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Balance

von

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You schrie auf, als hätte man ihm einen Dolch in den Leib gejagt. Keuchend krümmte er sich, dann begann er tonlos zu weinen.

Gackt stand hilflos da, ohne eine Ahnung was vor sich ging. Er konnte nur zusehen wie sein Freund stille Tränen vergoss.
 

~
 

Etwas in Takeos Kopf riss, er spürte einen kurzen, zerrenden Schmerz und dann war es still, ungewöhnlich still. Etwas fehlte... etwas wichtiges, das immer da gewesen war.

Entsetzt entrang sich ein Keuchen seiner Kehle als er realisierte was geschehen war.

Vollkommen ohne jegliche Hoffnung senkte er den Kopf, es war so schrecklich still in seinem Kopf, das Loch das hinterlassen wurde schmerzte dumpf.
 

~
 

Közi hätte beinahe vor Schreck die Kette fallen lassen, als ihn auf einmal ein heißer Blitz durchzuckte. Es war als würde sein Blut kochen, aber es schmerzte nicht. Er spürte nur, wie sich ungeheure Energie und Kraft in ihm ausbreitete und ihn durchströmte, von Kopf bis Fuß. Eine unglaubliche Energie, die ihm ungewöhnlich bekannt vor kam, ihn beinahe tröstend wärmte. Was auch immer es war, er würde es festhalten und nie mehr los lassen.
 

~
 

Kaoru erzitterte, als die Energie die er von den anderen aufsog sich kurz veränderte. Er ließ die Hände sinken, etwas stimmte nicht. Von allen Seiten bekam er Informationen, die er einstimmig nur in einer Weise verstehen konnte: Yoshiki war tot.

Es war also geschehen, das unvermeidliche. Sie hatten es gewusst, wollten es aber bis zum Schluss nicht wahr haben. Sie hatten entgegen aller Vorsehung immer noch gewagt zu Hoffen, dass das Schicksal ihnen gut gesinnt war. Sie waren auch nur Menschen... und Hoffnung ist das menschlichste im Menschen.

Kaoru ermahnte seine Gefährten, sie durften sich nicht von der Gegenwart ablenken lassen, sie hatten eine Aufgabe zu erfüllen. Vor ihnen lag immer noch das Problem, dieses Monster aus der Welt zu schaffen. Aiji hatte sich taumelnd aufgerichtet, ein Bein schien mehrmals gebrochen zu sein und er konnte nur auf dem anderen stehen, eine Hand umklammerte eine Straßenlaterne um das Gleichgewicht zu halten. Hasserfüllt starrte er Kirito an, der unweit von ihm entfernt auf dem Boden saß, Jun fest umklammerte um ihn davon abzuhalten noch näher zu Aiji zu rennen.

Es gab keine Möglichkeit, den ehemaligen Wächter zu retten, seine Seele war vollkommen von Dunkelheit eingehüllt und für alle Zeit verloren. Aiji war tot, alles was noch existierte waren sein Hass und seine Eifersucht, sein Zorn und die Verzweiflung, die personifiziert diese grausige Gestalt angenommen, und alles Gute in ihm erstickt hatten.

Kaoru schloss die Augen, sie mussten es jetzt tun. Ein Schlag und diese Kreatur wäre erledigt.

Doch nur Die und Kyo begannen ihre Energie zu bündeln, Shinya und Toshiya schienen unschlüssig. Kaoru richtete den Blick auf Shinya und fragte in Gedanken:

"Was ist los, Shinya? Toshiya?"

"Ich höre etwas... etwas das ich nicht verstehe."

"Was hörst du?"

"Jemand lacht... hier in der Nähe. Hier ist jemand."

"Ich sehe nichts... hier ist niemand außer uns und den ahnungslosen Menschen die allesamt schlafen... bist du sicher?"

Eine Weile verstrich, Shinya schien auf Dies Worte hin noch ein mal richtig hin zu hören.

"Ich bin sicher. Hier ist jemand."

"Ich spüre etwas.. etwas das ich nicht verstehe."

Toshiya klang unsicher, und das war selten.

"Was spürst du?"

"Jemand hat die Absicht, uns alle auf ein Mal zu töten... aber ich weiß nicht wer... er ist siegessicher."

"Niemand hier hat die Kraft dazu. Niemand hier ist stärker als wir, du musst dich irren."

