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Touching Tomorrow

von

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25.12.

Hätte man Jodie vorher gefragt, hätte sie gesagt, dass der Abend ein Reinfall werden würde. Sie hatte definitiv nicht das Ziel gehabt sich zu amüsieren. Dennoch war es ein gelungener Abend. Die spontane Dekoration führte sie zurück in ihre Kindheit. Trotzdem fühlte sie keinen Schmerz. Sie erinnerte sich wieder daran, was James alles tat, um ihr ein kleines Lächeln zu entlocken. Er gab so viel für sie auf. Und wie dankte sie es ihm?

Eigentlich hätte sie auch auf Camel sauer sein müssen, da er sie einfach zu James brachte. Aber nachdem sie in die Räumlichkeiten kam, wollte sie Camel nur noch danken. Sie saßen alle am Tisch zusammen. Aßen und tranken. Shu konnte wirklich gut kochen und es war ihr eine Freude gewesen dieses zu den Feierlichkeiten genießen zu können. Im Anschluss gab es Nachtisch – eine leckere Eierlikör-Torte. Jodie konnte sich förmlich in die Torte reinlegen. Und dann war sie perplex als James erklärte, dass die Torte von Akai stammte. Jodie wäre der Bissen fast im Hals stecken geblieben. Nicht nur, dass er kochen konnte, nun war er auch ein Backtalent. Glücklicherweise löste James seinen kleinen Scherz schnell auf und gestand die Torte gekauft zu haben.

Nachdem die Torte endlich in ihrem Magen war, lehnte sie sich nach hinten. Sie konnte sich kaum noch bewegen und war so voll, dass sie das Gefühl bekam, ihr Bauch wäre um einiges angewachsen. Am liebsten hätte sie den Knopf an ihrem Rock aufgemacht und für mindestens eine Stunde geschlafen. So konnte sie unmöglich nach Hause gehen. Selbst das Aufstehen fiel ihr schwer und nur mit Mühe schaffte sie es auf das Sofa. Mehr ging aber auch nicht. Shu, Camel und James schien es ähnlich zu gehen. Camel ließ sich sehr bald auf dem Sofa nieder. Shu trottete mit einer Zigarette in der Hand auf den Balkon und James mühte sich mit dem Geschirr ab. Sie wollte helfen, aber keine zehn Pferde konnten sie von dem Sofa runter kriegen. Erst als James mit der Küche fertig war, hatte Jodie das Gefühl wieder Herrin über ihren Bauch zu sein. Und dann kam er mit Gläsern, Sekt, Saft, Bourbon, Wasser und Keksen zurück ins Wohnzimmer.

„Das ist nicht dein Ernst“, hatte sie gesagt.

James aber lachte nur und stellte alles auf den Tisch. Sie konnten selbst entscheiden ob sie essen wollten oder nicht. Irgendwann griff sie dann doch beherzt zu. Und die Zeit schritt immer weiter voran. Der Abend tat ihr gut. Sie spürte genau das, was sie in jenem Moment brauchte. Sie wollte alleine sein, merkte aber, dass das Zusammensein viel besser war. Schließlich hatten sie sich auch einen Tag der Ruhe verdient. Die Organisation lief ihnen schließlich nicht weg.

Jodie streckte sich. Sie wurde müde und gähnte. Dann warf sie einen Blick auf die Uhr und war überrascht.

3:14 Uhr.

Sie hatten wirklich lange und ausgiebig das Weihnachtsfest gefeiert. „Ich glaube, ich sollte so langsam nach Hause fahren“, sagte sie. Wie konnte sie nur nicht mitbekommen wie spät es war? Selbst Shu war noch da – allerdings alles andere als müde.

Hier machte sich seine lange Observation bemerkbar. Er war nachts wach und schlief am Tag. Kein Wunder, dass er an jenem Abend besser durchhielt.

„Gut“, nickte Camel und stand auf. „Ich fahr dich nach Hause.“

„Ich kann mir auch ein Taxi nehmen. Das ist kein Problem“, entgegnete sie. „Du bist doch bestimmt auch schon müde und möchtest nach Hause.“

„Red keinen Unsinn, Jodie.“ Camel blickte aus dem Augenwinkel zu Akai. Er machte keine Anstalten seine Hilfe anzubieten. „Ich fahr dich nach Hause. Ich hab auch nicht viel getrunken.“

„Camel hat Recht. Du solltest dich von ihm nach Hause fahren lassen“, sprach Shuichi ruhig.

