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Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?
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53. Der Fremde namens Gerwulf

Man konnte es nicht anders beschreiben als mit folgenden Worten. Die Bude war brechend voll. Außer an den Karaoke und Talentabenden war hier sonst nur bedingter bis mittelmäßiger Menschenandrang vor zu finden.

Aber seit dem Sieg gegen Stiernackens Armee der hirnlosen Muskelprotze feierten Zwerge und Menschen ausgelassen und überschwänglich zusammen.

Die kleinen, bärtigen Herren schickten sich dabei auch an, eine Lokalrunde nach der anderen zu schmeißen, was besonders die vielen Jugendlichen freute. Da ja unser "ROZ" eigentlich bis zum Talentabend keine Musik von sich gab, improvisierten die Herren, wie bereits einige Stunden zuvor mit ihren eigenen Instrumenten. Sicher, es waren keine besonders schmissigen, rockigen oder modernen Stücke. Dennoch sah man tatsächlich das ein oder andere Paar zu Gesang und Spiel tanzen. Bofur, der gerade wohl ein sehr alten Trinklied aus Mittelerde zum Besten gab, hatte sich auf einen Tisch gestellt, damit ihn alle sahen und trällerte es über die Menge hinweg.

In dem Andrang fiel es gar nicht auf, dass sich jemand "Unbekanntes" durch die Massen in Richtung Theke schob. Natürlich war ich dieser mutmaßliche Unbekannte. Ich hatte meine Freunde stehen gelassen, um mir auch mal etwas zu trinken zu organisieren.

Dabei kam ich natürlich der Zwergenband immer näher. Ich grinste leicht hinter meinem aufgemalten Bart und behielt alle so gut ich konnte im Auge. Doch nicht jeder hatten sich diesem musikalischen Treiben angeschlossen. So entdeckte ich Balin bei Thorin, die sich eindringlich an einem Tisch ganz in der Nähe miteinander unterhielten. Vermutlich fragte sich der Zwergenkönig schon wo ich ab geblieben war, denn sein besorgter und leicht ungeduldiger Gesichtsausdruck sprach Bände. Auch, dass er immer wieder den Kopf zum Zelteingang hob, wenn er vermutete, dass jemand herein kam, spiegelte dies deutlich wieder. Balin legte ihm unterdessen die Hand auf die gesunde Schulter und redete weiterhin sehr ruhig zu ihm. Ich überlegte hin und her, ob ich mich persönlich bei ihnen als Gerwulf vorstellen sollte oder ob ich wartete, bis mich einer der Zwerge entdeckte. Schließlich wollte ich mich ja nicht gleich verraten. Auserdem brauchte ich zusätzlich noch einen guten, sinnvollen Plan. Bei solchen Spontanaktion von mir, kamen mir meist immer im Nachhinein die besten Ideen. Aber es ließ sich bestimmt wesentlich besser denken, wenn ich meinen Durst gestillt hatte, überlegte ich vor mich hin.

So suchte ich zunächst doch einmal den Thekenbereich auf und bestellte mir zur Tarnung ein alkoholfreies Malzbier. Je geringer ich meinen Alkoholpegel zu Anfang hielt umso besser. Später würde es sicherlich noch zu dem ein oder anderen Problem führen, doch bis dahin hoffte ich, dass ich die Sache aufgeklärt hatte und alles in Butter war.

Gerade als ich die Flasche entgegengenommen und den ersten Zug daraus getan hatte, beendete Bofur seine Gesangseinlage und brüllte: "Die nächste Runde geht wieder auf mich!"

Die Menschen jubelten und der Barkeeper seufzte. Ich grinste innerlich und nahm dies als Gelegenheit wahr, um meine "zwergischen" Fähigkeiten zu testen. Ich schraubte meine Stimme so weit nach unten, dass es sich selbst für mich so anhörte, als spräche ich gerade eher aus meiner Gebärmutter. "Was habt Ihr, guter Mann?", fragte ich in tiefer rauer Tonlage. Er musterte mich und schüttelte nur den Kopf. "Was ich habe? Das geht seit Stunden so. Wenn diese durchgedrehten Kerle so weiter machen, habe ich bald keine Getränke mehr in meinem Kühlanhänger. Wo kommt ihr Zwergenimitatoren eigentlich her?", erwiderte er und musterte mich abschätzig. "Mit denen habe ich nichts gemein. Ich bin eben erst hier angereist", antwortete ich ihm und verzog den Mund dabei zu einer düsteren Miene. "Oh bitte, nicht noch so ein Irrer", murmelte der junge Mann mehr zu sich selbst und wand sich von mir ab, um andere Gäste zu bedienen. Ich grinste kurz verschmitzt, als er mich nicht mehr ansah und nahm noch einen Schluck Malzbier.

Gerade als ich angesetzt hatte, spürte ich wie sich jemand neben mir mit seinen breiten Ellenbogen Platz verschaffte. Ich keuchte kurz von dem unangenehmen Stoß in die Rippen. Meine Flasche fiel mir aus der Hand und verteilte sich sowohl über dem Boden, als auch auf meiner schwarzen Tunika. Grummelnd musterte ich den unhöflichen Rempler. Ausgerechnet Dwalin hatte sich bis zu mir durchgekämpft, um wohl wie andere auch ein normales Bier zu bestellen. Er hielt aber inne und drehte seinen kahlen Schädel in meine Richtung, als er mein unmissverständlich grantiges Grummeln hörte. Kurz drauf hob er verblüfft und gleichzeitig argwöhnisch die Augenbrauen.

