Zum Inhalt der Seite

Die Diener der Dunkelheit

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verlorenes Schaf

Und ein neues Kapitel ist im Anmarsch.
 

Aber zuerst möchte ich mich für die lieben Kommis bedanken, die ihr geschrieben habt. Die haben mich riesig gefreut und dazu gebracht doch noch weiter zu schreiben.

Gut zu erfahren, dass jemand diese Geschichte liest...
 

Leider kann in den nächsten Wochen erst mal nicht weiterschreiben, weil ich fürs Abi lernen muss, aber danach geht es hoffentlich weiter.
 

Und nun, Vorhang auf für Kapitel 8:
 

Kapitel 8 Verlorenes Schaf
 

"Ich kann und werde nicht aufgeben. Niemals." Sagte Zelgadis bestimmt.

"Aber wenn die Suche nun dein ganzes Leben dauern würde?" sagte Filia stirnrunzelnd. "Dann hast du vielleicht irgendwann deine Heilung gefunden, aber dein ganzes Leben mit der Suche danach verschwendet."

"Das wäre keine Verschwendung. Ein Leben mit dieser Steinhaut wäre es." Erwiderte Zelgadis und sah finster auf seine Hand hinunter, die unter den weißen Handschuhen grau und grünlichen Stein barg.

Filia schüttelte resigniert den Kopf. Die Diskussion zog sich schon Ewigkeiten hin, aber das einzige, was sie daraus bekam, waren Kopfschmerzen.

Zelgadis schnitt Filia laut das Wort ab, bevor sie weiter auf ihn einreden konnte. "Du verstehst das nicht. So eine Form zu haben ist die Hölle!"

Filia schwieg daraufhin und starrte missmutig auf ihre eigene weiße Hand, die leicht grün schimmerte vom Filter der Blattkronen über ihr. ,Du hast ja keine Ahnung, wie gut ich dich verstehe', dachte sie. ,Wenigstens bist du vor einem Mazokuanteil verschont geblieben.'

Nachdenklich lief sie weiter und streifte Kesharo, der beständig neben ihr her trottete. Der Rest der Gruppe schwieg, ob nun aus Müdigkeit oder der jahrelangen Erfahrung, dass es sinnlos war mit Zelgadis über seine fanatische Suche nach einer Heilung für seinen Chimären-Fluch zu diskutieren, wusste sie nicht.

Sie waren schon den ganzen Tag unterwegs, die ganze Woche genauer gesagt, in welcher sie sich nach Filias dafürhalten immer weiter von jeglicher Zivilisation entfernten und alle Zeit mit wandern oder essen zubrachten. Sie fand es herrlich friedlich. Trotzdem war es ihr ein Rätsel warum sie die Ausläufer des riesigen Waldes betreten hatten, von dem sie vorher von einem Hang aus gesehen hatten, dass er sich bis zum Horizont hinstreckte und selbst die höchsten Berggipfel mit einem tiefgrünen Teppich überzog.

Er war dicht und urwaldlich und die Hitze der Nachmittagssonne wurde von seinem dichten Blätterdach verschluckt, sodass nur dumpfes, blattgrünes Licht zu ihnen gelangte und den dunklen Boden vor ihnen hell sprenkelte. Die Luft war hier modrig und frisch zugleich und alle Geräusche wie wattegedämpft.

"Dein Leben sollte noch einen anderen Sinn haben als der Hoffnung auf Heilung nachzujagen", begann Filia wieder. "Ich meine, du musst doch vor Rezos Eingreifen auch irgendwelche anderen Wünsche gehabt haben."

"Oh ja, ich wollte stärker werden", sagte Zelgadis missgelaunt. "Ein großer Schwertkämpfer wollte ich werden, diese verdammte Besessenheit hat mich ja erst in das Desaster reingeritten. Nun immerhin", ein freudloses Lachen entwich ihm. "Stärker bin ich tatsächlich geworden, da kann ich mich nicht beklagen."