Kyo klang wie immer, leicht aufgebracht und ohne Geduld.

"Ich irre mich nicht... ich spüre es deutlich. Und es ist jemand der hier anwesenden..."

"Niemand der hier anwesenden hat die Kraft dazu!"

"Niemand der hier anwesenden lacht."

"Ich sehe niemanden außer uns, hier ist niemand sonst!"

Wirre Gedankenfetzen überschwemmten Kaoru, die vier um ihn herum begannen sich zu streiten. Immer unschlüssiger wurden sie, immer verwirrter. Und immer unvorsichtiger. Das Kraftfeld, das sie alle schützte und verband, wurde schwächer und durchlässiger...
 

~
 

Kiritos Griff wurde einfach nicht lockerer, egal wie wild er um sich schlug. Er wollte ihm nicht weh tun, aber er sollte endlich loslassen! Jun versuchte verzweifelt seinem Klammergriff zu entkommen, er musste unbedingt zu Aiji! Immer wieder bat er seinen Freund ihn doch endlich los zu lassen, doch dessen Griff wurde dadurch nur noch stärker und ließ Jun keine Chance sich los zu reißen.

"Jun lass es! Er ist vollkommen durchgedreht, du kannst nichts tun! Er ist verloren, hörst du?"

"Nein! Nein, Kirito bitte!"

Keine Chance, er war trotz seiner schweren Verletzungen viel stärker als er. Jun war verzweifelt, das konnte doch nicht richtig sein! Er verstand nicht was hier los war, oder was genau mit Aiji geschehen war, aber egal wie sein Freund gerade aussah, es gab bestimmt eine Möglichkeit diese Hexerei wieder rückgängig zu machen.

"Kirito, lass mich loooos! Was passiert hier überhaupt?"

Niemals hätte er mit einer Antwort gerechnet, aber er bekam eine. Kirito zog ihn ruckartig nach hinten an sich, Jun konnte spüren wie sich klebriges Blut durch sein Shirt sog. Mit ruhiger und sanfter Stimme sprach Kirito genau in sein Ohr:

"Jun... du weißt es nicht, aber du bist unbeschreiblich wertvoll. Du bist eine der reinsten Seelen auf der ganzen Welt. Wir sind deine Wächter, dazu bestimmt dich zu beschützen. Aiji gehört auch zu uns, aber er hat seine Kräfte noch nicht entdeckt. Unser Feind hat seine Verzweiflung ausgenutzt und ihn hereingelegt... er hat ihn in dieses Monster verwandelt. Wir können nichts tun, es ist endgültig. Ich habe keine Kräfte mehr, Kohta ist schwer verletzt und unser Feind besitzt das Siegel, das zu Kohtas Tod führt sobald es zerstört wird... ich hätte darauf aufpassen sollen aber ich habe versagt. Kohtas Leben liegt in seiner Hand... Ich weiß nicht weiter, Jun. Das alles ist die Wahrheit."

Kirito hustete leicht, die Anstrengung zeigte immer deutlicherer Spuren. Seine Stimme wurde leiser und gleichzeitig sanfter, als er weiter sprach:

"Ich bin am Ende... ich weiß nicht wieder. Alles, was ich noch sicher weiß ist, dass es meine Aufgabe ist dich zu beschützen. Und das werde ich tun, wenn nötig mit meinem Leben, denn das ist verglichen mit deinem überhaupt nichts wert."

Jun wurde ganz still.
 

~
 

Eine Weile stand er da und betrachtete den leblosen Körper der vor ihm auf dem Boden lag. Eine gewisse Trauer erfasste ihn, als ihm klar wurde, dass Yoshiki wirklich unwiederbringlich tot war. Es hatte Spaß gemacht... es war amüsant gewesen ihn zu quälen und umzubringen, aber es war der letzte Spaß den er mit ihm gehabt hatte. Nie wieder würde er in den Genuss kommen ihn zu quälen oder zu verletzen, nie wieder würde er ihm dazwischenfunken und seine Pläne im letzten Moment noch kreuzen und zunichte machen, nie wieder würde er von Juka amüsante Geschichten über sein Gegenstück erfahren. Er war tot.