"Gibts ein Problem, Bursche?", raunte er und baute sich vor mir auf. "Das will ich meinen", erwiderte ich knapp und verschränkte die Arme vor der Brust, um mich breiter erscheinen zu lassen. Er tat es mir gleich, wobei er ja von Natur aus schon wesentlich breiter war als ich. Doch davon wollte ich mich nicht weiter beeindrucken lassen. "Ich kenn dich zwar nicht, aber wenn du hier Streit suchst, kannst du den gerne haben", meinte Dwalin barsch und machte einen Schritt in meine Richtung. Dabei fixierte er mich scharf mit seinen dunklen Zwergenaugen. Ich verzog keine Miene und blieb schön auf der Stelle stehen und schnaubte. "Wegen Streit war ich eigentlich nicht gekommen. Aber wenn Ihr darauf besteht, werde ich mich nicht zurück halten", antwortete ich ruhig und mit kühlem Blick. Da ich ja bereits schon von Anfang an wusste, dass man Dwalin einfach nur gekonnt die Stirn bieten musste, verwunderte es mich nicht, dass ihn mein Auftreten leicht verwirrte. "Du bist wohl lebensmüde Junge, was?", fragte er ein wenig verunsichert. "Keines Wegs", raunte ich ihn an. "Gut, wie du willst", sagte er und hob plötzlich die Faust. Damit hatte ich nun doch nicht sofort gerechnet. Ich weitete einen Moment die Augen und sah schon diese in Richtung meiner Magengrube rasen, als ihn Bofur mit seinem eigenen Rücken von hinten unachtsam schubste und er nach vorne fiel. Ich machte einen Schritt zur Seite und schon landete der Zwerg auf der Nase.

Ich atmete kurz erleichtert auf und sah dann auf den Boden, wo sich Dwalin fluchend und stöhnend wieder auf die Knie drückte und auf stand. "Bei Durins Bart! Wer war das?", fragte er aufgebracht und warf einen wütenden Blick hinter sich. "Was hast du denn da unten auf dem Boden gemacht, Dwalin?", fragte Bofur, der sich grinsend hinter dem Kopf kratzte. Der Angesprochene funkelte ihn böse an und knurrte: "Was ich da gemacht habe? Du hast verhindert, dass ich dem unverschämten Burschen da eine Lektion erteilen konnte."

"Welcher unverschämte Bursche?", fragte der Zwerg mit der Mütze und sah sich irritiert um. Ich konnte mir während der ganzen Sache leider ein Grinsen nicht verkneifen. Kurz drauf fühlte ich allerdings, wie mich ein kräftiger Männerarm am Krangen griff und direkt vor Bofurs Nase zog. Ich keuchte und musste dabei meinen Samthut festhalten, damit mir dieser nicht vom Kopf rutschte.

"Den Knaben hier meine ich", knurrte der glatzköpfige kleine Mann neben mir und schüttelte mich dabei ordentlich durch. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien und fauchte ihn beleidigt an. "Ich? Ihr wart derjenige, der mein Bier verschüttet hat", knurrte ich und zerrte an seinen harten, wie festgewachsenen Fingern. Bofur kratzte sich fragend am Kopf und musterte mich eingehend. "Sag mal. Du kommst mir irgendwie bekannt vor, Junge. Haben wir uns schon mal gesehn?", fragte er und hob skeptisch die Augenbrauen. "Mit Nichten will ich meinen. An solche wie euch würde ich mich erinnern", knurrte ich und kam immer noch nicht frei.

"Solche wie uns? Wie meinst du das?", fragte er ruhig und ein wenig verwirrt.

"Ich bin bisher noch keinen anderen Zwergen hier begegnet", erwiderte ich langsam und beobachtete seine Reaktion darauf. Er weitete fast sofort die Augen und es war, als würde seine Miene vor Erstaunen und Freude strahlen. Das wirkte sich auch auf seine Stimme aus, die sich fast vor Euphorie überschlug, als er mich weiterhin mit Fragen bombardierte.

"Andere Zwerge? Sag, stammst du von einem Zwergenvolk dieser Welt ab?" Ich nickte nur knapp, da mir Dwalin immer mehr den Kragen zu drückte. Doch bei einem kurzen Seitenblick stellte ich fest, dass er genauso verwundert drein schaute, wie sein Freund.

"Sonderbar. Cuna hat uns immer gesagt, es gäbe hier keine anderen Zwerge. Wie ist dein Name, Junge?", fragte Bofur und lächelte mich freundlich an. "Ich werde ihn euch nennen, wenn mich Euer Freund los lässt", erwiderte ich und spürte, wie mir nun doch langsam die Luft weg blieb.

"Pah. Das könnte dir so passen. Du nimmst doch die Beine in die Hand, wenn ich dich los lasse", knurrte mir Dwalin ins Ohr und drückte noch einmal fester zu.

"Nein. Nein. Ich schwöre es euch. Ich werde hier bleiben", röchelte ich vor mich hin. "Nun lass ihn schon los, Dwalin. An einem ruhmreichen Tag wie heute, wollen wir doch nicht mit Anderen streiten", forderte der dunkelhaarige Mützenzwerg freundlich. Dwalin warf ihm einen kurzen Seitenblick zu bevor er mich wieder ins Visier nahm. "Ich behalt dich im Auge, Bursche", fauchte er mir mit scharfem Ton zu und stieß mich schließlich von sich weg. Ich keuchte und rang nach Luft. Das war gerade noch mal gut gegangen. Noch einmal sollte ich Dwalin nicht auf dem falschen Fuß erwischen, solange ich in dieser Verkleidung herum lief, die ich mir nun richtete. Neben mir wippte der Zwerg auch gerade ungeduldig mit besagtem Fuß herum und verschränkte die Arme vor der Brust. "Also? Wie lautet nun dein Name, Bürschlein?", fragte dieser dann, als ich mir für seine Begriffe zu viel Zeit ließ. "Man nennt mich Gerwulf", erwiderte ich knapp. "Gerwulf. Und wer ist dein Vater?", fragte Bofur neugierig.

Nun musste ich kurz schlucken. Verdammt, darüber hatte ich mir ja überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich musste mir schleunigst etwas aus den Fingern saugen, was sich auf meinen Namen irgendwie reimte, da es bei Zwergen ja in vielen Fällen so üblich war. Doch das Einzige, was mir gerade in den Sinn kam, war die Sage über einen skandinavischen Helden, der zum König seines Volkes wurde, indem er einen Menschenfresser und dessen Mutter erschlug. Vermutlich wäre dieser am sinnvollsten, dachte ich, bevor ich ihn den Beiden nannte.

