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Zeitlose Zerstörung

von

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Sternenhimmel

Ein letztes Mal blies Gin den kalten, dunklen Rauch gegen die Fensterscheibe des Wagens, während seine rechte Hand den Fensterknopf betätigte. Langsam schob sich das Fenster runter und als es auf halber Höhe war, warf Gin den Zigarettenstummel nach draußen. Sofort zog die kalte Luft in den Wagen ein.

„Hast du meinen Hinweis verstanden?“, wollte der schwarz gekleidete Mann von seiner ‚Partnerin‘ wissen.

„Behandel mich nicht wie eine verbal inkompetente, geistig unbewaffnete, bildungsresistente, kognitiv suboptimierte parasitäre Nebenexistenz“, entgegnete Vermouth ruhig, auch wenn ihre Worte hart klangen. „Ich bin nicht dein Schoßhündchen und werd dich nicht wie Wodka anhimmeln.“

Gin verdrehte die Augen. Frauen konnten manchmal wirklich kompliziert sein.

„Unsere Leute sind bereits in den Planetarien. Bevor du gleich weiter fragst; das Andrus Planetarium, Corning Community College Planetarium, Ediwn Hubble Planetarium, Hayden Planetarium, Northeast Bronx Planetarium und Strasenburgh Planetarium sind bereits durchsucht. Unsere Leute begeben sich nun zu dem Suits-Bueche Planetarium, Tupper Planetarium, Vanderbitt Planetarium, Wagner College Planetarium, Whitworth Ferguson Planetarium. Danach geht es weiter mit dem Rose Center for Earth and Space, dem Dreyfuss Planetarium und dem Cradle of Aviation Museum. Zur Sicherheit kümmern sie sich um die Planetarien außerhalb von New York“, erzählte die Schauspielerin.

Gin nickte. „Bereits was gefunden?“

„Noch nicht. Aber die Unterlagen werden nicht auf Dauer verschwunden bleiben. Mich erstaunt es, dass dir Quinlan so bereitwillig den Ort der Unterlagen nannte.“

„Wer sagt, dass er das tat?“, grinste Gin.

„Verstehe. Soll mir Recht sein.“ Vermouth fragte selten weiter nach. Ausnahmen bildeten interessante Geschichten oder wenn sie Gin ärgern wollte. Momentan war beides nicht der Fall.
 

Shuichi hasste Niederlagen wie diese. Schlimm genug, dass die Organisation ihnen oft einen Schritt voraus war und sie keinen von ihnen festsetzen konnten. Nun hatte Gin ihm direkt ins Gesicht gelacht. Akai konnte rein gar nichts tun. Jede Handlung hatte seine Folgen. Handlungen, die sich gegen eine Person richteten, die nun Verdächtiger eines Verbrechens war, konnte ein schlimmeres Nachbeben nach sich ziehen. Auch wenn Akai seinem Gegenüber ins Gesicht schlagen wollte, er musste seine eigenen Wünsche zurück nehmen und sich auf das Rechtssystem verlassen. Dass genau dieses versagte, machte die Situation nicht besser. Das Gegenteil war der Fall.

Nachdenklich fuhr Shu an die Stelle wo das Taxi von Gin geortet wurde. Nach Angabe der Telefonzentrale bewegte es sich eine ganze Weile nicht mehr fort. Ein ungewöhnlicher Stillstand für ein New Yorker Taxi. Es musste was bedeuten, das spürte er. In seinem Inneren regte sich alles. Er würde Hinweise finden. Egal wie klein sie waren.

Akai stellte seinen Wagen ab, als er das andere Auto im Sichtfeld hatte. Vorsorglich zog er seine Waffe und trat langsam auf das Taxi zu. Bereits von Weitem konnte er den leblosen Körper des Fahrers sehen. Auch wenn die Zeit eilte, bewegte er sich nicht schneller.

Am Taxi angekommen, öffnete Akai die Tür und fühlte den Puls. Die Kalte Haut verriet ihm allerdings bereits die Wahrheit. „Verdammt“, kam es aus seinem Mund. Ohne zu Zögern rief er beim NYPD an.

„Akai hier. Verbinden Sie mich mit Robinson.“

„Mr. Akai, das kann ich nicht so einfach machen. Sagen Sie mir, um was es geht und ich sehe, was ich für Sie tun kann“, kam es von der Frau am anderen Ende der Leitung.

„Ich bin vom FBI. Leiten Sie mich weiter.“

„Äh…ja, Sir.“

„Robinson hier“, sprach dieser in den Hörer.

„Hier Akai. Ich brauche genaue Informationen über den Verdächtigen, den Sie vorhin wieder laufen lassen mussten“, sprach Shu.

„Ja, natürlich. Sein Name lautet Ichiro Tanaka. Er ist 38 Jahre alt…“, fing Robinson an.

