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Luciana Bradley und der Orden des Phönix

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Snapes Telefongespräch

Snapes Telefongespräch

 

An dem nächsten Tag, als Luciana um die Nachmittagsstunden erwachte, war sie mehr als dankbar, dass es sich um einen unterrichtsfreien Sonntag handelte. Nicht auszudenken, wie dieser Tag für sie abgelaufen wäre, würde es bereits Montag sein. Entweder sie hätte sich gleich in der ersten Stunde in Zaubereigeschichte über Binns Unterlagen übergeben oder sich spätestens bei den penetranten Tränkegerüchen direkt in ihren Kessel erbrochen. Und das darauffolgende Theater von ihrem Zaubertrankprofessor wollte sich Luciana nicht mal in ihren Gedanken ausmalen. Wo sie gerade bei ihrem Zaubertrankprofessor war … im nächsten Moment saß sie kerzengerade in ihrem Bett. Und für das Protokoll: Diese ruckartige Bewegung war eine verdammt schlechte Idee gewesen. Nur mit Mühe, Not und einer vorgehaltenen Hand, schleppte sie sich bis in die Mädchenwaschräume und dort entließ sie auch gleich ihren Mageninhalt in einem der Waschbecken.

     Eine Zweitklässlerin, die gerade aus einer der Duschkabinen kam, sah sie mit einem äußerst angeekelten Gesichtsausdruck an und beeilte sich, ihre Sachen zusammenzupacken und vor Luciana das Weite zu suchen. Oh verdammt … Sie hatte doch nicht ernsthaft Snapes Nase angefasst? Ungläubig starrte sie ihr eigenes, kränklich blasses Spiegelbild an.

     Doch egal wie oft sie den gestrigen Abend Revue passieren ließ, die Erinnerungsfetzen hatten kein Erbarmen: Sie hatte Snape auf seine Nase gedrückt. Naja, wenigstens war sie nicht einer ihrer weniger glanzvollen Eigenschaften nachgekommen: Sich schamlos Männern an den Hals werfen, wenn sie einen über den Durst getrunken hatte. Bei diesem Gedanken, egal wie elend sie sich auch fühlen mochte, musste sich kichern. Die Vorstellung von Snapes Reaktion, wenn sie ihn anzubaggern versuchte, war dann doch viel zu köstlich.

     Den restlichen Tag verbrachte Luciana im Bett, von den wenigen Ausflügen zum Damenklo einmal abgesehen, bei denen sie sich immer und immer wieder übergeben musste. Dieser Feuerwhisky hatte die eine oder andere Eigenschaft, die sie von dem Nicht-magischen-Alkohol so gar nicht gewohnt war. Und sie schwor sich, dieses Zeugs nie wieder anzufassen.

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

    

Am Montagmorgen machte sich, kurz nach dem Aufwachen, das riesengroße Loch in Lucianas Magen bemerkbar. Sie hatte am gestrigen Tag nicht ein Bissen zu sich genommen und nicht einmal eine Zigarette geraucht. Ein Blick auf ihren Wecker verriet, dass sie noch genug Zeit für ein ausgiebiges Frühstück und einen darauffolgenden Ausflug zum Myrte-Klo hatte.

     Nach ein paar Minuten Katzenwäsche und Umziehen, stieg sie die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum hinab, indem sie eine Traube von Schülern vorfand, die sich versammelt hatten und eng aneinanderdrängt standen, genau dort, wo das schwarze Brett angebracht war. Für einen kurzen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, selbst einen Blick auf die Aushänge zu werfen, aber die Voraussicht auf Toast, Rührei und Speck siegten über ihre Neugierde.

     In der großen Halle angekommen, wiederholte sich das Bild vom Gemeinschaftsraum, allerdings in etwas größerer Dimension. Der Geräuschpegel war für diese Uhrzeit ungewöhnlich laut, die Aufregung fast schon greifbar und überall steckten die Schüler, an allen vier Haustischen, ihre Köpfe zusammen. Selbst am Lehrertisch konnte Luciana mehr angeregte Unterhaltungen, als üblich ausmachen. Sogar Snape, der für gewöhnlich seine übergroße Nase (oh Gott, nicht Snapes Nase …) wortlos in seine Kaffeetasse oder seine Zeitung zu stecken pflegte, war in ein Gespräch mit Lucianas Hauslehrerin vertieft.