Das Gefühl des Triumphes war trotzdem da, wenn auch nur sehr schwach. Er hatte bewiesen, welche Seite die stärkere war. Es würde zwar einen Nachfolger geben, aber bis dieser sich organisiert hatte würde eine lange Zeit vergehen. Zeit genug für Mana, um seine Macht noch zu erweitern und zu festigen. Er war nicht mehr aufzuhalten, egal wer Yoshikis Nachfolger werden würde, Mana war ihm um Längen voraus.

Mit einer beherrscht schwungvollen Bewegung kehrte er dem Blutbad den Rücken zu und schritt aus dem Büro, die Türe ließ er offen. Er würde Yoshiki selbst im Tod keinen Moment an Ungestörtheit gönnen, bald schon würde die Putzfrau ihn finden. Langsam ging er an Toshis Schreibtisch vorbei, eine Handbewegung reichte aus um alle Papiere und Ordner in einem kleinen Wirbelsturm zu verwüsten und durch den ganzen Raum zu verteilen. Die beiden Computerbildschirme zerbarsten als Mana sie nur ansah, die Scherben stoben durch den Raum und fielen klirrend auf den Parkettboden.

Mana lächelte als er das Gebäude verließ, eine kurze Berührung reichte aus um das goldene Namensschild zu Staub zerfallen zu lassen.

Yoshikis Organisation war hiermit offiziell zerschlagen.
 

~
 

Yu~ki summte gut gelaunt eine kleine fröhliche Melodie, während er von dem Stromkasten sprang und auf die Fünf zuging. Ach es war so erheiternd, da musste er Juka recht geben. Die Meister wussten nicht einmal, in welcher Gefahr sie sich befanden. Sie waren so von sich überzeugt, dass sie den kleinen, vergifteten Spliter nicht bemerkten der ihre Verteidigung wesendlich schwächte. Den kleinen Keil, den Juka in ihre Barriere getrieben hatte und der sie verwundbar und schwach machen würde. Das, was ihre ganze Kraft ausmachte, ihre unumstößlich feste Kommunikation, die sie untrennbar verband und niemandem gestattete, sich einzumischen oder ihnen zu schaden würde ihnen zum Verhängnis werden. Uneinigkeit würde ihr Tod werden, und Juka hatte es geschafft sie in einen Streit zu verwickeln, der ihre Verteidigung für wenige Sekunden geschwächt hatte. Mehr Zeit hatte Yu~ki gar nicht gebraucht, dieser kleine Moment hatte vollkommen ausgereicht um seine unsichtbaren Fäden zu ziehen, um das Medium zu fesseln.

Elegant schwang der Puppenspieler seinen silbernen Gehstock mit jedem Schritt, der Hut saß ihm kerzengerade auf der hohen Stirn und ließ ihn grotesk und unwirklich wirken, wie eine Figur aus einem Buch oder einem Film. Kaum jemand beachtete ihn, er konnte zwar den Blick von Takeo auf sich spüren und wusste, dass er versuchte ihn einzuschätzen, ebenso konnte er extremes Misstrauen von Aoi spüren, doch wirkliches Interesse hatte niemand. Noch stand er nicht im Mittelpunkt.

Noch nicht.

Doch das würde sich bald ändern... Mit jeder Bewegung verfing Kaoru sich immer mehr in den Fäden, die der Puppenspieler im Bruchteil einer Sekunde um ihn herum gesponnen hatte, ohne zu merken was überhaupt geschah. Er war Yu~ki somit vollkommen ausgeliefert.

Doch zunächst einmal wartete er ab, er hatte keine Eile. Außerdem musste er den perfekten Augenblick abwarten um die Fäden in die Hand zu nehmen, doch so wie es im Moment aussah musste er darauf nicht einmal mehr lange warten. Bereits nach ein paar Sekunden, als die Verbindung der Fünf sich wieder gefestigt hatte, setzten sie zum nächsten und sicher endgültig letzten Angriff gegen Aiji an. Die, Shinya, Toshiya und Kyo bündelten ihre Energie, Kaoru sog sie in sich auf und...

Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung brachte Yu~ki ihn dazu, diese ewig gleichen Abläufe zu verändern. Kaoru nahm diese Veränderung wahr, aber er war machtlos dagegen, Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr, seine Hände bewegten sich anders, sein Blick wandte sich nicht auf Aiji um den blendenden Schlag unglaublich starker Energie in seine Richtung zu schleudern, nein...

Er wählte ein anderes Ziel...
 