"Mein Vater war, Beowulf", antwortete ich und versuchte meine Unsicherheit mit einem Husten zu überdecken. Wie zu erwarten sagte ihnen der Name natürlich nichts, worüber ich innerlich sehr dankbar war. Stattdessen nickten sie nur mehr oder weniger zufrieden. Wobei Bofur wesentlich zufriedener wirkte als Dwalin.

"Also gut. Gerwulf, Sohn Beowulfs. Wie wäre es, wenn wir den Streit vergessen und ein paar Biere zusammen trinken. Dann kannst du uns von deinem Volk hier erzählen", meinte der Zwerg mit der Mütze und klatschte mir heftig auf die Schulter. Ich versuchte ein Keuchen zu unterdrücken und stimmte einfach nickend zu. Wenig später fand ich mich mit einem normalen Bier in der Hand auf dem Weg zum Tisch der Zwerge wieder, die alle samt lachend und trinkend beisammen saßen.

Als wir sie erreichten, hob Bofur die Hand und schob mich nach vorne. "Freunde, seht mal her!", rief er aus und deutete mit seiner Bierflasche auf mich. Die Gruppe verstummte jäh und alle Augen richteten sich auf mich. Einige musterten mich mit zusammen gezogenen Augenbrauen, anderen klappte kurz der Mund vor Erstaunen auf. "Wen bringst du uns da, Bofur?", fragte Balin ruhig und lächelte mich freundlich an.

"Freunde, wenn ich euch vorstellen darf. Das ist Gerwulf, Sohn Beowulfs. Denkt euch nur. Er gehört tatsächliche einem Zwergenvolk dieser Welt an. Wir sind hier nicht allein. Wir haben Verwandte gefunden!", rief er aus und drückte mir fest die Schulter. Sofort brach aufgeregtes Gemurmel am Tisch los. Einige Gesichter begannen zu strahlen und ehe ich es mich versah verfrachtete man mich auf einen Stuhl. Alle versammelten sich um mich herum und beobachteten mich, wie das letzte Stück einer köstlichen Torte. Doch wo mich alle so erwartungsvoll anstarrten, überkam mich das leidige Gefühl, dass ich vielleicht zu diesem Zeitpunkt schon irgendwo zu weit gegangen war. Leider konnte ich mich nun nicht mehr aus der Affäre ziehen. Ich musste also das Spiel so weiter treiben, bis ich mich von ihnen verabschiedete. Und das würde gewiss noch einige Zeit dauern.

Der Einzige, der die Freude der anderen Zwerge allerdings nicht teilte, war zweifellos Thorin, dem ich gegenüber gesetzt worden war. Er hob skeptisch eine Augenbraue und musterte mich abschätzig über den Tisch hinweg, wobei er auch den Kopf leicht zur Seite neigte. Er nahm seine Bierflasche auf, nippte einmal kurz daran und stellte sie dann langsam wieder zurück auf den Tisch. Seine blauen Augen bohrten sich in die meinen und suchten nach der einen Spur von Lüge, die ich ihnen da zweifellos auftischte. Zunächst herrschte nur eiskaltes Schweigen zwischen uns und wir führten einen kleinen Anstarrwettbewerb, den er allerdings zuerst beendete, indem er ungewöhnlich ruhig und freundlich zu mir sprach: "Nun. Sei uns Willkommen Gerwulf, Sohn Beowulfs. Es ist uns eine große Freude hier in Terra-Gaia auf Mitglieder unseres Volkes zu treffen. Sagt, wo genau kommt Ihr her?"

Wieder musste ich schlucken. Herr je, ich war gar nicht auf dieses Frage-Antwortspiel vorbereitet. Das hatte ich mir zuvor ganz anders vorgestellt. Nun musste ich mit einigen Sachen sehr improvisieren, sodass ich das Vertrauen aller hier für mich gewann.

Aber vorher nahm ich einen kleinen Schluck aus der Bierflasche, damit ich etwas Zeit zum Nachdenken hatte. Ich unterdrückte es mein Gesicht angewidert zu verziehen, als der bittere Gerstensaft meine Zunge berührte und mir die Kehle hinab rann. Zum Glück hatte ich früher in Erdkunde immer die besten Noten. Von daher fand ich auch recht schnell ein passendes Gebirge, aus dem der gute Gerwulf stammen konnte. Nachdem ich das Bier dann abstellte, hatte ich schon die passende Antwort parat, auch wenn es die vermutlich Lächerlichste war, die man sich als Mensch nur ausdenken konnte. "Mein Volk stammt aus dem Siebengebirge", erzählte ich ruhig.

Ich sah wie der Zwergenkönig ruhig nickte und mit seiner Fragerunde fort fuhr.

"Das Siebengebirge also. Ist das weit von hier?", hakte er nach.

"Nein, ein paar Tagesreisen zu Fuß. Von hier aus Südlich gelegen", meinte ich und zuckte dabei mit dem Kopf etwas nach rechts.

"Ein weiter Weg für Euch, nehme ich an. Was genau führt euch her?", fragte Thorin und beugte sich dabei interessiert vor.

"Ich erhielt die Kunde, dass sich hier fremde Zwerge aufhalten sollen. Also bin ich diesen Gerüchten gefolgt und fand schließlich euch hier", entgegnete ich bedächtig.

Thorin nickte immer wieder während meinen Antworten. Er schmunzelte zwar von mal zu mal mehr, ließ aber dennoch nicht wirklich durchblicken, was er gerade dachte. Er hatte einfach das perfekte Pokerface entwickelt, auf das vermutlich der geschickteste Trickbetrüger stolz gewesen wäre. Anders erging es da mir. Ich wurde von Frage zu Frage nur noch nervöser und versuchte so gut es ging nicht unruhig auf meinem Stuhl herum zu rutschen. Den anderen Männern schien das gar nicht aufzufallen, da diese hinter meinem Rücken und neben mir in aufgeregtes Gemurmel ausgebrochen waren.