Filia sag ihn traurig an, das war es nicht worauf sie hinauswollte. Sie war sich bewusst, dass Lina, Gourry und Amelia zwar nicht in ihre Richtung sahen, aber wohl doch die ganze Zeit über gespannt zuhörten. Okay, Gourry war vielleicht tatsächlich nur mit der Bertachtung der wilden Natur um sie her beschäftigt aber Amelia blickte viel zu angespannt auf den schmalen Trampelpfad vor ihr.

"Zel", sagte Filia vorsichtig. "ich will nur, dass du dich nicht zu sehr in dieses Vorhaben verrennst. Weißt du, als Ryuzoku kenne ich mich sehr gut mit Heilmagie aus, aber ein Zauber um Chimären wieder zurückzuverwandeln wurde während meiner ganzen Ausbildung nicht erwähnt. Wenn es nun keinen gibt..."

"Bei allem Respekt, Filia", sagte Zelgadis ruhig "Wir wissen, dass die Feuerdrachen nicht die gelehrtesten Golden Dragons in der Heilmagie waren."

Filia sah ihn verblüfft an, während Lina, die ein paar Äste zur Seite gebogen hatte um ein besonders dichtes Gestrüpp zu durchqueren, die Zweige hektisch losließ, sodass sie Gourry mitten im Gesicht erwischten, und sich umdrehte. Wütend funkelte sie Zel an.

"Aua, Lina, das musste doch nicht sein", sagte Gourry und rieb sich das Gesicht, aber Lina achtete nicht darauf.

"Zel, Filia lasst es jetzt gut sein, das führt doch sowieso zu nichts", sagte sie genervt.

"Was meinst du damit?" fragte Filia an Zelgadis gewandt und ignorierte Lina einfach.

Zel zuckte nur die Achseln. "Das auch du nicht alles über Heilmagie weißt. Ich werde schon einen Weg finden."

"Die wirklichen Spezialisten auf dem Gebiet der Heilung sind tatsächlich die Diener Rangorts, des Erddrachenkönigs", sagte Filia stirnrunzelnd. "Aber mit denen hatte ich kaum zu tun... Halt." Sie blieb plötzlich stehen, als ihr ein schlimmer Verdacht kam. Schlimm für sie in ihrer jetzigen Form.

"Das hier ist ein Urwald, ein sehr erdverbundener Ort. Hier gibt es doch nicht etwa einen Erdtempel der Ryuzoku?"

Ihr Blick wanderte zu Lina, die ihn jetzt ungerührt erwiderte. "Doch, genauso ist es. Wir haben vor ungefähr einem Monat davon erfahren und uns auf den Weg hierher gemacht. Nach unseren Informationen soll es ein kleiner Nebentempel von ihnen oder so was in der Art sein."

"Warum habt ihr mir nicht vorher davon erzählt?" fragte Filia verzweifelt.

Lina zuckte die Schultern. "Ich dachte nicht, dass du es so wichtig finden könntest. Es ist doch wahrscheinlich eher erfreulich für dich andere Ryuzoku wiederzusehen, Freunde sozusagen."

Filia spürte wieder, wie das Misstrauen der anderen wie eine Welle über ihr zusammenschlug, wie schon am Tag ihrer Ankunft, und sie riss sich zusammen und setzte eine undurchdringliche Miene auf.

"Ja, du hast recht, es wird schön sein wieder andere Drachen zu sehen", sage sie freundlich. "Ich war nur überrascht eben."

Sie ging wieder weiter. Lina seufzte leise, erwiderte jedoch nichts, sondern fing an mit Gourry zu diskutieren und lang und breit zu erklären, dass sie überhaupt nichts dafür konnte, wenn ihm dauernd Zweige ins Gesicht schlugen.

