Zum Inhalt der Seite

Dragon Age: Origins

Bestimmung
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gestillter Rachedurst

„Vater hatte Recht. Schaut euch nur die Unmengen an Leuten an!“, entwich es mir erstaunt, als wir uns dem Vordereingang von Howes Anwesen näherten.

Eine wütende Menge stand davor und beschimpfte die Wachen, die aussichtslos auf die Menschen einredeten. Das Einzige, was sie als Antwort bekamen waren Schimpfworte, die Oghrens Wortschatz nahe kamen.

„Das Anwesen muss renoviert werden, aber Howe kann die Handwerker nicht bezahlen“, erklärte Erlina uns leise, ehe sie uns weiter führte und wir hinter das Schloss gelangten.

„Arbeitet dein Vater etwa im Schloss?“, fragte Leliana erstaunt. Leicht nickte ich und besah mir argwöhnisch das Anwesen.

In diesem verdammten Gebäude ist so viel Schreckliches passiert und das nur wegen eines einzelnen Mannes und seiner brutalen Art und Weise. Warum hat sich Vaughn nicht einfach paar Huren aus der Perle genommen? Dort gibt es Unmengen an Elfen, die nach wie vor miserabel entlohnt werden.

Immer wieder kommt Sanga mit ein paar Wachmännern vorbei und fragt im Gesindeviertel nach Elfen, die schnelles Geld verdienen wollen.

Und immer kommen Frauen mit… oder auch Männer. Hauptsache nicht verhungern.

Aber ich würde lieber verhungern, als ich mich selbst zu verkaufen. Aber vielleicht ändere ich auch meine Meinung, wenn ich wirklich dem Hungertod nahe wäre.

Oder ich sehe es einfach zu verkrampft… ein gewisser Spaß ist bei dieser Form der Arbeit auf jeden Fall dabei. Wenn man sich denn auf diese widerwärtigen Spiele einlässt… Argh!

Ich schüttelte meinen Kopf, um die wirren Gedanken aus meinen Schädel zu bekommen.

Warum denke ich nur darüber nach? Das ist alles längst Vergangenheit, es zählt nur das Hier und Jetzt! Es gilt ihre hoheitliche Hochnäsigkeit namens Anora zu retten und Howe zu erledigen.
 

Kurz blickte ich zu den Cousland-Geschwistern, in deren Augen ich erneut brennende Rachelust aufflackern sah, während sie grimmig das Schloss betrachteten.

Vermutlich mache ich mir einfach nur wieder Gedanken darüber, wie wir wieder heil aus dem Schloss kommen sollen. Über das Reinkommen mache ich mir gerade die wenigsten Gedanken, schließlich gibt es immer ein Weg hinein… aber selten heraus.

Nur einige Gemüsebeete und Hühnergehege erwarteten uns nun, als wir still und heimlich an dem wütenden Mob vorbei geschlichen waren. Erlina winkte und näher ans Beet heran und fing mit ihren Händen an zu graben. „Schnell, helft mit!“, meinte sie hektisch.

Argwöhnisch sah ich drein und zog eine Augenbraue hoch. Die anderen waren nicht minder verwirrt. „Was tut Ihr da?“, fragte Elissa verdutzt und beobachtete die Elfe dabei, wie sie die Erde schnell hinter sich warf.

Zu unser aller Überraschung kam plötzlich ein Helm von der Stadtwache zum Vorschein. Und nicht nur das, sondern eine komplette Rüstung. Verdutzt hob ich den schmutzigen Helm hoch und putzte die Erde herunter.

„Das sind ja mindestens zehn Rüstungen, die ihr hier vergraben habt!“, sprach Alistair fassungslos und sah zu der schmutzigen Elfin, die sich unruhig die Erde von der Wange wischte.

„Es war schwer, die Rüstungen zu tragen und hier zu vergaben, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, aber für meine Herrin würde ich alles tun. Nun beeilt euch, wir müssen die Rüstungen anlegen, bevor die Wachen zu ihrer Patrouille aufbrechen“, wisperte Erlina hastig.

Grimmig blickte ich zu meinem Spiegelbild, welches sich auf dem mittlerweile sauberen Helm wiederspiegelte.

Die gute Erlina hat wirklich an alles gedacht, um uns hier einzuschleusen und keiner dieser dutzenden Wachen soll gemerkt haben, dass ein zierliches Elfenfräulein mit Rüstungsteilen durch das Schloss eilt, um damit dann in den Garten zu gehen und ohne Rüstung wieder zurückzukommen?

Irgendwas stimmt hier nicht und zwar gewaltig. Ich traue der ganzen Sache nicht.
 

„Schnell, ihr müsst die Rüstungen anlegen, es bleibt nicht viel Zeit!“, forderte die schwarzhaarige Elfe nun nervös.

Morrigan sah kühl zu Erlina, die daraufhin erschrocken zusammen zuckte und keinen Ton mehr heraus bekam. „In dieses stinkende Stück Blech soll ich mich zwängen?“

Ich biss mir auf die Lippen, um nicht grinsen zu müssen. Mit ihrer üppigen Oberweite könnte das tatsächliches etwas eng werden.
 

Alistair sah sich einmal aufmerksam um, dann fing er an, leise seine Rüstung abzulegen. „Ihr könntet auch als Hexe reingehen, dann sorgt Ihr für das Ablenkungsmanöver und wir holen die Königin. Wie edelmütig von Euch“, flötete der Blonde belustigt und ernte nun ebenfalls Morrigans eiskalten Blick, der förmlich vor Verachtung einfror.

„Ich schlage stattdessen vor, das wir Alistair den Wachen überlassen, Howe wird gewiss etwas einfallen, um seine Pläne voranzutreiben“, meinte die Sumpfhexe spöttisch, doch Fergus unterbrach sie jäh.
 

„Nein, mir gehört Howe’s Kopf.“
 

Alle Augenpaare blickten überrascht zu Fergus, der die Wachenrüstung bereits angelegt hatte und den Visier seines Helmes schloss, wohl wissend, nicht erkannt zu werden. Die Entschlossenheit in seinen Worten ließ mich kurz unsicher zum großen Schloss aufblicken.
 

