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Dear Junk

Kazzy's Vorgeschichte
von

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Soft watch at the moment of first explosion

Ein Tisch. Oder ein Schrank. Doch auf jeden Fall nur die Kante eines solchen Objekts. Mitten in der Luft. Je weiter nach unten es ging desto durchscheinender wurde dieser Gegenstand, bis er sich unterhalbst gänzlich in Luft aufzulösen schien. Doch auf der Oberfläche dieser Ablage lag eine Uhr. Nein, sie zerfloss. Eine große, runde Uhr mit goldener Umrahmung und das Ziffernblatt zerfloss einfach wie weiches Wachs. Die Zeiger waren nicht mehr befestigt, sie schienen dicht über dem Ziffernblatt zu schweben und begannen stückchenweise zu zerbrechen. Die einzelnen Partikel des goldenen Rahmens zerbarsten, das helle Ziffernblatt löste sich an der einen Seite bereits auf. Die Stunden, die einzelnen Zahlen bewegten sich, bewegten sich immer schneller, wirbelten auseinander und lösten sich ebenfalls. Alle Teilchen und Kleinstteilchen flogen wild durcheinander und wurden immer mehr, wohingegen die Uhr immer weniger wurde. Es war ein unerwartet stilles Chaos, passierend vor einem strahlend blauem Himmel. Eine einzelne Fliege saß auf dem Ziffernblatt; wenn sie nicht rechtzeitig davon flog, würde sie sich ebenfalls in Einzelteile auflösen?

Nur ein Falter saß auf der ebenen Fläche neben der explodierenden Uhr und beobachtete das Spektakel stillschweigend.
 

Doch das alles sah nur eine einzige Person: Shunsuke.
 

Was Kazzy sah, sah ganz anders aus. Er blickte zur Seite als er den erschrockenen Laut des Anderen vernahm. Seine Augen fingen gerade noch ein, dass Shunsuke über das Geländer fiel. Kazzy stockte der Atem. Sein Herzschlag setzte für einen Moment aus. „SHUN!!“ Er stürzte zum Brückengeländer und sah seinen Bruder im freien Fall. Metertief fiel der Junge, bis er mit dem Rücken auf den Bahngleisen aufschlug. Und liegen blieb. Und in den Himmel starrte. Sein Kopf hatte dabei einen surrealistischen Winkel eingenommen.

Kazzy's Lippen bebten. Er konnte seinen Blick nicht von diesem Bild losreissen, obwohl es gleichzeitig auch so schrecklich war. Warum nur bewegte sich sein Bruder nicht...? Innerlich kannte er die Antwort, doch sein Verstand wollte diese Einsicht so lange es ging verdrängen. „Shun....“ Seine zitternde Stimme war nur noch ein tonloses Hauchen. Seine ebenso zitternden Finger umkrallten das Geländer, eben die Fläche auf der sein Zwilling gerade noch so fröhlich balanciert hatte. Ihm wurde schwindelig, er hatte das Gefühl ständig hin und her zu schwanken, immer doller. In Wirklichkeit stand er kerzengerade und still da. Und er stand eine ganze Weile so da. Die paar vereinzelten Menschen, die während dessen diese Brücke passierten, bekamen nicht mit was der struwwelhaarige Junge da so entsetzt auf den Bahnschienen anstarrte. Sie schenkten ihm keinerlei Beachtung.

Was sollte er jetzt machen? Was sollte er seinen Eltern sagen wenn er alleine nach Hause käme und Shunsuke wäre nicht bei ihm? Wie sollte er das erklären? Was sollte er nur tun? Kazzy's Atmung begann immer schneller zu werden, er keuchte, er hechelte, er bekam viel zu viel Sauerstoff in sein Gehirn transportiert! Das Schwindelgefühl in seinem Kopf wurde immer stärker, schwarze Punkte, zuerst so klein wie Sandkörner, dann immer größer werdend, tanzten zunehmend vor seinen Augen. Sein Sichtfeld wurde eingeschränkt, der Tunnel, durch den er blicken konnte, wurde immer kleiner. Kazzy hyperventilierte. Gequält aufjaulend sank er am Brückengeländer zu Boden und presste sich gegen den schützenden Halt. Seine Finger krampften, er hatte sie nicht mehr unter Kontrolle, sie nahmen seltsame Positionen ein. Er hatte es noch immer nicht ganz realisiert, was mit seinem Bruder geschehen war, und doch ronnen plötzlich bächeweise heisse Tränen über sein Gesicht. „...Shun.....!“ Doch vom Angesprochenen kam keine Antwort. Ein Stich im Herzen, in der ganzen Brust! Es tat so weh...! Eben noch war die Welt für ihn in Ordnung gewesen, er hatte Spaß gehabt – und jetzt, von einer Sekunde auf die Andere, saß der Schock und der Schmerz so tief. Wie das Beil eines Schlächters im Nacken des Vieh. Er war allein...so grauenhaft allein. Noch nie hatte er sich so entsetzlich einsam gefühlt. Noch nie........
 