Sie waren, von dem was ich an Wortfetzen mitbekam, mehr als nur begeistert davon Gerwulf kennen lernen zu dürfen. Thorin verfiel nach meiner letzten Antwort in ein nachdenkliches Schweigen, lehnte sich zurück und strich sich dabei über den dunklen Bart. Das sorgte allerdings dafür, dass sich nun die restlichen Zwerge in das Gespräch mit einmischten und mir fleißig Fragen um die Ohren warfen, die ich irgendwie beantworten musste. Darunter natürlich auch diese allgemein gehaltenen. "Wie alt seid Ihr?", "Gibt es noch andere Eures Volkes?" und so weiter. Dann gab es wiederum etwas tiefer gehende Fragen über meine beziehungsweise Gerwulfs Familie. So fragte Kili neugierig: "War dein Vater ein großer Mann? Also ich meine, hat er große Taten vollbracht?"

Zum Glück hatte ich einmal eine kleine Abhandlung über den Helden Beowulf gelesen und hatte noch einige Textstellen im Kopf, die ich so umformulieren konnte, als würde ich tatsächlich über meinen Vater berichten.

"Nun, mein Vater war der größte Held meines Volkes. Er zog einst in den hohen Norden mit Vierzehn seiner Gefolgsleute um einem befreundeten König zu Hilfe zu eilen, dessen Volk von dem blutrünstigen Troll Grendel nach und nach aufgefressen wurde. Die Bestie hatte bereits den halbe Hofstaat des Königs verschlungen, als mein Vater mit seinen Mannen eintraf. Sie entwickelten einen raffinierten Plan um den Troll in eine Falle zu locken. So warteten sie eines Nachts darauf, dass Grendel aus seinem Loch hervor gekrochen kam. Vater hatte sich mit seinen Männern zum Schlafen in den großen Thronsaal des Schlosses gelegt, um dort bis zu seinem erscheinen auszuharren. Als der Troll den Raum betrat, verschlang er zunächst einen unserer Männer, der eingeschlafen war. Daraufhin stürzte Vater sich auf ihn, ergriff den gewaltigen Arm der Bestie und rang mit diesem so unerbittlich, dass das ganze Schloss bebte. Seine Gefolgsleute versuchten ihm mit ihren Schwertern zu Hilfe zu kommen. Doch leider erfolglos. Irgendwann während dieser Rangelei, gelang es Vater dann der Bestie einen Arm aus zu reißen, welche danach tödlich verwundet in seinem Sumpf zurück kehrte und dort elendig verreckte", erzählte ich den staunenden Zwergen ruhig. "Er hat dem Troll den Arm mit bloßen Händen ausgerissen?", fragte Ori mit ehrfürchtiger Stimme.

Ich nickte, räusperte mich kurz und leerte inzwischen meine dritte Bierflasche. Direkt bekam ich die Vierte zugeschoben, die ich mit einem eher widerwilligen "Danke" von Bombur entgegen nahm. Langsam musste ich vorsichtig sein, da ich bereits schon die leichten Auswirkungen des Alkohol zu spüren bekam. Ich konnte nur hoffen, dass ich mich bald von dort lösen und verschwinden konnte, ehe jemand merkte, dass ich ihnen da einen gewaltigen Bären aufgebunden hatte. Aber das war leichter gesagt als getan. Immer noch bestürmten sie mich mit Fragen, die ich klar und deutlich beantworten musste, um nicht aufzufallen. Die Schwierigkeit an der Sache war nur eben, dass ich einfach nicht mehr "Klar" im Kopf war. Ich lallte an einigen Stellen schon ein wenig vor mich hin und geriet auch immer wieder in vereinzelte Kicheranfälle, wenn irgendetwas in der Nähe passierte oder gesagt wurde.

Meine Selbstbeherrschung rutschte mal wieder in Richtung Nullpunkt. Lange würde ich diesem Marathontrinken nicht mehr stand halten können. Vor allem, da ich mühe hatte meine Stimme so schön tief zu halten, dass sie mich nicht als Frau erkannten. Doch ich bemerkte am Rande, dass die Zwerge auch nicht mehr ganz die Nüchternsten waren, was sich auch in deren Verhalten widerspiegelte. Sie rangelten viel mehr untereinander, schubsten sich gegenseitig von den Barstühlen und lachten überschwänglich laut über die Missgeschicke der Anderen. Nun wäre eigentlich der passende Zeitpunkt erreicht gewesen, in dem ich mich hätte davon machen können, ohne das es auffiel. Doch der gute Bofur legte mir einen Arm um die Schulter und nuschelte mir so laut ins Ohr, dass ich fürchtete mein Trommelfell würde bald davon Platzen. "Sag mal, mein lieber Gerwulf. Wie is das eigentlich bei deinem Volk. Habt ihr ein paar schöne Traditionen, wie man Freundschaften besiegelt? Es würd mich wirklich interessieren", fragte er und grinste mich an. Ich legte den Kopf leicht schief und schielte ihn etwas verwirrt an. Ausgerechnet in diesem Augenblick kam er auf diese fadenscheinige Idee mich nach Freundschaftstraditionen zu fragen. Nun musste ich meine wenigen grauen Zellen, die noch arbeiteten dazu anhalten mir erneut etwas aus den Fingern zu saugen. Zum Glück kam mir noch eine Idee und dies war vielleicht das Gemeinste, was ich den Herren je antun konnte.

Aber wenn sie Traditionen wollten, dann sollten sie diese auch bekommen. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste. Ich warf Bofur ein breites Grinsen zu und erklärte ihm dann die wohl beste Tradition, die meine Welt zu bieten hatte. "Also, mein Bester. Es gibt eine, die sich hier wahrlich großer Beliebtheit erfreut. Sie ist die Älteste aller Traditionen und gehört eigentlich zu jeder guten Feier dazu. Wir nennen dies das 'Bruderschafts-trinken' ", erklärte ich mit lallender Stimme.