Inzwischen waren dichte Wolken am Himmel aufgezogen und ließen darauf schließen, dass es bald regnen würde. Vielleicht würde der Regen Einiges reinwaschen…

Mein Blick fiel wieder auf mein Spiegelbild auf dem Helm, doch zu meinem Verdruss erblickte ich augenblicklich darin Zevran. Seine Hand legte sich auf den Helm in meinen Händen und senkte ihn sacht.

„Du musst dich auch umziehen, die Zeit drängt“, wisperte er in mein Ohr und hinterließ ungewollt eine Gänsehaut auf meiner Haut.

Unwohl biss ich mir auf die Lippen und drehte mich von ihm weg. „Ich weiß“, meinte ich knapp.

Seit diesem Zusammentreffen mit Taliesin habe ich Zev nicht mehr angeschaut, sondern verbissen ignoriert. Ich habe ihn noch nicht verziehen und das soll er ja zu spüren bekommen. Dieser Idiot…
 

Nachdem wir nun alle die Rüstung der Wache angelegt hatten, kam ich leicht in Bedrängnis. Denn die Rüstung war mir viel zu groß. Selbst bei Zevran wirkte die Rüstung viel zu groß. Die schweren Ketten aus Stahl, aus der die Rüstungen geschmiedet waren, scheuerten zudem.

Stiefel und Schultern hatte Leliana nach kurzer Überlegung ausgestopft, damit die Rüstung wenigstens halbwegs passte und ich nicht aussah wie ein halbes Kind. Der Helm rutschte mir trotzdem ständig über die Augen und brachte mich zum genervten Seufzen.

„Versteckt Euch hinter dieser Mauer. Da vorne sind zwei Wachen. Ich werde sie ablenken.“, erklärte Erlina nun und entlockte mir damit den nächsten genervten Seufzer.

„Wozu sind die Uniformen gut, wenn sie uns nicht rein bringen“, fragte ich verärgert.

Erlina warf mir einen ernsten Blick zu. „Diese zwei dort wissen, wer raus und rein darf, aber drinnen wird es jedem egal sein.“

Grimmig sah ich ihr nun nach, wie zu den beiden Wachen lief und sich vorher noch mal hastig die Augen rieb. „Wie schön, dass sie so gut Bescheid weiß…“, meinte ich sarkastisch.
 

„Schnell, Ihr müsst mir helfen! Dort ist Dunkle Brut! Am Brunnen!“
 

Sogar ein geheucheltes Schluchzen brachte die Elfin zusammen. Sie muss von Anora Schauspielunterricht bekommen haben; was für eine Schmierenkomödie!

Trotzdem schlichen wir uns rein, als die Wachen hinter der schluchzenden Erlina hinterherliefen und nach der imaginären Dunklen Brut suchten.
 

Wir standen in der Speisekammer, als Erlina wieder auftauchte.

„Es hat ewig gedauert, sie wieder loszuwerden“, beschwerte sie sich und richtete ihre Frisur. „Folgt mir und benehmt Euch ganz natürlich. Lasst Euch in keine Gespräche verwickeln und zieht nicht Eure Waffen.“

Wir liefen durch die Küche, in der die beleibte Köchin ihre Gehilfen durch die Gegend scheuchte.

Aber an unserem Anblick schienen sie sich nicht zu stören, also liefen wir weiter.

Als wir das Speisezimmer betraten, stockte mir der Atem. Fast nur Wachen tummelten sich auf den Bänken. Alle in derselben Rüstung gekleidet wie wir.

Wenn wir auffliegen sollten, haben wir ein Problem. Ein verdammt großes!

Völlig ruhig liefen wir der Elfin hinterher, während mein Herz mir bis zum Hals schlug. Hastig besah ich mir jeden der Menschen und schätze ab, ob er mich oder meine Begleiter erkennen würde. Doch es nahm noch immer niemand Notiz von uns.

Wir verließen schließlich unbeachtet das Zimmer und liefen durch einen Gang. Zwei Männer kamen uns lautstark schwatzend entgegen.

„Ich glaube, das war kein Hammel. Howe ist viel zu geizig. Wahrscheinlich haben sie einen der Elfen gekocht, die vor kurzen eingebrochen sind.“

„Meinst du? Das klingt aber auch nicht gerade besser.“ Sie lachten und ich hätte ihnen am Liebsten hinter gerufen, dass ich ihnen beim nächsten Elfenwitz die Zunge abschneide.
 

Im nächsten Raum erwarteten uns noch mehr Wachen. Sie saßen an Tischen, spielten Karten, tranken Wein oder unterhielten sich einfach nur.

Irgendwo bellten Hunde und wir liefen weiter, während mir bereits der Schweiß lief. Ich konnte das Gefühl einfach nicht abschütteln, dass wir gerade dabei sind, uns in große Gefahr zu bringen.

Wie immer eigentlich. Diesmal war es einfach am Offensichtlichsten.

Schließlich gelangten wir in die Eingangshalle. Die Wachen waren mittlerweile dazu übergegangen, sich gegen das geschlossene Tor zu stemmen, damit die frustrierten Handwerker nicht das Schloss einrannten.

Wir liefen durch die Halle und gelangten in einen Kreuzgang.
 

„Schnell! Hier ist es“, raunte Erlina uns zu.

Sie führte uns in eine Nische zu einer verschlossenen Tür. Eine magische Barriere war davor errichtet worden.

„Na großartig“, murrte Morrigan entnervt.

„Die Grauen Wächter sind hier, Herrin“, sprach Erlina leise zu der Tür.

„Dem Erbauer sei Dank“, antwortete die Tür mit der Stimme von Königin Anora. „Ich würde Euch ja angemessen begrüßen, aber… wir hatten einen Rückschlag.“

„Es gibt immer Rückschläge… und diesmal ist es eine magische Barriere.“, entgegnete ich wenig begeistert.

