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Dear Junk

Kazzy's Vorgeschichte
von

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Eye to eye with a muzzle

J kniete sich vor Kazzy und hielt ihm ein Glas mit klarem Leitungswasser hin.

Der Jüngere jedoch saß nur zitternd und zusammengekauert mit dem Rücken an die Wand gepresst in Joe's Wohnzimmer und fuhr sich unentwegt mit den Händen über das Gesicht. J's Angebot registrierte er gar nicht.

Joe knallte indes entnervt den Telefonhörer auf die Gabel. „Sie nimmt nicht ab!“, fauchte er frustriert, mehr zu sich selbst als zu den anderen beiden.

J drehte seinen Kopf in die Richtung des Leaders. „Glaubst du wirklich, Lucifer ist 'ne gute Idee für ihn?“

Der Lockenkopf stapfte unruhig in seiner Wohnung auf und ab. „Er kann nicht mehr ständig nur bei einem von uns sein – nicht jetzt, wo er polizeilich gesucht wird! Er darf sich nicht langfristig irgendwo aufhalten! Er muss seinen Ort möglichst oft wechseln, damit er nicht so leicht gefunden werden kann.“

„Und wenn er wieder zu mir-“

„Nein, J!“, unterbrach ihn Joe energisch und hielt in seinem Gang kurz inne um ihn eindringlich zu fixieren. „Nicht bei dir, nicht bei Sugi, nicht bei Ino und auch nicht bei Kyo! Ihr wohnt alle noch bei euren Eltern, das wird viel zu gefährlich!“

Sugizo schied bei der Aufzählung eigentlich aus; wohnen tat der bei seiner Familie ja nun weiß Gott nicht. Aber J erkannte, dass solch eine Diskussion mit Joe im Moment keinen Zweck haben würde.

So apathisch Kazzy auch in diesen Momenten wirkte, wie er mit den Knien dicht an den Körper gezogen und tränenverschmiertem Gesicht dasaß, drang eine Information unverschleiert zu seinem Gehirn durch und setzte sich dort fest. So fest, dass sie ihn für sein späteres Leben noch lenken würde: Er durfte nie lange an einem und dem selben Ort bleiben. Er musste seine Aufenthalte wechseln. Er durfte nicht gefunden werden. Nicht gefunden werden......nicht gefunden......

J gab es auf und trank das Wasser letztenendes selbst, da Kazzy auf sein gestisches Angebot nicht einging. „Und Gardie ist keine Gefahr für ihn?“ Irgendwie konnte er es einfach nicht lassen, auf das Thema doch nochmal einzugehen.

Joe, der abermals stehen geblieben war, durchbohrte den Blonden nun mit einem Blick, als hätte er ihn am liebsten zum Schweigen bringen wollen. Manchmal vermutete er, J ging solche Diskussionskämpfe nur ein, um seine eigene Position auszutesten. „Gardie ist ein Trottel, der checkt doch nicht einmal, was Lucifer neben der Musik noch alles macht. Der Kerl ist keine Gefahr, der ist 'n Witz.“
 