~
 

Kohta schob sich an der Wand entlang, allein konnte er keinen Schritt mehr tun. Seine Beine zitterten, jeder Atemzug schmerzte, sein linker Arm hatte sich bei seiner letzten Ausweichaktion ausgekugelt. Langsam hinkte er vorwärts, auf Jun und Kirito zu. Was um ihn herum geschah bekam er nicht mit, alles was zählte war im Moment zu den beiden hin zu kommen. Seltsam.. früher hatte er noch große Ziele gehabt... die Schule schaffen, eine Band gründen, einigermaßen Erfolg mit dieser Band haben, vielleicht jemanden zu finden den er lieben konnte, der seine Liebe erwiderte, und immer wieder Jun zu schützen. Große Ziele, Träume die er hatte. Jetzt war das große Ziel, dass er erreichen musste, die zwanzig Meter Entfernung zurück zu legen um zu seinem Bruder und Jun zu kommen. Alles andere spielte gerade überhaupt keine Rolle. Keuchend hob er den Blick, Kirito hatte Jun fest an sich gedrückt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er verstand nicht warum, aber er musste den Blick abwenden weil ihm sonst die Lust verging sich weiter zu quälen um um jeden Preis zu den beiden nach vorne zu kommen.

Sein Schädel dröhnte, trotzdem nahm er das kreischend kehlige Atmen von Aiji wahr, der einige Meter weiter auf dem Boden kauerte. Er hatte schon vollkommen verdrängt, dass dieses Monster ein mal ihr Freund gewesen war, dass er vor nicht einmal zwei Stunden noch friedlich in seinem Bett gelegen und sich von schlimmen Verletzungen erholt hatte. Er sah nur noch das Monster, die Kreatur die Jun schaden wollte. Wenn es nötig war, würde er ihn töten, auch wenn er damit selbst ein großes Stück von sich selbst zerstörte, denn Aiji war nach wie vor einer seiner besten Freunde.

Im Augenwinkel sah er, dass die Fünf sich wieder auf einen Angriff vorbereiteten, sie nahmen die gleiche Position wie eben ein, das helle Leuchten umgab die äußeren vier, Kaoru faltete die Hände... Kirito und Jun waren zu nah! Der Energieschlag würde sie ebenso erwischen, sie mussten da weg!

Er hatte keine Stimme mehr, sein Hals war wie zugeschnürt. Er versuchte nach den beiden zu rufen, doch sie hörten ihn nicht, schienen ihn vollkommen auszublenden, so als sei er nicht wichtig...

Ein Zischen war zu hören, er wandte den Blick in Richtung der fünf Meister. Der Energiestrahl, den Kaoru losschickte, raste in die Luft und vollführte einen seltsamen Bogen, schlug dann heftig ein.

Kohta gab einen erstickten Schrei von sich. Was geschah hier? Vollkommen entgeistert beobachtete er, wie Kyo zu Boden ging. Seine Klamotten beinahe vollkommen verbrannt, seine Haut schwarz verkohlt. Blut rann aus seinem Mund und der Nase, seine Augen waren nur noch leere Höhlen aus denen schwarzer Rauch quoll.

Drei Menschen schrieen in Panik auf.
 

~
 

"Kyo!"

Die sah den Blitz bevor er wirklich einschlug schon auf Kyo zurasen. Aber er hätte nichts tun können... er sah alles mit an, wie die Energie seinen Freund erschlug, sein Blut zum kochen brachte, sein Inneres verbrannte, bis auch seine Haut zu heiß wurde und verkohlte. Er sah es, sah alles von Kyos Tod. Er sah den kurzen Moment des Schmerzes, bevor Kyo starb, er sah die Angst und das Unverständnis in seinem Blick, bevor seine Augen verglühten und die Tränenflüssigkeit verdampfte. Er sah es alles, und er würde diese Bilder nie wieder los werden. Sie würden für immer seine Erinnerungen vergiften, seine Träume bestimmen.

Das unfassbare war geschehen, Kyo war tot... Kyo war tot.
 

~
 

"Kyo!"

