was konnte man schon an Thoth lieben? Er war ungehobelt, unverschämt, arrogant, überheblich, kühl, distanziert und noch viel mehr. Da half es auch nichts, dass er fürsorglich, klug, gut aussehend, auf seine Weise rücksichtsvoll war. Er war wie ein Buch mit sieben Siegel für mich. Eines, dass ich nur zu gerne gelesen hätte.

Während ich meinen Gedanken nachhing, gelang es meinem Bewusstsein wirklich abzudriften. Erneut verfiel ich einem leichten Schlaf, dem ich wohl meiner Erschöpfung verdankte. Allerdings erwies sich Apollons Schulter als das wohl bequemste Kissen, dass ich seit der Reise gekannt hatte. Sogar noch bequemer als Dionysos Schoss.
 

Das Gespräch der Jungs war augenscheinlich beendet, als ich wieder wach wurde. Apollon hatte ausgeharrt, mehr oder weniger. Weniger in dem Sinne, dass er mir genug Platz gemacht hatte, so dass ich meinen Kopf auf seinem Schoss gebettet und dort selig geschlafen hatte. Als ich zu mir kam, spürte ich die Hand des Sonnengottes beruhigend durch mein Haar streichen.

„Das erklärt aber nicht, warum ihr sie so bemuttert... Sie ist nur ein Mensch. Und wenn Thoth-sensei sich schon um sie kümmert, dann ist eure Anwesenheit auch nicht nötig, warum also?“

Ich erkannte deutlich Takerus Stimme, als ich mehr und mehr aus meinem Schlummer erwachte. Erneut schien man über eine Sie, dem Wortlaut zufolge mir, zu sprechen. Ich war gespannt, was die anderen antworten, doch sie schwiegen. Wahrscheinlich hatte Takeru Recht. Die anderen drei hatten keinen Grund mir zu folgen. Aber sie waren hier und sie taten alles erdenklich mögliche, um mir in irgendeiner Weise zu helfen. Ob es nun kleine Standpauken waren, oder indem sie mich aus dem Wasser fischten. Sie taten wirklich alles.

„Sagt schon! Warum? Soll sie etwa ihr Ersatz werden?“

Ihr Ersatz? Sprach Takeru von Yui? Sah er mich etwa als Ersatz?

„Nein, das ist es nicht, Take-Take. Niemand könnte Yousei-san ersetzen. Ihre beider Schicksale sind auch vollkommen unterschiedlich. Während Yousei-san von Zeus mit uns in Verbindung kam, wissen wir nicht, wer Nya-chan zu uns führte. Aber wir können sie auch nicht alleine zurücklassen, nicht nachdem... Nachdem ihre Zukunft leer ist.“

Meine Zukunft war leer? Ich erinnerte mich wieder an die Vision die Apollon über meine Zukunft hatte. So sah er sie also. Meine Zukunft war für ihn leer. Suchte er deswegen meine Nähe? Ließ zu, dass ich ihn berührte, damit er neue Visionen sah und prüfen konnte, ob bereits etwas in meiner Zukunft lag? Dieser Gedanke war so bitter, denn es fühlte sich so an, dass sie nur bei mir waren, um diese leere Vision unwahr zu machen. In dem Sinne benutzten wir einander nur.

Ich hatte genug davon, dass zu hören, weswegen ich mich langsam erhob und reckte. Die Frage war, ob ich sagen sollte, dass ich alles gehört hatte, wobei, dann hätte ich zugegeben, gelauscht zu haben. Also schwieg ich und lächelte in die Runde.

„Und ist unser feuchter Meeresgott trocken?“, fragte ich und sah zu Takeru, dem allein wegen diesem Satz die Zornesröte ins Gesicht stieg.

„Du!“, antwortete er und ich genoss einfach nur diesen Klang. Sie waren nicht real, also konnte ich doch tun was ich wollte, ob sie mich hassten oder mochten. Sie waren nicht real, oder ich war es nicht. Egal, sobald wir das Rätsel gelöst hatten, würde ich sie nie wieder sehen, also konnte ich auch Takeru etwas herauslocken, um seine Stimme zu hören.