Die Ruhe kam ihm so unendlich vor. Kyo saß auf dem Fußboden, seinen Rücken an Cipher's Brust gelehnt. Links und rechts von ihm wurde er eingerahmt von Cipher's angewinkelten Beinen. Er spürte den gleichmäßigen Herzschlag des Anderen und die Zeitlosigkeit des Raumes. Seine Blicke fuhren immer wieder über die verstaubte und zum Teil verfallene Einrichtung, aber in Gedanken war er so abwesend, dass er gar nicht merkte wie häufig seine Augen diese und jene Ecke schon betrachtet hatten. Es war so fremd, ungewohnt.....dieses neuartige Gefühl, das er seit Kurzem in Cipher's Gegenwart spürte. Und trotz der Fremdheit war es so positiv, so angenehm.... Als hätte man ihm eine neue Welt gezeigt. Cipher kraulte den Nacken des Blonden und Kyo genoss es. Stillschweigend. Seine Augenlider senkten sich zur Hälfte. Die Mädchen, die er sich bisher ins Bett geholt hatte, hatte er nur für eigennützige Zwecke ausgewählt. Sie sollten gut zu vögeln sein, damit er seinen Frust und seine sexuellen Energien an ihnen abreagieren konnte. Er wäre nie auf die Idee gekommen, etwas anderes mit ihnen anzustellen als sie dafür zu benutzen. Es war meißtens guter Sex gewesen, keine Frage. Er erfüllte seinen Zweck. - Und dann kam Cipher. Und plötzlich wurde alles, was Kyo bisher über Sex und Zuneigung wusste, auf den Kopf gestellt. Plötzlich war alles anders, sowohl die körperlichen Empfindungen als auch die Geistigen. Der Junge ließ ihn Dinge spüren, die er vorher nicht für möglich gehalten, vielleicht sogar als Gerücht abgetan hätte. Und das tat der Typ einfach so, ohne Scheu, ohne Reue. Kyo lehnte seinen Kopf nach hinten auf Cipher's Schulter und seine Augenlider schlossen sich nun vollständig. Er fühlte sich bei ihm so geborgen. Sicher. „Hattest du soetwas schon mit Vielen?“, fragten seine Lippen plötzlich eigenständig.

„Was? Sex?“ Cipher's dunkle Stimme schwang nicht wie ein akustischer Eindringling durch den Raum; viel mehr schien eine Verbundenheit, eine Zugehörigkeit vorhanden zu sein.

Kyo zögerte bevor er antwortete. Er musste kurz über seine Wortwahl nachdenken. „Nein, nicht nur Sex.....“, antwortete er dann schließlich zögerlich.

„Was denn noch ausser Sex?“ Seine Finger wanden sich derweil einer anderen Stelle von Kyo's Nacken zu und kraulten dort weiter. Jedoch mussten seine Finger kurz darauf ihre Taten unterbrechen, denn der Blonde drehte seinen Kopf zu ihm um.

Kyo sah ihn an. Was empfand der Andere gerade? Das Gleiche wie er oder...... „Die Wärme.“ Er hatte nicht über seine Antwort nachgedacht. Sie war einfach aus ihm heraus gekommen. Das wurde ihm selbst jedoch erst Sekunden später bewusst und dementsprechend legte sich ein leichter Schleier aus Schamröte über sein Gesicht.

Cipher's Mundwinkel verzogen sich minimal zu einem kaum erkennbarem Lächeln. Er mochte die Naivität des Anderen. Er fand sie liebenswert. Jedoch tat er Kyo nicht den Gefallen, ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben sondern zog statt dessen das Gesicht des Blonden näher zu sich heran um ihn zu küssen. Sein Blondie schmeckte so ungewöhnlich gut....... - Innerlich traf es Cipher wie ein Stich. Sein Blondie....? Seit wann hegte er solche Besitzansprüche an seine geknackten Jungfrauen? Leicht irritiert über seine eigenen Gedanken, löste er den Kuss bald auch schon wieder auf.

Kyo wand seinen Kopf daraufhin wieder nach vorne und ließ ihn abermals auf Cipher's Schulter ruhen.

Und obwohl sich an Cipher's körperlicher Position rein gar nichts verändert hatte – sein Innerstes hatte es. Er besah sich das blasse Gesicht, das er von diesem Blickwinkel aus halb schräg von der Seite erkennen konnte. Der Junge hatte wieder seine schönen Augen geschlossen. So zart sah er aus, wenn er ganz ruhig und...vertraut an ihm lehnte..... Dieses Vertrauen....wieso schenkte er es ihm? Er hatte doch eigentlich gar keinen Grund dafür. Oder? Ohne es wirklich bewusst zu steuern, begannen seine Finger durch das zerzauste, blonde Haar des Anderen zu gleiten, immer und immer wieder.....

„Woher kennst du das Haus hier?“ Kyo's Stimme klang inzwischen schon ein wenig schläfrig. Er schien sich bestens zu entspannen.

„Is' einer unserer Treffpunkte.“

„Von wem?“, murmelte Kyo, der tatsächlich bereits einzudösen drohte.