     Was war denn jetzt los? Liebend gerne hätte sie sich, wie gewohnt, ihre Tasse geschnappt und sich Kaffee abgeholt, um dann ein wenig länger als gewöhnlich vor Snapes Sitzplatz zu verweilen und dabei vielleicht ein paar Wortfetzen aufschnappen zu können, aber die Scham der Drück-Snapes-Nase-Aktion steckte ihr noch zu frisch in den Knochen. Außerdem wollte sie ihn nicht mit ihrer bloßen Anwesenheit provozieren, wer wusste schon, was er sich für farbenfrohe Rachepläne zurechtgelegt hatte? Demnach verwarf Luciana all diese Gedankengänge und nahm einen Sitzplatz neben George und Fred ein. Auch die beiden waren in ein angeregtes Gespräch mit Potter, Granger, Longbottom, einem ihrer Brüder und einem rothaarigen Mädchen vertieft und hatten ihr Kommen gar nicht bemerkt. Die Rothaarige sprang plötzlich empört von der Bank auf und lief in Richtung Ravenclaw Tisch davon.

     „Meine Fresse, ist nen Herrenloser Koffer aufgetaucht, oder was ist los?“ Luciana hatte sich zu Fred gelehnt, nahm einen großen Bissen von ihrem Toast und spülte diesen mit Schwarztee hinunter. Schlechter Kaffeeersatz, aber besser als gar nichts.

     „Wie, hast du’s noch nicht gehört?“ Fred hatte ungläubig den Kopf in ihre Richtung gewendet.

     „Nö, wasn?“, erwiderte sie, vollkommen entgegen all ihrer genossenen Erziehung mit vollem Mund.

     „Umbridge hat einen neuen Erlass rausgegeben. Damit sind alle schulischen Gruppen und Organisationen oder Mannschaften aufgelöst, bis man sich eine Genehmigung von der Alten dafür geholt hat.“

     „Aha … ist das schlimm?“

     Auf diese Frage starrten sie plötzlich sechs Augenpaare an, als habe sie nicht mehr alle Tassen im Schrank.

     „Okay, gaaanz schlimm. Böse Umbridge.“

     Mit dieser Aussage ließen sich die anderen halbwegs zufriedenstellen und Luciana konnte ihr Frühstück in aller Ruhe zu Ende genießen. Nun ja, sie konnte sich in etwa vorstellen, was so ein Erlass bedeutete, aber ehrlich gesagt kümmerte es sie recht wenig, immerhin betraf er sie nicht persönlich. Sollte Umbridge jedoch Wachposten vor jeder Toilette aufstellen und ihr somit die einzige Möglichkeit verbauen ihre Glimmstängel zu genießen, ja das wäre natürlich etwas ganz anderes.

     Fast alle Schüler hatten die große Halle schon verlassen, als sich Luciana noch schnell einen Marmeladentoast schmierte und diesen in einer Serviette geschlagen in die Tasche steckte. Auf dem Klo der Myrte (das gerade Myrtelos war), bei der mittlerweile zweiten Zigarette, wollten Luciana die Gedanken über diesen neuen Erlass und die darauffolgende Aufregung ihrer Mitschüler dann doch nicht loslassen. Wahrscheinlich auch, weil sie ein Versprechen gegeben hatte und ihr irgendwie schwante, dass dies nur der Anfang einer folgenden Katastrophe sein konnte. Aber bevor sie den nächsten großen Schritt einleiten würde, und das war sicherlich ein Hammer-Schritt, musste sie noch etwas in Erfahrung bringen. Sie war schon fast auf dem Weg in die Bücherei, als sie bei der nächsten Abbiegung auf eine Gruppe Gryffindors traf, die sich lautstark über irgendeinen Quidditch-Kram unterhielten. Luciana war gerade an der Gruppe vorbeigelaufen, da rief ihr jemand hinterher.