„Richtig. Es reichte meinem Entführer nicht, mich bewachen zu lassen“, erwiderte die Königin.

„Und jetzt?“, fragte ich lustlos.

„Wir müssen meine Herrin hier raus schaffen“, flehte Erlina.

„Keine Panik, Erlina. Ihr müsst den Magier finden, der die Tür verriegelt hat. Er ist vermutlich bei Howe.“, beruhigte die Königin.

Howe ist also nicht weit… großartig.

„Ich werde diesen Magier suchen und ihn nett fragen, ob er den Zauber löst. Wenn nicht, werde ich nachhelfen...“, meinte ich verärgert.

„Falls er noch nicht weiß, dass Ihr hier seid, kann es jetzt nicht mehr lange dauern“, sagte Anora scharf.

„Das klingt nach einer Falle“, raunte mir Leliana zu und ich nickte leicht. Das klingt alles die ganze Zeit nach einer Falle. Was, wenn die alle unter einem Hut stecken?
 

„Bitte! Ihr müsst meiner Herrin helfen“, flehte diese dumme Elfin wieder.

„Befreit mich, dann werde ich mich beim Landthing für Euch verwenden“, flehte auch Anora jetzt. „Howe ist vermutlich bei seinen Gemächern am Ende des Ganges auf der linken Seite.“

„Bitte, Wächter. Wir haben nicht mehr viel Zeit“, flüsterte die Elfin tränenerstickt, nur um diesem Drama noch einen drauf zu setzen.

Ich sah finster drein. „Beim Erbauer, ich hoffe Ihr haltet Euer Wort.“

Schließlich riskieren wir hier alle unser Leben, nur damit diese Adligen ihre komischen Spielchen aus Intrigen und Verrat weiterspielen können.

Also schön. Dann sollten wir uns auf den Weg machen, immerhin werden wir bestimmt schon sehnsüchtig erwartet.
 

Ich stapfte aus der Nische und lief weiter den Gang entlang. Erlina wollte bei ihrer Herrin bleiben. „Meint sie diese Tür?“, fragte ich, als wir am Ende des Gangs standen.

Nachdenklich sah ich auf die Tür und kam nicht umhin, dass mich ein seltsames Gefühl beschlich. Fast so ähnlich wie dunkle Vorahnung.

„Vermutlich, ich schaue mal nach“, meinte Alistair leise und betrat vorsichtig das kleine Zimmer. Ich folgte ihm kurz darauf, doch als ich einmal meinen Blick schweifen ließ, erstarrte ich augenblicklich.

Dieses Zimmer! Ich kenne es ganz genau! Hier her brachte uns damals Vaughn, als er sich mit mir und den Brautjungfern vergnügen wollte.

Mein Blick raste hektisch umher und blieb auf der Stelle stehen, wo Nelaros niedergestochen worden war.

Der ersticke Aufschrei, das viele Blut, das Zerreissen von Stoff und Vaughns dreckiges Lachen umgaben mich plötzlich so wirklich wie damals vor einem Jahr.

Hastig kniff ich die Augen zu und wich beinahe ängstlich zurück, als mich die Erinnerungen zu übermannen schienen. Nelaros tot am Boden, die andern Elfenfrauen ebenfalls und Sorris, Shianni und ich wären beinahe gefolgt.

Und ich konnte nichts dagegen unternehmen.
 

Zwei Hände packten mich plötzlich an der Schulter und ließen mich erschrocken zusammenzucken und wieder die Augen öffnen.

Schwer atmend sah ich wieder in das Zimmer, dort erblickte ich nirgendwo die Unmengen an Blut, die damals das Zimmer gedrängt hatten. Auch keine Leichen… einfach nichts. Als wäre so etwas Grausames hier nie passiert.

Ich ergriff mit zittrigen Fingern den Ring, der um meinen Hals hing und atmete tief ein und aus.

Aber es ist passiert, es ist genau hier passiert.

Langsam drehte ich mich etwas und sah zu Zevran, der nach wie vor seine Hände auf meine Schultern gelegt hatte. Er sprach nichts, doch sein Blick ließ mich erahnen, dass er genau wusste, was mich so durcheinander gebracht hat.

„Es geht wieder… danke“, meinte ich leise und biss mir unwohl auf die Lippen, die inzwischen ziemlich schmerzten. Vermutlich sollte ich mir diese schlimme Angewohnheit endlich abgewöhnen. Fast schon etwas widerwillig löste ich mich von Zev, als mir dieser vertraute Ledergeruch wieder entgegenschlug, doch wir hatten jetzt eine Aufgabe zu erledigen!
 

Ich sah mich aufmerksam um und fand einige Dokumente auf dem Schreibtisch.

Ein Brief, schoss es mir durch den Kopf. Das aufgebrochene Siegel zeigte einen Griffon.

„Alistair“, flüsterte ich. „Sieh dir das an. Ein Brief von den Grauen Wächtern.“

Er nahm ihn mir aus der Hand. „Sieht so aus, als wäre er verschlüsselt geschrieben worden. Aber trotzdem sollten wir ihn mitnehmen.“

„Seht mal. Dort ist noch eine Tür“, wies Oghren uns darauf hin.

Wir öffneten sie und gelangten in einen Gang, der eindeutig nach unten führte.

Als wir den Kerkerraum vor uns betraten, sah eine Wache uns geschockt an. In dem Moment streckten sich zwei Arme aus der Zelle hinter ihm, ergriffen ihn, zogen ihn zurück, noch bevor er empört aufschreien konnte und brachen ihm mit einem gewaltigen Ruck das Genick.

Eine Hand suchte nach dem Schlüssel um den Hals des Mannes und die Zellentür wurde geöffnet. Ein Mann mit schulterlangem, schwarzen Haar und unrasierten Wangen trat vor uns.

„Vielen Dank für die Ablenkung“, sagte er lässig. „Ich habe Wochen auf so eine Gelegenheit gewartet. Könntet Ihr vielleicht… Alistair? Seid Ihr das?“

Ich sah überrascht zu ihm. Alistair sah genauso verwirrt drein wie ich.