Das penetrante Dauergeklingel dröhnte durch Joe's Bude und ließ ihn aufhorchen. Die Polizei klingelte anders, also musste es einer seiner Jungs sein. Joe stand von dem Stuhl, auf dem er bis eben noch saß, auf und ging zur Tür, um Selbige zu öffnen. Was er dann vor sich stehen sah, machte ihn sofort stutzig. Denn dort stand Kazzy, am ganzen Leib stark zitternd, mit leichenblasser Haut und stark geröteten Augen und völlig verheultem Gesicht. Und was er dann auch noch zu hören bekam, setzte dem Ganzen die Krone auf.

„....i-ich hab Shun umgebracht....“ Kazzy's Stimme war fast nur ein rauhes Kratzen.

Joe blinzelte. Selbst er brauchte ein paar Sekunden um das Gehörte in seinem Kopf zu einer sinnvollen Information umzuwandeln.

Nicht so lange zum Umwandeln benötigte Joe's Gast, der schon die ganze Zeit in seinem Sessel gelümmelt saß. „Ich hab doch gewusst, dass es mit dem Kleinen nochma' Ärger gibt“, tönte Lucifer's düstere Stimme durch die geschockte Stille.

Jetzt erst realisierte auch Kazzy, dass Joe nicht alleine war. Was Lucifer jedoch gesagt hatte, verstand der verstörte Junge nicht. Meinte sie ihn? Wieso Ärger...? Warum sagte sie soetwas? Er fühlte sich in diesen Momenten schon so verflucht einsam; warum musste Lucifer, die er doch eigentlich so mochte, die Klinge noch tiefer in sein Herz stoßen mit diesen Worten?

„Komm erst mal rein.“ Joe schob seinen jüngsten Schützling sanft an der Schulter in seine Wohnung und schloß hinter ihm wieder die Tür.

Kazzy ließ sich zwar in die Wohnung schieben, doch kaum ließ der Druck gegen seine Schulter nach, blieb er wie unfähig stehen. Er war im Moment einfach nicht in der Lage, großartig selbstständig zu handeln. Er konnte sich nicht einmal mehr erinnern, wie er von der Brücke zu Joe's Haus gekommen war. Er wusste es nicht mehr. Er war wie in Trance.

Joe erkannte die Machtlosigkeit Kazzy's über seinen eigenen Körper und schob ihn erst mal sanft weiter zu seinem Bett, auf Welches sich der Jüngste setzen sollte.

Lucifer's Augen verfolgten die Geschehnisse, ohne sich weiter einzumischen. Doch man sah ihr das Misstrauen an.

„Okay, und jetzt erzähl mal was los ist“, bat Joe und kniete sich vor Kazzy. Seine Hand kraulte sanft die schmale Schulter des Jungen, um ihn wenigstens ein klein wenig zu beruhigen.

Kazzy schniefte. Sah nicht in Joe's Gesicht sondern nur starr auf den Fußboden. Dann erzählte er. Soweit es ihm seine Stimme ermöglichte.

Joe schenkte ihm seine volle Aufmerksamkeit, doch als Kazzy in seiner Erzählung bei dem Sturz und dem darauffolgendem Ergebnis angelangt war, musste auch Joe unbemerkt schlucken. Das klang nicht gut, das klang alles gar nicht gut. Als Kazzy schließlich nicht mehr erzählen konnte weil er schon vom nächsten Heulkrampf geschüttelt wurde, setzte er sich dicht neben ihn auf's Bett und nahm ihn beruhigend in die Arme. „Du hast ihn nicht umgebracht, Kleiner.....shhhh.....“

„Kommt auf die Betrachtungsweise an“, kam es plötzlich wieder düster aus dem großen Sessel, in welchem Lucifer sich inzwischen zu einem unförmigen Kneul zusammengekrümelt hatte.