„Halt, halt, halt. Das will ich nicht wissen“, entgegnete der FBI Agent. „Hat er irgendwas gesagt, als Sie ihn verhaftet haben?“

„Nein…also nicht direkt…ich mein…als ich ihn verhaftet hab, hat er nichts gesagt. Er hat mich nur angestarrt.“ Wie bereits Stunden zuvor lief ihm erneut ein kalter Schauer über den Rücken. „Im Taxi fragte er ob er seinen Anwalt anrufen darf.“

„Hmm…verstehe“, murmelte Akai. „Sagte er noch was? Ich brauch den genauen Wortlaut“, fügte der Agent hinzu.

„Äh ja…lassen Sie mich kurz überlegen“, murmelte Robinson. „Ich möchte meinen Anwalt anrufen.“

Akai überkam das Gefühl seinen Kopf gegen die Wand zuschlagen. Warum musste ihm ein – laut seiner Information – erfahrener Polizist nur solche Kopfschmerzen machen. „Was hat er mit seinem Anwalt besprochen?“

„Er sagte: Ich wurde verhaftet, hol mich raus.“

„Mehr nicht?“

„Hoshi.“

„Hoshi?“

„Ja, mehr auch nicht. Danach hat er aufgelegt und schwieg bis wir beim NYPD waren“, antwortete der Polizist.

„Verstehe. Danke. Ich hab hier einen toten Taxifahrer gefunden. Lassen Sie Ihre Männer so schnell wie möglich kommen und sichern Sie die Spuren.“ Ehe der FBI Agent auflegte, gab er den derzeitigen Standort durch.

„Gefunden…“, murmelte Robinson. So konnte man es auch ausdrücken. Manchmal fand das FBI zu viele Leichen. Und natürlich fielen Sie den Agenten einfach so vor die Füße.
 

Shuichi ging zurück zu seinem Auto, stieg ein und fuhr los. „Hoshi…hoshi…“, das Wort ließ ihn nicht los.

Hoshi bedeutete übersetzt der Stern. Während der Fahrt überlegte der FBI Agent. „Stern“, gab er leise von sich. „Stern…Sternenhimmel…Planetarium…“ Ein Grinsen umspielte sein Gesicht. Schnell holte er das Handy aus seiner Jackentasche und rief bei seinem Vorgesetzten an.
 

Frisch geduscht, nur mit einem Handtuch bekleidet, setzte sich Gin auf das Bett in seinem Hotelzimmer. Die Organisation wechselte oft ihren Standort. Heute hier, morgen dort.

Mit einem kühlen Blick fixierte er die Zigarettenschachtel. Vermouth räkelte sich im Bett. Kurz ließ sich Gin ablenken und sah zu der blonden Schauspielerin. Sofort beugte sie sich hervor und zog die Zigarette aus der Schachtel. Mit einem Ende im Mund hielt sie ihm diese vors Gesicht. „Anzünden.“

„Schnorrerin.“

„Du hast mich schon Schlimmer bezeichnet“, entgegnete sie. Kaum war die Zigaretten angezündet, nahm sie einen tiefen Zug und stieß den Rauch auch wieder aus. Anschließend griff sie nach ihrem Handy.

„Irgendwelche Nachrichten?“, wollte Gin wissen.

„Keine Guten. Die Unterlagen wurden in keinem Planetarium gefunden.“

„Sie werden nicht vom Erdboden verschwunden sein“, warf das Organisationsmitglied ein. „Wurde alles durchsucht?“

„Wurde es. Alle Planetarien wurden regelrecht verwüstet und angezündet. Wahrscheinlich stehen die Anschläge bereits in der Zeitung“, entgegnete Vermouth. „Selbst wenn, mir egal. Solange man uns nicht damit in Verbindung bringt, können wir die Unterlagen weiter suchen. Und wenn sie sich in einem abgebrannten Planetarium befinden, kann uns das nur zu Gute kommen.“

„Wann kriegst du sie?“

„Hm?“

„Die Zeitung.“

Vermouth seufzte. Mit der linken Hand griff sie nach dem Hörer des Hoteltelefons und wählte die Nummer der Rezeption. Anschließend ahmte sie Gins Stimme nach. „Die heutige Zeitung, bitte.“

Gin verdrehte die Augen nachdem sie auflegte.

„Jetzt guck nicht wie so ein Schaf“, kicherte die Schauspielerin. „Sag mir lieber, wie du darauf gekommen bist, dass sich die Unterlagen in einem Planetarium befinden.“

„Quinlan wollte partout nicht sagen wo er die Unterlagen über uns gebunkert hat. Es sei seine Absicherung damit wir ihm nichts tun und wollte sein Geld haben, ehe er uns den Aufenthaltsort mitteilt“, erzählte Gin ruhig. „Als ob wir uns darauf einlassen. Würde er uns gut genug kennen, hätte er das gewusst.“

„Tja…deswegen war er auch nur kurz bei uns und wurde wieder beseitigt“, fügte die Blondinne hinzu. „Also hast du, als er dir den Aufenthaltsort nicht sagen wollte, einfach abgedrückt.“

Gin nickte. „Im Sterben sagte er nur noch: die Sterne werden eure Geheimnisse enthüllen.“

„Die Sterne also“, wisperte sie. Langsam stieg sie aus dem Bett und zog sich ihre Sachen vom Vorabend an. „Scheinbar waren die New Yorker Planetarien nicht unser Ziel.“