„Ja…also gut“, stimmte sie schließlich zu. „James. Vielen Dank für den schönen Abend.“ Sie umarmte ihren Adoptivvater und lächelte. „Ich weiß zu schätzen, was ihr für mich getan habt.“ Dann sah sie zu Akai. „Danke, dass du auch da warst.“

Akai nickte knapp. „Fahr vorsichtig, Camel und bau keinen Unfall“, mahnte er den Agenten.

„Natürlich nicht“, sagte Camel. Er verabschiedete sich von den anderen und ging mit Jodie runter zu seinem Wagen. „Ich hoffe, du bist mir nicht böse, weil ich dich unter einem Vorwand hier her brachte.“

„Hmm?“ Jodie sah ihn lächelnd an. „Bin ich nicht. Ich fand den Abend wirklich schön. Es tat mir gut. Danke, Camel. Wenn du und die anderen, euch nicht so für mich eingesetzt hättet…wahrscheinlich wäre ich gar nicht erst hier. Es bedeutet mir wirklich viel. Und dann habt ihr an diesem kleinen Fest festgehalten. Ich bin so froh, dass ich Freunde wie euch habe.“ Sie stieg auf der Beifahrerseite ein und legte sich den Sicherheitsgurt an. Erneut musste Jodie gähnen. „Aber fahr auf dem Rückweg bitte keinen so langen Umweg wie auf dem Hinweg. Im Übrigen habe ich da bereits so eine gewisse Ahnung gehabt.“

Camel schmunzelte. „Dabei gab ich mir Mühe damit du es nicht heraus findest. Wobei das schwerste darin lag dich in meinen Wagen zu bekommen.“ Er startete den Motor und fuhr los. „Ich beeil mich, versprochen.“

Jodie nickte. Sie lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe und sah nach draußen. Die Straße war dunkel – bis auf die Laternen nicht beleuchtet. Zwischendurch kamen sie an einigen Schaufenster vorbei. Einige waren mit Lampen beleuchtet, andere nicht. Wären sie nahe der Einkaufszentren, hätte sie mehrere Tannenbäume gesehen. Japan veränderte sich immer mehr und passte sich der westlichen Kultur an. Besonders Kindern machte dieser Teil viel Spaß.

Den Weg hatte Camel schnell hinter sich gebracht. Seiner Meinung nach viel zu schnell. Camel parkte seinen Wagen in der Parklücke und sah zu Jodie. Noch immer lehnte ihr Kopf an der Fensterscheibe, die Augen waren geschlossen, ihr Atem ging regelmäßig. Sie schlief. Camel beobachtete sie eine Weile. Nur ungern wollte er sie wecken, viel lieber sah er ihr zu.

„…Shu…“, wisperte Jodie.

Camel schluckte. Er sah zur Seite und seufzte. Natürlich dachte sie an ihn. Gegen Akai hatte er eben keine Chance und würde sie auch nie haben. Er musste sich damit abfinden, dass Jodie und er nur gute Freunde waren. Wenigstens war ihm das geblieben. Wenn er an ihre erste Begegnung dachte, war es ein Wunder, dass sie doch noch so gut miteinander auskamen. Er hatte Jodies Abneigung intensiv gespürt. Er selbst stand damals in keinem guten Licht. Zuerst war er draußen, telefonierte und log sie an. Anschließend musste er sie mit einem Fausthieb zum Schweigen bringen. Jodie war alles andere als gut auf ihn zu sprechen. Direkt danach musste sie ihn sogar aus einer brenzligen Situation heraus boxen. Als Verdächtiger in einem Mord wurde er schließlich von ihr als FBI Agent geoutet. Allerdings schaffte es Jodie ihn zu überraschen. Sie gab ihn als ihren Freund aus. Und obwohl er sich sicher war, dass die Polizei die Lüge durchschaute, spielte er nur allzu gerne mit. Eine Frau wie Jodie, die ihn als ihren Freund ausgab, beflügelte ihn.

Als Akai starb, war er für sie da. Zuerst weil er das von dem Agenten aufgetragen bekam, dann weil er sie wirklich mochte. Er stand ihr bei und die Suche nach der Wahrheit schweißte Beide zusammen. Sie wurden Freunde. Jodie vertraute ihm und er vertraute ihr. Sie waren ein gut eingespieltes Team. Wenn da nur Akai nicht wäre.