Kazzy weinte auf die Bemerkung hin noch stärker.

„Halt mal die Klappe, Lucifer“, mahnte Joe sie daraufhin. Es gab im Moment schon genug Chaos, da konnte er nicht auch noch einen internen Streit gebrauchen.

Lucifer, sich selbst an den roten Locken spielend, schwieg daraufhin und wand sich der Szenerie ab. Sie zeigte damit nur zu deutlich ihr Misstrauen und ihre Zweifel dem jüngsten Mitglied gegenüber, die sie von Anfang an hatte. Sie war schon damals die Einzige gewesen, die Bedenken bei Kazzy's Aufnahme geäussert hatte. Er war ihr zu jung, zu unreif; sie befürchtete, er würde ihnen mehr schaden als nutzen. Und genau jetzt, in diesen Momenten, sah sie ihre Vermutungen mit dem Tod von Kazzy's Bruder bestätigt.

„Was soll ich tun?“, heulte der verstörte Junge unter Rotz und Tränen an Joe's Schulter, an die er auch sein nasses Gesicht presste. „Was soll ich jetzt nur tun...? Ich kann nicht nach Hause zurück...!“ Schon allein bei dem Gedanken an sein zu Hause und seine Familie zitterte er noch mehr als er eh schon tat. Shunsuke's Tod schien für ihn auch seinen eigenen Tod zu bedeuten. Er konnte sich nicht vorstellen wie es für ihn jetzt noch weiter gehen sollte. Irgendwann würde man Shun's Leiche finden und irgendwann würde der Verdacht auf ihn fallen – sie würden ihn einsperren und hinrichten! Diese Fantasie spielte sich in Kazzy's Kopf gerade als Dauerschleife im Schnelldurchlauf immer und immer wieder ab. Ihm wurde schon wieder viel zu schwindelig.

„Du bleibst heute Nacht jedenfalls erst mal hier“, bestimmte Joe und strich dem Jüngsten immer wieder beruhigend über die Haare. „Morgen seh'n wir weiter.“

„...ich kann nicht nach Hause zurück....ich kann nicht...“ wimmerte Kazzy nur immer wieder wie ein Mantra. Joe's Worte waren zu ihm scheinbar nicht ganz durchgedrungen.

Das stellte auch der Gastgeber fest. Er rüttelte den Jungen sanft. „Hey! Das musst du auch gar nicht!“ Er tat ihm Leid. Joe war zwar, wenn es drauf ankam, hart und rücksichtslos, aber wenn es um seine eigenen Leute ging, zeigte er meißt viel Mitgefühl. Und die Jüngsten im Boot hatten eh 'nen Sonderfahrschein.

Kazzy hatte an diesem späten Abend nicht mehr die Kraft um noch lange wach zu bleiben; bald schon lag er zusammengekugelt in Joe's großem Bett und schlief.

Lucifer verließ kurz darauf die Wohnung.

Joe saß noch eine Weile in seinem Sessel bei schummrigem Licht und zerbrach sich den Kopf darüber, wie sie Kazzy von nun an ausreichend beschützen konnten und bei wem er möglicherweise bleiben konnte. Denn ihn einfach fallen zu lassen und ihn seiner Familie zu überlassen kam für den Leader von Snakebite gar nicht erst in Frage! Er ließ keinen seiner eigenen Leute je im Stich – nie. Irgendwann trieb es aber auch ihn ins Bett. Dass Kazzy ziemlich schlecht schlief und mehrfach wegen Alpträumen aus dem Schlaf hochschreckte, bekam er nicht mehr mit.
 