"Bruderschafts-trinken? Wie macht man das?", kam es von meiner anderen Seite an der Nori saß und unserem Gespräch lauschte. Ich kicherte und hob meinen ausgestreckten Finger ganz weit nach oben, wie in der Schule, wenn ich mich zu Wort melden wollte, bevor ich anfing meinen Plan zu erläutern: "Also, das is ganz einfach. Es stellen sich zwei Männer gegenüber. Jeder hat ein Bier in der rechten oder Linken Hand. Sie gehen aufeinander zu, verschränken die Arme über Kreuz und jeder trinkt aus seiner eigenen Flasche bis sie Leer ist. Dann wird es erst interessant. Die Beiden müssen die Arme senken ohne sich voneinander zu lösen und dann Küssen."

Nachdem ich das letzte Wort gesagt hatte, wurde es mit einem Mal totenstill am Zwergentisch. Alle bärtigen Gesichter wanden sich mir zu und musterten mich, als hätte ich unwillkürlich meinen Verstand verloren. "Soll das jetzt ein Scherz sein, Junge?", fragte Dori mit ungläubiger Miene über den Tisch hinweg und legte den Kopf leicht schief. Ich schnaubte nur spöttisch und nippte an meiner Flasche. "Ihr habt mich nach unseren Traditionen gefragt. Wenn sie euch nicht zusagen, soll es mir persönlich egal sein. Aber wundert euch nicht, dass ihr hier weiterhin wie Fremde behandelt werdet, weil ihr diesen Ritus nicht durchgeführt habt", erwiderte ich schulterzuckend.

Nun konnte ich beobachten, wie sich die Herren reihum fragende bis vielsagende Blicke zu warfen. Sie wogen offenbar die Eventualitäten zwischen dem Akzeptiert werden und ihrer eigenen Hemmschwelle bezüglich dem Küssen anderer Männer ab. Ich konnte schon fast hören, wie sie anfingen mit den Zähnen zu knirschen bei dieser Vorstellung. Manch einer schüttelte kurz den Bart und verzog angewidert das Gesicht. Ich amüsierte mich innerlich inzwischen sehr über das Unwohlsein der Zwerge und nahm einen tiefen Zug aus der Flasche.

Irgendwann rang sich dann Bifur dazu durch das Wort an mich zu richten. "Also habe ich dich richtig verstanden, Bursche. Die Männer küssen sich, nachdem sie ihr Bier gemeinsam geleert haben?", hakte er noch einmal nach. "So ist es. Ihr habt es erfasst", erwiderte ich knapp. "Diese vermaledeite Welt mit ihren abartigen Traditionen. Wären wir doch nie her gekommen", raunte Gloin und erntete einige zustimmende Worte der Anderen.

"Nun, auf Fremde wie euch mögen unsere Traditionen nicht gerade einladend wirken. Dennoch sind sie ein großer Bestandteil unseres Lebens hier. Aber vielleicht, um euch die Sache zu erleichtern, könntet ihr ja unseren Ritus zunächst untereinander durchführen", schlug ich vor und versteckte mein leicht böses Grinsen hinter dem Flaschenhals meines Bieres. Nun wurden wieder Blicke getauscht, die noch viel verwirrter waren als die vorherigen. Doch dieses mal fanden sie schneller wieder zu Wort. "Ich weiß ja nun wirklich nicht, was ich davon halten soll", grummelte Dwalin vor sich hin und drehte seine Flasche zwischen den schweren Händen.

"Nun, freilich. Niemand zwingt euch dazu dies zu tun. Doch ich hatte von meinen Verwanden schon ein wenig mehr Aufgeschlossenheit bezüglich unserer althergebrachten Traditionen erwarten", meinte ich gelassen. Nachdem ich dies gesagt hatte, kam dann doch Bewegung in die Gruppe. "Also gut. Dann fangen wir am besten an", kam es von Kili, der sich erhob und seinen Bruder auffordernd ansah. Fili hob skeptisch die Augenbrauen. "Bist du dir da sicher, Bruder?", fragte er und warf mir dabei auch einen kleinen Seitenblick zu. "Ach, jetzt hab dich nicht so. Wir wollen Gerwulf doch nicht beleidigen", erwiderte der junge dunkelhaarige Zwerg. Sein Bruder gab ein langgezogenes Seufzen von sich und kam langsam auf die kurzen Zwergenbeine. Beide nahmen ihre Bierflaschen in die rechte Hand und sahen noch einmal fragend zu mir herüber. Ich erhob mich ebenfalls und begann ihnen für den "Ritus" die Instruktionen zu geben. "Verschränkt nun die Arme miteinander in der ihr die Flaschen haltet. Absetzen ist im übrigen nicht erlaubt. Das bringt Unglück", erklärte ich und sah dabei zu, wie die Jungs ihre Arme übereinander Schlugen. Beide sahen sich kurz schluckend an und setzten die Flaschen an die Münder. "Nun, dann lasst uns mit dem 'Bruderschafts-trinken' beginnen", verkündete ich recht laut, sodass sich einige Menschen in der Nähe zu uns umdrehten. Sofort warfen die Beiden ihre Köpfe so weit es ihnen unter diesen Gegebenheiten möglich war in den Nacken und sogen Zug um Zug aus den gläsernen Behältern heraus. Unter den umstehenden Schaulustigen brach binnen weniger Sekunden ein Schwall von Anfeuerungsrufen los, der lauter und lauter wurde je mehr sich die Flaschen leerten. Dann setzten beide ab und atmeten erst einmal tief durch.

Wieder warfen sie mir fragende Blicke zu und ich erklärte den weiteren Verlauf. "So, da ihr nun gemeinsam euer Bier gehoben und geleert habt, ist es nun brauch eurem Gegenüber drei mal die Brüderlichkeit zu bekunden. So küsst euch einmal lauf die linke, dann auf die recht Wange und schließlich zu guter Letzt auf den Mund, um es zu besiegeln", sagte ich ein wenig lauter, da die Menge nun doch recht angeheizt war. Ich musterte die jungen Zwergenbrüder und sah wie sie beide kurz schluckten und seufzten. Dann ging alles recht schnell. Sie berührten sich einmal Links und einmal rechts auf den Wangen mit ihren Lippen. Zum Schluss schlossen beide die Augen und drückten ihre Münder fest aufeinander.