„Wer…?“, fragte er entgeistert. „Wartet. Ich kenne Euch. Ihr wart bei meinem Beitritt dabei. Er ist einer von uns. Ein Wächter aus Orlais. Jader, glaube ich. Oder Montsimmard? Ich fürchte Euer Name ist mir entfallen.“, fiel plötzlich Alistair aufgeregt dazwischen.

„Ein Grauer Wächter?“, fragte ich erstaunt. Ich hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet, noch andere von uns zu treffen.

„Ich bin Riordan. Leitender Wächter aus Jader. geboren und aufgewachsen in Highever. Ich bin froh wieder zu Hause zu sein.“

„Ja, der Empfang muss herrlich gewesen sein, bei dem Quartier, das man Euch überlassen hat“, erwiderte frustriert. Doch Riordan lachte nur.

„Was macht Ihr hier?“, fragte Alistair.

„Die meiste Zeit versuche ich den Mund zu halten. Ich wurde hierher entsandt, als König Cailan keine Nachricht aus Ostagar schickte. Der König hatte alle Wächter mit samt ihrer Truppen zu sich gerufen und dann – nichts“, berichtete Riordan uns.

„Sind das Eure Dokumente?“, fragte Alistair und hielt ihm den Brief hin, die wir in Howes Zimmer gefunden hatten.

„Ja, das sind meine Aufzeichnungen“, bestätigte der Wächter. „Die Namen der Toten von Ostagar, die ich kannte oder aus Duncans Rekrutierungsberichten entnehmen konnte. Kopien des Beitrittsrituals, die ich aus Denerim retten konnte. Kein Außenstehender darf sie je zu Gesicht bekommen, aber ich vertraue auf ihre Verschlüsselung.“

„Beitrittsritual?“, fragte ich verblüfft. „Könnt Ihr Graue Wächter ernennen?“

„Das würde ich, wenn ich könnte. Ferelden würde sie dringend brauchen“, erwiderte er. „Allerdings braucht der Rekrut nicht nur frisches Blut der Dunklen Brut sondern überdies einen Tropfen Blut eines Erzdämons. Fereldens Vorrat davon ist aus der Schatzkammer verschwunden. Ich vermute, dass ihn jemand genommen hat und Loghain ihn konfisziert oder vernichtet hat.“

„Dann sollten wir ihn zurückholen, oder nicht?“, entwich es mir. Wer weiß, was dieses Blut in falschen Händen anrichten kann.

„Wie ihr wisst, sind die Erfolgsaussichten des Beitritts ohnehin gering. Loghain hat den Wächtern weit mehr angetan, als ihnen neue Rekruten zu stehlen. Aber wenn ich den Gerüchten Glauben schenken darf, plant Ihr bereits seinen Sturz?“, wollte Riordan wissen. Ein knappes Nicken meinerseits folgte.

„Wie hat Howe Euch gefangen genommen?“, fragte nun Fergus.

„Mit Gastfreundschaft und einem vergifteten Kelch. Ich war so dumm zu glauben, Loghain wüsste noch nicht, wer ich bin.“

„Wenn Ihr eine sichere Bleibe sucht, Riordan, der Arl von Redcliffe ist in Denerim. Bei ihm wärt Ihr gewiss willkommen“, schlug Alistair vor.

„Gut, bei Arl Eamon.“ Mit diesen Worten verließ Riordan uns und den Kerker.
 

Etwas betölpelt sah ich ihm nach. Etwas Unterstützung wäre nett gewesen. Tz, Shems.

Die Kerkerräume unter dem Anwesen waren mehr als ungemütlich. Die Zellen, der Geruch von verbranntem, malträtiertem Fleisch, das Schreien der Gepeinigten.

Und wieder wurde mir bewusst, dass ich eigentlich auch hier gelandet wäre, hätte Duncan mich nicht rekrutiert. Vielleicht bin ich ihm doch dankbar, aber nur ein kleines bisschen.

Oft genug liefen wir unter Deckenbalken lang, an denen jemand aufgehängt wurde. Blut war am Boden verteilt oder floss durch den Abfluss, der zu unseren Füßen nur von einem Gitter verdeckt wurde. Streckbänke, Tische mit Folterwerkzeugen, Kohlebecken, in denen Klingen und Zangen erhitzt wurden.

Hart schluckte ich und griff instinktiv nach meinen Dolchen. Dieser Ort hier… macht mich ziemlich nervös.
 

Ein Wimmern kam von einer der Streckbänke.

Hastig lief Leliana hin. Ein Mann, nur mit seiner Unterwäsche bekleidet, lag auf der Streckbank und musste anscheinend grausame Schmerzen erdulden.

„Macht mich los“, flehte er.

Sofort machten wir uns ans Werk und halfen dem blonden Mann von dem Foltergerät herunter.

„Sollte das eine Lektion sein? Fand mein Vater es amüsant, mich so lange im Stich zu lassen, bevor er Euch schickte?“, fragte er verärgert.

„Wer… seid Ihr?“, fragte ich ihn verwirrt.

„Dann schickt Euch nicht mein Vater?“, fragte er verunsichert. „Ich bin Oswyn, der Sohn von Bann Sighard aus dem Bannorn Drachengipfel. Wenn Ihr keine unserer Soldaten seid, dann sagt mir, wem verdanke ich meine Rettung?“

„Wir sind Graue Wächter“, sagte ich. „Ich danke Euch und mit mir das ganze Bannorn Drachengipfel. Wenn mein Vater noch nicht nach mir geschickt hat, heißt das wahrscheinlich, dass er das wahre Gesicht der Schlange noch nicht erkannt hat, mit der er sich verbündet hat.

Einer der Soldaten, die aus Ostagar zurückkehrten, war ein Freund von mir. Er erzählte mir, dass seinem Trupp der Befehl gegeben wurde, sich gegen König Cailan zu wenden, bevor die Dunkle Brut ihn überwältigt hat. Tags darauf war er verschwunden. Als ich nach ihm suchte, wurde mir von einem Fremden ein vergifteter Kelch gegeben. Dann bin ich hier aufgewacht.“

„Je näher das Landthing rückt, umso skrupelloser wird Loghain“, schimpfte Alistair erbost.