„Unsere Leute hier finden es noch heraus.“

„Wird nur nicht so leicht werden, wenn du bedenkst, dass man von jedem Dach eines Gebäudes die Sterne nachts erblicken kann.“ Mit einem Haarband steckte sich die Schauspielerin die Haare hoch. Als es schließlich an der Tür klopfte, öffnete sie diese und fand die Zeitung auf dem Boden liegen. Das Hotel hatte sie extra ausgesucht. Es bot genug Privatsphäre und die Mitarbeiter hatten nie das Bedürfnis ihren Gästen bei jeder Kleinigkeit gegenüber zustehen. „Hier, die Zeitung“, Vermouth warf sie Gin zu. „Irgendwas Interessantes?“

Gin blätterte die Zeitung durch. Es stand der übliche Mist darin. Darunter befand sich ein großer Artikel über die Brände des Planetariums. „Hmm…die Brände sind in aller Munde. Sie haben es als terroristische Anschläge abgestempelt und wollten weitere Untersuchungen einleiten.“

„Nur werden sie nichts finden“, gab Vermouth von sich.

„Das tut mir aber leid“, sprach der Mann in Schwarz gehässig. „Artikel über unsere Organisation gibt es keine.“ Das konnte Gin bereits beim ersten Überfliegen der Artikel-Überschriften erkennen. Sollten die Informationen freiliegen, hätte sich die Presse längst darauf gestürzt. Aber so war alles in trockenen Tüchern. „Ein Artikel über unseren Quinlan.“

„Was steht drin?“

„Bla bla bla….bla bla…bla…bla…interessant.“

„Hm?“

„…bevor Ronald Quinlan ermordet wurde, spendete er dem Metropolitan Museum of Art ein Gemälde, welches den Titel: Sternenhimmel trägt. Bla bla bla…und bla…“

Vermouth grinste. „Ich würde sagen, wir haben unsere Sterne gefunden.“
 

Akia machte in der Nacht kaum ein Auge zu. Auch ihm war die Bedeutung der Sterne schnell klar geworden und er zog schnell die Assoziation zu den Planetarien. Viele FBI Agenten wurden zu den einzelnen Orten geschickt, kamen allerdings zu spät. Die Ereignisse überschlugen sich. Schnell wurden die Brände bekannt, aber nicht ihre wahren Hintergründe.

Mit einem Kaffee in der Hand und einer Zigarette im Mund überflog Shuichi Akai die Zeitungsartikel und auch sein Blick blieb bei dem Artikel über Quinlan haften. Als der FBI Agent die Zusammenhänge begriff, stürmte er aus dem Raum, zu seinem Auto und fuhr zum Museum.
 

Die Straße war bereits belagert. Überall waren Polizisten, Reporter und Autos, deren Blaulichter noch an waren. Je schneller die Minuten verstrichen, desto schneller wuchs die Menschenmenge. Sie alle wollten wissen, was los war. Alle waren interessiert und empört.

Akai rollte mit seinem Auto neben dem Gehweg und steuerte einen Polizisten an. Durch die Autoscheibe konnte dieser den finsteren Blick des FBI Agenten erkennen. Eine unheilvolle Atmosphäre lag zwischen Beiden. Gebannt sah der Mann in der Polizeiuniform den Fahrer an. Erst durch das Herunterkurbeln des Fensters wurde dieser aus seiner Trance gerissen.

„Tut mir leid, ich darf keinen durchlassen“, sprach er.

„Schon gut, ich will noch nicht rein“, antwortete Akai ruhig.

„Eh…“

„Akai, ich bin vom FBI“, Shuichi zückte schnell seinen Ausweis und ließ ihn ebenso schnell wieder verschwinden. „Was ist hier passiert?“

„Das Museum bekam das Bild ‚Sternenhimmel´ gespendet. Es wurde in einem separatem Teil des Gebäudes gelagert und sollte dort demnächst restauriert werden, ehe es ausgestellt werden sollte.“

„Restauriert?“

„Scheinbar war der Rahmen defekt und der Museumsleiter wollte ihn austauschen“, antwortete der Polizist. „Nur leider wurde das Gemälde heute Vormittag, noch ehe das Museum öffnete, gestohlen.“

„Keiner hat was gesehen?“

„Die Zeugen werden noch befragt.“

„Danke.“

Akai kurbelte das Fenster wieder hoch und biss sich auf die Unterlippe. Sie waren vor ihm dort gewesen. Und egal was Quinlan mit der Organisation zu schaffen hatte, es befand sich nun in ihren Händen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kupoviech
2015-11-10T10:28:23+00:00 10.11.2015 11:28
Das Kapitel schreit nach einer Fortsetzung.
Ich finde du beschreibst Akai einfach nur klasse. Diese sarkastische Ader von ihm kommt immer wieder super zur Geltung und ich muss jedes Mal schmunzeln.
Das Thema Sternenhimmel hast du auch gut unter gebracht, wenn ich mir auch zuerst schon dachte bitte nicht das typische Planetarium, dann hast du mich aber mit dem Gemälde überrascht. Sehr gut.
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel.


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