Aber er konnte es Jodie nicht verübeln. Sie kannte ihn schon lange, arbeitete fast täglich mit ihm zusammen und dann war er einfach so weg. Jodie hing an ihm. Und sein Tod änderte an ihren Gefühlen nichts. Sie vermisste ihn, trauerte und verbot sich jede Fröhlichkeit im Leben. Als er wieder da war, bemerkte er die Veränderung in Jodie. Aber es machte ihm nichts aus. Sie war glücklich. Und es war das, was er sich für sie wünschte.

Camel atmete tief durch und rüttelte die Agentin langsam wach. „Jodie“, sprach er leise. „Du musst jetzt aufwachen. Wir sind bei dir zu Hause.“

Verschlafen sah sie zu ihm. „Mhmm? Jetzt schon?“

Camel nickte. „Ja, ich bin ein wenig schneller gefahren“, antwortete er. „Na komm, ich bring dich nach oben und dann kannst du schlafen.“

„Hört sich gut an“, antwortete sie. Jodie entfernte den Sicherheitsgurt und stieg aus dem Wagen. Sie rieb sich über ihre Arme. Die Kälte hatte bereits eingesetzt und in ihren Sachen war es eindeutig zu kühl. Mit Camel hastete sie schon nahezu zu ihrer Wohnung. An der Tür blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. „Danke.“ Dann umarmte sie ihn kurz. „Der Abend war wirklich schon.“ Sie gab ihm einen seichten Kuss auf die Wange. „Gute Nacht, André.“

„Gute Nacht, Jodie“, murmelte der Agent verlegen. Als sie rein ging und die Tür schloss, fuhr er sich sachte über die Wange. Und dann musste er lächeln.
 

***
 

Shuichi saß in einer Bar. Gelangweilt blickte er in sein Glas welches mit Bourbon gefüllt war. Das Eis schmolz langsam dahin. Im Vergleich zu den anderen Tagen – jenen wo er auf der Suche nach einem Informanten war – war es relativ ruhig und leer. Die meisten waren wegen Weihnachten zu Hause. Nur die üblichen Verdächtigen saßen auf ihren Plätzen und tranken. Es waren die, die keine Familie mehr hatten und jene, die nach der Arbeit einfach nur zur Ruhe kommen wollten.

Shuichi sah sich kurz in der Runde um. Mit einigen von ihnen kam er höchstpersönlich in Kontakt, horchte sie aus und benutzte sie als Quelle. Er musste es nur richtig anstellen und ihnen den ein oder anderen Drink ausgeben. Alkohol lockerte ihre Zunge. Und da die Suche nach Informanten stets keine einfache Sache war, musste er sich lange mit allen möglichen Gestalten auseinander setzen. Die Erfolgschance am Ende lag bei 50%. Entweder sie redeten mit einem oder sie taten es nicht. Bei einigen Personen hatte Akai Glück, bei anderen nicht.

Die Bar hatte noch einen anderen Vorteil. Man konnte kommen und gehen wann man wollte und schuldete niemanden Rechenschaft. Außerdem konnte man sich ungehindert mit anderen Personen unterhalten. Sowohl vorne am Tresen als auch in einer dunklen Ecke weiter hinter. Selbst der Barkeeper hatte ein offenes Ohr für einen – falls man reden wollte. Shuichi nahm einen Schluck aus seinem Glas.

„Weihnachten ganz alleine?“

Aus dem Augenwinkel sah er zur Seite. „Du scheinst auch viel Zeit zu haben“, entgegnete er. „Rei.“

„Wie man es nimmt“, antwortete der Blonde.

„Kommen wir doch gleich zur Sache“, fing er an. „Was weißt du über Sayaka Shibungi?“

„Warum sollte ich etwas über diese Frau wissen?“, kam es von ihm. „Aber wenn du mich schon auf sie ansprichst, wird sie etwas mit der Organisation zu tun haben. Ich habe den Fall natürlich in den Medien verfolgt.“

„Natürlich.“

„Anfangs habe ich ihm kein großes Ermessen zugesagt. Was denkst du wie erstaunt ich war, als irgendwann der Name Jodie S. drin stand? Aber mach dir keine Sorgen. Ich habe natürlich nicht geglaubt was geschrieben wurde. Sie als Täterin? Nie im Leben.“

„Was willst du damit sagen?“

„Ach nicht viel. Durch die Ereignisse ist mir natürlich klar geworden, dass sie für die Organisation tätig ist. Sie ist Wodka unterstellt.“