„Dann ist Arl Eamon eingetroffen?“, fragte Oswyn hoffnungsvoll. „Howes Männer sagten mir, er und seine Anhänger wären tot. Wenn es ein Forum gibt, Loghain anzuprangern, dann schwöre ich, wird mein Vater dort sein! Ich werde jetzt gehen. Habt Dank!“

Humpelnd verließ er uns.
 

Je tiefer wir in die Kerker vordrangen, umso mehr Gefangene fanden wir, doch nur einer von ihnen war noch am Leben. Ein Templer auf Lyriumentzug, der kaum noch bei Verstand war. Er bat uns, einen Ring seiner Schwester zu überbringen und blieb zitternd und orientierungslos in seiner Zelle sitzen.

Der nächste Gang führte uns in eine weitere Folterkammer mit zwei Zellen. Nur eine war besetzt, doch bevor ich mich ihrem Inhalt zuwenden konnte, wurde meine Aufmerksamkeit auf einen Mann in langer Robe gelenkt, der an einem Tisch saß und mit auf den Tisch gelegten Füßen mit einem Kugel herumspielte.

„Der Magier“, flüsterte Elissa und ich zückte sofort meine Dolche.

„Die Eindringlinge“, erwiderte der Magier und bleckte grinsend seine Zähne. „Howe sagte mir, dass Ihr kommen würdet.“
 

„Lasst Anora frei!“, forderte ich laut.

Sein höhnisches Lachen ließ in mir die Wut aufkochen. Denkt der etwa, ich mache Scherze?! Gleich wird ihm sein Lachen im Halse stecken bleiben!

Doch die Kugel, die er eben noch in der Hand gehalten hatte, warf er nun einfach grinsend zu Boden. Augenblicklich breitete sich dichter Rauch in dem ganzen Raum aus und trieb mir die Tränen in die Augen, als mich ein heftiger Husten plagte.

Dieses feige Magierpack!

Meine Lunge fing unwohl an zu brennen, während mein Husten deutlich heftiger wurde und mich nach Luft ringend auf die Knie gehen ließ.

Meinen Gefährten ging es nicht besser, doch das schadenfrohe Lachen des Magiers konnte ich trotzdem vernehmen.

Wenn ich den in die Finger bekomme!

Zevran holte plötzlich ein kleines Fläschchen hervor, hätte sie jedoch beinahe fallen gelassen, als ihn ein Hustanfall überkam. Doch kurz darauf wurden seine Augen zu Schlitzen, er schien sich zu konzentrieren, während mich das Lachen des Magiers die letzten Nerven kostete.

Das ist auch eine Art von Folter!

Kurz darauf warf Zev das entkorkte Fläschchen zielsicher in den Dunst. Augenblicklich erstarb das Lachen des Magiers und ging nun in einen grellen Schmerzensschrei über.

Der Dunst löste sich im selben Moment auf und ließ mich erleichtert durchatmen. Nur noch ein kurzer Hustenreiz überkam mich.

Plötzlich erblickten wir den toten Magier auf den Boden liegen. Sein kompletter Oberkörper sah aus wie zerfressen und zum Teil aufgelöst. Als hätte jemand Säure über ihn gekippt.

Sofort blickte ich zu Zev, der gelangweilt zu dem toten Shem blickte. „Ein Problem weniger“

„Damit wäre auch die Königin befreit“, sprach Leliana erleichtert, doch ich war nicht wirklich beruhigt.

Howe ist hier noch irgendwo… und vielleicht sogar Loghain mitsamt seiner Armee, die hier irgendwo auf uns lauert um uns bestialisch abzuschlachten.

„Wir müssen Howe endlich finden!“, grollte plötzlich Fergus und verließ mit schnellen Schritten wieder die Kammer. Elissa folgte ihm kurz darauf hektisch.

Nachdenklich blickte ich den beiden nach und machte mir langsam ernsthafte Sorgen. In Fergus Augen sah ich erneut die blanke Mordlust, bei Elissa auch doch es war nicht ganz so offensichtlich wie bei ihrem Bruder.

„Lasst uns ihnen helfen“, murmelte ich und wir folgten nun den Cousland-Geschwistern. Allein werden die das niemals überleben.
 

Mittlerweile liefen wir durch den gesamten Kerker und hatten nun nur noch eine einzige Tür vor uns. Da hinter könnte alles sein… oder auch Howe.

Alistair blickte immer wieder angespannt zu Elissa, die vor Aufregung zu zittern schien. Vielleicht hatte sie aber auch Angst.

Unsicher biss ich mir wieder auf Lippen und kaute unwohl darauf herum. Wenn wir diesen Howe töten, haben wir einen Adligen ermordet. Ohne ihn vorher angeklagt zu haben oder ähnliches.

Und Adlige einfach so zu töten, endet nie gut. Kann ich nur bestätigen.

Aber vermutlich erwartet er uns wirklich und hat bereits alles vorbereitet, um uns grausam umzubringen. Nicht sehr prickelnd, wie ich zugeben muss. Dieser Howe ist ein verdammter Sadist, der es liebt seine Opfer leiden zu sehen.

Fergus legte gerade die Hand auf die Türklinke und wollte sie hinunter drücken, als ich ihn bat, innezuhalten. Fast schon verärgert sah er zu mir, doch ich erwiderte ruhig seinen Blick.

„Bevor wir uns jetzt ins Getümmel stürzen, wollte ich nur noch eines klarstellen.“

Ich stand nun vor dem Adelsmann und blickte ernst zu ihm auf. Innerlich murrte ich über den Größenunterschied. „Ich habe euch beiden von Anfang an versprochen, dass ich helfen werde, Howe zu finden und niederzustrecken. Das meine ich ernst. Wir stehen hinter euch… es sei denn, jemand sieht das anders.“

Ich schaute abwartend zu meinen Gefährten, die mich fast schon überrascht anblickten.