„Von den Iron Killers.“

Diesmal war es Kyo der das Gefühl eines innerlichen Stichs zu spüren bekam. Und mit der Müdigkeit war es schlagartig vorbei. Seine Augen starrten geradeaus auf die schräg gegenüberliegende Tür. Doch aufspringen und flüchten konnte er nicht; dafür war sein Körper vor Schock wie gelähmt. In seinem Geist spielte sich gerade die Szene ab, wie die anderen Jungs der Iron Killers ihn und Cipher mitten beim Rummachen in dieser Hütte erwischt hätten und ihn auf der Stelle getötet hätten. Denn was sonst sollten sie mit einem Eindringling, einem Fremden wie ihm machen?

Cipher war sensibel genug um zu spüren, dass Kyo plötzlich wieder angespannt war. Er lag nicht mehr so harmonisch an seinen Körper gelehnt; jetzt fühlte sich Kyo's Körper eher hart und steif an. Nicht mehr anschmiegsam. Aber auch davon ließ sich der Braunhaarige nicht beirren und kämmte dem Anderen nach wie vor ruhig und gleichmäßig durch die blonden Haare. Ganz so, als sei nichts.

Kyo dachte, wie so oft neuerdings in Cipher's Gegenwart, nicht über seine Frage nach sondern ließ sich von seinen Gefühlen leiten, als die Worte einfach so aus seinem Mund raussprudelten. „Würdest du mich töten?“

Wieder bewegten sich Cipher's Mundwinkel ansatzweise Richtung Norden. „Was glaubst du denn?“, lautete seine provokante Gegenfrage.

Die dunkle Stimme in Verbindung mit diesen Worten zu hören, ließ Kyo einen Schauer über den Rücken laufen. Er drehte langsam seinen Kopf in die Richtung des Anderen und blickte Cipher in die Augen. Er war sich nicht sicher, ob er seine Vermutung aussprechen, geschweige denn Cipher's Antwort darauf wirklich hören wollte.
 

Inoran's Hand streckte sich aus und griff nach den beiden vordersten Dosen Cranberrysaft, zufrieden darüber, dass der Laden wieder Welchen hatte. Als er die letzten beiden Tage hier war, war das Zeugs immer ausverkauft gewesen und der Verkäufer hatte ihn nur vertrösten können. Denn unpassenderweise hatte nicht jeder Laden in der näheren Umgebung diesen Saft. Er hatte ihn das erste Mal vor Jahren bei J getrunken und sich schon beim ersten Schluck in diesen süß-herben, klebrigen Geschmack verliebt; seit dem war er verrückt nach dem Stoff. Aber jetzt hielt er sein Lieblingsgesöff ja in der Hand und tapste damit in Richtung Kasse. Nur ein Kunde vor ihm. Er stellte sich hinter die Person und begann schonmal in seiner Hosentasche nach Kleingeld zu kramen. Im nächsten Augenblick kam er auch schon an die Reihe. Er hatte gerade sämtliche Münzen zusammen gefunden und wollte die Hand mitsamt ihrem Inhalt aus der Tasche ziehen – als ihm unerwarteterweise auf die Schulter getippt wurde. Verwundert drehte Inoran sich um. Vor sich erblickte er jetzt einen großgewachsenen, schlanken Typen, vielleicht etwas älter als er selbst. Die Daumen in den eigenen Hosenbund gehakt und zufrieden grinsend Inoran anblickend stand er locker-lässig da. „Ich hab da was, was dich interessieren könnte“, sprach er leise.

Die Überraschung, die Inoran einige Sekunden gefangen hielt, löste sich wieder. „Moment...“, entgegnete er nur und wand sich erst einmal wieder dem Verkäufer zu, indem er ihm seine Handvoll Won-Münzen auf den Tresen knallte.

Der Verkäufer nahm das Geld an sich, angelte aus seiner Kasse das Wechselgeld und reichte es rasch an seinen Kunden weiter.