Am nächsten Morgen fand sich Kazzy nassgeschwitzt in seinen Klamotten und trotz des Schlafes völlig verausgabt in Joe's Bett wieder. Sein Körper fühlte sich so ausgelaugt an als hätte er an einem Marathon teil genommen. Als sei er auf der Flucht gewesen und dafür durch die ganze Stadt gelaufen. Pausenlos. Regungslos lag er auf dem Rücken und blinzelte eine ganze Zeit lang nur hoch zur Decke. Er wusste nicht was für ein Datum heute war. Er wusste nicht wie spät es war. Nur dass es Tag war konnte er ausmachen – an den honiggelben Sonnenstrahlen, die durch das große Fenster an die gegenüberliegende Wand geworfen wurden. Aber von diesem Licht ausgenommen war alles um ihn herum raum- und zeitlos. Es gab nichts mehr, gar nichts mehr...... Alles war so leer, so nutzlos. Nichts schien mehr wichtig... …...warum hatte er ihn nicht noch halten können? ...was hatte ihn daran gehindert, seinen Bruder vor dem Sturz zu bewahren? …..was nur....? Kazzy's müde Augen blickten noch immer zur Decke, aber sehen taten sie Shunsuke, wie er in die Tiefe fiel und schließlich leblos auf den Gleisen liegen blieb. …..so nutzlos......alles........ Ob ihn schon jemand geborgen hatte? Bestimmt, denn der Bahnhof war nicht unbelebt. Ob wohl Züge über ihn hinweggefahren sind, bevor sein Körper von den Schienen aufgesammelt werden konnte...? Unwillkürlich formte sich das Bild von Shunsuke auf den Gleisen zu einem rötlichen, breiigen Matsch..... - Kazzy kniff die Augen zusammen und rollte sich auf die Seite. Tränen drängten sich durch seine Wimpern. Er wollte diese Bilder nicht sehen, er wollte nicht! Was machten sie in seinem Kopf?! Leises, unregelmäßiges Wimmern schaffte es immer wieder durch die krampfhaft aufeinander gepressten Lippen. Er wollte nicht laut rumflennen. Es war zwar völlig ruhig im Zimmer aber er wollte diese Ruhe nicht zum zerspringen bringen. Er wollte sich selbst nicht weinen hören. Denn das hätte ihn noch tiefer in den Strudel aus Verzweiflung und Schockzustand gerissen. Er wollte sich einfach nicht hören...! Seine Hand fand zu seinem Gesicht und presste sich eigenmächtig auf den zitternden Mund um das bemühte Schweigen zu verstärken. Sein Kopf pochte vor Anstrengung. Ihm wurde wieder heiß. Schweiß trat aus seinen Poren. Dann, nach einigen Momenten, war es wieder vorbei. Die innerliche Ohnmacht und das geistige Taubheitsgefühl, dass sich ansatzweise auch schon auf den Körper zu übertragen schien, setzten abermals ein. Und er lag wieder nur da, starrte nun, anstatt zur Decke, auf die ihm gegenüberliegende Wand. Starrte minutenlang darauf und sah nichts. Auch nicht seinen Bruder. Irgendwann, Kazzy hätte später selbst nicht sagen können wann, erhob er sich und kroch aus dem Bett, steuerte abwesend die Duschecke an und stellte sich, ohne darüber nachzudenken, vollbekleidet unter die Dusche. Seine Hand drehte das Wasser auf und schon im nächsten Augenblick prasselte es lauwarm auf den völlig verstörten Jungen herab.

Kazzy stand einfach nur da, den Blick ins Leere gerichtet und ließ sich von dem Wasser berieseln.

Das Plätschern in der Dusche ließ nun aber doch Joe langsam aus seinem Schlaf erwachen. Irritiert drehte er sich langsam um, hob seinen zerzausten Lockenkopf und blinzelte in die Richtung der Geräuschkulisse. Zuerst dachte er, er befände sich noch in einem seiner Träume. Da stand ein Junge in seiner Dusche. Voll bekleidet. Als dann aber allmählich sein Verstand einsetzte und diesen Jungen als Kazzy identifizierte, sprang er urplötzlich rasch aus dem Bett und hechtete zu ihm rüber um das Wasser abzustellen und Kazzy aus der befliesten Duschecke rauszuzerren. „Was machst du da?“, fragte er ihn mit völligem Unverständnis in der Stimme. Seine Hände umfassten die dünnen Arme Kazzy's und den nassen Stoff seines Shirts.

Der Angesprochene stand wie vollkommen weggetreten vor Joe und reagierte nicht. Seine Augen waren nach wie vor gerade nicht in dieser Welt und sein Körper war lasch und energielos.

„Kazzy!“ Er verpasste ihm eine schwache Ohrfeige. „Sieh mich an!“, befahl er. „Sieh mich an!“

Der Junge kam dieser Aufforderung nur schleppend nach. Alles in und an ihm schien gerade um ein mehrfaches verlangsamt zu laufen.