„Oh, wir werden tatsächlich nach unserer Meinung gefragt?“, spottete Morrigan.

„Lasst uns den Boden mit Blut tränken!“, grölte Oghren begeistert und schwang seine gewaltige Axt nach oben. Seine rote Nase verriet, dass er schon wieder besoffen war. Wahrscheinlich war es ihm egal, wer jetzt stirbt, Hauptsache er hat seinen Kampf.

„Dieser grausame Mensch… alles, was er diesen armen Leuten angetan hat, dürfen wir nicht weiter zulassen.“, sprach Leliana entschlossen und nickte mir zu.

Alistair sah gebannt zu Elissa, die wiederum unsicher seinen Blick erwiderte. Ihr ganzer Körper bebte vor Anspannung.

Dann ging er auf sie zu und zog sie in eine Umarmung.

Fast schon peinlich berührt sah ich zu den beiden, und musste zugeben, dass die beiden einander verdient hatten. Es machte mich irgendwie glücklich, das Alistair jemanden gefunden hat und Elissa ebenso.

Die junge Cousland schluchzte kurz, nickte dann aber und entzog sich langsam Alistairs Umarmung. „Ich… kann das nur mit deiner Hilfe“, flüsterte sie an Alistair gerichtet. Dieser nickte sofort. „Ich bin an deiner Seite“

Ein Kuss folgte zwischen den beiden, wodurch ich doch schließlich betreten wegsah. Zwischen den beiden ist es anscheinend ziemlich ernst. Doch keine einfache Liebelei.

Sonst würden sie ihre Liebe nicht so öffentlich zeigen.

Andere zeigen ihre Liebe jedoch ganz anders, wenn man es denn Liebe nennen soll…

Ohne dass ich es eigentlich wollte, blickte ich zu Zevran.

Er sah fast schon belustigt zu Alistair und Elissa, während ich sein leichtes Grinsen deutlich erkennen konnte.

Dann wanderte sein Blick augenblicklich zu mir, und das Grinsen entwich seinen Gesichtszügen.

Er sah mich einfach nur an, oder eher fixierte mich geradezu.

Perplex drehte ich mich um und legte meine Hand an meinen Dolch, während mein Herz kurz einen Hüpfer machte. Dieser Elf macht mich völlig fertig!
 

Fergus wartete auf das Signal seiner Schwester, welches sie ihm nun mit einem Nicken gab. Gebannt starrte ich zu der Tür, die langsam geöffnet wurde.

Vielleicht ist Howe auch gar nicht da und wir machen uns völlig unnütz so nervös.

Doch natürlich war das Glück uns nicht hold.

„Ah, sieh an.“, hörten wir augenblicklich die schmierige Stimme dieses Stiefelleckers. Fergus und Elissa betraten als erstes den Raum und erblickten Howe auf der anderen Seite des Zimmers. Doch er war nicht allein.

Ich konnte mindestens noch zehn weitere Wachen erkennen, die uns mehr als feindselig anblickten. Howe jedoch sah uns mehr als belustigt an, ja geradezu entzückt.

Widerwärtig.

„Howe!“, schrie Fergus aufgebracht und zog schwungvoll sein Schwert. Elissa tat es ihm gleich und blickte Howe voller Abscheu entgegen, während sie fest die Zähne zusammen biss.

„Die kleine Elissa hat sich tatsächlich getraut, hier her zu kommen?“, fragte Hakennase hämisch und verschränkte nun die Arme vor dem Oberkörper. Unsere Präsenz schien ihn keineswegs zu stören oder Angst zu machen.

„Schweigt, elende Ratte!“, rief die blonde Cousland wütend und hielt drohend ihr Schwert auf Howe gerichtet. Dennoch entging mir nicht, dass sie wieder leicht anfing zu zittern.

Sein Grinsen wurde beinahe dämonisch, als er sich langsam über die Lippen leckte. „Aber, aber… deine Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, wie es um deinen Wortschatz bestellt ist.“

Fergus stellte sich schützend vor seiner Schwester, doch Howe sah nun belustigt zu dem Adelsmann. „Ah, und Fergus. Ja genau, dein Blag hat ja geradezu nach dir geschrien, als ich diese antivanische Edelhure köpfte. Aber das Schreien ist ihm schnell vergangen…“, säuselte Howe amüsiert.

Elissa hielt sich entsetzt die Hand vor dem Mund und starrte fassungslos zu dem grauhaarigen Mann. „Oren… wie… konntet Ihr einem kleinen Kind nur…“

Ohne weiteres abzuwarten, preschte Fergus mit einem lauten wütenden Aufschrei nach vorn Richtung Howe.

Doch augenblicklich stellten sich die Wachen schützend vor Howe, die jeden seiner unkontrollierten Angriffsversuche abblockten.

Schnell eilte Elissa ihrem Bruder zu Hilfe und stürzte sich in einen schweren Kampf mit zwei Wachmännern.

Howe lachte belustigt.

Wütend biss ich die Zähne zusammen. Der Drecksack verdient nichts anderes als den Tod.

Eine ganze Familie abgeschlachtet und vermutlich noch ein paar mehr, nur damit er endlich angesehen wird in dieser blöden adligen Gesellschaft.

Dieses Aas ist der letzte Dreck!
 

Sofort zog ich meine Dolche. „Fergus, Elissa! Wir kümmern uns um die Wachmänner, Howe gehört euch!“, schrie ich und stürzte mich sofort auf die Wachen.

Meine Gefährten folgten kurz darauf und stürzten sich in den Kampf.

Morrigan ließ einen gewaltigen Flammenwurf auf ihre Gegner nieder, sie verbrannten jämmerlich.

Die Cousland-Geschwister warteten nicht lange und hasteten augenblicklich auf Howe zu, dessen Gesichtzüge nun doch etwas überrascht wirkten. Aber sie wichen sofort wieder seinem gehässigem Grinsen, während er rasch seine Dolche zog.