Akai sah in sein Glas. „Warum hast du uns geholfen?“

„Hab ich das?“

„Spiel nicht den Unschuldigen. Durch Geisterhand bin ich ganz bestimmt nicht in den Besitz von Unterlagen gekommen, die Jodies Unschuld beweisen. Du bist ein großes Risiko eingegangen als du sie an meine Scheibenwischer geklemmt hast. Ich dachte, die Organisation beobachtet dich?“

„Wie kommst du ausgerechnet darauf, dass ich derjenige gewesen bin, der dir die Informationen zugespielt hat?“

Akai schmunzelte. „Das sagt mir mein gesunder Menschenverstand. Außerdem weißt du genau, dass es sonst keinen gibt, der mir in dieser Sache helfen würde. Kir steht noch zu sehr unter Beobachtung. Sie wäre das Risiko nie und nimmer eingegangen, zumal sie uns bereits mit Informationen besorgt. Mehr kann man ihr in der momentanen Lage nicht zumuten. Du hingegen hast endlich erkannt, dass wir zusammen arbeiten müssen, wenn wir sie zu Fall bringen wollen.“

Bourbon knurrte leise. Von einer Zusammenarbeit hielt er nicht viel.

„Und du bist jemand, der die ganzen Treffpunkte kennt. Du kannst ganz einfach abwägen wo sie sich treffen werden. Außerdem bist du der einzige, der uns helfen würde ohne gleich eine Gegenleistung zu verlangen.“

„Du meinst Straffreiheit? Du weißt genau wie ich, dass ich diese bereits habe. Ansonsten hätte ich diesen Einsatz nicht gemacht“, sprach er. „Und vielleicht verlange ich auch eine Gegenleistung.“

„Dann sag mir, was du willst.“

„Später. Was hat Jodie eigentlich verbrochen?“

„Hmm?“

„Vermouth hasst sie. Ich würde gerne wissen, woran das liegt.“

„Tja“, begann Akai. „Das musst du deine Partnerin fragen.“

„Werde ich vielleicht machen. Wenn es sonst nichts gibt, kann ich ja wieder gehen.“

„Danke, Furuya“, kam es dem Agenten über die Lippen. „Eine Sache noch. Wie hast du die Beweise gefunden?“

Bourbon grinste. „Das war einfach. Wie du gesagt hast, ich weiß, wo sich die Organisation trifft. Durch einen glücklichen Zufall konnte ich ein Gespräch zwischen Gin und Wodka mit anhören. Dabei ging es um das falsche Video. Du kennst Wodka. Er führt Befehle aus, ist aber sonst dumm wie Brot. Wobei das eine Beleidigung dem Brot gegenüber ist, aber du weißt, worauf ich hinaus will. Sie haben das Video von der Festplatte bei Medipharm extrahiert und neu zusammen geschnitten. Aber das Orginal war noch vorhanden. Wodka hat das Video von der Festplatte gelöscht, aber sich nicht versichert, dass es auch wirklich nicht mehr existiert. Mit ein paar wenigen Klicks konnten die einzelnen Datenpunkte auf der Festplatte wieder hergestellt werden. Ein Lob auf die Techniker. Und die Flugbestätigung habe ich direkt über den Fluganbieter bekommen. Das hätte euch eigentlich auch einfallen können. Aber glaub ja nicht, dass ich das alles wegen dem FBI gemacht habe. Es täte mir um deine Partnerin zwar leid, aber hätte ich keinen Nutzen in der Aktion gesehen, hätte ich nicht gehandelt.“ Amuro tippte auf dem Tresen herum. „Gin und Wodka sind aneinander geraten. Und wenn durch seine Schuld die Beweise auftauchen, kann man die Organisation ein wenig entzweien und sie an der Loyalität zweifeln lassen. Vielleicht kommen sie sogar auf die Idee, dass es noch einen Maulwurf gibt. Wenn sie paranoid werden, vernichten sie sich irgendwann von alleine.“

„Ihr Boss wird sie dann auf Kurs bringen. Oder er ersetzt sie.“

„Möglich. Ich verrate dir sogar noch etwas. Sayaka dachte, dass die Organisation Jodie geschickt hat.“

„Was?“ Shuichi sah ihn entgeistert an.

„Sie wurde von ihnen bedroht und kurz darauf fing die FBI Agentin an in der Firma zu schnüffeln. Sayaka glaubte, dass Jodie ihretwegen da war und inszenierte dann das alles.“

„Woher…?“ Er verengte die Augen.