Shinya erhob selten die Stimme, dieses Mal konnte er nicht anders. Er hörte einen ohrenbetäubenden Knall, dann ein leises überraschtes Keuchen, und dann lautes knistern und kleine Explosionen. Gleichzeitig verstummte ein anderes Geräusch, das er sonst immer hatte hören können... das konstante Schlagen eines Herzens wurde erst viel schneller, dann erstarb es. Es ging unter im Lärm von unsichtbaren Flammen, die sich rasend schnell vorwärts fraßen. Dann hörte er wie Kyo zu Boden fiel, das Geräusch anders als normal, es klang beinahe hohl und unwirklich. Langsam richtete er den Blick auf seinen Freund, es war nicht mehr viel von ihm übrig. Für eine Sekunde konnte er nichts mehr hören, alles war still. Sogar sein eigenes Herz schien stehen geblieben zu sein, er hörte nichts mehr. Gar nichts.
 

~
 

"Kyo!"

Toshiya schaffte es nicht sich auf den Beinen zu halten. So viele Emotionen, Schock, Trauer, Panik, Angst, Fassungslosigkeit - Verlust... alles schlug über ihm zusammen, durchfraß ihn wie Gift und lähmte ihn vollkommen. Irgendwo zwischen den Emotionen seiner Freunde waren seine eigenen vergraben, sein eigener Schmerz unterschied sich kaum von dem, den er von allen Seiten zu spüren bekam. Was war geschehen? Was war nur geschehen? Leise schniefend rutschte er nach vorne, Kyo lag direkt neben ihm. Das verbrannte Fleisch stank abscheulich, der Anblick war grauenhaft. Das sollte sein Freund, sein Seelenpartner gewesen sein? In Gedanken rief er nach ihm, doch seine eigene Stimme war nur ein dumpfer Hall in seinem jetzt vollkommen leeren Kopf.

Kyo antwortete nicht.
 

~
 

Der Schmerz, der durch seinen Kopf geradewegs in sein Herz schoss, wurde schlagartig schlimmer. Keuchend und wimmernd presste er die Hände an die Schläfen, nur ein Reflex denn er wusste dass das nichts brachte. Der Schmerz kam von innen, genauer gesagt... von weit her.

Zuerst war es der Verlust von Yoshiki gewesen, das plötzliche Brennen in seinem Kopf als ein helles Licht gelöscht wurde, und jetzt... ein weiterer Teil seiner Seele fror ein, wurde einfach zu Stein, unbeweglich und ohne Bedeutung.

Einer der Fünf war tot...

"Setz dich hin, ich hol dir was zu trinken, ruh dich aus!"

Armer Gackt, fuhr es You in den Kopf. Er hatte keine Ahnung, was konnte ein Schluck Wasser schon gegen solche Verluste ausrichten? Aber er wusste ja nicht einmal, was geschehen war...

"Camui... hör mir bitte kurz zu..."

Er rang nach Konzentration, in seinem Kopf wirbelte noch immer alles durcheinander. Er musste es ihm sagen, er musste!

"Yoshiki... ist tot... ich habe es spüren können... er ist tot."

Stille.

Camui starrte ihn an und setzte sich dann ganz langsam hin, auf das weiche Sofa hinter ihm. Yoshiki war tot? Sein Retter, sein Freund, sein Leidensgenosse war tot... hatte ihn einfach allein gelassen? Einfach so?

"Wie... wie ist das passiert?"

"Ich weiß es nicht... aber ich kann es mir denken. Mana hat ihn schon immer gehasst..."

"Aber warum? Warum?"

"Du weißt es doch... du hast es doch am eigenen Leib erfahren. Es ist so einfach, es ist der ewige sinnlose Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Dabei ist es so wichtig dass die Balance erhalten wird... Yoshiki war zu stark, zu einflussreich. Jetzt ist Mana der stärkste, seine Seite ist die stärkere. Zeit für Yoshikis Nachfolger... er muss stärker sein als Mana...und immer so weiter."

Er würde lügen wenn er jetzt sagte, er verstand wovon You redete, also sagte er lieber gar nichts. Er wollte auch gar nichts sagen... Langsam legte er die Hände vor das Gesicht. Yoshiki war tot... still trauerte er um ihn, um einen guten Freund und Mentor, den er immer bewundert hatte. Wie sollte es denn jetzt nur weiter gehen, ohne ihn? Ohne seine helfende Hand, seine richtungsweisenden Worte? Sogar You konnte ihm keinen Trost spenden, obwohl er sich alle Mühe gab in der sanften Umarmung etwas beruhigendes, hoffnungsvolles zu finden. Mit Yoshiki war der einzige gestorben, der jemals verstehen würde, wie es sich anfühlte mit einer halben Seele leben zu müssen. Wer war jetzt noch da, der ihm zuhören würde? Der für ihn da war wenn die Finsternis wieder einmal zu groß und zu stark würde? Niemand... er war vollkommen allein.