„Ich werde euch beide abstechen, genauso wie euren jämmerlichen Vater.“

Hastig sprang ich zur Seite, als mein Gegenüber ein Schwert auf mich niedersausen ließ. Etwas außer Atem blickte ich kurz zu Howe, der sich nun mit den Geschwistern ein Kampf auf Leben und Tod lieferte. Trotz dessen er nur allein war, kam er scheinbar leicht gegen die beiden an.

Und er war schnell. Hätte ich diesem alten Sack gar nicht zugetraut.

Sofort parierte ich den Schwertangriff meines Gegners, der mich wütend anblickte. „Verdammte Elfin!“, zischte er aufgebracht.

Grimmig blickte ich ihn an, während meine Augen zu Schlitzen wurden.

„Und Grauer Wächter!“

Schnell rollte ich mich nach hinten und sprang auf, während meinen Dolch umgehend durch seine Kehle schlitzte und mir sein Blut entgegen spritzte.

Angewidert wischte ich mir das Blut aus dem Gesicht, als plötzlich hinter mir ein erstickender Schrei ertönte.

Hastig drehte ich mich um und sah, wie Oghren einen der Wachen den Schädel zweigespalten hatte. Vermutlich wollte derjenige mich gerade von hinten angreifen.

„Danke, war knapp“, meinte ich überrascht und Oghren holte sofort wieder seine Feldflasche hervor.

„Pah, für jeden getöteten Feind einen großen Schluck!“

Prompt setzte er an und trank natürlich nicht nur einen Schluck.
 

Mein Blick glitt umher. Alle Gegner waren ausgeschaltet, bis auf einen.

Und dieser geriert nun doch langsam in Bedrängung, denn Elissa und Fergus griffen erbarmungslos an.

Howe sah zu Elissa und musterte sie abschätzend. „Deine Mutter rief nach dir, als sie starb“

Die Angesprochene sah verwirrt zu Howe, und dieser nutzte den Moment gnadenlos aus. Sofort schlug er ihr Schwert weg und zerrte sie grob an sich, seinen Dolch gegen ihren Hals gedrückt.

Erschrocken hielten wir alle augenblicklich den Atem an, auch Fergus hielt in seinem Angriff inne.

„Elissa!“, schrie Alistair alarmiert auf.

Hektisch atmend drückte Howe das blonde Mädchen dicht an sich, während er scheinbar genießerisch an ihrem Haar roch.

„Wage es ja nicht, meiner Schwester auch nur ein Haar zu krümmen!“, drohte Fergus und sah Howe bedrohlich an, während sein Schwert weiterhin auf diesen gerichtet war.

Doch der Grauhaarige lächelte nur spöttisch. „Deine Mutter bettelte um ihr Leben, schrie nach ihrer Tochter, während ich sie endlich zu meinem machte… ob sie wollte oder nicht. Doch dieser Duft… du duftest wie sie.“, säuselte Howe in Elissas Ohr, die daraufhin leichenblass wurde.

Wütend biss ich die Zähne zusammen, als Elissa absolut erstarrt war. Wahrscheinlich hat sie ihre halbtote Mutter vor Augen, als dieses Aas sie besteigt!

„Hakennase! Du wirst gleich um deinen Leben betteln, wenn wir dir was abschneiden“, rief ich wütend, doch er besah mich kurz gelangweilt.

„Wächter… ihr unterschätzt mich.“ Ein feines Rinnsal lief nun Elissas Hals entlang, als Howe den Druck mit dem Dolch etwas erhöht hatte.

Fieberhaft suchte ich nach einer Lösung, immerhin war Elissas Leben in Gefahr. Doch es sah denkbar schlecht aus.

Es fehlt nicht mehr viel und das Mädchen hat einen offenen Hals.

Doch ich konnte mir keinen meisterhaften Plan überlegen, denn Alistair rammte plötzlich so schnell vor, dass er Howe einfach zu Boden riss, als er seinen Schild in sein Gesicht stieß. Man hörte ein unwohles knacken und Hakennases schmerzlichen Aufschrei.

Nun ist die Hakennase noch hässlicher als vorher.

Hastig krabbelte Elissa fort, während Alistair wütend auf Howe einschlug. Fergus nahm seine Schwester kurz in die Arme, dann stürzte er zu Alistair. „Nein! Überlasst das mir!“

Alistair wich nach kurzem zögern zurück und blickte angeekelt auf Howe hinab. Sein Gesicht war kaum zu erkennen unter dem vielen Blut.

Dann zog Fergus sein Schwert und blickte auf Howe hinab, der wiederum nun Blut hustete und hasserfüllt zu dem jungen Adelsmann aufsah.

„Ich… verdiene mehr!“, spie er verächtlich, doch Fergus rammte sein Schwert in den Brustkorb von Howe. Das Splittern von Knochen und Howes erstickendes Gurgeln war nun im Kerker zu vernehmen. „Ja, einen viel schlimmeren Tod!“

Sofort zog Fergus das Schwert wieder aus dem Leib von Hakennase, nur um dieses nun erneut in den geschunden Körper zu rammen.

Und wieder, und immer wieder. Howe schrie noch kurz, verstummte aber dann kurz darauf.

Etwas besorgt sah ich Fergus dabei zu, wie er anscheinend wie im Wahn immer weiter gnadenlos aufs Neue das Schwert in Howes Körper rammte.

Bald war nichts mehr übrig, außer einer blutigen fleischigen Masse.
 

Elissa löste sich umgehend von Alistair, der sie eben noch in einer Umarmung hielt, und eilte zu ihrem Bruder.

Schluchzend legte sie ihre Hand auf die von Fergus. „Es ist vorbei, Fergus! Howe ist tot“ Weinend umarmte die Blonde ihren Bruder, der daraufhin verwirrt innehielt. Starr blickte er auf den geschunden Leichnam von Howe, der sich nicht mehr regte.

Dann liefen die ersten zaghaften Tränen über die Wangen des Adelsmannes. Bis es doch zu einem Schluchzen wurde und in die Knie ging. Elissa stütze ihn so gut es ging, während beide weinten.