Augenblicklich brach im halben Zelt Gekreische und Gegröle aus. Vor allem die Mädchen schienen bei diesem Anblick schier den Verstand zu verlieren. Doch das Vergnügen dieses Momentes währte nicht lange, denn schon lösten sich die Jungs wieder voneinander und sahen sich mit bedröppelten Gesichtern an. Ich grinste und verkündete dann: "Nun ist Bruderschaft geschlossen und wird bleiben zwischen euch immer dar."

Sie atmeten erleichtert durch und bekamen von allen Seiten Schulterklopfen der Umstehenden. Als der Rest der Gruppe das bemerkte, wurden auch plötzlich diese vom Mut der Beiden angespornt und versuchten sich ebenfalls in diesem Ritus.

Ich jubelte innerlich triumphierend, als ich sah, wer sich alles dazu durch rang dem Anderen seine Bruderschaft auf diese Art und Weise zu bekunden. Nicht einmal der sonst so widerspenstige Gloin entzog sich der Prozedur und vollzog die Abläufe mit seinem leiblichen Bruder Oin.

Das ganze Zelt war nach der Vorstellung in absoluter Hochstimmung, bis ein vor entsetzen lauter Aufschrei über unsere Köpfe hinweg rauschte. "WAS IN DURINS NAMEN GEHT HIER VOR?!", brüllte jemand direkt hinter meinem Rücken und ließ mich heftig zusammen fahren. Unwillkürlich hielten alle inne und richteten ihr Augenmerk auf mich, beziehungsweise hinter mich, wo ich deutlich einen heißen Atem im Nacken spüren konnte, der in kurzen Abständen auf meine Haut traf. Ich schluckte einen Augenblick und drehte mich dann ganz vorsichtig um.

Wutentbrannt blickten mir die eisblauen Augen des Zwergenkönigs entgegen. Während der ganzen Prozedur und den Stunden, die offensichtlich vergangen sein mussten, war mir gar nicht aufgefallen, dass er sich heimlich davon gestohlen hatte und nun wieder zu uns kam. Verschreckt von seinem plötzlichen Erscheinen hinter mir, wich ich ein Stück von ihm weg und stieß dabei mit dem Rücken gegen den Tisch. Er fasste mich scharf ins Auge und machte einen Schritt auf mich zu. Ich klammerte mich mit beiden Händen an der Tischkante fest und grinste ihm unsicher und verlegen ins Gesicht. "Was hast du hier mit meinen Männern angestellt, Bursche?", fragte er fauchend und mit sehr schneidendem Ton. Sein Auftreten hatte mich schlagartig nüchterner werden lassen, da ich einen Hauch von Gefahr in der Luft spürte. Ich musste Thorin so gut ich konnte mit einer Erklärung der Sachlage beschwichtigen, die ihm hoffentlich zusagte. Doch gelang es mir nicht wirklich meine Unsicherheit zu verbergen.

"Ich ähm. Nun ja. Ich habe ihnen unsere Traditionen näher gebracht, Herr. Ein alter Brauch nachdem man mit den jeweils anderen einen brüderlichen Bund eingeht, der den Rest den Lebens bestehen bleibt", erklärte ich ihm kleinlaut und bemüht meine Stimme nicht höher zu schrauben.

Er hob eine Augenbraue und straffte sein Gesicht. "Sieh an. Eine alte Tradition dieser Welt. Währt Ihr dann so gütig mir diese ausführlicher zu erläutern?", fragte er in einem sehr gefährlich klingenden ,sanften , süßlichen Ton. Meine Antwort kam nur sehr stotternd und verlegen aus meinem Mund, da er mir nun tatsächlich einmal mehr eine gewisse Angst einjagte. "Also. Also es ist so. Zwei Männer stehen sich gegenüber und. Und halten jeweils ein Getränk in der rechten oder der linken Hand. Dann gehen sie aufeinander zu, kreuzen diese übereinander und trinken jeweils aus der eigenen Flasche. Nachdem die Flasche in einem Zug geleert wurde nimmt man die Arme runter und küsst sein Gegenüber einmal auf die linke, dann die rechte Wange und schlussendlich auf den Mund um den Ritus abzuschließen", stammelte ich hastig vor mich hin.

Der Zwergenkönig senkte seine Augenbraue langsam und sein Gesicht verfinsterte sich deutlich. "Und das ist alles? So ist es brauch bei euch?", hakte er nach. Ich nickte, wobei es eher nur ein kurzes Zucken mit dem Kopf war. "Wohl an. Wenn es brauch ist, dann will ich nicht gegen die Sitten Eures Landes verstoßen", gab er ruhig von sich, hob seinen nicht verwundeten Arm, um Bombur heran zu winken, der mal wieder das Bier in seinem Bart herum transportierte und nahm sich zwei Flaschen heraus. Die Eine behielt er selbst, die Andere streckte er mir entgegen. Verunsichert schaute ich zur Flasche, dann in sein ernstes Gesicht und wieder zur Flasche. Ich hielt kurz den Atem an. Nun hatte ich wortwörtlich verschissen. Er bot mir tatsächlich an auf Bruderschaft zu trinken. Doch ausnahmsweise verzehrte es mich dieses mal nicht danach von seinen Lippen kosten zu dürfen. Stattdessen hatte ich eher das Bedürfnis schreiend vor Panik aus dem Zelt zu rennen, aus Furcht was danach kommen würde. Denn zweifellos wäre dann meine Maskierung endgültig aufgehoben.

Doch konnte ich mich unmöglich dem entziehen, was mir da bevor stand, wo aller Augen so erwartungsvoll auf mich gerichtet waren. "Was ist nun? Wollt Ihr Eurer eigenen Tradition nicht genüge tun Gerwulf, Sohn Beowulfs?", fragte Thorin langsam ungeduldig werdend. Ich räusperte mich kurz und hob dann unsicher und zitternd die Hand, um nach der Flasche zu greifen. "Ähm. Selbstverständlich nicht. Ich hatte nur nicht erwartet, dass Ihr Euch bereits jetzt schon dafür entscheiden würdet dieses Bündnis zu schließen", sagte ich mit einem Anflug von verzweifeltem Wagemut in der Stimme.