Filias Gedanken rasten. Zu den Ryuzoku zu gehen war gefährlich. Womöglich bemerkten sie diese veränderte Aura, die Xellos erwähnt hatte, und außerdem wohnte Shouki in ihrem Körper, welches die Sicherheitssensoren in Ryuzokutempeln erkennen konnten. Ein Stoß an ihrem Bein entlang ließ sie aufschrecken. Kesharo trottete dicht neben ihr wie ein Schatten und schlug unruhig mit dem Schwanz. Wenn sie auch mit allem anderen durchkam, Kesharo würde man als das erkennen, was er war, das Geschöpf eines Mazokus.

Die grünen Augen leuchteten klug in der Dunkelheit. 'Sollen wir Xellos warnen?', dachte sie intensiv und starrte den Wolf an. 'Wir brauchen Instruktionen, nicht wahr? Und du musst verschwinden bevor die Ryuzoku dich entdecken.' Der braune Wolf winselte leicht und... zwinkerte? Filia sah ihn etwas verblüfft an. 'In Ordnung', dachte sie ruhig 'Geh. Ich denk mir schon eine Ausrede für dich aus.

Das braune Raubtier wandte sich ab und wollte anscheinend tatsächlich im Dickicht verschwinden, als plötzlich ein Ruf ertönte und strahlend helles Licht um die Gruppe aufflammte. Kesharo heulte auf und sprang zurück, Lina fluchte laut und Filia schloss geblendet die Augen.

Als sie wieder die Hände von den Augen nahm, musste sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass ihre Gruppe von einem weißgrellen Bannkreis aus am Boden verlaufenden Lichtbahnen umgeben wurden. Kesharo war zurückgesprungen und hatte sich wieder dicht an ihre Beine gedrückt, zitternd und mit geschlossenen Augen.

"Was zur Hölle war das?" hörte sie Lina neben sich fragen. Ihre Freunde waren unverletzt geblieben, aber Amelia war anscheinend kopfüber zu Boden gekracht und bekam gerade wieder von Zelgadis aufgeholfen.

"Ich würde sagen wir stehen mitten in einem Bannkreis", sagte dieser gerade.

"Genau, das hier ist ein Ryuzokusiegel", sagte Filia und versuchte die Angst aus ihrer Stimme zu verbannen. "Es ist nicht weiter gefährlich, sondern wird nur benutzt um Feinde einzusperren." 'Vor allem Mazoku', fügte sie in Gedanken hinzu. 'Und für diese kann das sehr wohl gefährlich werden.'

"Du scheinst dich ja sehr gut auszukennen", ertönte eine Stimme vor ihr.

Durch den schimmernden Lichtkreis sah sie einen Ryuzoku auf sie zutreten, dessen weißen Umhang die erdbraunen Streifen der Priester des Erddrachenkönigs zierten. Er hatte braune Augen und erste graue Strähnen durchzogen sein Haar und seinen Bart.

Er betrachtete Filia näher und ein Anflug von Erstaunen strich über sein Gesicht.

"Ihr seid eine Ryuzoku", sagte er überrascht, wenn auch nicht minder ernst als zuvor. "Das hatten wir gar nicht wahrgenommen." Forschend glitt sein Blick über ihre Gestalt.

"Was soll diese unfreundliche Begrüßung?" fragte Lina und ersparte Filia somit glücklicherweise die fällige Antwort. "Warum wurden wir angegriffen, obwohl wir gar nichts getan haben?"

"Das sind nur Vorsichtsmaßnahmen, die wir gegen jedwede Eindringlinge ergreifen", erwiderte der alte Drachen streng. "Eure Gruppe hält schon seit Tagen direkt auf unseren Tempel zu, das haben mehrere Späher bestätigt, und es ist nicht im Geringsten klar, ob ihr friedliche Absichten hegt."

"Ach und deswegen müsst ihr erst dieses Feuerwerk veranstalten? Bei Menschen mit schwachen Nerven kann so was ganz schön böse ausgehen."