„Kazzy....du bist nicht Schuld an Shun's Tod. Hörst du?“ Joe sprach eindringlich, wollte seinen jüngsten Schützling um jeden Preis erreichen. Er wusste, er musste noch immer unter Schock stehen, vielleicht war es auch ein Trauma. Aber er wollte ihn nicht in dieser verquerten Welt alleine lassen und würde alles daran setzen, ihn zurück in die gegenwärtige Realität zu holen. „Es war ein Unfall. Du hast keine Schuld. Shun hat das Gleichgewicht verloren, du konntest ihm nicht mehr helfen! Hörst du? Du konntest es nicht!“ Er rüttelte immer wieder den durchnässten Körper, bis er irgendwann scheinbar Erfolg mit seiner 'Behandlung' hatte.

Kazzy's Blick veränderte sich, wurde wieder klarer, gegenwärtiger. Er sah dem Älteren schließlich direkt in die Augen. „....warum bin ich nass?“ Seine Frage klang wie von einem Fünfjährigen gestellt, der sich unbemerkt in die Hosen gemacht hatte.

Joe seufzte. Vor Erleichterung. „Du warst duschen“, gab er als Erklärung ab. „Nur deine Klamotten hast du vergessen auszuziehen.“ Er schmunzelte, versuchte dem Anderen ebenfalls Eines auf's Gesicht zu zaubern. Das gelang ihm zwar nicht, aber zumindest schien Kazzy wieder einigermaßen beisammen zu sein. Er holte ihm ein großes, leicht zerfranstes Badetuch und legte es ihm um.

Kazzy schlang es sofort um sich und setzte sich wieder auf's Bett. Er sah Joe regelrecht mit Hundeaugen an. „Wo soll ich jetzt nur hin?“ Auf die Idee, seine nassen Sachen auszuziehen, kam er irgendwie nicht.

„Für die ersten Tage kannst'e noch bei mir bleiben. Dann mal sehen. Vielleicht kannst du abwechselnd bei uns allen mal schlafen. Wir finden schon 'ne Lösung.“ Ermutigend tätschelte Joe Kazzy's Schulter. Er war sichtlich fest davon überzeugt, dass sie eine Lösung finden würden.

Der begossene Pudel sah wieder auf zu Joe. Er schien einen Moment zu zögern mit dem, was ihm auf dem Herzen lag. Doch dann rückte er doch damit raus. „Ich brauch meine Sachen. Ich hab hier doch nix.“
 

Am Nachmittag traf man sich zu dritt: Joe hatte J kontaktiert und über die aktuellen Neuigkeiten informiert; gemeinsam mit Kazzy ging man nun zu Kazzy's Wohnung. Nach seinen Berechnungen dürften sich um diese Uhrzeit seine Eltern nicht im Haus befinden. Sein Vater kam eh immer erst im Laufe des Abends zurück und seine Mutter müsste jetzt auch noch bei der Arbeit sein.

Joe blieb vor dem Haus stehen. „Und macht schnell. Falls einer früher nach Hause kommt“, gab er den beiden eindringlich mit auf den Weg. „Und J: Pass auf ihn auf.“ Das war keine Bitte, das war ein Befehl.

J nickte nur während Kazzy mit leicht zitternden Fingern seinen Schlüssel ins Schloß der Haustür steckte und ihnen Zutritt verschaffte. Genau das Gleiche tat er auch wenige Augenblicke später bei der Wohnungstür.

Joe zündete sich indes eine Zigarette an, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hauswand und hielt Wache.

Kazzy's Puls begann wieder zu rasen als er mit dem blonden Freund die Wohnung betrat, die bis gestern noch das offizielle zu Hause von ihm und seinem Zwillingsbruder war. Völlig verlassen schien jeder einzelne Raum, es war mucksmäuschenstill. Totenstill. Kazzy überkam ein Schauer. „Schnell...“, murmelte er bloß und rauschte in sein Zimmer. Dort schnappte er sich seinen Rucksack und begann hastig ein paar Klamotten, mehr oder minder wahllos, einzupacken.

J, der zuvor noch nie bei Kazzy zu Hause war, sah sich derweil ein wenig in dem kleinen Raum um, der das Bild eines typischen Teenager-Zimmers wiedergab. Jedoch stand er die meißte Zeit mit dem Rücken zur Tür und da auch Kazzy viel zu beschäftigt war in seinem Tun registrierten beide zu spät, dass sich jemand in den Türrahmen stellte.