Die warm e Umarmung die ihn stützte erinnerte ihn daran, dass er zum Glück nicht immer mit seinen Gedanken und Ängsten recht hatte.

You war da.
 

~
 

Fassungslos starrte Kaoru auf den schwarzen, rauchenden Körper zu seinen Füßen. Wie war das passiert? Was war geschehen? Er hatte das Ziel doch ganz klar erfasst und...

Stechend spürte er Blicke auf sich, Blicke seiner Freunde. Sie starrten ihn an, offenbar unschlüssig was sie tun oder denken sollten. In Gedanken rief er leise nach ihnen, aber niemand antwortete. Warum war er auf einmal allein? Was war denn geschehen? Und... was geschah gerade? Er spürte nicht dass er sich bewegte, er sah es nur. Seine Hände hoben sich als würden sie nicht zu seinem Körper gehören, er sah wie sie Bewegungen vollführten, die er gut kannte, die er schon tausend mal gemacht hatte... er sah wie sich Energie zwischen seinen Handflächen sammelte, er sah wie sie wuchs... er spürte die Wärme nicht, konnte nicht fühlen wie das elektrische Kribbeln durch seine Haut pulsierte. Er konnte nur zusehen, wie sein Körper ohne seinen Willen Dinge tat.

Die kleine Flamme wuchs weiter, dann wechselte sie die Farbe, dann schoss sie davon, geradewegs auf Toshiya zu, der noch immer neben Kyos Leiche auf dem Boden kniete und weinte. Shinya und Die sprangen in komplett identischen Bewegungen vor ihn, hoben die Hände und erzeugten ein Kraftfeld, welches den Angriff abblockte. Den Angriff... hatte er gerade seine Freunde angegriffen?

Kaoru riss den Mund auf, aber seiner Kehle entkam kein Ton. Er starrte zu Die, dieser erwiderte seinen Blick, er bewegte seine Lippen hektisch und gestikulierte, er sah wütend aus... erst jetzt fiel Kaoru auf, dass er nichts hörte. Es war totenstill... Er versuchte den Kopf zu schütteln, doch es gelang ihm nicht. Vollkommen hilflos musste er dabei zusehen, wie er wieder die Hände hob und Energie sammelte, dieses Mal mehr als eben... Er konnte nichts tun. Das einzige, was er in seiner Verzweiflung versuchte war, so laut zu denken wie er konnte... vielleicht hörte Shinya ihn.

"Haltet mich auf! Ich bin nicht mehr Herr über meine Sinne... haltet mich auf!"

Der stumme Hilferuf verfing sich in Yu~kis Seilen, leierte aus, verblasste und verschwand dann vollkommen.
 

~
 

Kirito wusste nicht wohin er schauen sollte. Welche Grauen sollte er sich ansehen? Eine Wahl, die nicht gerade fair war... Sein Blick wanderte über die Gesichter um ihn herum. Er sah überall das gleiche... Schmerz, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit. Ob das das Ende war?

Nicht einmal Jun schien noch Hoffnung zu haben, er hing wie gelähmt in Kiritos Armen, sagte nichts mehr. Kohta lehnte neben ihm an der Wand, er hatte die Augen geschlossen. Schuldgefühle überkamen ihn, als er sich seinen Bruder so ansah... war es nicht seine Aufgabe gewesen, auch ihn zu schützen? Kohta hatte ihm so sehr vertraut, sich immer schon auf ihn verlassen. Und er hatte ihn enttäuscht. Was war er nur für ein miserabler großer Bruder?

Langsam wanderte sein Blick zu Közi. Manas Lakai verhielt sich ruhig, er stand nur da und beobachtete das Geschehen still, obwohl eine Bestürzung in seinem Blick zu sehen war, die nicht wirklich passen wollte. In seiner Hand hielt er immer noch die Kette... Irgendwie musste er diese Kette zurück bekommen, er musste Kohtas Siegel wieder beschaffen. Aber wie? Er konnte Közi nicht angreifen, erstens hatte er kaum noch Kraft, zweitens würde er vielleicht das Siegel dadurch beschädigen oder gar zerstören. Das wäre Kohtas Tod...