"Menschen mit schwachen Nerven durchwandern ganz bestimmt nicht diesen wilden Wald", sagte der Ryuzoku trocken und ein wenig irritiert.

Lina schien im Moment nicht im Geringsten gewillt ein vernünftiges Gespräch zu beginnen, weswegen sich Amelia schnell den Staub vom Umhang klopfte und vortrat.

"Bitte, Herr Drache", sagte sie ruhig und vertrauensvoll. "Mein Name ist Amelia wil Tesla Saillune und ich komme aus dem Königreich, dass die weiße Magie vertritt. Ich versichere euch, dass wir keine bösen Absichten haben. Wir sind hier um euch zu bitten, dass ihr unserem Freund Zelgadis helft seinen Chimären-Fluch loszuwerden."

Sie zeigte auf Zelgadis neben ihr der nun ebenfalls vortrat. "Ich bitte euch mir zu helfen", sagte er sehr förmlich.

Der Priester sah ihn und alle anderen prüfend an, während weitere Ryuzoku aus den Bäumen auf sie zutraten. Sein Blick verweilte sehr lange auf Filia, die ihn ruhig erwiderte und alle Furcht aus ihren Gedanken verbannte. Das hier war nicht Zeras, nur ein Priester, der sie niemals so bestrafen würde wie Zeras es konnte und so sah sie fest in seine alten Augen bis er seufzte und sich abwandte.

"Wir werden euch das letzte Stück des Weges eskortieren", sagte er und sprach ein Wort, dass den Bannkreis zum erlöschen brachte. Dankbar folgten sie den Ryuzoku, die sich um sie gruppierten und neugierig hinüber spähten.

Nach einem weiteren einstündigen Fußmarsch schimmerte weißer verwitterter Stein durch das Blattwerk vor ihnen und dann standen sie vor einem niedrigen, langgestreckten, alten Tempel. Das Blätterdach der Bäume überragte ihn noch und schützte ihn davor, aus der Luft erkannt zu werden.

Sie betraten den sauberen Hauptflur und Filia fühlte sich unwillkürlich und sehnsuchtsvoll an den Feuerdrachentempel erinnert, als sie den hell erleuchteten Gang entlang schritten, und trotzdem, trotz aller Geborgenheit, die sie hier fühlte, nagte in ihr unbarmherzig das Bewusstsein sich in die Höhle des Löwen begeben zu haben.
 

***
 

Müde und fertig mit der Welt ließ sich Filia auf das weiche Bett fallen. Genauso wie im Feuerdrachentempel. Die Erinnerung tat schrecklich weh und das aus mehr als einem Grund, wegen der Ancient Dragons, die sie ausgerottet hatten, der vielen Feuerdrachen, die nun selbst nicht mehr waren und ihr selbst, die sie nicht mehr das war, was sie sein sollte.

Der Tempelrat hatte entschieden, dass sie bleiben konnten und dass sie Zelgadis alle Hilfe zur Verfügung stellen würden, die er brauchte. Na, die würde er auch nötig haben.

Und sie selbst war morgen in aller Frühe zu einem weiteren Gespräch eingeladen, dass man ihr nach den Strapazen heute nicht mehr zumuten wollte. Auch das war nicht ungewöhnlich, stellte doch jeder Ryuzoku von außerhalb eine willkommene Abwechslung dar. Auch in ihrem alten Tempel hatten sie immer gespannt den Neuigkeiten der fremden Priester gelauscht.

Alles in allem hätte es wohl schlimmer kommen können, auch wenn sie sehr wohl die kurzzeitige Verwirrung auf einigen Gesichtern erkannt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht zu viele Sicherheitssiegel gesprengt hatte.