"Warum sollte ich nicht? Dann lasst uns beginnen, Gerwulf", meinte er und hielt mir seinen linken Arm hin.

Ich schaute noch einmal kurz darauf und schlang dann den Meinen langsam drum herum. So verhakten wir uns ineinander und setzten die Biere an den Mund. Ich sendete tausende von Stoßgebeten in den Himmel, dass ich das darauffolgende Donnerwetter überleben würde und begann das Zeug mit den erneut anschwellenden Anfeuerungsrufen hinunter zu kippen. Eigentlich wollte ich mir Zeit lassen mit dem Trinken, doch ich wusste, je schneller ich diese Prozedur hinter mir hatte, umso eher würde auch der bevorstehende Krach wieder vorbei sein.

So setzten wir fast gleichzeitig die Flaschen wieder ab und sahen uns lange an.

Nun kam der entscheidende Augenblick, aus dem es kein entkommen für mich geben würde. Ich musste noch einmal ganz tief durchatmen und neigte dann meinen Kopf nach vorne. Thorin tat es mir gleich und berührte mich erst auf der linken Wange, dann auf der rechten. Sein dunkler Bart strich mir sanft über die bemalte Haut und kribbelte an den Stellen, die er berührte. Sofort wurde mir wieder heiß und kalt. Nun kam das große Finale. Der Kuss, der den Ritus abschließen sollte. Ich hatte ihn zwar schon einige Male geküsst in den vergangenen Stunden, doch war ich bei keinem bisher so aufgeregt und nervös gewesen wie bei diesem.

Nun näherten sich unsere Gesichter ein drittes Mal einander. Ich behielt die Augen offen, um ihn dabei zu beobachten. Dann drückten sich seine weichen Lippen ganz sanft und vorsichtig auf die Meinen. Um uns herum brach wieder Gegröle und Gekreische aus, wie zuvor bei den Anderen. In meinem Kopf schien alles zu verschwimmen. Mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust und ich versuchte verzweifelt dagegen anzukämpfen den Kuss nicht inniger werden zu lassen. Doch da brauchte es mich gar nicht für. Dafür sorgte mein Gegenüber. Thorins blaue Augen trafen auf meine und schlossen sich halb. Ich spürte, wie er an meinem Mund zaghaft lächelte. Das Nächste was ich mitbekam war, dass er mich plötzlich nach hinten an den Tisch drängte von dem ich mich eigentlich gelöst hatte. Mein Rücken stieß gegen die Kante und ich weitete erschrocken die Augen. Ehe ich mich versah, pochte da eine sanfte, aber fordernde Zunge gegen mich und bat stumm um Einlass. Ich keuchte kurz auf, was der Zwergenkönig nutzte, um sich mehr oder weniger gewaltsam Einlass in meinen Mund zu verschaffen.

Schlagartig verdrehten sich meine Augen und meine Hand löste sich von der leeren Flasche die scheppernd auf den Boden fiel. Dies wurde von einem zweiten Scheppern gefolgt und schon spürte ich, wie sich Thorins Arm aus unserer Verknotung löste und meine Hüfte packte. Diese zog er fest an sich heran, sodass sich einmal mehr unsere Gürtellinien streiften. Meine Sinne spielten immer mehr verrückt. Oben war unten, links war rechts und schwarz war weiß.

Ich nahm verschwommen war, wie seine Männer um uns herum anfingen entsetzt aufzukeuchen und sogar Flüche vor sich hin zu murmelten. Die Rufe der Menge wurden immer lauter, je länger dieser heiße, innige Kuss anhielt. Unterdessen hatte ich den Kampf mit meiner Selbstbeherrschung verloren. Mein rechter Arm schlang sich in Thorins Nacken, der andere legte sich sanft an seine Brust, knapp unter der verwundeten Schulter. Verdammt, dieser Mann hatte wirklich schnell gelernt, wie er jemanden um den Verstand bringen konnte. Und sein zufriedenes Brummen, als ich ihn sanft zu kraulen begann, machte es nur noch schlimmer. Doch im Gegensatz zu mir, war er wohl noch etwas mehr bei sich.

Das merkte ich, als er seinen Mund nach dieser gefühlten Ewigkeit wieder von meinen Lippen löste und ich völlig erschöpft meinen Kopf auf seine gesunde Schulter verfrachtete. Meine Beine waren kurz davor nach zu geben, doch sein Arm um meine Hüfte hielt mich aufrecht und fest an sich gepresst. Meine Gedanken drehten sich. Ich war ausgelaugt und mit den Nerven mehr als nur am Ende. Ich hatte ihm einfach nichts entgegen zu setzen gehabt. Es war überdeutlich, dass ich diesem Mann, egal in welcher Form, einfach nur verfallen war wie keinem anderen.

Inzwischen wurde Thorin von seinen eigenen Männern mit mehr als entsetzten Fragen bestürmt. "Thorin. Bei Durins Bart. Hast du den Verstand verloren?", fuhr ihn Dwalin an. "Ist dir nicht klar, was geschehen wird, wenn Cuna davon erfährt, dass du solche Zärtlichkeiten mit einem anderen Mann ausgetauscht hast?", kam es von Fili, dem sein Bruder nur beipflichtete. Ich hörte den Zwergenkönig sanft an meinem Ohr kichern und spürte, wie er den Kopf etwas anhob und leicht hin und her bewegte, um wohl alle einmal anzusehen. "Was ist daran denn nun so lustig?", fragte Bofur mit verwirrter Stimme.

"Ich brauche es Cuna gar nicht zu sagen", meinte er knapp. "Aber sie wird es mit Sicherheit von irgendwem hier erfahren. Das wird ihr das Herz brechen", kam es aufgebracht von Ori.

Thorin allerdings lachte nun etwas lauter und antwortete langsam. "Sie braucht es nicht zu erfahren. Sie weiß es schon längst", sagte er gelassen. "Sie weiß es? Woher? Wo ist sie denn? Ist sie etwa hier?", fragte Nori ungeduldig.