„Wo ist dein Bruder?“ Eine harsche Frauenstimme ließ die zwei Jungs zusammen zucken – Kazzy doppelt so stark wie J. Der Jüngere blickte auf und starrte in das zornige Gesicht seiner Mutter. War die Wohnung also offenbar doch nicht so verlassen wie es zuerst schien.

Als die Frau keine Antwort von ihrem ungeliebten Sprößling bekam, trampelte sie noch erboster auf ihn zu, packte ihn an den Schultern und rüttelte ihn. „Wo hast du Shunsuke gelassen? Sag es mir, Tomoyasu!“

J blinzelte; ihm fiel in diesem Moment auf, dass er zuvor noch nie Kazzy's richtigen Namen gehört hatte.

In Kazzy stieg Panik auf, unerträgliche Panik. Der Angstschweiss trat ihm binnen weniger Sekunden aus jeder Pore seines Körpers. Er war wie gelähmt, er konnte sich gar nicht zur Wehr setzen. Was sollte er denn auf diese Frage auch antworten? Er konnte ihr doch nicht ins Gesicht sagen, dass Shunsuke tot war?! Sie würde ihn selbst töten, wenn er das tat! Was konnte er tun, was konnte er machen um aus dieser Höllensituation auszubrechen...? Die kleinen, tanzenden schwarzen Punkte tauchten schon wieder vor seinen Augen auf....

„Sag es mir, sag es! Was hast du mit deinem Bruder gemacht, wo ist er??“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2010-07-19T22:20:56+00:00 20.07.2010 00:20
oh man, ist shun jetzt wirklich tot?
ich weiß ja nicht wie hoch die brücke war aber vielleicht hat er ja überlebt?! nun ja, aber auf gleisen landen ist schon recht eklig... vorallem das mit dem matsch, das später erwähnt wurde - von wegen ich wär eklig! ;p
Oh ja, und lucifer ist wieder on air! she's my favourite - du darfst nicht vergessen ganz viel auf sie einzugehen !

uff, sry, mein kommi ist nonsense... aber es ist auch schon spät.
(btw, ich studiere in stellenbosch - in der nähe von kapstadt)
Von:  Luinaldawen
2010-06-28T10:55:45+00:00 28.06.2010 12:55
Und wieder Dalì... da war klar, dass Shun tot ist...
Du würgst dem armen Kazzy ja echt eine ganze Menge rein. >__< Man merkt aber wirklich, dass er zu der Zeit noch sehr wenig mit dem Kazzy aus Dear Loser gemeinsam hat. Aber seine Hintergründe werden langsam immer klarer und man beginnt zu verstehen, wie es so weit kommen konnte. Armer Kerl...

Sehr interessant fand ich auch den Kurzauftritt von X. XDDDD Yoshiki wie üblich nur stark, wenn er in der Gruppe ist.

Deine Fanfic wird wirklich immer besser (und ich mag Lucifer, frag mich nicht warum oO). Ich freu mich schon auf mehr ^-^
Von:  TARACHOMU
2010-06-27T09:35:01+00:00 27.06.2010 11:35
Hö? Dali?!
Das war mein erster Gedanke XD
Aber ich finde das Pitel wieder echt toll!

Iwie mag ich Luzifer nich, ist mir noch aufgefallen. Naja mal sehen wie sich meine Sympathie ihr gegenüber noch entwickelt~
Von:  hideplueschtier
2010-06-24T15:41:53+00:00 24.06.2010 17:41
Woah... damit das Shun wirklich runterstrzt habe ich ja nun nicht gerechnet. Greeny ist immer wieder für eine Überraschung gut...

Kazzys Schock, seine Verwirrung und Verzweiflung hast du jedenfalls wirklich sehr gut beschrieben. Schön anschaulich auch auch nachvollziehbar für den Leser.

Lucifers Reaktion war ebenfalls interessant... sie scheint ja doch ziemlich abgebrüht zu sein.

Das er wiederrum nciht alleine in der Wohnung sein wird war dann schon wieder absehbar XD. Bin gespannt wie sich das ganze weiter entwickelt jetzt...

Ps: Mal wieder ein geschickt eingesetzter Dali XD~


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