Inoran steckte die paar wenigen Won wieder ein und nahm seine beiden Dosen, wovon er Eine sogleich beim Verlassen des Ladens öffnete. Draussen auf der Strasse wand er sich wieder dem dünnen Fremden zu. „Okay, hier könn' wir reden. Also was hast du?“, fragte er, bevor er den ersten Schluck nahm und sein Gegenüber dabei keine Sekunde lang aus den Augen ließ.

Das selbstgefällige Grinsen auf den schmalen Lippen des Fremden wurde etwas breiter. „Du gefällst mir, Kleiner.“

Inoran verzog kaum merklich das Gesicht; was erlaubte sich der Kerl, ihn einfach 'Kleiner' zu nennen? Der tat ja geradezu so, als würden sie sich schon ewig kennen.

„Hör zu: Morgen Abend steigt bei uns 'ne große Sache. Du kennst die Apotheke gegenüber von der alten Feuerwache?“

„Mhm.“ Inoran nickte.

„Die nehmen wir morgen aus. Is' alles schon bis ins kleinste Detail geplant, kann nix schief gehen“, versicherte der Dürre. „Wir sind allerdings nur zu fünft und brauchen noch 'n sechsten Mann. Ich hab dabei an dich gedacht.“

„Warum? Kennst mich doch gar nicht“, konterte Inoran misstrauisch und nahm wieder zwei Schlucke.

„Ich hab dich hier schon ein paar Mal gesehen, Kleiner und so fremd bist'e mir gar nicht. Du bist genau der Typ der uns noch fehlt und wir würden natürlich gerecht mit dir teilen. Verhilfst uns ja schließlich mit zu unserem Erfolg.“ Bei den letzten Worten zwinkerte er ihm kumpelhaft zu.

Inoran ließ sich von dem Zwinkern jedoch noch nicht so schnell einwickeln und fixierte die Augen seines Gegenübers. „Wieviel springt dabei für mich raus?“

„Um die 3.000.000 Won.“ Dem Fremden entging nicht, wie sich Inoran's Augenbraue um einige Millimeter nach oben schob. Mit der Summe hatte er ihn also schon beeindrucken können. „Also, wie sieht's aus?“ Er war sich bereits ziemlich sicher, ihn an der Angel zu haben.

Nur noch ein kurzes Zögern, dann wischte Inoran innerlich die letzten Zweifel beiseite. „Was soll ich machen?“
 

Er wusste nicht wie die Jungs das machten, aber sie schafften es tatsächlich in die Apotheke einzudringen, ohne dass die Alarmanlage los ging. Einer nach dem Anderen schlüpfte durch den Eingang in den unbeleuchteten, düsteren Raum.

„Du wartest hier, wie besprochen.“ Der große Dürre legte Inoran kurz die Hand auf die Schulter. „Und wenn was ist, gibst du uns Bescheid.“

Inoran nickte nur. Dann sah er den Dürren auch schon als Letzten durch den Eingang verschwinden. Inoran blieb neben Selbigem stehen und ließ seine Blicke sogleich wachsam umherstreifen. Er war der Einzige, der hier draußen stand und wusste, was da drinnen abging. Und plötzlich wurde ihm doch ein klein wenig mulmig, als ihm seine Position endlich mal im vollem Maße bewusst wurde.