Geräusche vom Boden ließen sie aufschrecken. Sie setzte sich auf und erkannte einen braunen Wolf, der fröhlich das neue Zimmer beschnüffelte und ihr fiel siedend heiß wieder ein, wen sie in all der Aufregung vergessen hatte. Kesharo war die ganze Zeit in ihrer Nähe gewesen, da er nicht mehr fliehen konnte, und kein Ryuzoku hatte etwas bemerkt. Aber warum?

Sie kniete sich neben ihn auf den Boden und er drehte sich schwanzwedelnd um und ließ sich genüsslich die Ohren kraulen. Irgendwie sah er jetzt viel mehr nach einem Hund aus, kaum mehr wie ein Wolf. Filia blickte in seine Augen und das Leuchten war verschwunden und die Klugheit gegangen und grüne Tieraugen sahen sie treu an.

Stirnrunzelnd sah Filia auf ihren stummen Gefährten und erinnerte sich wieder wie er sich zitternd an sie gedrückt hatte in dem Bannkreis und dann ganz plötzlich ruhig geworden war und fröhlich und unbeschwert neben ihr her gesprungen war. Sie hatte es kaum war genommen.

"Deine Kräfte und deine wahre Natur sind versiegelt", sagte sie ruhig in seine gespitzten Ohren. Das war die einzige Erklärung. Typisch von Xellos ihr nicht zu sagen, dass diese Wölfe wenn nötig ihre Mazokunatur verbergen konnte, wenn auch um den Preis ihres wachen Bewusstseins. Kesharo würde ihr nicht mehr helfen können bis sie diesen Tempel wieder verließen, da war sie sich sicher.

Na gut, damit hatte sie ein Problem weniger. Vielleicht würde ihre Ausstrahlung allein auch nicht so auffallen, schließlich war sie immer noch auch ein wenig Ryuzoku und wenn sie Glück hatte, würden sie alle den Tempel wieder unbeschadet verlassen.

Filia seufzte leise. Glück hatte sie in letzter Zeit nur sehr selten gehabt.
 

***
 

"Es ist wirklich schrecklich was mit deinem Tempel geschehen ist", sagte der Älteste zu Filia am nächsten Morgen "So viele Tote. Sie mögen ehrenvoll gestorben sein, aber ich wünschte das Opfer wäre doch nicht so groß gewesen."

"Ich danke Ihnen für Ihre Anteilnahme", sagte Filia höflich. "Es war wirklich sehr schlimm."

Sie saß zusammen mit den Ratsmitgliedern in einem gemütlichen sonnendurchfluteten Raum, durch dessen Fenster man tatsächlich ein kleines Stück blauen Himmels in den Dachkronen erkennen konnte. Es war noch früh und sie hatte sich gemütlich in einem bequemen Sessel zurückgelehnt, während eine Tasse Tee vor ihr auf einem kleinen Tisch dampfte.

Der Rat bestand in diesem kleinen Tempel aus fünf Ryuzoku. Dem Hauptmann der Wachen, der sie zuvor im Wald aufgelesen hatte und welcher Menaros hieß, den zwei obersten Priestern, dem obersten Heiler und dem Tempelältesten, der alt genug war um den gesamten Kouma Sensou miterlebt zu haben.

"Und Sie waren damals kein Mitglied des Tempels mehr?" fragte der ältere der beiden Priester nach, welcher Filia auf unangenehme Weise an den Ältesten ihres früheren Tempels erinnerte.

"Ganz genau", sagte Filia und versuchte bei der Wahl ihrer nächsten Worte nicht zu aufsässig zu wirken. "Ich hatte damals gerade von der Ausrottung der Ancient Dragons durch unser Volk erfahren und konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Deswegen verließ ich den Tempel."

"Wegen diesem alten Vergehen?" fragte der Priester stirnrunzelnd. "Vergeben Sie mir, aber wenn wir alle wegen dieser Geschichte aus den Tempeln austreten würden, hätten die Mazoku ziemlich leichtes Spiel mit uns. Das kann nicht Ihr Wunsch sein."