„Also, warum bist du hier? Und vor allem, warum fällt der Gott des Meeres vom Himmel ins Meer?“

Ein Lächeln lag auf meinen Lippen, als ich forderte mehr über all das zu erfahren, allerdings in einer Weise, die nicht zeigte, dass ich zu Beginn ihres Gespräches noch gelauscht hatte. Takeru sollte mir selbst alles erzählen und so vielleicht ein Zeichen setzen, dass er mit mir in der Gegenwart seiner Freunde leben konnte.

„Das geht dich nichts an. Halt dich gefälligst aus den Angelegenheiten von Göttern heraus!“

Irgendwie war er Thoth schon sehr ähnlich. Zuletzt hatte mich nur der Ägypter so liebevoll angefahren, wobei bei ihm die ganze Sache wohl noch nicht ganz so verfahren war, wie bei Takeru. Vielleicht lag es aber auch daran, dass wir einander nicht kannten. Oder viel mehr, er mich nicht kannte.
 

Mein Blick war die ganze Zeit auf Takeru gerichtet. Ich durchbohrte ihn förmlich mit meinen Blicken, was ihn deutlich nervte. Dennoch versuchte er sein bestes mich zu ignorieren. Erfolglos, denn irgendwann, erwiderte er meinen Blick, wobei ich die Wut deutlich aus dessen Augen heraus lesen konnte. Es schien ihm nicht zu gefallen, dass ich ihn auch weiterhin anstarrte und nicht einfach angsterfüllt wegsah. Wovor sollte ich auch Angst haben? Ich war Thoth bereits gewohnt, da war Takeru dann kein Problem mehr. Noch dazu wirkten Thoths böser Blicke noch viel bedrohlicher und tödlicher als das, was Takeru mir entgegen warf.

„Was?“, blaffte er, als er bemerkte, dass ich keinerlei Angst vor ihm zu haben schien. Vielleicht war der Gott des Meeres so etwas nicht gewohnt. Nach seiner Geschichte aus Kamigami no Asobi hätte er dafür vielleicht dankbarer sein sollen.

„Du solltest dich um deine Verletzungen kümmern. Ich meine, du bist zwar ein Gott, aber... Naja man muss ja nichts herausfordern.“

Es war sicher eine gute Idee das Gespräch zu beginnen, indem man ihn an etwas erinnerte, was ihn verstimmte. Super gemacht Eri, eine Meisteridee die ihres Gleichen suchte und dümmer nicht hätte sein können.

„Mir geht’s gut!“

Und damit war auch dieses Gespräch beendet und ein leises Seufzen kam mir über die Lippen. Noch so eine harte Nuss. Und harte Nüsse knacken, gehörte definitiv nicht zu meinen Spezialitäten. Ich musste mit also etwas ausdenken, irgendwann, irgendwie...
 

Das Feuer war erloschen und ebenso hatte das Wetter entschieden mal Ruhe zu geben. Dennoch saßen wir fünf in der Höhle und überlegten, was es als nächstes zu tun gab.

„Anubis und Thoth sind noch bei Shizuku und Reiji“, merkte mit einem Mal Hades an. Richtig, da war ja noch etwas. Oder besser noch jemand. Es war sicher besser, die beiden zu informieren, dass wir Takeru endlich gefunden hatten. Immerhin hatten wir das ganze Drama nur durchgemacht wegen... ihm. Ob Apollon und die anderen ihm das gesagt hatten? Fragend sah ich zu Takeru, dessen Blick sich plötzlich von mir wandte. Hatte er mich eben angesehen? Nein, sicher nicht. Das hatte ich mir eingebildet, warum sollte er mich ansehen, nachdem er mir klar und deutlich gezeigt hatte, dass er nichts mit mir zu tun haben wollte? Mit Sicherheit hatte er seinen Blick murrend durch die Höhle streifen lassen, so dass sein Blickrichtungswechsel nur für mich so wirkte, als habe er weggesehen.

„Ich könnte Anu-Anu und Thoth-sensei holen, genau das könnte ich tun“, schlug Apollon euphorisch vor und lächelte dabei breit. Sicher, das war eine Option, aber für mich war es nicht richtig.