Leise seufzte er. Was sollte er nur tun? Er war hilflos, vollkommen hilflos.

Das rasselnd keuchende Atmen von Aiji veränderte sich, es wurde etwas schneller und abgehakter als die angeschlagene Kreatur sich jetzt plötzlich wieder regte. Er stand auf, seine dürren Gelenke zitterten unter der Anstrengung, er rutschte fast auf seinem eigenen Blut aus als er sich mühsam aufrichtete. Mordlüsterne Augen sahen sich um, rasten von Gesicht zu Gesicht und blieben dann auf Jun hängen.

Oh nein.

Kirito reagierte blitzschnell. Er stieß Jun von sich weg, in Kohtas Richtung und sprang auf. Die Schmerzen spürte er beinahe gar nicht, seine ganze Konzentration legte er auf seine letzten Kraftreserven. Mit verzerrtem Gesicht sammelte er alles was er noch an Energie besaß, bündelte es, und griff Aiji an. Er zielte auf seinen Kopf, es war ihm jetzt egal dass er einen Freund töten musste. Er würde seine Aufgabe erfüllen, würde Jun und Kohta schützen. Irgendwie... Im Augenwinkel sah er, dass Takeo bei Kohta und Jun war. Er errichtete ein kleines Kraftfeld, es würde nicht lange halten, aber es war besser als nichts. Kohta richtete sich ebenfalls auf, so gut es noch ging hinkte er zu Kirito und lehnte sich schwer gegen ihn.

"Ich helfe dir..."

Kirito widersprach nicht. Er hatte versagt als es darum ging, seinen kleinen Bruder zu beschützen, er hatte das Recht verwirkt ihm sagen zu dürfen was er zu tun und zu lassen hatte. Gemeinsam bereiteten sie sich auf den Angriff vor, doch die spärliche Energie, die sie gemeinsam noch auftreiben konnten, verpuffte wirkungslos. Sie prallte an Aijis dicker Haut ab, machte das Monster aber noch wütender. Ein zorniger Schrei, der den Boden zum vibrieren brachte, dann holte er aus...

Der Klauenbesetzte Arm erwischte Kirito und riss ihn zur Seite, schleuderte ihn einige Meter weiter weg wo er hart auf den Asphalt aufschlug und reglos liegen blieb.

Der zweite Hieb erwischte Kohta, der sich im letzten Moment in seine Wolfsgestalt zurückgezogen hatte, um ihm wenigstens scharfe Zähne entgegen setzen zu können. Ohne Erfolg... er wurde ebenso einfach weggefegt wie sein Bruder, prallte gegen die Wand und blieb verkrümmt liegen. Das silberne Fell war von Blut und schwarzer Flüssigkeit verklebt.
 

~
 

Noch nie hatte er so etwas gesehen. Er verstand nicht was hier vorging! Wer war hier noch auf welcher Seite? Fassungslos beobachtete er, wie die Fünf sich gegenseitig bekämpften. Kaoru feuerte Energiestrahl um Energiestrahl ab, immer wieder und so rasend schnell, dass es aussah als würde er konstant einen Strahl gegen Toshiya feuern. Er konnte sich nicht schützen während er angriff, und so war er Dies Angriffen ausgeliefert, die ihn immer und immer wieder trafen.

Aoi wusste, was das bedeutete. Langsam wanderte sein Blick zu dem Puppenspieler. Er hatte zwar ein Lächeln auf den Lippen, starrte aber die ganze Zeit konzentriert auf Kaoru. Ab und an zuckte sein Mundwinkel, bewegte sich seine Hand.

Er lenkte ihn! Er manipulierte Kaoru!

Wie gerne würde er das beenden... es wäre einfach, er würde bloß ein einziges mal angreifen müssen. Yu~ki schien auf nichts anderes zu achten als auf die Fünf, er war schutzlos... er könnte ihn einfach so töten und somit Kaoru retten...

Aber der Puppenspieler arbeitete für Mana. Und Mana konnte er sich nicht wiedersetzen, ausgeschlossen.

Er zwang sich förmlich dazu, den Blick abzuwenden. Er wollte das nicht sehen.. nicht mit dem Wissen, dass er eigentlich helfen konnte.

Ein leises, ersticktes Winseln lenkte seine Aufmerksamkeit auf Kohta. Der weiße Wolf lag reglos da... das schöne Tier war verletzt und zerzaust. Einige Meter weiter lag sein Bruder, auch er bewegte sich nicht mehr... waren die beiden tot?