"Nein, natürlich nicht", erwiderte Filia entrüstet und registrierte unterschwellig, dass sie mittlerweile Übung darin bekam nicht mehr Rot zu werden. 'Ich werde die perfekte Lügnerin', dachte sie sarkastisch und sagte laut. "Es hat auch noch viel mehr daran gelegen, wie der Älteste unseres Tempels mit diesem Vergehen umging. Ich erfuhr dadurch nicht von ihm, sondern von anderen und als ich ihn darauf ansprach, zeigte er nicht die geringste Reue, sondern empfand alles was geschehen war als vollkommen gerechtfertigt. Ich konnte nicht in einem Tempel leben, der so blind für die eigenen Fehler war."

Daraufhin herrschte erst mal Schweigen und Filia bis sich auf die Zunge. Na toll, es war allem Anschein nach einfach unmöglich in dieser Sache nicht anklagend zu wirken.

Der oberste Heiler räusperte sich. "Ich muss leider zugeben, dass auch bei uns nicht besonders viel über die Ancient Dragons geredet wird, vor allem nicht mit jungen unbescholtenen Drachen, aber ich denke wir können Ihre Beweggründe verstehen. Trotzdem muss ich meinem Kollegen Recht geben, dass ein Austritt aus dem Tempel nicht der beste Weg ist."

"Wahrscheinlich haben Sie Recht", sagte Filia unterwürfig, die keine Lust hatte den genaueren Ablauf aller Geschehnisse von damals aufzuführen, unter anderem die Tatsache, dass der Älteste sie ohne zu Zögern für seine Ideale geopfert hätte, wie er auch alle anderen geopfert hatte.

Der andere oberste Priester, welcher eine Priesterin war, lächelte Filia freundlich an. "Nun, Sie können es sich ja immer noch einmal überlegen", sagte sie gnädig. "Ich bin sicher unser Tempel würde Sie mit Freuden wieder aufnehmen, wenn Sie sich nach einer Gemeinschaft zurücksehnen. Jeder verdient eine zweite Chance."

"Ja, du wärst sicher ein Gewinn", sagte der Älteste und besänftigte Filia damit wieder, da sein Lächeln echt war und das in ihr aufkommende Gefühl dämpfte, wie ein Verbrecher begnadigt zu werden. Sie lächelte zurück und fragte sich gleichzeitig warum, der alte Hauptmann der wortlos neben ihm saß, sie so mit seinem Blick durchbohrte.

Das Gespräch ging weiter und Filia kam nicht darum herum auch den Rest der Geschichte um Dark Star zu erzählen. Zumindest die ungefähre Geschichte. Die Ryuzoku waren sehr interessiert und schienen ihr auch Glauben zu schenken, da ihre Erzählung offenbar mit den Berichten ihrer Späher übereinstimmte. Ihr wurde bewusst, dass es ihre Pflicht gewesen wäre, die restlichen Ryuzoku schon viel früher zu informieren.

Es wurde noch eine Menge unangenehmerer Worte gewechselt und Filia war froh wenigstens verschwiegen zu haben, dass der Mazoku, der sie begleitet und Dark Star vernichtet hatte, niemand geringeres als der verhasste Xellos war. Sie war bei diesen Drachen auch so schon unten durch und Xellos Name hätte dem ganzen wahrscheinlich noch die Krone aufgesetzt.

Schließlich wurde sie doch noch entlassen. Sie verabschiedete sich höflich mit den vorzüglichen Manieren einer jahrelangen Tempelpriesterin und ging, wohl wissend, dass dies nicht das letzte Gespräch war, das sie würde überstehen müssen.

"Ich bin mir sicher, das Shouki geht von ihr aus", sagte Menaros, sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte und Filia außer Hörweite war.

"Ganz meine Meinung", sagte der Priester zustimmend. "Sie ist es, auf die unsere Sensoren ansprechen; ihr habt von Anfang an Recht gehabt, Menaros. Es war gut, dass ihr sie hierher gebracht habt."