„Wäre es nicht besser, wenn wir Takeru zu Shizuku und Reiji bringen, damit wir uns um seine Verletzungen kümmern können? Außerdem wäre es nicht sonderlich höflich zu gehen ohne Auf wiedersehen zu sagen.“

Nein, einfach zu gehen, obwohl das ältere Ehepaar so freundlich zu uns gewesen war, erschien mir wirklich nicht richtig. Es wirkte eher so als wollten wir fliehen, wenn wir einfach so Anubis und Thoth einfach zu uns holten.

„Ich hab dir gesagt, dass du dich nicht in Götterangelegenheiten einmischen sollst...“, grummelte Takeru, der scheinbar nicht sehr begeistert davon war, dass ich mich immer noch um seine Verletzungen sorgte, protestierte laut stark gegen meinen Vorschlag. Wobei das wohl nicht wirklich Sorge um ihn war. Es lag wohl viel mehr daran, dass ich es nicht sehen konnte, wenn jemand körperlich angeschlagen war.

„Sie hat aber Recht. Was wenn dein Arm nicht nur geprellt ist?“

Dankbar sah ich zu Hades, der Partei für meine Worte ergriff und dessen Bedenken bei Takeru wirklich zu fruchten schienen. Dieser schien sich wieder daran zu erinnern, dass er Schmerzen im Arm hatte, den er sich kurz darauf hielt.

„Wenn Hades-san das für richtig hält... komme ich mit“, gab er schließlich nach und ich war dankbar darüber, dass er eine stille Bewunderung für Hades über hatte. Sollte es also Probleme mit Takeru geben, konnte ich auf Hades bauen. Allerdings wäre sowieso fraglich, wie lange Takeru bei unserer kleinen Gruppe bleiben würde. Wir hatten ihn gefunden, nun mussten wir nur noch herausfinden, was dieser Sturm sollte.

„Wir sollten aufbrechen, solange der Sturm nicht mehr wütet.“

Mein Blick richtete sich zum Ausgang. Das Pfeifen des Windes war verstummt und nur noch der Regen, der wieder eingesetzt hatte, war zu hören. Ja, es war definitiv das beste jetzt aufzubrechen.

„Und du Zwerg willst fliegen?“

Mir fiel die Kinnlade runter, als ich hörte was Takeru sagte. Er war mindestens genauso groß wie ich. Wie konnte er es dann wagen mich einen Zwerg zu nennen? So ein Idiot. Warum hatte er diesen Satz nicht mit seiner sexy Stimme sagen können? Ich wäre ihm dann nur halb so böse gewesen.

„Sie kann genauso gut fliegen, wie sie schwimmen kann“, merkte Dionysos mit einem unschuldigen Lächeln an, weswegen ich ihm einen bösen Blick zuwarf. Takeru tat es mir gleich, was mich verwunderte. Wieso? Der Spruch ging doch eindeutig gegen mich. Oder... wollte Dionysos damit andeuten, dass auch Takeru beinahe ertrunken wäre? Das wäre als Gott des Meeres sicher peinlich gewesen. Wobei, wenn er nicht schwimmen konnte... dann konnte er sicher auch nicht fliegen. Uh. Das war gut. Zumindest hoffte ich, dass Dionysos das meinte.

„Gehen wir einfach...“, murrte Takeru schließlich und suchte sich seinen Weg durch die Höhle. Wie schon bei meiner Ankunft, hatte Apollon meine Hand gegriffen und führte mich über das unebene Gestein. Ich spürte den stechenden Blick Takerus auf mir, der abfällig zu sagen schien „Du kannst auch nichts alleine.“ Recht hatte er.
 

Von wegen er konnte nicht fliegen. Murrend klammerte ich mich an Dionysos und schmollte diesen an. Der Spruch von Dionysos war doch eindeutig gegen mich gerichtet gewesen. Auch wenn Takeru etwas Hilfe brauchte um sich in der Luft zu halten, so war es doch eindeutig, dass er von selbst fliegen konnte.

„Was ist los, Erenya?“, fragte Dionysos nach einiger Zeit und erntete von mir einen bösen Blick. Jetzt tat er auch noch so unschuldig. Hatte er etwa schon vergessen was er gesagt hatte? Idiot. Alles Idioten.

„Beeil dich lieber...“, murmelte ich und sah in die Richtung, in der sich Shizukus und Reijis Haus mit Anubis und Thoth befand. Wie würde Takeru auf das Ehepaar reagieren? Oder, dass Ehepaar auf den Gott des Meeres?

Was würde Thoth sagen? Wobei, würde Thoth überhaupt etwas sagen? Ich seufzte leise und verzog die Lippen. Vielleicht wäre es doch besser gewesen einfach Thoth und Anubis zu holen und über Dionysos oder Apollon unseren Dank an Reiji und Shizuku auszurichten. Allerdings... Da waren Takerus Verletzungen. Verletzungen, die der starke Krieger wohl zwanghaft unterdrückte. Warum? War es ihm peinlich? Ich wurde aus ihm einfach nicht schlau. Ich meine ich konnte ja verstehen, wenn er mich anfuhr, weil ich eben wie der Yui-Ersatz erschien... Yui... gerade hasste ich sie. Ich wollte nicht mehr wie sie sein. Ich wollte gerade nicht einmal mit diesen Göttern hier sein und glauben, dass ich ein Ersatz war. Ich wollte weg, weit weit weg.
 

Erleichtert fassten Shizuku und Reiji unsere Rückkehr auf und ließen sogar das neue Gesicht in unserer Runde ohne zu zögern hinein. Ich fragte mich kurz, ob sie wussten, dass dieser junge Mann der Gott war, dem sie über all die Jahre die Stange gehalten hatten. Das sie wussten, dass er ein Gott war, daran zweifelte ich nicht mehr. Nicht nachdem sie um das Geheimnis der anderen Jungs wussten. Mal ehrlich, niemand wäre dann so naiv gewesen und hätte gedacht, dass der nächste gutaussehende Bishi ein Mensch wäre. Nicht einmal ich. Wobei, vielleicht doch ich... Keine Ahnung.

Lange Zeit hatte ich aber nicht über diese Gedanken zu sinnieren, denn kaum dass Thoth Takeru erblickt hatte, stürmte er förmlich auf ihn zu und pinnte ihn gegen eine Wand. Flowshipping for the Win. Eindeutig.

„Du Fehlschlag!“, raunte Thoth wütend und versuchte dabei nicht ganz so laut zu werden oder zu explodieren. Dabei war schon das was er sagte, genug um eine ganze Stadt in die Luft zu sprengen, denn Takeru schien alles andere als von seinem Spitznamen angetan zu sein. Gut, das konnte ich wiederum verstehen, aber da war irgendwie noch etwas andere.

„Was glaubst du eigentlich, was du hier machst? Ist in deinem Spatzenhirn nichts hängen geblieben, oder warum lässt du alles so außer Kontrolle geraten?“

An der Begrüßung musste Thoth definitiv noch feilen, aber mit Sicherheit bekam auch er irgendwann ein ordentliches „Hi“ und „Wie geht es dir?“ heraus. Zumindest hoffte ich, dass seine vorwurfsvollen Worte genau das bedeuten sollten.

„Du... Was geht dich das an, was ich hier mache und was nicht? Du bist kein japanischer Gott, also kann es dir doch egal sein!“, konterte Takeru, der sich dank seiner Ausbildung zum Samurai, geschmeidig aus Thoths Griff kämpfte um so Abstand zwischen sich und seinem ehemaligen Lehrer zu bekommen.

Thoth verstand die Haltung, verschränkte seine Arme und fixiere Takeru böse und mit kaltem Blick.

„Wenn ein Spatzenhirn wie du den Planeten zerstören will, den ich geschaffen habe, geht mich das sehr wohl etwas an, also rede schon!“

Planeten zerstören? War Thoth nun zum neuen Hades mutiert? Warum sah er diesen Sturm auf einmal so schwarz? Oder... Wusste er doch mehr? Nein... oder doch? Ich war mir so unsicher. Ganz ehrlich, erst hatte er es als Zeitverschwendung gesehen, dass ich Takeru unbedingt suchen wollte und nun fuhr er ihn so an.