Mitfühlend sah ich ihnen zu, wie der Rest der Gruppe.

Nun haben die beiden ihre Rache, aber ihre Familie und Freunde werden trotzdem nie wieder kommen.

Betrübt schloss ich leicht die Augen, während das Schluchzen der beiden weiterhin in meine Ohren drang.

Wir werden ein Problem haben vor dem Landthing. Wir haben Howe einfach so getötet, ohne Prozess.

Obwohl es ja eigentlich die beiden Cousland-Geschwister waren, ich habe dieses Mal nichts damit zu tun.
 

Nach wenigen Minuten räusperte ich mich verlegen. „Es tut mir leid, aber wir müssen weiter. Die Königen wartet“, sprach ich leise.

Im Schloss beim Arl können sie angemessener trauern als hier, umgeben von Leichen.

Nach einem kurzen Moment, in dem wir uns alle noch einmal gesammelt hatten, beschlossen wir, wieder zurück zu Anoras Gefängnis zu gehen.

Als wir vor der Tür zu dem Gästezimmer standen, in dem sie eingesperrt war, war von der magischen Barriere nichts mehr zu sehen.

„Sie sind zurück“, sagte Erlina erleichtert zu der Tür.

„Habt Ihr Howe gefunden?“, wollte Anora wissen.

Alistair und ich tauschten einen Blick. „Haben wir, aber er ist jetzt nicht mehr… ansprechbar“, antwortete ich ihr verhalten.

„Dann habt Ihr nicht den Schlüssel?“

„Den brauchen wir nicht“, antwortete Alistair an meiner Stelle. „Tretet zurück.“

Schritte, die sich von der Tür entfernen.

Dann trat Alistair die Tür ein und das Schloss brach auf. Die Tür schlug mit einem lauten Knall gegen die Wand dahinter.

Anora stand dahinter in derselben Uniform wie wir, mit vor Verblüffung geöffnetem Mund.

„Nette Aufmachung“, sprach ich säuerlich, als ich merkte, wie hübsch sie immer noch aussah, obwohl der sie einen Helm trug, der ihr halbes Gesicht verdeckte. Tz, Shems…

Sie musterte mich kurz abschätzend. „Seid Ihr nicht etwas zu klein für die Sturmtruppen?“

„Und Ihr nicht zu hübsch, um Zähne zu verlieren?“, fragte ich zerknirscht, doch Leliana stieß mich alarmiert gegen die Schultern.

„Wenn wir Glück haben, wurde unsere Anwesenheit noch nicht bemerkt“, sagte Morrigan gelangweilt.

„So viel Glück können wir doch gar nicht haben, das wissen wir doch alle“, murrte ich.

Anora kam hinter mir aus ihrer Zelle und betrachtete Alistair eingehend. Etwas zu eingehend, für meinen Geschmack. Elissa stellte sich sofort neben ihn und hielt ihren Blick eisern stand.

Ich ignorierte sie und schritt rasch voran, bis wir zurück in die Halle traten, die vor dem Hauptausgang lag.

Ich will nur noch eines! Ein warmes Bad nehmen und danach in mein Bett und bis zum nächsten Mittag durchschlafen.
 

„Halt!“, sagte eine weibliche Stimme mit deutlicher Autorität. Entgeistert starrte ich in Ser Cauthriens Gesicht, die unglaublicherweise vor mindestens dreißig Soldaten stand.

„Auf Befehl des Regenten muss ich die beiden Grauen Wächter festnehmen“, sagte sie scharf.

Völlig verdattert blinzelte ich, als ob Cauthrien und ihre Männer nur Einbildung wären. Wo, beim Erbauer, kommen die auf einmal her?! Und dann so viele! Das Glück hat uns gänzlich verlassen, wie voraussehbar.

„Wieso?“, brachte ich nur heraus.

„Ihr seid in Teyrn Howes Anwesen eingedrungen und habt einen seiner Männer getötet. Wenn Ihr Euch ergebt, wird Euch Gnade erwiesen.“

Tz, dann erwähnen wir lieber nicht, das sogar Howe unten in seinem Spielzimmer zerhackt liegt.

„Ihr wisst die ganze Wahrheit nicht!“, sprach ich wütend und ging einen Schritt vor.

„Wir haben versucht, Königin Anora zu befreien!“

Cauthrien lachte kalt auf. „Macht Euch nicht lächerlich. Anora wird weder hier noch sonst irgendwo gefangen gehalten. Ihr Vater würde es niemals soweit kommen lassen.“

„Ja, und ich bin die Königin von Antiva!“, keifte ich aufgebracht.

Doch ihre Hoheit machte keine Anstalten, sich erkennen zu geben. Sollen wir hier etwa abgestochen werden, weil wir unseren Hintern riskieren, um diese Ziege zu retten die uns nicht einmal hilft?!

„Aber Anora ist hier, sie kann es Euch selbst sagen“, rief ich gereizt und zeigte nun auf diese.

Ein Murmeln ging zwischen den Männern umher. Anora trat vor, nahm den Helm ab und als sie anfing zu sprechen, wäre ich beinahe geplatzt vor Zorn.

„Ser Cauthrien! Dem Erbauer sei Dank, Ihr seid hier! Diese Leute haben versucht, mich zu entführen!“

„WAS?“, fuhr ich sie entsetzt an.

Diese verdammten ADLIGEN! Ich schwöre, ich werde jeden einzelnen von ihnen –!

Cauthrien gab ihren Männern ein Zeichen. Dann stürzten sie sich auf uns.

„Verräterische Schlampe!“, fluchte ich erbittert.

Einer der Männer kam direkt auf mich zugerannt und ich zog meine Dolche. Meine Gefährten und ich stürzten uns ins Kampfgetümmel, während ich aus den Augenwinkeln mitbekam, wie Anora und ihre Elfendienerin sich an den Wänden entlang drückten und versuchten zu entkommen, als ich plötzlich einen harten Schlag auf den Schädel bekam und das Bewusstsein verlor.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück