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Dragon Age: Origins

Bestimmung
von

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Nächtliche Schrecken

Eilig lief ich den langen Gang entlang, angetrieben von meinem knurrenden Magen. Einige wenige Elfendiener sahen mich verstohlen an, blickten dann aber mit größtem Interesse Zevran hinterher. Besonders die weiblichen.

Ich seufzte einmal leise. „Niemals würde ich freiwillig eine Dienerin sein. Diesen verdammten Adligen alles hinterher putzen und ihnen jeden ihrer noch so dämlichen Wünsche zu erfüllen. Niemals!“

Ein kurzes Lachen von Zev folgte. „Nicht? Denkst du etwa, es ist besser, in der Gosse zu verenden, wie die meisten aus deinem Gesindeviertel?“

Entrüstet schielte ich zu ihm und grummelte. „Nur die Alten und Schwachen erwischt es. Normalerweise stirbt niemand so schnell im Gesindeviertel. Außer er ist allein, arm, verkrüppelt und hat kein Dach über dem Kopf“

„Was etwa auf fast jeden Elf dort zutrifft“, beendete Zevran meinen Satz und ließ mich beleidigt nach Luft schnappen. Woher will er das denn wissen? Gelebt hat er doch noch nie da! Wir Stadtelfen sind ziemlich hart im Nehmen, wenn es ums pure Überleben geht. Allerdings sind die wenigsten bereit, dafür bis zum Äußersten zu gehen.

Der Rest landet bei irgendwelchen Adligen, um diese zu bedienen. Nichts für mich, auch wenn Vater darauf schwor, dass es keine bessere Arbeit gibt.
 

„Kallian“, rief Leliana freudig, als sie unten an der Treppe wartete und mich lächelnd ansah. Sofort beschleunigte ich meine Schritte und war kurz darauf grinsend bei ihr angekommen. „Da sind wir. Haben wir das Abendessen schon verpasst?“

Die Bardin schüttelte sachte ihren Kopf und blickte dann nochmals zu Zevran. „Nein, das Essen wird gerade aufgetafelt. Sogar Königin Anora wird kommen, habe ich von Alistair gehört.“

Sieh an… ihre hoheitliche Verräterin will ich also auch kommen, um mit uns festlich zu dinnieren? Jeder Bissen soll ihr im Halse stecken bleiben!

„Dann lasst sie nicht warten“, sprach ich angesäuert und ging bereits weiter Richtung Speisesaal. Ich hatte die Hand zu einer Faust geballt und sah mich nach der Königin um. Doch nirgendwo war sie zu sehen.

Aber immerhin sah das Essen wirklich lecker aus! Hasenbraten, Preiselbeeren, Suppen, Hühnerbein und einige Köstlichkeiten mehr. Augenblicklich lief mir das Wasser im Munde zusammen und ich setzte mich hastig neben Alistair, der bereits dasaß und gedankenversunken in sein Glas blickte.

„Hey, Alistair. Weißt du, wann wir zuletzt so gut gegessen haben?“

Er erwachte aus seinen Gedankengängen und sah mich fragend an. „Was?“

Skeptisch schielte ich zu ihm und legte leicht den Kopf schief, um ihn zu mustern. Irgendwie sah Alistair so grüblerisch aus. Das passt doch gar nicht zu ihm. „Was ist los?“, fragte ich daher sofort.

Ein leises Seufzen folgte, ehe der Blonde sich nachdenklich über seine Nasenwurzel strich und die Augen schloss. „Ich… ach, vergiss es“

Ich rutschte näher an ihn heran und blickte ihn unerschrocken an, was Alistair wiederrum unsicher zurück blicken ließ. „Nun sag schon. Du mit mir über alles reden, wir sind doch Freunde“

Er lächelte entwaffnend und blickte dann wieder in sein Glas. „Das weiß ich… vielleicht wäre ein guter Rat von einem Freund jetzt genau das Richtige“

Sofort nickte ich zustimmend und nahm einen Schluck aus meinem Glas. „Natürlich ist es das. Ich werde dir meine ehrliche Meinung dazu geben“

Am Rande bekam ich mit, wie sich Zevran neben mich setzte und anscheinend unser Gespräch belauschte. Doch er zeigte kein großes Interesse daran, sich einzumischen.

Alistair blickte kurz skeptisch zu Zevran, dann fing er zögerlich an zu sprechen. „Arl Eamon will, dass ich König werde. Aber… wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht, ob ich das wirklich will. All diese Verantwortung, das ist zu viel… mir war es schon zu viel, die Führung der Grauen Wächter zu übernehmen.“

Ich hörte seinen schweren Seufzer, als er sich beinahe die Haare raufte und unentschlossen auf seinen leeren Teller starrte.

Kurz ich mich nochmals um, doch von der Königin war nichts zu sehen. Dann griff ich Alistairs Hand, welche nun angefangen hatte, unruhig mit dem Besteck zu spielen.

Sein Blick traf meinen, als ich ihn angrinste. „Alistair. Du wirst der beste König überhaupt werden. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich die Führung unserer Gruppe immer tatenlos durchsetze. Wie oft wären wir beinahe gestorben oder hätten uns gegenseitig verloren? Ganz abgesehen von meiner mangelnden Überzeugungkraft, mit der wir uns aber nichts desto trotz immer wieder retten konnten. Es ist also keine Frage des Könnens, sondern des Willens. Oder so ähnlich“

Ich machte eine künstlerische Pause, was Oghren mit einem lauten Schlürfen seines Bieres untermauerte. „Was ich damit sagen will: Du musst den Willen dazu aufbringen… und ich werde dich dabei unterstützen, so wie du mich die ganze Zeit unterstützt hast. Und dann wird Ferelden auch nicht untergehen. Wäre ja auch noch schöner, nachdem wir unsere Heimat vor dieser verdammten Dunklen Brut verteidigt haben!“

Alistair sah mich gebannt an. „Meinst du das ernst? Du hilfst mir?“ Ich grinste ihn an, schaute dann aber zu Elissa, die nun den Speisesaal betrat. Sie hatte ein wunderschönes fliederfarbenes Kleid an und ihre Haare elegant hochgesteckt. Lächelnd lief sie zu Alistair, kaum dass sie ihn erblickt hatte.

„Und außerdem… wirst du bestimmt nicht allein regieren. Du hast jemanden an deiner Seite. Ist doch viel wert, oder?“

Etwas verwirrt schaute mich der Blonde an, sah dann aber zu Elissa, die hinter ihm stand und ihre Hände auf seine Schulter legte. „Worüber habt ihr beiden euch denn unterhaltet?“, fragte sie neugierig, als ihr Blick auf meine Hand fiel, die immer noch auf Alistairs lag.

Rasch zog ich sie zurück und blickte über die große Tafel. „Das Essen, wir beide wissen gar nicht, mit was wir beginnen sollen“, sprach ich amüsiert. Alistair nickte schnell, doch Elissa sah keineswegs überzeugt aus.

Zu meiner Überraschung meldete sich plötzlich Zevran zu Wort und sah charmant lächelnd zu Elissa auf. „Ah, Lady Cousland, ihr werdet auch von Tag zu Tag schöner. Ihr solltet Euer bezauberndes Antlitz nicht mit einem so düster wirkenden Gesicht verunstalten“

Das junge Mädchen sah perplex zu dem Elf und bekam augenblicklich rote Wangen. „Eh…ich…“

Ungläubig schielte ich zu Zevran, der nach wie vor charmant zu Elissa blickte. Hastig setzte sich das blonde Mädchen neben Alistair und sah verlegen auf den Tisch.

„Was sollte das denn?“, zischte ich, doch der Elf zuckte nur gelassen mit den Schultern. „Die Situation retten. Es sah doch wirklich so aus, als hättest du mit Alistair Liebesgeflüster gehabt.“

Entrüstet sah ich drein. „Also wirklich, deswegen schmeichelst du ihr?“

„Um sie abzulenken, ja. Eine Kleinigkeit für mich“, meinte Zevran gelassen und lehnte sich zurück.