„Ich hab sie in der Tiefgarage der Firma getroffen als ich mit den Beweisen raus wollte. Wie ist sie euren Agenten eigentlich durch die Linse gerutscht?“

„Was hat sie gesagt?“, zischte er.

„Nicht viel. Zuerst dachte ich, sie wäre auch wegen ihr dort. Sie hat mich mit einem Messer bedroht. Naja…sie hat es versucht, war dann panisch und schrie mich an.“ Er zuckte mit den Schultern. „Hysterische Frau. Aber letzten Endes habe ich mich ihr zu erkennen gegeben und ihr einen Teil der Wahrheit erzählt. Sie war natürlich bestürzt, dass sie einer Unschuldigen einen Mord anhängen wollte. Im Übrigen war der Plan sehr ausgeklügelt. Wusstest du, dass sie sich bereits am Abend zuvor selbst Blut abgezapft und dieses gesammelt hat, nur um anschließend eine Sauerei in der Küche zu hinterlassen? Sie wusste auch, dass sie beobachtet wird und hat eure Wanzen jedes Mal mit einem Störsender ausgestattet, wenn sie nicht wollte, das ihr Gespräche mit anhört.“

„Falls du mir nun unter die Nase reiben willst, dass sie aus dem Haus entkommen ist, spar es dir. Unsere Agenten wurden betäubt und konnten das gar nicht mitbekommen.“

„Wie du willst. Die Organisation wird sich nach dieser Niederlage nicht einfach so geschlagen geben.“

„Sollen sie doch kommen. Sie machen mir keine Angst.“
 

***
 

Shuichi lief über den Friedhof. Die Atmosphäre war angespannt und er hasste Besuche dieser Art. Sie waren für viele Menschen emotional. Für ihn aber nur eine Erinnerung. Eine Erinnerung an seinen Auftrag und daran, wie viele Menschen ihr Leben bereits geben mussten. Es durfte nicht noch mehr Opfer geben.

Akai besuchte zuerst Akemi. Sie war nun seit zwei Jahren tot und es kam ihm so vor, als wäre es erst gestern gewesen. Und dann war da noch ihre SMS. Sie bekräftigte ihn in seinen Taten. Sie war ein Zeichen. Er verharrte einen Moment an dem Grabstein und ging dann weiter. Das zweite Grab war eher klein gehalten und hatte nur ein kleines Holzkreuz. Nur der Vorname war eingraviert.

„Hallo Vater“, sprach Shuichi ruhig. Er wusste, dass die Überreste seines Vaters nicht hier lagen, aber die Familie brauchte damals eine Stelle, wo sie Trost finden konnte. Und so entschied seine Mutter, dass Tsutomu wenigstens den Platz auf dem Friedhof erhielt. In dem kleinen Sarg lagen anschließend verschiedene Erinnerungen: Fotoalbum, Spielzeug der Kinder, der Ehering. Wann immer Shu die Zeit hatte, kam er her. Mit seinem Vater fing alles an. Seine Mörder zu finden, gab ihm Kraft. Er war sein Ansporn.

Jodie wusste von all dem nichts. Generell erzählte er ihr wenig über seine Vergangenheit. Sie hatte aber auch nie nach seinen Beweggründen gefragt und ihn nie nach seiner Familie ausgequetscht. Selbst wenn sie es getan hätte, seine Antwort lautete immer wie folgt: Habe keine.

Es war die sicherste Möglichkeit um den Rest seiner Familie zu schützen. Sein Bruder war gerade erst 15 Jahre alt als er zum FBI ging und seine kleine Schwester noch jünger. Er hatte sie nur wenige Male getroffen.

Wie konnte er die beiden überhaupt in Gefahr bringen? Das konnte er nicht verantworten. Sein Vater hätte es nicht gewollt. Shuichi sah auf das Kreuz und verengte die Augen. Er holte eine Zigarette aus der Jackentasche heraus und zündete sie an. „Wir sind ihnen auf den Fersen“, sagte er dann und verließ das Grab.

Auf seinem Rückweg, sah er auf das Display seines Handys. Die Anrufe ignorierte er – vorerst. Als schließlich eine Kurzmitteilung von Jodie in seinem Posteingang einging, musste er ein wenig lächeln. Sie wollte wissen, wann er zu Hause sein würde. Als stünde sie vor seiner Wohnung und wartete. Wenn sich Jodie etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie keiner davon abbringen. Sie wollte ihren Willen durchsetzen. Und genau das war etwas, was er an ihr mochte. Ihren Dickkopf.



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