Last
Dankbar reichte der Obsthändler König Halberg die Hand und sagte: „Wenn das so weiter geht, könnt Ihr den kompletten Marktplatz ganz alleine aufbauen. Ihr macht das schon besser als die Hälfte der Leute, die ich üblicherweise dafür bezahle.“
Halberg hob den Kopf, senkte ihn jedoch gleich wieder.
Die Sonne stand senkrecht und blendete.
Entschuldigend lächelte er.
„Wer weiß?“, entgegnete er scherzhaft, „Vielleicht könnten einige von ihnen dafür besser regieren?“
Er wandte sich an seine Frau, die ein paar Schritte weiter den Seidenstand begutachtete.
„Was meinst du dazu, Ina? Sollen wir ein paar von ihnen König für einen Tag spielen lassen?“
„Nicht jeder, der zu faul zum Lernen ist, sollte unterrichten.“, gab sie knapp zurück.
Dann fiel ihr Blick auf ihre beiden Kinder, die sich vor dem Obststand herumdrückten.
Prinz Dante und die junge Prinzessin Flora blickten sehnsüchtig auf die knallroten Äpfel.
Die Königin seufzte.
„Wenn euer Speichel auf die Äpfel fällt, müsst ihr sie bezahlen.“, mahnte sie ihre Kinder spielerisch.
Schuldbewusst zuckten die Kinder zusammen und Flora hob überrascht die Hand vor den Mund um sich zu vergewissern, dass ihre Spucke nicht herauslief.
Halberg gab dem Händler ein paar Münzen.
„Jetzt nehmt euch schon ein paar Äpfel.“, wies er seine Kinder an, „Von mir aus auch jeder so viel, wie er tragen kann.“
Das ließen sich die beiden nicht zweimal sagen. Jeder von ihnen griff so viele, wie er oder sie tragen konnte. Triumphierend prahlte Dante mir der großen Menge an Äpfeln, die er auf einmal halten konnte. Es waren etwa vier Äpfel mehr, als Flora schaffte. Mit geröteten Wangen versuchte sie, die Früchte auf ihren Armen so zu stapeln, dass sie die gleiche Menge halten konnte. Dies hatte zur Folge, dass ein Großteil davon zu Boden fiel und kreuz und quer über den Platz kullerte. Sehr zum Amüsement von ihrem Bruder und einigen der umstehenden Leute. Peinlich berührt versuchte sie, die umherrollenden Früchte wieder aufzusammeln. Es erwies sich als schwierig, da schon viele unter die umstehenden Stände gerollt waren.
Die Königin lachte nicht. Sie betrachtete ihre starrköpfige Tochter eine Weile und schnalzte dann missbilligend mit der Zunge.
„Flora, bist du bald fertig mit der Lebensmittelvergeudung? Jetzt kannst du auch gleich alle liegen lassen. Keine Äpfel für dich.“
Mit hängenden Schultern ließ Flora die Früchte wieder in die Kiste zurückpurzeln.
„Ach, Ina, lass sie doch wenigstens einen mitnehmen“, versuchte Halberg seine Frau zu beruhigen.
„Nein, mein Entschluss steht fest. Sie darf keine Äpfel mit nach Hause nehmen.“
„Ist das dein letztes Wort?“
„Allerdings.“
„Gut“, sagte der König und nahm sich zwei Arme voll Äpfel, „Dann trage ich diese eben für sie nach Hause. Dann kannst du ebenfalls welche essen.“
Die Sonne stand bereits höher am Himmel. Ina zückte ein Taschentuch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hitze setzte ihr stets zu.
„Das hattest du von Anfang an geplant“, hielt sie ihrem Gatten vor.
„Wer weiß?“, entgegnete der lächelnd, „Auf jeden Fall haben wir jetzt wieder Äpfel. Die roten magst du doch so gerne, oder?“