Liebesgeflüster? Pah, das ist ja lächerlich! Es war nichts weiter als ein Versprechen an Alistair. Kurz schaute ich zu ihm. Er unterhielt sich mit Elissa. Und dabei machte er den Eindruck, nun deutlich entspannter zu sein als zuvor.

Zufrieden lächelte ich und lehnte mich ebenfalls zurück.
 

„Königin Anora!“, rief plötzlich einer der Diener und verbeugte sich tief. Meine Gefährten, die sich bereits am Tisch eingefunden hatten und ich erhoben sich und schauten nun gebannt auf Anora, die elegant den Speisesaal betrat. Dicht gefolgt von ihrer Elfendienerin Erlina.

Mein Blick fiel missbilligend auf beide. Dieses Adelspack, samt heuchlerischer Sippschaft. Arl Eamon folgte kurz darauf der Königin und bot ihr einen Stuhl an. Sie nahm grazil Platz, danach konnten wir uns wieder setzen.

Frustriert sah ich auf meinen Teller, als Arl Eamon anfing zu sprechen. Über das Landthing, über Loghain und die nahende Verderbnis und unsere sichere Rückkehr aus Fort Drakon, Bla Bla – als ob ich das nicht schon längst alles wüsste, verdammt!

„Wir haben für Eure sichere Rückkehr gebetet, Wächter“, fügte Anora hinzu.

Ich schaute die Königin gelassen an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe gesehen, wie sehr ihr unsere Rettung geschätzt habt, Eure Hoheit“

Die letzten zwei Wörter spuckte ich ihr regelrecht vor die Füße.

„Kallian“, versuchte Alistair mich zu beschwichtigen und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Tut mir leid, ich bin manchmal ziemlich nachtragend und dann kann ich mein Mundwerk nicht im Zaum halten“, sprach ich mit einem süßen Lächeln. Anora nickte unbestimmt.

„Wie viel Zeit haben wir, Loghain aufzuhalten?“, fragte Fergus an den Arl gewandt, doch es war Anora, die antwortete: „Sehr wenig. Wir müssen zusammen arbeiten und zwar schnell. Mein Vater ist wahnsinnig geworden. Erst glaubte ich es nicht, aber sein Verfolgungswahn macht ihn jeder Vernunft unzugänglich. Er betrachtete mich als Bedrohung, aber jetzt erzählt er den Adligen sicher, ihr wärt gefährliche Mörder, die mich entführt hätten und kontrollieren. Vielleicht glaubt er sogar wirklich daran.“

„Kann er ohne Euch den Thron besteigen?“, fragte ich sofort die wichtigste Frage. Wenn das passieren würde, wäre es um Ferelden geschehen.

Anora schien unentschlossen. „Vielleicht. Es wird sicher schwieriger, aber wenn er die Grauen Wächter zum Feind erklärt, werden viele ihm glauben. Er ist eine Legende.“

„Stimmt“, warf Eamon ein. „Unsere Position im Landthing ist eher schwach, und diese Sache hilft uns nicht weiter.“

Ich nahm einen Schluck Wein und sah grimmig drein. War ja nichts Neues, das wir mal wieder nichts haben.

„Wir haben den Sohn von einem Bann aus Howes Kerker befreit, er versprach uns seine Unterstützung“, fiel mir auf einmal ein. Eamons Miene erhellte sich ein wenig.

„Aber Ihr braucht weitere Argumente für das Landthing“, mischte Anora sich erneut ein. „Und da kann ich behilflich sein.“

„Ihr?“, fragte ich spitz, doch sie schien meine Frage zu überhören.

„Ihr braucht die Beweise für das Landthing, aber Ihr braucht auch einen stärkeren Kandidaten für den Thron. Ihr braucht mich.“

Hah, ich wusste doch das es darauf rauskommt! Amüsiert grinste ich die blonde Frau an. „Klingt eher so, als ob Ihr uns bräuchtet“, fiel ich ihr ins Wort und funkelte sie belustigt an.

Anora baute sich etwas mehr vor mir auf und erwiderte meinen Blick um eine Spur kälter. „Alistair ist sicher fügsam genug und auch ehrbar, aber trotz seines Blutes ist er kein König. Und das sehe nicht nur ich.“ Sie warf Alistair einen leicht missbilligenden Blick zu, während ich anfing, mit meinem Messer zu spielen. Ich müsste nur richtig treffen…

„Und außerdem ist Alistair ein Grauer Wächter. Es sieht so aus, als wolltet Ihr entgegen Eurer Behauptung einen Grauen Wächter auf den Thron setzen. Ich bin eine neutrale Partei – und ich bin bereits Königin.“

„Wir wollen keinen Grauen Wächter auf den Thron setzen. Nur den rechtmäßigen Erben der Theirin-Blutlinie!“, fauchte ich sie nun an und rammte mein Messer mit der Spitze in den Tisch, der daraufhin gepeinigt knirschte.

Selbst Eamon sprach dazwischen: „Anora, Ich seid zwar Cailans Witwe, aber…“

„Ich bin die Tochter von Fereldens größtem General. Wer hat denn das Land in den letzten fünf Jahren regiert? Etwa Cailan?“

Kurz leckte ich mir über die Lippen und musterte das Miststück. Selbst im Gesindeviertel war bekannt, das Cailan nicht unbedingt gerne regierte. Er war so gut wie nie am Hofe anzutreffen, sondern reiste viel umher.

„Dieses Land braucht mich, keinen König ohne Erfahrung, der den Thron zudem gar nicht will. Ich kann Euch helfen, meinen Vater aufzuhalten“, ergänzte Anora ihre würdevolle Rede, bei der mir immer schlechter wurde. Sofort nahm ich einen großen Schluck aus meinem Weinglas.

„Überlegt Euch meine Worte! Ich gehe jetzt auf mein Zimmer. Wächter, wenn Ihr kurz Zeit hättet, würde ich Euch gerne unter vier Augen sprechen“, sagte sie plötzlich an mich gewandt. Ihre blauen Augen zeigten für einen kurzen Moment einen tückischen Glanz, dann erhob sie sich und verließ das Zimmer. Ihre Elfendienerin folgte ihr sofort.
 

Ich atmete tief aus und zwang mich ihr nicht etwas Böses nachzurufen. Was wollte diese eingebildete Schnepfe nur von mir?
 

Es war Arl Eamon, der zuerst sprach, sobald Anora das Zimmer verlassen hatte. „Nun, sie ist ziemlich… lebhaft, nicht wahr? Ich weiß noch, wie Loghain sie nach Denerim brachte, damit sie Cailan kennen lernt.“ Ich sah ihn prüfend an. Der Arl sprach über sie, als wäre sie ein kleines bockiges, aber doch liebenswertes Kind. Sie ist und bleibt ein Satansbraten. Ende.

„Stimmt es, was sie sagte? Dass sie Ferelden die letzten Jahre regiert hat?“, fragte Elissa vorsichtig.

Eamon seufzte, bevor er antwortete. „Der arme Cailan war ein guter Junge, aber Anora war ihm immer zwei Schritte voraus. Ein Augenaufschlag und er folgte ihr aufs Wort. Ich kann nicht anders, aber ich habe das Gefühl, dass sie Ärger bedeutet. Und es ist leider nicht der einzige, der uns erwartet.“

„Warum glaubt Ihr das?“, wollte Leliana wissen.

Ich kannte die Antwort, wollte allerdings sehen, ob ich richtig lag, was den Arl anging.

Seine abgespannten, faltigen Züge verhärteten sich und der politische Stratege kam zum Vorschein. „Das Bündnis kommt ihr gelegen - momentan kämpfen wir vereint gegen Loghain. Seid vorsichtig, wie weit Ihr ihr vertraut. Ich glaube keine Sekunde, dass Anora ihre Macht einfach so aufgeben wird. Dennoch habe ich sie lieber hier und kann sie beobachten, als das sie aktiv für Loghain arbeitet.“

„Aber planen wir denn nicht, sie zu entthronen?“, fragte ich.

„Anora hat Cailans Land fähig verwaltet, aber in ihr fließt kein Tropfen königliches Blut. Wir haben nicht jahrelang gegen die Orlesianer gekämpft, um die königliche Linie binnen einer Generation aufzugeben. Nicht solange noch ein Sohn dieser Linie lebt.“
 

Genau das habe ich mir das letzte Jahr während unserer Reise durch Ferelden auch immer wieder gesagt. Es wäre an Alistair, das Land zu einen.
 

„Aber… ich weiß überhaupt nichts darüber, was es heißt, König zu sein“, mischte Alistair sich endlich ein. „Was erzählst du da für einen Unsinn?“, stieß ich entrüstet aus.

„Du hast Unrecht, Alistair. Einige Monate Erfahrung und du wirst ein wunderbarer König sein. Du weißt, wie man Truppen anführt und sein Land verteidigt. Du kannst für die Gerechtigkeit kämpfen. Du hast Mitgefühl für die weniger Glücklichen und vertraust dem Erbauer, dir zu helfen richtig und falsch zu unterscheiden. Und du weißt, bei wem man um Hilfe ersucht, sollte all das nicht reichen. Du wirst es schaffen.“

Musternd blickte ich abwechselnd Alistair und Eamon an.

„Danke“, sagte Alistair ernst.

Der Arl nickte bloß, bevor er sich an mich wandte. „Kallian, darf ich vorschlagen, dass Ihr mit Anora sprecht? Sie ist entweder eine mächtige Verbündete oder eine mächtige Feindin. Wir sollten bald wissen, was von beidem.“

„Einverstanden“, meinte ich knapp und trank mein Glas nun leer.

Der Arl nickte und bat uns nun, zu essen. Obwohl es köstlich roch und es noch viel köstlicher schmeckte, bekam ich kaum ein Bissen herunter.

Diese doofe Ziege hat mir den Appetit genommen!

Frustriert ließ ich mir nochmals mein Glas einschenken und kaute grimmig auf meinem fast schon abgenagten Knochen herum.

Was würde sie von mir wollen? Irgendetwas, wobei sie meine Hilfe brauchte, das stand fest. Und höchstwahrscheinlich hat es etwas mit Alistair zu tun.

Verärgert erhob ich mich nun ruckartig und trank mein Glas in einem Zug leer. Die anderen blickten mich fragend an, als ich meinen Stuhl ordentlich an den Tisch heran schob. „Ich gehe jetzt zu Anora… wir sehen uns morgen früh wieder“, sprach ich freudlos und ging aus dem Speiseaal.
 

„Dann Gute Nacht und bis Morgen!“, riefen einige, doch meine Gedanken kreisten erneut um diese Ziege. Das würde bestimmt in einem kleinen Desaster enden, ich sehe es schon.

Zögerlich klopfte ich an die Tür, als ich vor Anoras Gästezimmer zum Stehen kam. Ein leises „Herein“ ertönte und ich öffnete die Tür. Die Königin saß vor ihrem Frisierspiegel, während Erlina ihr goldblondes Haar kämmte und neu hochsteckte.

„Gut, dass Ihr kommt, Wächter“, begrüßte sie mich, ohne mich auch nur anzusehen. Unaufgefordert setzte ich mich in einen ihrer Sessel am Kamin und beobachtete die Reflektion von Anoras Gesicht im Spiegel.

„Was wollt Ihr von mir?“, fragte ich ein wenig bissig.

Nachdem Erlina fertig war, drehte Anora sich zu mir um und sah mich ernst an. „Zuerst möchte ich Euch meinen Dank aussprechen, dass Ihr mich gerettet habt und dass es mir Leid tut. Ich habe gehört, was mit Howes Gefangenen in Fort Drakon passiert.“

„Ich brauche Euer Mitleid nicht und noch viel weniger Euren Dank. Ich habe es nicht für Euch getan, sondern weil Arl Eamon mich darum gebeten hat“, erwiderte ich gereizt.

Für einen kurzen Moment schien Anora nicht genau zu wissen, was sie sagen sollte, doch sofort hatte sie sich wieder gefangen.

„Wie dem auch sei. Was Howe getan hat, war schrecklich. Und es ist nur rechtens, dass er durch Eure Hand starb. Ich will ganz offen sein, Kallian. Eure Stimme wird künftig beträchtliches Gewicht haben. Arl Eamon vertraut Euch und das aus gutem Grund. Meinem Vater muss Einhalt geboten werden, aber danach braucht Ferelden einen neuen Herrscher.“

Interessiert blickte ich sie an und lehnte mich zurück. Immerhin darin waren wir uns einig.

„Eurem Vater muss Einhalt geboten werden, in der Tat“, bestätigte ich sie.

Ich spürte Anoras Blick auf mir ruhen, als ich kurz auf meine Hände sah.

Sie stand auf und setzte sich mir gegenüber. „Mir ist klar, dass mein Verhalten in Howes Anwesen kein gutes Licht auf mich wirft. Dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen, in der Hoffnung auf einen Neuanfang.“

Sie bot mir ihre weiße, schlanke Hand an.
 

Ich starrte drauf. Unfassbar. Einfach unfassbar! Die Königin reicht mir tatsächlich die Hand. Erst treffe ich den König und ein knappes Jahr später sogar die Königin.

Shianni würde mir das niemals glauben.

Ich entschloss mich dazu, ihr eine Chance zu geben und ergriff ihre Hand. Immerhin war ich begierig darauf zu hören, was sie mir nun anbietet.
 

„Reden wir nicht lange um den heißen Brei. Ihr wolltet mit mir reden“, erinnerte ich sie wieder an den eigentlichen Grund ihrer Unterhaltung.

„Ihr wisst genauso wie ich, dass mein Vater zu weit gegangen ist. Seine Liebe für dieses Land verschleiert ihm den Blick dafür, was richtig und falsch ist. Zuerst dachte ich, er würde wissen, was er tut, doch nun weiß ich es besser. Er muss aufgehalten werden. Die Verderbnis muss aufgehalten werden, doch solange mein Vater das Land entzweit, wird Ferelden keine Chance haben“, sagte Anora eindringlich, während ihre Finger sich gegenseitig kneteten.

„Es gibt drei Möglichkeiten. Entweder das Land fällt meinem Vater zu. Ich denke, wir beide mögen uns kaum vorstellen, was dann passiert. Oder Alistair wird König. Bei allem Respekt, doch ich kann mir kaum vorstellen, ob dadurch irgendetwas gewonnen wäre.“

Ich wollte etwas erwidern, doch Anora kam mir zuvor.

„Versteht mich nicht falsch! Alistair mag ein barmherziger Mann sein, ein fantastischer Kämpfer, doch einen König zeichnen andere Qualitäten aus. Zumal er selbst keinen Wert auf diesen Titel legt.“

Skeptisch schaute ich wieder zu ihr und strich mir eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht. Worauf will sie jetzt genau hinaus?

„Die dritte Möglichkeit wäre, dass Ihr mir Eure Stimme im Landthing gebt. Ich werde Euch helfen, gegen meinen Vater vorzugehen. Mit meiner Hilfe wird das Land vereint gegen die Dunkle Brut kämpfen.“
 

Verstehe… wie absehbar. Ich hatte es geahnt. Dieses politische Spielchen kannte ich mittlerweile nur zu gut. Aber wenn hier ein Spiel aus Intrigen gespielt wird, will ich mitmachen. Und zwar nur zu gerne.
 

Lächelnd blickte ich nun die Königin an und erhob mich. „Abgemacht, Eure Majestät.“

Sie sah mich beinahe ungläubig an, doch ich erwiderte ihren Blick felsenfest.

„Stellt Euch öffentlich gegen Loghain und Ihr bekommt meine Stimme“

Sie erhob sich nun ebenfalls, sah mich kurz forschend an… erwiderte dann aber schließlich mein Lächeln verhalten. „Ich wusste, mit Euch kann man vernünftig reden. Dann werden wir Morgen im Landthing alles zu Ende bringen“

„Oh ja, alles“, sprach ich leise, verbeugte mich kurz. Dann drehte ich mich um und ging wieder Richtung Tür. „Eine angenehme Nacht, Eure Hoheit“
 

Inzwischen war es dunkel geworden und nur die Fackeln erleuchteten den dunklen Gang. Langsam ging ich wieder zurück in mein Gästezimmer und konnte mir ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.

Anora wird morgen bestimmt ganz fürchterlich traurig sein, wenn sie nicht mehr auf ihren Thron kann. Zwar habe ich gesagt, dass sie meine Stimme bekommt, aber nicht zu welchem Zweck. Ich werde diesen anderen aufgeblasenen Adligen einfach sagen, das Alistair der richtige König ist. Und nachdem selbst Anora zugibt, das ihr Vater ein Irrer ist, ist mir die Zustimmung der anderen sicher.

Hah… genial.
 

Leise summend betrat ich mein Zimmer, denn es herrschte Stille im gesamten Anwesen. Vermutlich sind alle schon schlafen gegangen… das sollte ich auch tun.

Laut gähnend fuhr ich mir durch mein Haar und blickte zum Kamin, in dem noch eine kleine Flamme brannte.

Müde blickte ich in die Flammen und beobachtete, wie sich die kleinen Flammen schwach nach oben streckten.

„Und wie verlief das Gespräch?“

Überrascht fuhr ich herum und erblickte Zevran, der entspannt auf meinem Bett lag und irgendein Buch gelesen hatte. Entrüstet sah ich zu ihm und murrte. „Musst du mich immer so erschrecken?“

Er grinste belustigt und erhob sich nun. „Natürlich, es ist erheiternd, wenn du immer wie ein verschrecktes Kaninchen zusammen zuckst“

Grummelnd streckte ich mich einmal und setzte mich schließlich auf eine kleine hölzerne Bank nahe dem Kamin und starrte in die Flamme.

„Ich habe die Königin belogen“, sprach ich und seufzte leise. Zevran setzte sich neben mich und musterte mich amüsiert. „Wirklich böse, Kallian. Du weißt, dass darauf bestimmt die Todesstrafe steht“

Desinteressiert zuckte ich nur einmal mit den Schultern. „Spätestens morgen ist sie keine Königin mehr, sondern nur ein einfaches Bauernmädel. Was will sie mir da schon anhaben? Mich zu Tode vollheulen? Das könnte sie nur noch schaffen…“

Schläfrig lehnte ich mich gegen Zevrans Schulter und sah wieder ins Feuer. Das leise Knistern im Kamin beruhigte mich. Morgen würde Alistair König werden… unfassbar. Wie so vieles, was ich innerhalb von diesem Jahr erlebt habe.
 

Es herrschte Schweigen zwischen uns beiden, eine entspannte Ruhe, in der ich beinahe in einen tiefen Schlaf gefallen wäre, wenn Zevran mich nicht nochmal angesprochen hätte.

„Hier…der Augenblick scheint geeignet, dir das hier zu überreichen“

Schlaftrunken öffnete ich wieder meine Augen und sah auf Zevrans Hand. In dieser hielt er einen wunderschönen Goldring, welcher mit vielen kleinen Juwelen besetzt war.

Erstaunt sah ich dabei zu, wie er mir diesen in die Hand legte. Faszinierte strich ich über das Schmuckstück, welches im schwachen Schein des Feuers angenehm glänzte. So etwas Hübsches habe ich vorher noch nie gesehen!

„Ist das ein Ohrring?“, fragte ich leise nach, immer noch verzaubert von dem hübschen Schmuck.

Zevran sah mich zufrieden an, während ich immer noch gebannt auf den Ohrring starrte. Sacht strich er kurz über meinen Kopf.

„Ich habe ihn von meinem ersten Auftrag für die Krähen. Ein Händler und Prinz aus Rivain. Und als ich ihn tötete, trug er nur diesen einzigen juwelenbesetzen Ohrring. Und sonst nichts, möchte ich hinzufügen.“

Nun schaute ich wieder zu ihm auf und hing gespannt an seinen Lippen. Das… war von seinem ersten Auftrag? Das bedeutet, er muss diesen Ohrring schon lange bei sich tragen.

„Ich fand ihn sehr schön und nahm ihn zur Feier des Ereignisses mit. Seitdem habe ich ihn aufbewahrt… und jetzt sollst du ihn bekommen“

Er schenkt ihn mir einfach so? Ich habe vorher noch nie Schmuck besessen, aber dann habe ich gleich so einen Ohrring, der vor Juwelen nur so protzt? So ein wunderschönes Geschenk habe ich noch nie bekommen!

Glücklich sah ich zu ihm auf schmiegte mich an ihn. „Danke, Zevran. Er ist wunderschön!“

Ruckartig schob mich Zevran jedoch von sich und sah mich eindringlich an. In seinem Blick sah ich plötzlich etwas Abweisendes. „Komm nicht auf falsche Gedanken! Taliesin ist tot, für die Krähen bin ich mit ihm gestorben. Also bin ich frei… zumindest für den Moment. Du kannst ihn verkaufen, oder tragen… was immer dir beliebt. Es ist das Mindeste, was ich dir als Gegenleistung geben kann“

Verunsichert sah ich Zevran immer noch an, doch er wich meinem Blick einfach aus und starrte ins Feuer.

Was…soll das? Ich verstehe ihn einfach nicht! Es ist ein Geschenk, oder nicht? Kommt es etwa nicht… von Herzen? Geschenke gibt man immer jemanden, der einem auch etwas bedeutet… zumindest kenne ich das so.

Ich sah wieder zu dem Ring in meiner Hand, strich vorsichtig drüber.

„Also… kein Zeichen der Zuneigung?“, flüsterte ich so leise, dass ich mir sicher war, er würde es nicht hören. Ich bemerkte plötzlich, wie mir die Tränen in die Augen schossen, einfach so, ohne mein Zutun.

Zevran sah mich nun wieder an, jedoch klang er nun etwas nervös, als er meine wohl brüchige Stimme vernommen hatte. „Ich… eh… weißt du… nimm ihn einfach an. Er hat mir viel bedeutet, ebenso wie… das, was du getan hast. Bitte nimm ihn an“

Ich starrte auf den Ring, strich mit zittrigen Fingern darüber. Ein Geschenk, dass er mir gibt…einfach so... ich solle mir nichts darauf einbilden. Überhaupt nichts. Wozu auch, ich bin ja auch nichts weiter als seine kleine Gespielin, oder was?! Die jetzt einfach einen Ring bekommt, damit sie Ruhe gibt?!
 

Mit den Tränen in den Augen starrte ich nun entschlossen in Zevrans überrasches Gesicht. „Ich nehme ihn nur, wenn er auch etwas bedeutet“, stellte ich klar und blickte ihn ungetrübt an. Doch augenblicklich wurde Zevrans Blick finsterer, ja geradezu wütend.

„Es ist sehr frustrierend, mit dir zu tun zu haben, weißt du das?! Wir nehmen jeden Wertgegenstand mit, über den wir stolpern. Aber diesen Ohrring willst du nicht? Dann bekommst du ihn auch nicht!“

Plötzlich riss mir Zevran besagten Ohrring einfach aus den Händen und erhob sich schnell. Wütend starrte ich ihn an und sprang ebenfalls auf. Was erlaubt der sich eigentlich?!

„Es ist auch frustrierend mit dir zu tun zu haben, weißt du das!“, donnerte ich ihm laut an den Kopf und blickte ihn zornig an. Und enttäuscht. Die aufkommenden Tränen hatte ich schnell trotzig weggeblinzelt.

Zevran jedoch wandte sich nur genervt von mir ab und steckte den Ring gelassen ein. „Erspar dir dein Gezeter, Kallian“, sprach er frustriert.

„Oh ja, und wie ich mir das spare! Du bist diesen ganzen verdammten Ärger doch gar nicht wert! Was bilde ich mir eigentlich auch dabei ein?!“, fuhr ich ihn schrill an. Ob mich die anderen nun hören oder nicht, war mir allerlei.

Stampfend lief ich Richtung Tür und packte im Vorbeigehen noch schnell meine beiden Dolche. „Wo willst du hin?“, rief er mir verärgert nach. Wutentbrannt drehte ich mich um und sah ihn aufgebracht in die Augen, doch ich war mir sicher dass er sah, wie enttäuscht ich doch war. Von ihm… und mir.

„Frische Luft schnappen, du Idiot!“

Dann riss ich dir Tür auf, rannte hinaus und knallte sie laut hinter mir zu. Wenn jetzt niemand wach war, dann spätestens jetzt.
 

Schnell lief ich durch das dunkle Anwesen, vorbei an den Wachen, die mich etwas fragend anschauten, aber sonst keinen Ton von sich gaben. Ich rannte durch die Eingangshalle und verließ das Anwesen endlich durch das große Tor.

Raus, ich will einfach nur noch raus! Das ist mir da alles viel zu eng! Und anstrengend, verdammt anstrengend!

Draußen angekommen, atmete ich erst einmal die kühle Nachtluft ein und sah hinauf zum sternenbesetzten Himmel. Sogar den Vollmond konnte ich heute sehen.

Nur zögerlich löste ich meinen Blick von der runden weißen Kugel am Himmel und besah mir dann den Marktplatz.

Denerim wirkte bei Nacht seltsam leer und still. Nur eine miauende Katze vernahm ich aus irgendeiner Seitengasse.

Schnell wischte ich mir widerspenstig über die Augen, als ich bemerkte, wie sich wieder Tränen in meinen Augen sammelten. Dann atmete ich frustriert laut aus und schritt los.

Dieser Idiot. Dieser verdammte, eingebildete Idiot!

Er hat mich so oft zum Heulen gebracht, wie kein Kerl vor ihm. Eigentlich wüsste ich auch gar nicht, wann ich mal wegen eines Mannes geweint habe. Höchstens zu Kinderzeiten, als mich die Jungs geärgert hatten, aber das ist kein Vergleich.

Gekränkt kickte ich einen naheliegenden Stein einfach beiseite. Er macht mich noch rasend! Warum kann er nicht zugeben, dass er mich mag?! Vielleicht sogar etwas mehr!

Nur etwas!

Etwas…

Ein Schluchzen entwich meiner Kehle, doch schnell eilte ich los. Ich will von hier weg, so schnell es nur geht!
 

Nach einigen Abkürzungen durch Denerim stand ich nun endlich wieder vor meinem Elternhaus. Der bekannte Güllegeruch des Gesindeviertels umgab mich dabei.

Er war so vertraut, dass ich über die Tatsache hinweg sah, dass es hier einfach nur erbärmlich roch. Endlich wieder daheim…

Ich klopfe an die Tür und lauschte gespannt. Doch es herrschte Stille. Wieder klopfte ich, diesmal etwas lauter und wartete gebannt.

Es folgte ein wütendes Fluchen, welchem ich ganz genau Shiannis Wortgebrauch zuordnen konnte und ein kurzes Poltern. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Shianni stand grimmig, mit verschlafen Blick vor mir. In der Hand hielt sie ein Messer, vermutlich zur Abschreckung der Störenfriede.

Als sie mich erblickte, sah sie ungläubig drein und rieb sich die Augen. „Ich muss noch schlafen“, murmelte sie verwirrt, doch als sie erneut in mein grinsendes Gesicht blickte, schrie sie verzückt auf.

Ich war mir sicher, das gesamte Gesindeviertel war nun wach, also huschte ich schnell in mein Elternhaus hinein. „Shianni, nicht so laut, es ist doch schon spät“, ermahnte ich sie murrend, doch meine Base umarmte mich so heftig, dass mir kurz darauf die Luft wegblieb. Lediglich ein frustriertes Keuchen brachte ich über meine Lippen, doch Shianni kicherte.

„Ach was, sollen es doch alle erfahren. Du bist wieder da!“, flötete Shianni zufrieden, sämtliche Müdigkeit war aus ihren Augen verschwunden.

Und sämtliche Luft aus meinen Lungen.
 

Erst als mein Vater kam, um nach dem Rechten zu sehen, ließ mich Shianni los und strahlte bis über alle Ohren. „Schau, Onkel! Kallian ist wieder da!“

Zuerst schnappte ich begierig nach Luft, dann sah ich lächelnd zu dem älteren Elf, der mich warm anlächelte. „Hallo, Vater. Ich weiß es ist spät… wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne heute hier schlafen“

Leise seufzte er und strich sich durch sein leicht zerzaustes Haar. „Kallian, du hattest immer ein Talent dafür, zu den ungünstigsten Zeiten aufzutauchen…“

Beinahe erschrocken sah ich zu meinem Vater. Soll das jetzt heißen, ich kann wieder verschwinden?

Doch dann musste er kurz schmunzeln und ein Lächeln entstand in seinem faltigen Gesicht. „…aber du bist hier immer willkommen. Egal wie spät es ist. Also nimm Platz“

Vater zeigte auf einen alten morschen Stuhl, der neben unserem noch morscheren Tisch stand. Dankbar lächelte ich ihn an und umarmte den Grauhaarigen sofort. „Vielen Dank! Das ist heute das letzte Mal, das verspreche ich“

„Genau, wie die letzten fünf Mal, oder?“, fragte Shianni grinsend und verschränkte die Arme vor der Brust, als sie sich gegen die Hauswand lehnte.

Grimmig sah ich zu ihr, als ich mich auf den alten Stuhl setzte. Dabei fing dieser gefährlich zu wackeln an, als es unwohlsam knackte.

Beim Erbauer, das wäre ein weiteres Möbelstück, das durch mich ein Ende findet, sollte dieser elende Stuhl zusammen brechen. Ich harrte kurz angespannt aus, doch nichts passierte.

Erleichtert atmete ich aus und schaute nun amüsiert zu Shianni, die mich aufmerksam musterte. „Die letzten paar Male die ich zu spät kam, waren auch nur gewesen, weil mich die Shems in den Gassen aufgehalten hatten. Ich musste immer über die Dächer springen, das war etwas riskanter.“

Meine Base lächelte leicht, dann schritt sie langsam wieder auf mich zu. „Stimmt, das war noch, als du bei uns gewohnt hast. Und jetzt… bist du fort“

Forschend hob ich eine Augenbraue hoch und musterte Shiannis Gesicht, welches sie nun fast schon traurig abgewandt hatte.

Ist sie etwa traurig? Aber warum denn, ich bin doch schließlich hier.

„Ah, Shianni. Du solltest ins Bett wieder gehen. Du bist bestimmt müde, es war immerhin ein anstrengender Tag.“, sprach plötzlich mein Vater und stellte zwei Becher auf den alten Tisch. Warmer Dampf stieg aus diesen empor und ein leichter süßlicher Duft erfüllte die Luft.

Die rothaarige Elfe nickte frustriert, dann sah sie mich wieder an und das bekannte Lodern kehrte in ihre Augen zurück. „Und morgen werden wir zusammen durch Denerim gehen, Kallian! Dann hilfst du mir beim Kochen und abends gehen wir zu Alarith und plündern seinen Weinkeller!“, forderte sie herrisch ein und sauste schließlich an mir vorbei.

Verblüfft sah ich drein, musste dann aber schelmisch grinsen. Ob Alarith damit einverstanden wäre, wenn wir uns einfach so an seinen Vorräten vergriffen? Wohl nicht, aber das interessierte uns beide ja herzlich wenig.
 

Nach einem kurzen Moment ergriff mein Vater wieder das Wort. „Sie vermisst dich. Natürlich würde sie es nie offen aussprechen, aber ich sehe es ihr deutlich an. Des Öfteren erwische ich Shianni dabei, wie sie hinter unserem Haus auf der Wiese liegt, wo ihr alle drei immer zusammen gespielt habt.“

Shianni…

Ich roch kurz an dem Becher. Er roch nach Minze und einer weiteren süßlichen Zutat, die ich nicht entziffern konnte. Nachdenklich blickte ich hinein und seufzte leise. „Ist Sorris auch hier?“

„Er schläft noch. Vermutlich hat er gar nicht bemerkt, dass du da bist“, antworte Vater und nahm nun einen großen Schluck aus dem anderen Becher.

Kurz schaute ich wieder auf, sah aus dem Fenster. Draußen war es dunkel und kalt, lediglich der Vollmond erhellte leicht die Umgebung.

Nachdenklich trommelte ich mit meinen Fingern leicht gegen meinen Becher und stierte weiterhin nach draußen. Konnte ich am Himmel etwa eine Sternschnuppe sehen?

Ich muss mir schnell etwas wünschen!
 

„Was bedrückt dich, Kallian?“

Überrumpelt starrte ich in die grünen Augen meines Vaters, welche mich wissend musterten. Meine ebenso grünen Augen suchten schnell wieder den Nachthimmel.

„Ich weiß nicht, was du meinst“, sprach ich hastig, vermutlich zu hastig, denn Vaters Blick wurde nun skeptisch. „Ich sehe es dir an. Das habe ich schon immer, wenn du etwas ausgefressen hast. Und das war ziemlich oft der Fall“

Fast schon bockig starrte ich nun wieder auf meinen Becher und biss mir unwohl auf die Lippen. Warum muss Vater immer gleich alles bemerken, wenn angeblich etwas nicht stimmt?!

„Da war ich ja auch noch ein kleines, niedliches Kind.“, verteidigte ich mich.

Vater seufzte kurz. „Es muss einen Grund geben, warum mitten in der Nacht vor meiner Tür stehst. Dabei solltest du in diesem Anwesen sein, in einem großen Bett und neben dir dieser Zevran“

Verdattert starrte ich meinem Vater mit offenem Mund an und bemerkte wie ich rot wurde.

Ein Schmunzeln entstand auf seinen Lippen, als er mich ansah und erneut aus seinem Becher trank. „Was? Ich bin zwar alt, Kallian. Aber nicht so alt, um gewisse Dinge NICHT zu sehen.“

Unsicher starrte ich nun in meinem Becher und schluckte kurz. Vater war immer so allwissend, so kam es mir schon als Kind öfters vor. Und selbst nach all den Jahren scheint es sich nicht verändert zu haben.

Ich stütze meinen Kopf ab und starrte nachdenklich auf den alten Tisch. Tiefe Kerben erkannte ich nun, die sich unnachgiebig in das alte Holz geritzt hatten. Woher sie kamen, war mir ungewiss.

Sachte fuhr ich drüber und bemerkte prompt, wie rau sich das Holz anfühlte. Leise seufzte ich.

Wo soll ich nur anfangen? Und warum eigentlich? Missmutig schaute ich wieder auf und besah mir das kleine Häuschen, in dem ich bis vor einem Jahr noch mein ganzes Leben verbrachte hatte.

Alles stand noch genau dort, wo es bis zu meiner Abreise gestanden hatte. Nichts wurde verändert. Es blieb alles beim Alten und hatte seine Ordnung.

Doch bei mir herrschte irgendwie keine Ordnung, nichts blieb wie es vorher war.

Zuvor war ich ein elender Dickkopf, meist nur auf mein eigenen Nutzen aus, wenn es nicht gerade um meine Familie ging und ziemlich vorlaut.

Eigentlich hat sich nicht viel verändert, bis auf die Tatsache, dass ich Zevran getroffen habe und die anderen. Sie haben mir so viel gegeben. Freundschaft, Hoffnungen, Freude…und mehr. Zumindest habe ich…dieses Gefühl, wenn ich an Zevran denke.

Aber er scheint es nicht so zu sehen. Überhaupt nicht, gar nicht! Immer wenn ich mich ihm einen Schritt genähert habe, geht er zwei zurück.

Tränen brannten verräterisch in meinen Augen, doch ich wischte sie sofort trotzig weg.

Zügig trank ich meinen Tee aus und stellte scheppernd den Becher auf den Tisch zurück. Griesgrämig schob ich ihn weit von mir und atmete hörbar aus.
 

„Erzähl mir, was passiert ist“, forderte Vater in sanftem Ton.

Ich blickte meinen Vater an. Er war alles für mich gewesen, nachdem Mutter gestorben war. Und er musste so viele Rollen erfüllen. Einmal Mutter für mich, dann Eltern für Sorris und Shianni und schließlich die Rolle des Dieners im Anwesen des Arl von Denerim.

Doch niemals hat er sich beschwert, niemals hat er uns Kinder verprügelt oder uns vorgeworfen, wir wären für den Tod der anderen verantwortlich. Niemals mussten wir hungern, hatten zwar meist nur ein warmes Essen, aber immerhin Essen.

Immer ein Lächeln auf den Lippen und dieses warme Leuchten in seinen Augen und ein offenes Ohr für unsere Sorgen, obwohl ihn selbst wohl die größten Sorgen quälten.

Ach, Papa…
 

Ich seufzte leise und wand den Blick wieder von meinem Vater ab. „Ich weiß nicht, was es genau ist. Aber Zevran… er wollte mir heute einen Ring geben“

Vater bekam sofort große Augen. „Eh, ein Ohrring“, sprach ich hastig und lächelte verlegen, doch dieses verstarb recht bald, als ich mich zurück erinnerte. „Allerdings meinte er, ich solle mir gefälligst nichts darauf einbilden… und das hat mich irgendwie gekränkt. Also habe ich ihn beschimpft und er hat mich abgewiesen.“

Leise seufzte ich und starrte erneut auf die Kerbe im Tisch. „Dann bin ich wütend und traurig hier her zu dir gekommen. Ich wollte Zevran einfach nicht mehr ansehen…“

Aber warum eigentlich? Warum nur… warum bringt mich ein Geschenk wie seines nur so durcheinander? Besonders seine Aussage dazu…
 

Vater schwieg, schien nachzudenken und legte seine Hand an seinem Kinn. Beinahe hoffnungsvoll schielte ich immer wieder kurz zu ihm. Er hatte auf so vieles die richtige Antwort, vielleicht ja auch jetzt?

Dann plötzlich lächelte er sachte und beobachtete mich, was mich wiederum skeptisch aufblicken ließ. „Ihr beide… seid ziemliche Dickköpfe. Jeder auf seine Art und Weise“

Verwirrt sah ich drein und legte leicht meinen Kopf schief. Was soll das denn jetzt wieder bedeuten? Ich vergaß… manchmal spricht Vater auch in Rätseln.

Er bemerkte meinen fragenden Blick und lachte.

„Ich erzähle dir eine Geschichte. Dabei geht es um deine Mutter und mich“

Cyrion lehnte sich leicht zurück, machte es sich so bequem wie nur irgend möglich auf dem harten Stuhl. „Als ich sie zu unserer Hochzeit kennenlernte, war sie mir gegenüber sehr abweisend. Adaia konnte mich auf den Tod nicht ausstehen“

Sofort bekam ich große Augen. Vater erzählte so selten von Mutter, vermutlich weil ihn die Erinnerung an ihren zeitigen Tod immer schwer zugesetzt hatte. Aber dass Mutter ihn erst gar nicht leiden konnte, haben mir beide noch nie erzählt gehabt.

Das kam mir traurig bekannt vor. Augenblicklich umschloss ich den Ring, der um meinen Hals hing.

Nelaros konnte ich auch nicht sonderlich gut leiden, vermutlich lag es aber lediglich daran, dass er mir den letzten Ausweg zur Flucht verhindert hatte. Stattdessen rette er mir damals das Leben…
 

„Jedenfalls heirateten wir, so wie es sich unsere Eltern ausgesucht hatten. Wir lebten mittlerweile über drei Monate zusammen. Doch gesprochen haben wir in dieser Zeit kaum miteinander. Sie war abweisend, kaltschnäuzig und zuweilen etwas brutal“

Entsetzt starrte ich Vater an, doch er lachte nur belustigt auf. „Oh, sie hat mich nicht geschlagen, wenn du das denkst. Als wir damals zusammen von unserem Einkauf ins Gesindeviertel heimkehrten, lauerten uns vier Shems auf. Adaia verprügelte jeden von ihnen furchtlos.“

Es war konfus, sich Mutter prügelnd vorzustellen. Zumal ich sie eigentlich nur als sehr gütige Frau kenne. Zumindest wenn ich in der Nähe war, wenn es um Streitereien mit Fremden ging, war sie bestimmt eine der wenigen, die sich auch anderweitig durchsetzten konnte.

Das brachte mich zum Schmunzeln und Vater erzählte sogleich lächelnd weiter.

„Natürlich trug sie von diesem Angriff auch Verletzungen davon. Also pflegte ich sie so gut wie ich konnte. Es gefiel ihr gar nicht, so auf mich angewiesen zu sein. Doch ich genoss es. Denn ich hatte mich in sie verliebt… dieses feuerrote lange Haar, dieser entschlossene Blick in ihren Augen und dieser willensstarke Charakter, der sie nie ins Schwanken brachte.“

Ich bemerkte, wie sich seine Augen in die Ferne richteten und anscheinend in Erinnerungen versanken, die schon beinahe verblasst waren.

Sachte legte ich meine Hand auf seine, so dass er beinahe zusammenzuckte und mich etwas verdutzt ansah. Kurz darauf lächelte Vater aber sacht.

„Ich redete mir ein, dass sie mich sowieso nicht lieben könne. Immerhin war ich das totale Gegenteil von ihr. Doch in der Zeit, in der sie ans Bett gefesselt war, verstanden wir uns besser. Wir erzählten zusammen und lachten sogar. Die Zeit war großartig. Aber irgendwann war Adaia auch wieder bereit, dass Bett zu verlassen. Ich ahnte, dass unsere gemeinsame Zeit sich wieder dem Ende neigte. Ich hatte Angst davor, dass es so sein würde wie vorher. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sagte ihr… dass ich sie liebe“

Völlig gebannte starrte ich Vater an und lauschte jedem seiner Worte. Warum hat mir das noch niemand zu vor erzählt?!

„Sie war entsetzt und sprach kein Wort mehr mit mir. Doch keinen Tag später beichtete sie mir, dass sie mich ebenfalls liebt. Sie hatte Angst es mir zu sagen, da sie dachte, ich würde sie verachten, weil sie die meiste Zeit so kaltschnäuzig zu mir war. Doch ihre Haltung mir gegenüber hatte sich verändert, als sie ans Bett gefesselt war. Zu der Zeit lernte sie mich erst richtig kennen und lieben“

Vater beendete seine Geschichte und sah mich abwartend an, während ich ihn immer noch unverdrossen anstarrte. „Was lernst du daraus?“, fragte Vater schließlich wie ein Lehrer seinen begriffsstutzigen Schüler.

Eh…jetzt sollte ich mir wirklich etwas Anständiges einfallen lassen!

„Sich nicht in eine Prügelei verwickeln zu lassen?“, sprach ich zögerlich, doch Vater schüttelte sachte den Kopf. „Nein, sondern denjenigen den du liebst, auch zu sagen, dass du ihn liebst. Es bringt nichts, seine Gefühle unter den Tisch zu kehren, denn sie kommen sowieso immer wieder zurück. Und dann sogar um einiges heftiger“
 

Mein Herz machte einen kurzen Hüpfer, fast so als wolle es dem zustimmen. Verunsichert starrte ich auf meine Hände, die kaum merklich zitterten. So wie Vater es erzählt hatte, ergab es ja durchaus Sinn… aber lieben??

Liebe ich Zevran? Ich war nie zuvor verliebt und noch nie zuvor hat mich jemand so sehr in meiner Gefühlswelt durcheinander gebracht. Frustriert raufte ich mir die Haare und seufzte verärgert auf. „Aber Vater… was ist, wenn Zevran… mich auslacht? Wenn er mich gar nicht liebt?“

Seine warmen Hände umschlossen nun meine und ließen mich erschrocken in seine traurigen Augen blicken. „Dann weißt du es immerhin, Kallian. Ich sehe doch, wie du dich quälst.“

Dann weiß ich es immerhin… das ist wahr. Seit so vielen Monaten zermartere ich mir schon meinen Kopf, ob Zevran überhaupt etwas für mich empfindet. Ich bin sogar ziemlich sicher, dass es auch so ist! Nur das mit der Liebe… das ist wieder eine ganz eigene Sache. Eine große sogar.

Zevran sprach nie von Liebe und ich eigentlich auch nicht. Immerhin weiß ich, dass er bei den Krähen ja nicht gerade liebevoll behandelt wurde. Und seine Mutter lernte er auch nie kennen.

Vielleicht ist er ja gar nicht dazu fähig?

Ich werde Zevran einfach fragen. Fragen, was zwischen uns beiden ist! Und so wie er antwortet… so muss ich wohl damit leben.

Aber wenn ich sage, dass ich viel für ihn empfinde… dann kommt er mir vielleicht auch wieder näher? So wie bei meinen Eltern. Das wäre doch gelacht!

Lächelnd sah ich zu meinem Vater und umarmte ihn stürmisch.

„Vielen Dank! Jetzt geht es mir gleich viel besser“

Er drückte mich sachte an sich. „Dem Erbauer sei Dank… immerhin will ich Enkel bekommen“

Sofort löste ich mich von meinem Vater und starrte ihn entsetzt an. Doch er lächelte nur sacht und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Nun gehe wieder zu Bett. Du bist doch bestimmt müde“

Damit erhob sich auch der grauhaarige Elf, während ich immer noch zweifelnd zu ihm blickte.
 

Enkelkinder? Beim Erbauer, Vater und seine Familienfeste! Sich Zevran vorzustellen…inmitten von einer Schaar Kinder. Undenkbar!

„Das… wird dauern, Vater. Außerdem muss ich dir diesbezüglich noch etwas sagen.“, sprach ich schweren Herzens, als mir wieder eingefallen war, das Grauen Wächtern Kinderwusch wohl meist verwehrt bleibt.

Doch mein Vater lächelte nur müde und ging nun wieder zu seinem Bett. „Morgen, Kallian. Morgen kannst du mir alles erzählen. Gönn einem alten Mann auch etwas Schlaf“

Kaum hatte er sich daraufhin hin gelegt und sich mit einer alten Decke zugedeckt, da fiel er auch schon in einen tiefen Schlaf.

Nachdenklich sah ich zu ihm und dachte nochmals über das nach, was er mir gesagt hatte. Ich hoffe nur, ich besitze auch den Mut, es Zevran zu sagen.

Auf einmal überkam mich jedoch die Müdigkeit und ließ mich leise gähnen. Etwas Schlaf wäre wohl angebracht… ich habe seit meinem Ausbruch aus Fort Drakon kein Auge zugetan.

Besser, ich erwähne das Vater gegenüber nicht. Er regt sich sonst nur wieder schrecklich auf und hält mir Vorträge.

Erschöpfte legte ich in mein altes Bett. Es knarrte mir bekannt auf und ließ mich kurz schmunzeln. Selbst meine Decke roch genauso alt, wie an dem Tag, an dem ich fortging. Alles ist beim Alten geblieben…
 

Der Boden erzitterte heftig. Verschlafen öffnete ich meine Augen und schaute in die Dunkelheit. Es war noch mitten in der Nacht und absolut still.

Warum bin ich aufgewacht? Schlaftrunken drehte ich mich wieder um und zog mir die muffelnde Decke höher. Elende Bettwanzen, alles juckt…

Abrupt erzitterte erneut der Boden und ließ mich diesmal alarmiert hochschrecken. Angespannt lauschte ich in die Stille und war mir nun sicher, draußen Schreie zu vernehmen.

Schleunigst sprang ich aus meinem Bett und suchte mir meine beiden Dolche zusammen. Shianni erwachte nun ebenfalls und sah mich schläfrig an. „Was’n los?“

„Draußen ist irgendetwas… du bleibst hier drinnen und passt auf Vater auf“, sprach ich mahnend zu meiner Base und stürmte bereits zur Tür. Die Schreie waren nun deutlicher und ließen mir einen gewaltigen Schauer über den Rücken jagen.

Normalerweise schreit meistens nur ein Elf im Gesindeviertel, doch wenn es mehrere sind, dann stimmt etwas nicht. Dann stimmt etwas überhaupt nicht!
 

Schwungvoll riss ich die Tür auf und erblickte Elfen an unserem Haus vorbeirennen, die blanke Panik in ihren Gesichtern.

Kinder schrien in dem ganzen Wirrwarr und ein lautes Knistern drang in meine Ohren, ebenso ein Geruch, den ich sofort einordnen konnte.

Helles Licht ließ mich in die Richtung starren, aus welcher die Elfen verzweifelt flüchteten. Dicker schwarzer Qualm versperrte mir beinahe die Sicht, doch die großen Flammen, die sich dem dunklen Nachthimmel entgegen steckten, waren einfach nicht zu übersehen.

Feuer! Es brennt im Gesindeviertel!

„Beim Erbauer!“, hauchte auf einmal Shianni neben mir entsetzt und starrte auf den Brand, der sich rasend schnell ausbreitete und bereits die nächste Hütte einnahm.

Es krachte laut, als die Hütte die in Flammen stand plötzlich in sich zusammenbrach und die Elfen unter sich begrub, die gerade noch versuchten zu entkommen.

Der Qualm wurde zunehmend dicker und ließ mich unwohl aushusten, während bereits die Hälfte des Gesindeviertels in Flammen stand und die Temperaturen schnell anstiegen.

Es wurde verdammt heiß!

Shianni klammerte sich an meinen Arm und sah mich panisch an. „Kallian! Alarith’s Haus steht auch in Flammen!“ Mit zittrigen Fingern zeigte sie auf besagte Hütte, deren Dach bereits Feuer fing.

Ohne zu zögern ging ich vor und biss die Zähne zusammen. „Weck Sorris und Vater! Ich werde Alarith holen, dann verschwinden wir von hier!“

Eilig drängte ich mich durch die engen Straßen, wurde immer wieder von angsterfüllten Elfen angerempelt, die mich dabei beinahe umstießen. Tatsächlich stolperte ich auch über etwas und sah mich verärgert um, doch als ich den leblosen totgetrampelten Körper des Kindes erblickte, rannte ich beinahe hektisch davon.

Beim Erbauer, jetzt bricht das Chaos aus! Ich muss mich beeilen und Alarith retten.

Heiße Luft wehte mir entgegen und ließ mir den Schweiß über meine Stirn laufen, während mich das laute Knacken von verbrennendem Holz umgab.

Die Häuser sind alle zum größten Teil aus Holz gebaut und mit Stroh oder Schindeln eingedeckt, was diesen Brand nur noch mehr begünstigt.
 

Als ich endlich vor Alariths Hütte stand, brannte sie bereits lichterloh, so dass ich meinen Arm heben musste, um mein Gesicht vor den Flammen zu schützen.

„Alarith!“, rief ich laut und suchte hektisch mit meinen Augen sein Haus ab. Doch selbst aus den kleinen Fenstern drang bereits Feuer hinaus.

Eine Elfe stieß mich zu Boden und schrie laut nach Hilfe, als sie kopflos durch die Straßen rannte. Beinahe wütend sah ich ihr nach, doch im selben Moment fielen mehrere brennende Schindeln auf sie hinab und erschlugen sie einfach.

Erschrocken rutschte ich zurück, doch dann wurde ich grob am Arm gepackt und rückwärts gezogen. „Pass auf!“

Plötzlich fielen weitere brennende Schindeln hinab, auf die Stelle, an der ich mich gerade eben noch befand. Mit einem lauten Krachen fielen immer weitere hinab.

„Komm endlich!“, rief nun Alarith, als ich seine Stimme erkannte und erhob mich eilig. Wir rannten schnell von seiner Hütte weg, die nun in sich zusammenfiel.

Langsam wischte ich mir die Asche vom Gesicht, und starrte auf Alarith’s Haus. Seine ganze Existenz war mit einem Mal plötzlich vernichtet.
 

„Geht es dir gut?“, fragte mich Alarith plötzlich und musterte mich kritisch. Verwirrt sah ich in seine braunen Augen. „Dein Haus ist nur noch Schutt und Asche und du fragst mich, ob es mir gut geht?!“

Er lächelte spöttisch, besah sich den Trümmerhaufen, der nach wie vor in Flammen stand, und klopfte den Ruß aus seiner Kleidung. „Alles, was man wieder aufbauen kann. Und du wirst mir dabei helfen“

Frustriert sah ich drein. Das ist doch jede Menge Arbeit!
 

Dann, auf einmal, konnten wir beide Stimmen vernehmen, die sich seltsam fremd anhörten. Wir schauten zusammen in die Richtung, aus der die Stimmen kamen und entdeckten vier Männer in seltsam gekleideten Roben, die nahe am Ausgang des Gesindeviertels standen.

Verwirrt kniff ich leicht meine Augen zusammen und betrachtete die seltsamen Shems. Sind das etwa Magier, oder warum tragen die solche Roben?

Alariths Gesicht wurde jedoch schlagartig leichenblass und seine Augen weiteten sich geschockt, als er die fremden Männer musterte.

„Beim Erbauer, wir sind dem Untergang geweiht“, flüsterte er zittrig.

Verwirrt starrte ich Alarith an.

Ich kenne diesen geizigen Elfen von klein auf, er war stets für mich, Shianni und Sorris da, erzählte uns Geschichten aus seiner Flucht in Tevinter, die er nur knapp überlebt hatte und zeigte Shemlen beinahe noch weniger Respekt als ich.

Und diesen Mann nun plötzlich dabei zu sehen, wie ihm die blanke Panik im Gesicht steht und er ängstlich zurück weicht, bringt mich beinahe dazu, ebenfalls Angst zu bekommen.

Selbst sein zerstörtes Haus macht ihn weniger aus als die fremden Männer, die nun das brennende Gesindeviertel betraten.
 

„Alarith, was ist los?“, fragte ich ihn nervös, doch er starrte mich angsterfüllt an.

„Magister aus Tevinter. Lauf, wenn du dein Leben noch retten willst. Das sind Blutmagier!“



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