„Ich werde sicher nicht den Planeten zerstören!“

„Du hast dich aber eindeutig nicht unter Kontrolle! Hast du dir schon einmal angesehen, was dein Leichtsinn und deine Fahrlässigkeit alles angerichtet haben?“

Ich sah wie Takeru auf Thoths Vorwurf die Hände zur Faust ballte. Ja, dieser Spruch musste tief gesessen haben. Wir wussten ja eigentlich gar nichts, was in seinem Inneren vor sich ging. Wir wussten nicht einmal, warum er sich mit seinem Vater gestritten hatte und wie ich Takeru kannte, würde er uns dieser Antwort sicher nicht auf dem Silberteller präsentieren.

„Thoth, ich glaube wir sollten es gut sein lassen, für den Moment. Takeru ist angeschlagen und naja du etwas aufgebracht“, setzte ich ein. Sind wir ehrlich, es hätte nichts gebracht, wenn die beiden weiterhin miteinander sprachen.

„Halt deine Klappe, Mensch!“

Ich zuckte zusammen, als Takeru mit einem Mal seine Stimme erhob und mich mit hasserfüllten Augen ansah. Was hatte ich denn bitte wieder falsch gemacht?

„Nenn mich nicht bei diesem menschlichen Namen. Für dich und für euch alle anderen auch, bin ich immer noch Susanno-o. Wir sind nicht mehr an dieser verdammten Schule von Zeus und du, Mensch, bist nicht Sie, also tu auch nicht so vertraut. Du bleibst eine vollkommen Fremde. Ein einfacher Mensch unter vielen.“

Mit jedem Wort, das Takeru sprach, weiteten sich meine Augen. Diese Worte... Alles das was er sagte, ich wusste, dass es in gewisser Weise wahr war, doch diese Worte zu hören... ließ eine Sicherung in mir durchknallen.

Ohne nachzudenken oder zu überlegen, was für Auswirkungen meine Tat haben würde, trat ich auf Takeru zu und gab ihm eine Ohrfeige, mit aller Macht, ohne Rücksicht auf Verluste. Erst als ich in meiner Hand spürte, was ich gerade getan hatte, kam ich wieder zur Besinnung... Wie damals... es war genau wie damals, dass ich mich umdrehte und aus der Haustür lief, ohne ein Wort zu sagen, ohne mein Handeln zu rechtfertigen.
 

Ich lief am Strand entlang, bis ein Felsen mir den Weg versperrte. Ich hatte Angst. Unsagbare Angst. Wie damals... Genau wie damals im Krankenhaus, als ich einem Typen, der mich als fett und hässlich bezeichnet hatte, der ein totaler Kotzbrocken war, die Gehhilfe über den Kopf gezogen hatte. Auch damals war ich danach weggelaufen und hatte mich im Klo eingesperrt. Er war polternd in mein Zimmer gekommen und hatte gedroht, dass er mich noch kriegen und ich das bereuen würde. Danach wollte ich nicht mehr zum Essen gehen.

Momente in denen ich so die Beherrschung verlor, waren selten. Sicher, ich sagte schon mal unüberlegte Dinge, aber ich wurde nie handgreiflich. Dabei hatte Takeru Recht gehabt. Ich war nur der Lückenbüßer. Der Lückenbüßer für eine Person die jeder der Götter mochte, die so leer und so perfekt war und irgendwie mit jedem Gemeinsamkeiten finden konnte. Allerdings, war sie auch fiktiv und ich war, gerade, real. Niemals, konnte ich Sie sein und doch hatte ich sie irgendwie ersetzt, weswegen ich nun gezwungen war, bei den Göttern zu sein.

Tränen glitten meine Wange hinab und ich versuchte sie mit dem Ärmel meiner Jacke zu trocken. Warum hatte ich das getan? Wie konnte ich Takeru noch unter die Augen treten? Wie konnte ich den anderen noch unter die Augen treten? Was hatte ich mir dabei nur gedacht?

„Warum tue ich mir das eigentlich an? Ich... unter Göttern, als ihr Ersatz... Ich bin nicht Sie... Ich werde es auch nie sein... Gott bin ich dumm...“

Unaufhörlich liefen die Tränen weiter, während die Erinnerungen der letzten Stunden wieder wach wurden. Die Standpauke von Dionysos, die Worte von Apollon über meine leere Zukunft, die Tatsache, dass Thoth nichts zu meiner Entschuldigung gesagt hatte... Es zeigte doch alles klar und deutlich, was sie wirklich von mir hielten. Ich war ein Mensch, nur ein Mensch. Einem bei dem man etwas gerade biegen wollte. Einem, dem man klar machen musste, wo er stand oder den man nicht zu antworten brauchte. Das schlimmste daran war, dass ich sie brauchte. Dass ich zurück zu ihnen musste, um hier nicht fest zu sitzen.

Ich musste zurück... Dieses Mal würde ich nicht nur einen Tag ausharren müssen, bis mein Angstobjekt verschwand. Dieses Mal, würde es nicht verschwinden.
 

Ich hatte die Rückkehr mit einem wirklichen Schneckentempo gut genug ausgeweitet. So gut, dass die Tränen versiegt waren und nichts als Leere in mir zurück geblieben war. So leise wie möglich betrat ich das Haus, hörte aber aus dem Wohnzimmer murrende Laute Takerus. Ein Blick in eben dieses verriet mir, das Shizuku sich um ihn kümmerte, was dieser auch eher widerwillig zuließ. Ich sorgte dafür, dass er mich nicht sah. Allerdings war ich auch unschlüssig, wohin ich gehen sollte. Ich wollte keinen der anderen Götter sehen. Gerade wollte ich lieber meine Harada-Puppe in den Arm nehmen und knuddeln und mich einen großen Idioten schelten.

Als wäre ich wirklich eine Katze, stieg ich Stufe um Stufe der Treppe hoch, um mich im Zimmer Ayanes zu vergraben. Dabei lauschte ich aufmerksam ob mich jemand bemerkt hatte. Zum Glück schien das nicht der Fall zu sein.

Ich öffnete die Tür zu Ayanes Zimmer und konnte nicht glauben, wer darin stand. Wieso er? Wieso von allen anderen er? Zögernd betrat ich das Zimmer und schloss die Tür hinter mir, während er mich ernst fixierte. Mit verschränkten Armen, stand er lässig am Kleiderschrank gelehnt und schien zu warten, dass ich etwas sagte.

„Wenn du mich anschweigst, verstehe ich die Standpauke nicht, die du mir halten willst“, setzte ich schließlich an, denn es war die einzig logische Erklärung, warum Thoth hier warten würde. Schlimmer war ja nur, dass ich scheinbar so durchsichtig für ihn war, dass er genau wusste, dass ich dieses Zimmer wählen würde.

„Derjenige der dir die Standpauke halten wird, ist der Fehlschlag nicht ich“, gab er mir kühl zu verstehen, wobei kurz darauf wieder Schweigen eintrat. Es war ja nicht gerade leicht mit Thoth zu reden, aber nach alledem war es noch ein Stück schwerer, zumal ich mir nicht sicher war, auf welcher Stufe wir nun standen.

„Du weißt schon, dass wenn ich über Takeru reden sollte, du sicher nicht der erstbeste Ansprechpartner dafür wärst. Nachdem wie du ihn angefahren hast.“

In der Tat, hätte ich gerade das Bedürfnis gehabt, über Takeru zu reden, und ja das Bedürfnis war da, dann wäre Thoth sicher meine letzte Wahl gewesen.

„Wenn dir das nicht passt, dann such dir doch einen anderen und leckt euch gegenseitig die Wunden.“

Thoth stieß sich vom Schrank ab und machte sich daran, dass Zimmer zu verlassen. Wie egoistisch von mir... Sicher hatten die anderen auch an den Worten Takerus zu knabbern. Wobei sie es sich nicht so deutlich anmerken lassen würden, wie ich. Dagegen war Thoth mit seiner doch recht kühlen, logischen Haltung ein Segen.

„Warte...“, wisperte ich, als er an mir vorbei ging und griff nach seiner Hand, die ich mit meiner umschloss. Sie war warm. Menschlich warm. Nicht göttlich. Was unterschied uns eigentlich von Göttern?

„Mittlerweile solltest du verstanden haben wo du stehst und wo die anderen...“

Ich nickte auf seine Worte und ließ seine Hand sofort wieder los, als war es das, was er mir mit seinen Worten sagen wollte.

„Glaubst du, das dieser Sturm Susanno-os Schuld ist?“

Ich wagte mich nicht, Thoth anzusehen, hörte aber auch nicht mehr, dass er sich bewegte, weswegen ich einfach aussprach, was ich dachte. In mir war immer noch diese Unsicherheit da, ob dieser Sturm wirklich von Takeru verursacht wurde, oder nicht.

„Wer sollte es sonst sein, wenn nicht dieser unkontrollierbare Fehlschlag?“

Auch wenn Thoth seine Worte als Gegenfrage formulierte, zeigte sie doch deutlich, was er dachte. Er hielt Takeru wirklich für den Verantwortlichen.

„Sein Vater vielleicht... oder etwas anderes... wer weiß... Wissen werden wir das erst, wenn er mit uns reden würde.“

Etwas in mir klammerte daran, dass dieser Sturm nicht Takerus Schuld war. Dass nicht er es gewesen war, wegen dem ich fast ertrunken wäre. Es waren genau dieselben Gedanken, die ich hatte, als ich Hades erklärt hatte, dass sie an ihren Freund glauben müssten. Wenn ich es nicht tat, wer sollte es dann tun?

„Er macht mir nicht den Eindruck, als wollte er reden...“

Ja, den Eindruck machte Takeru wirklich nicht. Und doch... gleichzeitig... ich wusste nicht was es war. Ich schwieg und dachte an den Takeru, den ich aus meinen Erinnerungen hatte. Warum sollte man ihn nicht mehr Takeru nennen? Ich konnte ja verstehen, wenn ich das nicht sollte, aber warum seine Freunde nicht mehr?

„Worüber machst du dir schon wieder so viele Gedanken?“, fragte Thoth plötzlich und ich wagte es doch, den Gott anzusehen.

„Darüber, dass er seinen Namen ablegen will.“

„Namen sind auch nur dazu bestimmt auf einem Grabstein zu enden.“

Missmutig schob ich eine Unterlippe vor. War es das, wie Götter einen Namen sahen? Unterschied uns das von ihnen?

„Nein! Namen sind mehr. Namen sind Verbindungen zu Erinnerungen. Einen Namen ablegen kann soviel mehr bedeuten als nur den Namen nicht mehr zu brauchen. Einen Namen abzulegen, kann eine Botschaft sein, etwas wie „ich brauche dich nicht mehr“ oder „ich bin nicht mehr die, die ich war.“ Doch man lässt damit gleichzeitig so viel mehr zurück. Erinnerungen, Freundschaften, eine Vergangenheit. Für euch Götter mag das ja unbedeutend sein, aber für uns Menschen ist der Name unsere Identität. Anders als ihr Götter leben wir eben nicht ewig, aber der Gedanke, vollständig, ohne Erinnerungen aus dieser Welt zu verschwinden, ohne etwas hinterlassen zu haben, das erfüllt uns mit Angst und Trauer. Das erfüllt mich mit einer Heidenangst.“

Mein Name... Erenya... nein mein Name war ein anderer, einer unter dem ich nicht in Erinnerung bleiben wollte. Aber ich wollte, dass man mich als Erenya in Erinnerung behielt.

„Ich habe das Gefühl, dass Susanno-o etwas zurücklassen will... eine Erinnerung. Gleichzeitig, wäre es diese Erinnerung, würde er auch sich ablehnen. Das macht mir Sorgen... Was würden dann all seine Taten, die er unter diesem Namen getan hat, noch wert sein?“

Was würden unsere Taten noch wert sein, wenn sie nicht mehr unseren Namen trugen? Das war in der Tat eine Frage, die mich beschäftigte. Götter wahrscheinlich dank ihrer Unsterblichkeit nicht so sehr. Sie konnten neue, großartige Taten als Götter vollbringen. Aber der Mensch Takeru, würde das nicht mehr können, wenn Susanno-o diesen Namen wirklich ablegen würde. Verhindern konnte ich das aber nicht. Ich war immerhin ein Mensch und er ein Gott.

„Könntest du das Rätsel auch ohne mich lösen, Thoth?“, fragte ich schließlich und setzte mich auf den Stuhl, der an Ayanes Schreibtisch stand.

Natürlich konnte Thoth das, er war ein Gott.

„Willst du aufgeben?“, fragte Thoth stattdessen und sah mich an. Unsere Blicke trafen sich nicht, denn ich wich ihm aus. Bewusst. Ich konnte ihn nicht ansehen.

„Ich will nach Hause... weg von euch Göttern...“, wisperte ich leise, wobei ein Stich mein Herz durchbohrte.

„Ich sagte dir, dass ich dich nach Hause bringe.“ Das hatte Thoth in der Tat gesagt. Doch warum nicht sofort? Er hatte mich Zeus bereits präsentiert. Er brauchte keinen Beweis mehr, dass etwas im System schief gelaufen war. Er hatte genug Augenzeugen.

„Du könntest mich aber dennoch, jederzeit nach Hause bringen, oder?“, fragte ich hoffnungsvoll. Thoth schwieg aber. Was hatte das zu bedeuten? War er sich selbst unsicher? Hatte Zeus ihm vielleicht erklärt, dass es noch nicht möglich war?

„Bringen wir erst einmal das hier zu Ende und sehen dann weiter“, durchbrach Thoth schließlich die Stille und verließ das Zimmer.

Hieß das nun, er konnte es doch und wollte nur, dass ich beendete was ich angefangen hatte? Oder konnte er es nicht und wollte nur einen Ausrede liefern? Ich war unsicher und wusste nicht einmal, wie ich das hier zu Ende bringen sollte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja irgendwie werde ich gerade voll Philosphisch. Keine Ahnung wieso. Und bitte verzeiht mir das Geständnis meiner Jugendsünde... True Story leider und ich bin nur halb stolz drauf.
Takeru hat mich am meisten runtergezerrt. Wäre Shicchi nicht, hätte er viel böseres gesagt. X'D Danke Shicchi, für die kleine Handbremse. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Granny_Tsunade
2015-09-27T16:25:33+00:00 27.09.2015 18:25
Wohoooo, es ist schon Ewigkeiten her, seitdem ich eine Fanfiction förmlich VERSCHLUNGEN habe. Ich LIEBE deine Geschichte. Sowohl Handlung als auch Charaktere sind unglaublich gut ausgearbeitet und ich freue mich schon tierisch auf das nächste Kapitel. ^^ Aber... Wenn ich mir das letzte Veröffentlichungsdatum anschaue dauert es wohl noch etwas, oder? *seufz*
Antwort von:  Erenya
27.09.2015 19:44
Danke für dein kommi. Ja es dauert noch etwas. Meine göttin arbeitet an ihrem Msp um aufzuholen und gibt mir danach neue Aufgaben. Sobald ich sie habe, setze ich mich dran.
Antwort von:  Granny_Tsunade
30.09.2015 21:10
Wie sagt man so schön? Vorfreude ist die beste Freude. ^^ Bin gespannt, wie es weitergeht...
Von:  DJ-chan
2015-06-18T13:29:39+00:00 18.06.2015 15:29
Oh nein, warum gibt es hier keinen 'nächstes Kapitel'-Button mehr? ;D
Wollt eigentlich von Anfang an kommentieren und bin dann so durch die Geschichte geflogen, dass ich immer voller Vorfreude aufs nächste Kapitel geklickt hab XD
Aber nun ist ja die perfekte Gelegenheit nochmal von vorne anzufangen und diesmal auch Kommis dazulassen :D
Antwort von:  Erenya
18.06.2015 16:40
Le gasp. Schweinerei. Aber schön dich auch hier als treue leserin gewonnen zu haben XD


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