Die Straße war in diesem Teil der Gegend nicht allzusehr belebt; es fuhren nur sehr unregelmäßig Autos vorbei und ab Einbruch der Dunkelheit waren hier auch kaum noch Menschen auf den Bürgersteigen zu sehen. Der braunhaarige Junge zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand. Mit dem Nikotin in der Lunge versuchte er sich selbst zu beruhigen und seine langsam aufkommenden Zweifel im Keim zu ersticken. Bis hierher war alles gut gelaufen, warum sollte es jetzt also noch schief gehen? Außerdem sollten für ihn 3.000.000 Won bei der Sache rausspringen – die wahren ein wenig Risiko doch nun wirklich wert! Gebrauchen konnte man Geld schließlich immer gut. Er würde Sugizo einen Teil davon abgeben. Obwohl der ja kürzlich selbst erst zu Geld und Wertsachen gekommen war... Hm, aber Kazzy konnte doch ganz sicher was gebrauchen?! Gerade jetzt, wo er endgültig von zu Hause weg war. Und J würde er natürlich auch was geben. Mal sehen, vielleicht teilte er sogar mit allen. Das war etwas, was er von Joe gelernt hatte und was ihn womöglich am meißten beeindruckt hatte: Immer an die ganze Gruppe zu denken. Niemanden aus den eigenen Reihen auszuschließen. Bevor er zu Snakebite gekommen war, kannte er diesen Zusammenhalt und diese Loyalität nicht. Bis dato hatte er sich immer alleine durch's Leben schlagen müssen, hatte gelernt, dass nur die Stärksten überlebten. Dass eine ganze Gruppe auch für eine einzelne Person da sein konnte, das war ihm zuvor völlig fremd gewesen. Doch Joe hatte ihn eines Besseren belehrt und rasch hatte Inoran diese neue Sichtweise angenommen und vor allem übernommen. Denn heimlich war das immer sein Wunsch gewesen: In einer Gruppe zu sein, zu der er gehörte, eine Gruppe von der er selbst ein Teil war. Und seit dem sein Traum Wirklichkeit geworden war, tat er natürlich alles dafür, damit dieser Traum so lange wie nur möglich hielt.

Er warf einen flüchtigen Blick über seine Schulter, erkannte nur zwei der Typen halb im Dunkeln, die sich an der Kasse und den Medizinschränken der Apotheke zu schaffen machten. Wie es in der Gruppe wohl zu ging? Ob sie wohl ähnlich war wie Snakebite? Er konnte diese Jungs nicht einschätzen; außer der Dürre hatte keiner von ihnen auch nur ein Wort mit ihm gesprochen. Sie hatten ihn entweder völlig ignoriert oder mit misstrauischen Blicken gemustert. Aber scheinbar war er für sie doch gut genug, um Schmiere zu stehen. - Jetzt erst fiel ihm auf, dass er von niemandem der Typen den Namen wusste. Außer vom Dürren: Hae-Jin. Er kannte noch nicht einmal den Namen der Bande! Inoran atmete tief aus. In was hatte er sich da nur reingeritten...? Sein Blick fiel auf die Zigarette zwischen seinen Fingern. Die ging auch langsam zur Neige. Er nahm noch zwei, nein drei Züge, bevor er den Reststummel lieblos zu Boden fallen ließ und sich nicht einmal die Mühe machte, das noch lasch vor sich hin qualmende, potentielle Beweisstück auszutreten. Wieder reckte er seinen Kopf Richtung der Anderen. „Hey...!“, flüsterte er leise zischend.

Der Kerl mit den blondierten Haaren, der noch immer an der Kasse zu Gange war, hielt in seinen Bewegungen augenblicklich inne und starrte in Inoran's Richtung.

„Wie lange noch?“

Doch der Blonde gab ihm keine Antwort. Als er begriff, dass der fremde Junge da an der Tür keine bevorstehende Gefahr zu verkünden hatte, wand er sich ihm wieder ab und in der nächsten Sekunde galt sein uneingeschränktes Interesse wieder der Kasse und ihrem Inhalt.

Inoran schluckte, als er diese Reaktion realisierte, sagte jedoch nichts weiter dazu. Er drehte sich wieder um und behielt die Straße weiterhin im Blick. Irgendwie bekam er zunehmend mehr das Gefühl, er war hier gar nicht richtig geduldet. Er wurde von diesen Typen nur toleriert, weil er für sie den Arsch hinhielt. Das komische Gefühl in seinem Bauch wurde immer stärker und irgendwann fragte er sich, warum er das hier eigentlich alles machte. Er hätte auch bis zum nächsten Raubüberfall der Snakebites warten können, da wäre er zumindest sicherer integriert gewesen. Das hier, was im Moment lief, war irgendwie nix Halbes und nix Ganzes.

