Angst, Kälte, Atemnot und eine Frage!
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70. Angst, Kälte, Atemnot und eine Frage!
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~Joey´s Sicht~
Was ist nur los mit mir? Warum fühle ich mich nur so hilflos? Ist es, weil Kaiba gesagt hat, ich wäre es? Warum ist mir das vorher nicht aufgefallen? Und warum ist mir auf einmal so kalt? Fehlt mir Kaibas Nähe, seine Wärme so sehr?
Das helle Licht seiner Nachttischlampe blendet mich, die Dunkelheit kann mir also nichts tun. Die Kälte jedoch lässt mich zittern, dabei herrschen draußen und auch hier im Zimmer sehr angenehme Temperaturen. Es ist unnatürlich, dass ich so sehr friere. Ist es nur die Angst vor einem erneuten Traum von Jimmy? Oder ist es etwas anderes? Die Angst doch wieder in dieser Zelle aufzuwachen? Angst vor der Dunkelheit? Vor der Einsamkeit?
Ich hatte noch nie vor etwas Angst, außer vor Geistern. Ich war immer ein Draufgänger, immer auf der Suche nach einem neuen Abenteuer, immer mitten im größten Chaos. Was ist schief gelaufen? Hat Kaiba Recht? Hat mir die ganze Sache wirklich so hart zugesetzt, dass ich nicht mehr klar denken kann? Dass ich nur noch Angst verspüre, sogar panische Angst? Suche ich deshalb nach seiner Nähe? Weil er es war, der mich aus dieser Hölle rausgetragen hat? Oder steckt mehr dahinter?
Werde ich es wirklich bereuen, wenn ich mich ihm jetzt und sofort hingebe? Ohne über die Folgen nachzudenken? Es würde einer Unterwerfung gleichkommen und wäre so völlig untypisch für mich.
Und dennoch. Mein Körper schreit förmlich nach seiner Nähe, während meine tatsächliche Stimme nur ein leises Hauchen ist.
„Seto!“, hauche ich etwas lauter, in der Hoffnung, dass er mich hört, trotz seines kläglichen Versuches, sich vor mir zu verstecken und mich zu ignorieren. Er zeigt keine Reaktion.
„Bitte!“, flehe ich beinahe verzweifelt und zieh die Decke enger um meinen zitternden Körper. „Lass mich hier nicht allein!“
Mir ist so verdammt kalt!
~Mokuba´s Sicht~
Ich stehe orientierungslos mitten in der Wüste. Die Sonne scheint grell und heiß auf mich hinab. Ich habe das Gefühl zu verbrennen und meine Kehle ist trocken. Ich dreh mich einmal um mich selbst, auf der Suche nach einem Orientierungspunkt, vielleicht gar einen Hinweis auf eine Oase. Aber ich sehe nichts außer Sand, trockenes Gestrüpp und feines Geröll. Eine kleine Echse huscht in der Nähe vorbei und verschwindet zwischen ein paar trockenen Sträuchern. Ein großer schwarzer Vogel kreist in einiger Entfernung am Himmel, vermutlich ein Geier auf der Suche nach leichter Beute. Es ist so still.
„Warum hast Du Jimmy zurückgelassen? Du bist geflohen, nur deshalb ist er tot.“, höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir.
Ich dreh mich erschrocken um und stolpere einen Schritt zurück. Mira steht als verschwommene Nebelgestalt vor mir und funkelt mich mit zornigen Augen an.
„Warum hast Du zugelassen, dass ich mich für Dich opfere? Du bist Schuld, dass ich leiden musste.“, mischt sich Joeys Stimme ein.
Seine verschwommene Nebelgestalt erscheint direkt neben Mira und auch er funkelt mich wütend an.
„Warum hast Du nicht dafür gesorgt, dass Joey mit euch flieht? Du bist der Grund, warum er im Rollstuhl sitzt.“, erklingt plötzlich die Stimme von Tristan, während seine Nebelgestalt neben Joey auftaucht.
„Warum bist Du fortgelaufen? Du bist nirgends vor mir sicher.“, höre ich Scheich Kashi zornig flüstern, seine Gestalt taucht auf der anderen Seite von Mira auf.
Ich zucke erschrocken zurück und meine Kehle scheint sich zuzuschnüren. Ich bekomme keine Luft.
„Warum hast Du Dich entführen lassen? Du machst immer nur Ärger.“, haucht Seto mir ganz plötzlich ins Gesicht, als er direkt vor mir als Nebelgestalt auftaucht.
Schreiend und zitternd wache ich auf. Kalter Schweiß steht mir auf der Stirn, verklebt meine Haare. Ich merke, dass ich hyperventiliere, kann aber nichts dagegen unternehmen. Meine Lunge scheint zu brennen, mein Kopf dröhnt, in den Ohren rauscht das Blut, Tränen sammeln sich in meinen Augen, mein ganzer Körper zittert vor Angst.
Seto. Hilf mir!
Keuchend nach Luft ringend springe ich aus meinem Bett, stolpere zur Tür meines Zimmers, reiße sie auf und stolpere über den Flur auf die Tür schräg gegenüber zu. Keuchend lehne ich mich dagegen und lausche angespannt. Ich höre eine Stimme, kann aber nicht sagen, wem sie gehört, aber jemand ist wach. Ob Joey oder Seto ist mir im Moment völlig egal. Entschlossen drücke ich die Türklinke herunter und öffne die Tür zu Setos privatem Schlafzimmer.
Ich kriege keine Luft!
~Seto´s Sicht~
Die Stimme des Köters hört sich so verzweifelt an, so panisch und flehend. Soll ich doch wieder zurück zu ihm gehen? Ihn wärmen und trösten? Ihn einfach in den Arm nehmen, so wie ich das bei Mokuba in der Regel tue? Wheeler ist nicht Mokuba, aber im Moment scheint er mich tatsächlich zu brauchen. Seufzend schlage ich die Bettdecke zur Seite und erhebe mich von der Couch. Der Köter sitzt wie ein Häufchen Elend auf dem großen Bett, seine eigene Bettdecke um sich geschlungen, als wäre ihm kalt. Ich mache einen Schritt auf ihn zu und höre dann, wie sich meine Schlafzimmertür öffnet. Ich schaue nach links und entdecke meinen kleinen Bruder in der Tür. Er sieht nicht gut aus. Hatte er ebenfalls einen Alptraum?
„Komm her, Mokuba. Mein Bett ist groß genug für drei.“, sage ich, sofort springt mir mein kleiner Bruder förmlich in den Arm.
„Seto.“, höre ich ihn fast weinerlich flüstern, ich schiebe ihn zu Wheeler ins Bett, hol meine Decke und mein Kopfkissen von der Couch, schalte die Nachttischlampe nun endlich aus und leg mich zu den beiden dazu.
Nur am Rande bemerke ich, dass der kleine Köter einen Arm um Mokuba legt, mit seiner Hand nach meiner Hüfte greift und sich förmlich in mein Pyjamaoberteil krallt, als hätte er Angst, ich würde das Bett wieder verlassen. Ich greife nach seiner Hand und drücke sie leicht, er wirft mir über Mokubas Kopf hinweg einen dankbaren Blick zu, schließt die Augen und legt sich wieder hin. Ich halte seine Hand noch immer fest, während ich mit der anderen Hand beruhigend durch Mokubas Haare streiche, der sich an mich gekuschelt hat und wieder ruhiger zu atmen scheint. Und mir kommt ein ziemlich unsinniger Gedanke:
Wenn Domino-City Heimat ist und Mokuba Familie, was ist dann der Köter in meinem Bett?
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