Das Monster interessierte sich nicht mehr für die Brüder. Es hinkte keuchend auf Jun zu, der an die Wand gekauert dasaß. Er weinte stumm, starrte die Kreatur mit einer Mischung aus Angst und ungläubiger Verzweiflung an, Takeo kniete einige Meter weiter vor ihm, legte all seine Kraft in den flackernden Schutzschild. Das dünne Kraftfeld hielt nicht einmal einen einzigen Prankenhieb aus. Es verschwand und Takeo schrie leise auf, kippte dann zur Seite weg. Die plötzliche Zerstörung des Schildes hatte für eine Rückkopplung gesorgt, er hatte die volle Energie selbst abbekommen und sich damit ausgeschaltet.

Jun war jetzt vollkommen schutzlos. Er drückte sich fest gegen die kalte Wand, schüttelte den Kopf und schluchzte leise.

"Aiji!"

Der naive kleine Junge erwartete doch wohl nicht etwa ernsthaft, dass dieses Monster noch auf seinen Namen hörte? Aoi, schloss die Augen kurz. Da war alles nur ein Alptraum! Einer seiner schrecklichen Träume, es konnte gar nicht anders sein! So viel Schreckliches auf einmal konnte doch gar nicht passieren!

Er spürte eine Bewegung neben sich, öffnete die Augen - und erstarrte.

"Reita!"

Sein Freund rannte, er rannte so schnell er konnte auf Aiji zu... nein, auf Jun! Aoi war wie gelähmt, was hatte er vor?

Das Monster setzte zum Sprung an, die Krallen ausgefahren, das Maul weit aufgerissen. Jun schloss die Augen.

"Aiji!"

Aoi erstarrte. Reita stand da... vor Jun. Die Arme ausgebreitet, den Blick auf das Monster gerichtet, das einmal sein Bruder gewesen war.

Die Zeit blieb stehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Rabbid
2005-10-13T00:25:04+00:00 13.10.2005 02:25
...............................................................Oh gott... ist das grausam......Kyos Tod................ *nase putz, weil läuft wegen dem weinen*
die beschreinung hätte echt nicht so ausführlich sein können............... das was Die sah....einfach nur grausam.....
das ganze kapitel...........................................*schnief*
und Közi als nachfolger von Yohiki Ô.Ô
das kam echt überraschend...
Kohta, Kirito.....wie gesagt...die personen in dieser FF haben ein nicht allzu hohes Lebenserwartungsalter.....XD
man...es schnürrt mir richtig die kehle zu...so viel grausamkeit......T.T *zu sensibel für so was ist*
*aba nicht sein lassen kan zu lesen~ >.<*

so~
mach mich dann mal auf....und lese das letzte kapitel............................................*schnief*
Von:  yoshi_in_black
2005-10-05T21:53:47+00:00 05.10.2005 23:53
Weita!!!!! Du schreibst so gut und spannend, da kann man sich gar nicht mehr losreißen!
Von:  sakurei
2005-09-30T15:07:40+00:00 30.09.2005 17:07
Es ist einfach unglaublich, wie du immer weiter die Spannung aufbaust.
Man traut sich gar nicht, sich zu bewegen oder auch nur kurz das Lesen zu unterbrechen, so sehr fesselt es einen.
Meine Augen brannten die ganze Zeit beim Lesen weil ich nicht anfangen wollte zu weinen weil dann alles verschwimmt^^''... *hinterher trotzdem geheult hab*

Ich war richtig geschockt, als Kyo auf einmal getroffen wurde. Und wie grausam du das alles geschrieben hast xX' *mir gar nicht vorstellen wollte*... Ich hab mich im ersten Moment genausp ungläubig gefühlt wie der Rest der 5 .__.'... *nicht glauben wollte*

Die ganze Ff ist so wunderbar und unglaublich spannend.. und ich will nicht, dass Aiji so ein Monster bleibt. Aber so grausam und ungerecht wie die Ff bisher war, bin ich mir fast sicher, dass Aiji sterben wird. Trotzdem hoff ich, dass irgendwas geschieht T^T' (und dass sie Kohtas Siegel wiederkriegen ._.)

Ah schreib bitte schnell weiter... die Schlussszene ist ja ein hundsgemeines Kapitelende T_T;;...


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