Und plötzlich zuckte blaues Licht durch die düstere, nur von Straßenlaternen halbwegs beleuchtete, Straße! Sirenengeheul setzte ein. Und plötzlich waren sie da: Polizeiwagen. Die Meute. Inoran stockte der Atem. Sein Herz wollte aus seinem Brustkorb ausbrechen. „Shit!! Die Bullen!!“ Sein etwas spät eingesetzter Warnruf erreichte dennoch alle sich in der Apotheke befindenden Räuber und jagte sie aus dem Gebäude raus wie ein Stück Käse die Ratten aus ihrem Loch. „Fuck! Weg hier!“, rief Einer von ihnen. Jeder der fünf Jungs hatte Beutel oder Tüten in den Händen, gefüllt mit Geld und den verschiedensten Medikamenten.

Inoran versuchte sich in die Flucht einzureihen. Die Sirenen wurden lauter, die Gefahr größer. Die Bande rannte auf ein kleines Auto zu, mit dem sie zuvor auch hierher gekommen war. Die Fünf stiegen schneller in das Gefährt ein als man kucken konnte. Kaum war der Fahrersitz belegt, sprang auch schon der Motor an. Doch als Inoran versuchte, sich mit hinein zu quetschen, war es auch schon zu spät. Denn der fünfte der Jungs befand sich noch mit einem Bein auf der Fahrbahn, da raste der Wagen auch schon mit quietschenden Reifen davon. Sie hatten gar nicht vorgehabt, auf Inoran zu warten. Er gehörte schließlich nicht dazu. „Hey!!“, schrie Dieser daraufhin wütend, als er die Verräter in einem wahnsinns Tempo wegrauschen sah. Völlig alleine stand er nun am Rande der Straße und starrte fassungslos denen hinterher, für die er bis eben noch den Wachhund spielen sollte. Sie hatten ihn einfach eiskalt im Stich gelassen. Sie hatten ihn von der einen auf die andere Sekunde ausgeschlossen, so als ob es ihn gar nicht gab. Die Enttäuschung und die Wut darüber saß tief. Doch das nächste Sirenengeheul und das plötzlich einsetzende Gebrüll der Polizisten, die inzwischen schon teilweise aus ihren Autos ausgestiegen waren, führte ihm überdeutlich vor Augen, dass im Moment nicht der richtige Zeitpunkt für Selbstmitleid war. Er musste hier weg – schnell! Er rannte los, rannte völlig ziel- und planlos die Straße entlang, hoffte auf eine Seitengasse oder einen Hinterhof, auf irgendeine Fluchtmöglichkeit oder ein spontanes Versteck. Doch das Glück meinte es heute Nacht wirklich nicht gut mit ihm denn es kam weder das Eine noch das Andere. Nichts, rein gar nichts, was ihm weiter helfen konnte kam in Sicht – das Einzige, was plötzlich in Sicht kam, war die Pistolenmündung einer Beamtenwaffe, die auf sein Gesicht gerichtet war, kaum dass er um die nächste Ecke bog.

„Hände hoch! Runter auf den Boden! Los, runter mit dir, Mistkerl!!“ Der Beamte wedelte energisch mit seiner Pistole vor Inoran's Gesicht herum.

Der sensible Junge wusste kaum wie ihm geschah, als er beinahe in den Mann und seine Waffe reinrannte. Er konnte gerade noch mit Mühe und Not bremsen.

„Nimm deine Drecksflossen hoch, hab ich gesagt! Los!“

Inoran konnte gar nicht so schnell reagieren wie der Kerl ihn anschrie. Er blickte nur in die Mündung der auf ihn gerichteten Waffe und war wie erstarrt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-08-30T21:41:48+00:00 30.08.2010 23:41
krass wie schnell manche auf irgendwelche straßendeals eingehen nur weil sie ein kaching in der kasse sehen... nun ja, aber die 2000 euro sind in deren alter ja auch noch viel viel geld.
naja, für mich übrigens auch *hüstel*
aber eins versteh ich nicht... war kazzy nicht auf der flucht nachdem er von der masse vermeintlich als mörder gehalten wurde? wieso ist er plötzlich wieder bei seinen leuten?


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