Ich spürte, wie mir langsam wieder das Unbehagen durch die Adern floss und meine Arme ein wenig mehr verkrampfte. Doch der Zwergenkönig legte mir unerbittlich seinen Mund ans Ohr und sprach gerade so laut hinein, dass die Anderen es auch gut und deutlich hören konnten.
 

"Oh ja, sie ist hier. Hab ich recht? Gerwulf?"
 

- 53. Der Fremde namens Gerwulf / ENDE -


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja Hallo meine Lieben Leserinnen und Leser und Frohe Weihnachten allerseits.

Na seid ihr auch fleißig beschenkt worden?^^
Ich hoffe doch sehr. Mein Geschenke hatte ich ja schon vor Weihnachten bekommen. Einmal der Kinobesucht von "Der Hobbit- Schlacht der fünf Heere". Und von meinem allerliebsten Schatz meinen Persönlichen Zwergenkönig in einem Legobauset! Ach ich liebe meinen Mann so sehr dafür. *schmacht*
Aber für euch habe ich ja mit diesem Kapitel hier ja auch eine nette Kleinigkeit. Ich hoffe natürlich wie immer, dass es euch gefallen hat und freue mich schon darauf weiter zu schreiben.
Ich danke auch allen für die vielen Weihnachtswünsche und die Abos auf diese FF. Es inspiriert mich sehr zu sehen wie es euch gefällt. ^^
Dann bis zum nächsten mal.

Liebe Grüße Eure Virdra-sama Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2016-07-27T13:59:19+00:00 27.07.2016 15:59
Hi,
ach du Schande, das war doch klar das Thorin sie erkennen würde. Aber das mit Dwalin war schon sehr knapp. Oh man die Arme, jetzt muss sie vor allen anderen Zwergen Rede und Antwort stehen und das diese nicht gerade begeistert ist das kann ich mir denken. Na hoffentlich können sie ihr doch nochmal verzeihen.

LG Pellenor
Antwort von:  Virdra-sama
27.07.2016 16:03
Hallöchen,

tja spätestens bei dem Kuss hat er sie erkannt. Ich denke zu 100% sicher war er dahingehend doch eher nicht. Aber nun ist die Katze quasie aus dem Sack. Bei ihrer Erklärung muss sie wirklich genau aufpassen was sie sagt. Denn niemand sollte Zwerge reinlegen oder wütend machen. Das endet nur sehr böse.
Doch Cuna weiß schon, wie sie das hinbekommt. :D

LG Virdra-sama
Von: abgemeldet
2016-04-01T18:17:06+00:00 01.04.2016 20:17
Huhu,
nee oder? Cuna hätte es doch wissen müssen das Thorin ihr auf die Schliche kommt. Na wenn die anderen Zwerge erfahren wer Gerwulf wirklich ist, würde es mich nicht wundern wenn sie sehr ungehalten reagieren. Oder sogar Handgreiflich werden. Diese Sache ging ja mal so richtig nach hinten los. Bin sehr gespannt wie sie sich da wieder raus manövriert und ob die Zwerge ihr das je vergeben können. Ich denke da gerade an das Piratenspiel, da haben sie ja gezeigt das die Herren keinen Spaß verstehen zumindest keinen Menschlichen.

Was für ein Kapitel.

LG Anduril
Antwort von:  Virdra-sama
02.04.2016 01:48
Hallöchen,

Tja Cuna unterschätzt den werten Zwergenkönig gelegentlich. Besonders wenn sie denkt, dass die Herren schon so einen im T haben, dass die eh nichts checken. Bei Thorin hat sie nunmal schlechte Karten und die Fragerunde hat der Mann auch nicht ohne Grund bei ihr veranstaltet. Eigentlich wollte sie sich ja nicht so direkt unter sie mischen, sondern nur von Außen ein bisschen zusehen und herumlaufen.
Dumm dass sie in Dwalin reingelaufen ist und der ihr fast wieder die Nase neu ausgerichtet hätte.
Dass die Herren nach der nun folgenden Enthüllung nicht sehr gut auf sie zu sprechen sein werden, ist abzusehen. Ich verrate aber jetzt nicht mehr. Wie immer damit es spannend bleibt. :D

LG Virdra-sama
Von:  ai-lila
2016-03-01T06:48:32+00:00 01.03.2016 07:48
Hi~~

Och nö~
diese Geschichte geht doch sicher wieder nach hinten los.
Auch wenn ich, das ganz sehr lustig finde...
die Herrn Zwerge, haben in vielen Dingen einen gaaaanz anderen Humor, bis gar keinen. *seufz*
Ist aber süß von denen, das sie sich um Cuna sorgen. Wenn die von den "Entgleisungen" des Königs
erfährt.
Okay~ auch Thorin hatte seinen Spaß an der Sache. ^^

Schönes Kapi. ^^
LG Ai
Antwort von:  Virdra-sama
01.03.2016 08:57
Huhu,

also nach hinten los gegangen ist die Aktion ja bereits. Es kommt jetzt nur noch drauf an, wie die Männer die "Enthüllung" hinnehmen.
Sicher, Thorin hatte seinen Spaß dabei, aber er wird es nicht hinnehmen, dass Cuna sich einfach erdreistet hat, ihn und seine Männer an der Nase herumzuführen. Wenn es eine Sache gibt, die Zwerge noch mehr hassen als Diebe, dann sind es Betrüger.
Ich kann dir aber versprechen, dass irgendwann am Ende doch wieder alles gut wird. Naja, zumindest für einen Teil der Mannschaft.

LG Virdra-sama
Von:  Arthuria_Kingsley
2014-12-25T21:12:20+00:00 25.12.2014 22:12
Super tolles Kapitel. Hab mich sehr gefreut <3
Und die Reaktion von Thorin am Ende einfach klasse .
Ich freue mich immer wenn ich ein Kapitel lesen kann von dir *grins* mach weiter so !!! ^-^
LG Arthuria
Antwort von:  Virdra-sama
25.12.2014 22:28
Vielen lieben dank. Das Motiviert mich doch immer wieder :D


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