"Aber es ist seltsam", sagte die Priesterin stirnrunzelnd. "Da ist zwar Shouki um sie, aber sie ist trotzdem eindeutig eine Ryuzoku, so was ist mir nie untergekommen. Was machen wir mit ihr?"

"Nun wir werden sie beobachten", sagte der Priester. "Erst mal sonst nichts. Nur wenn sie aufbrechen will, müssen wir sie irgendwie daran hindern, sie darf den Tempel nicht verlassen."

"Und was ist mit ihren Begleitern?"

"Der Hund, die Menschen und diese Chimäre? Sie haben kein Shouki an sich und sie scheinen tatsächlich nur nach einer Heilung zu suchen. Ich würde sie zwar auch erst einmal nicht gehen lassen, aber ansonsten ist es unsere Pflicht ihnen alle erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen, auch wenn ich im Moment eher bezweifle, dass wir ihm helfen können."

"Lasst das meine Sorge sein", warf der Heiler ein.

"Es ist wirklich schrecklich", sagte der Älteste traurig. "So ein junges und liebes Kind. Ich kann nicht glauben, dass dieses Shouki um sie ihre Schuld ist."

"Von wegen lieb", sagte die Priesterin aufgebracht. "Sie ist aufsässig und hat keinen Respekt vor den Opfern, die wir alle über Jahrhunderte hinweg gebracht haben um diese Welt zu schützen. Ich hoffe bloß, wir können sie von den jungen, beeinflussbaren Ryuzoku fernhalten."

"Hätte sie wirklich zu uns gestanden, hätte sie uns von dem Shouki erzählen müssen, aber sie hat kein einziges Wort darüber verloren", sagte der Priester streng. "Nein, wir sollten auf der Hut vor ihr sein. Ich fürchte fast, dieses Schaf haben wir verloren."
 

***
 

Als Filia die Tür zu ihrem Raum öffnete, sprang ihr Kesharo freudig entgegen und leckte ihr Gesicht, das sie lachen musste. Sie hatte es für besser befunden ihn während der Befragung zurückzulassen um nicht doch noch die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken.

Nun machten sie sich zusammen auf den Weg zur Tempelbibliothek. Zelgadis hatte Glück gehabt, da sie wohl relativ groß sein sollte. In einem Korridor stieß sie auf den obersten Heiler, der sie freundlich begrüßte.

"Ich bin ebenfalls auf dem Weg zu Ihren Freunden und werde alles in meiner Macht stehende tun um ihnen zu helfen."

Die Bibliothek war ein lang gestreckter heller Raum aus weißgelbem Stein, dessen Stützpfeiler in die Form von Bäumen gemeißelt waren und er war voller dicht aneinander stehender Regale mit Büchern auf jedem freien Platz. Genau der richtige Geruch nach Pergament und Tinte hing in der Luft.

Sie fanden die Gruppe an einem niedrigen Tisch, der unter dem Gewicht der Bücherstapel ächzte, und alle waren vertieft in die staubigen Bände. Sie begrüßten sie fröhlich und auch ein bisschen erleichtert und Filia und der Heiler setzten sich zu ihnen und halfen so gut sie konnten. Der Heiler war wirklich viel gelehrter in der Heilmagie als alle Ryuzoku, die Filia je gekannt hatte. Trotzdem kannte er keinen Spruch für Zelgadis, aber er wusste in welchen Büchern sie suchen konnten und Filia und Amelia hörten interessiert seinen Ausführungen über weiße und heilige Magie zu. Sein Name war Elaros und er war noch ungewöhnlich jung für sein hohes Amt.

Am Nachmittag fiel Filia ein Buch über den Kouma Sensou in einem der Regale auf und sie holte es heraus und verkroch sich damit an einen Tisch in der Ecke. Es war unheimlich dick und sehr, sehr alt, gerade mal zehn Jahre nach Ende des Krieges geschrieben, was sehr ungewöhnlich war. Demnach hatte der Autor auch einen sehr genauen Bericht über die damaligen Geschehnisse abgeben können, so genau, wie es Filia nie zuvor gelesen hatte, nicht mal Ansatzweise. Unwillkürlich fasste sie Zuneigung zu dem Schreiber, der so viel unparteiischer war als sie es von den Ryuzoku kannte, der sehr gefühlvoll und lebhaft schrieb über alles was sie damals gedacht hatten und der sehr gelitten hatte.

Er war bei dem Angriff auf Xellos dabei gewesen, in den hinteren Reihen, und damals hatten die Ryuzoku Xellos noch kaum gekannt. Er existierte noch nicht sehr lange, denn er war für den Kouma Sensou geschaffen worden. Alle Priester und Generäle traten in diesen Zeiten zum ersten Mal auf und obwohl man wusste, dass sie stark waren und die Mazoku Lords auf dem Schlachtfeld vertraten, hatten sie doch noch keine rechte Vorstellung von ihrer Macht.

Xellos müheloser Angriff war ein unglaublicher Schock gewesen und der Schreiber war mit den wenigen Überlebenden der letzten Angriffswelle geflüchtet um von dem Grauen zu berichten. Alles war so lebhaft und Xellos so genau beschrieben, dass Filia ihn wiedererkannte und doch nicht kannte. Ihr wurde klar, dass sie ihn nie bei einem richtigen Kampf erlebt hatte. Außer mit Valgaav vielleicht, aber ihr war klar, dass Xellos noch wesentlich grausamer sein konnte. Und trotzdem, die Taten, die anderen Mazoku in dieser Zeit zugeschrieben wurden, waren zwar nicht so direkt gegen das Volk der Golden Dragons, sondern zum Beispiel gegen Menschen und Einzelne gerichtet, klangen aber in Filias Ohren noch wesentlich schlimmer.

"Da seid ihr ja!" Elaros war zu ihr getreten und blickte über ihre Schulter auf die alten Zeilen. "Oh, ihr habt einen unserer ganz besonderen Schätze gefunden, die Oberpriester haben ihn wohl doch nicht gut genug vergraben." Er lächelte leicht.

Filia sah ihn begeistert an. "So ein ausführliches Buch über den Kouma Sensou habe ich noch nie gesehen. Es ist toll."

"Nun, das wird den Ältesten bestimmt freuen", sagte Elaros freundlich, wenn auch etwas erschreckt über dieses Interesse an alten Bluttaten.

"Der Älteste?" fragte Filia verwirrt.

"Ja, er hat dieses Buch geschrieben. Das ist auch womöglich der einzige Grund, warum es noch offen in den Regalen stehen darf, es ist doch etwas irreführend in manchen Teilen."

Ein strenger Blick traf sie. Filia stellte das Buch zurück ins Regal, da sie wusste, dass man sie indirekt aufforderte es nicht weiterzulesen, aber sie würde es sich zu einer anderen Zeit noch einmal ansehen.

Als sie es am nächsten Tag ohne die wachsamen Augen des Heilers suchte, konnte sie es nirgendwo mehr finden.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2006-02-25T10:45:25+00:00 25.02.2006 11:45
Nettes Kapitel und ein gutes Weiterschreibetempo!
Deine Filia gefällt mir hier sehr gut. Mal sehen, ob sie da wieder rauskommt...
Grüße,
Akari^^
Von: abgemeldet
2006-02-20T12:56:16+00:00 20.02.2006 13:56
Ui, wieder so ein schööönes Kappitel! Hat mir sehr gut gefallen.
Kanns zwar kaum abwarten, bis das nächste kommt, aber dein Abi ist natürlich wichtiger als irgendeine Ff... Viel Glück noch dafür!
Bis zum nächsten mal^^(hab mich kurz gefasst)


Zurück