     „Luciana, zur Zaubereigeschichte geht es nicht da lang!“ Granger. Wirklich nervtötend, dieses Weibsbild. Auch wenn sie vollkommen Recht hatte. Luciana hatte in den letzten Wochen schon genug Unterricht verpasst, da musste die Bibliothek wohl noch ein paar Stunden warten.

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

Das Gebrabbel von Binns, fünf Reihen vor ihr, gelangte nur in Form eines Hintergrundgeräuschs an ihr Gehör, während sie, das erste Mal, seitdem sie in Hogwarts war, ihr Geschichtsbuch aufgeschlagen hatte und sich euphorisch durch den dicken Wälzer blätterte.

     „Hexenverbrennung, Koboldaufstände, Riesenkriege, noch mehr Koboldaufstände … so ein Mist!“, murmelte sie dabei und klappte mit einem frustrierten Schnauben den Buchdeckel wieder zu. Dieses Geschichtsbuch endete ziemlich genau zum Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts und war für ihre Zwecke demnach total unbrauchbar. Einen Moment drehte Luciana ihren Kopf nach rechts, wo Granger saß und fleißig dabei war, Notizen zum Unterricht anzufertigen. Wie jede Stunde. Nein, die Idee Granger zu fragen, auch wenn Luciana so gut wie alles drauf verwettet hätte, dass diese ihr eine Antwort liefern könnte, war absurd. Also doch warten. Gerade, als sie vor lauter Nichtstun dazu übergehen wollte, das nächste Blatt Papier mit Kästchen auszumalen, ertönte ein deutliches Klacken. Das Geräusch kam von einem der hinteren Fenster des Raumes, wo eine weiße Eule auf dem Fenstersims saß und versuchte, die Aufmerksamkeit von wem-auch-immer auf sich zu ziehen.

     „Hey, psst, Granger …“

     Diese schaute von ihrem Pergament auf und schaute Luciana fragend an.

     „Weißt du wem die Eule gehört?“

     Wo du doch alles weißt, fügte sie noch in Gedanken hinzu. Granger folgte ihrem Blick zu der wartenden Eule, ihre Augen weiteten sich sichtbar, ganz, als sei sie ein wenig erschrocken, dann wendete sie sich einen Platz weiter, auf dem Potter saß. Dieser erhob sich kurz darauf, schlich zum Fenster und öffnete die Läden.

     Die Eule kam mit einem lauten Aufschrei in den Raum gehüpft, was natürlich die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse auf sich zog – nur nicht die von Binns.

     Als Potter, mit der Eule auf seiner Schulter, wieder an Luciana vorbeikam und zu seinem Platz hastete, meinte sie ein paar zerknickte Federn an dem Tier ausmachen zu können. Und sie hatte sich nicht geirrt. Nach einem kurzen Wortwechsel mit Granger und dem Weasley-Jungen bat Potter Binns den Klassenraum verlassen zu dürfen – weil ihm schlecht sei. Und selbstverständlich zog diese Ausrede bei dem Geist, der sich wahrscheinlich nicht einmal im Entferntesten an menschliche Bedürfnisse und körperliche Ausfälle erinnern konnte. Potter hätte wahrscheinlich auch gehen können, wenn er sich über einen juckenden Zeh beschwert hätte … mh, das würde sie vielleicht bei der nächsten Gelegenheit einmal ausprobieren, zu Recherchezwecken.

     Nachdem es zum Stundenende geläutet hatte, packte Luciana schnell ihre Sachen und lief mit der Klasse Richtung Kerker, wo sie eine Doppelstunde Zaubertränke erwartete. Juhu. Unten angekommen, standen schon einige Schüler vor dem Klassenzimmer. Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet, dass sie noch etwa zehn Minuten Zeit bis zum Unterrichtsbeginn hatte. Zu wenig Spielraum, um eben noch einen Abstecher zum Myrte-Klo zu machen, daher ließ sie ihre Tasche auf den Steinboden gleiten und setzte sich selbst auf den Boden, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt, doch die kleine Pause entwickelte sich, keine zwei Sekunden später, zu sehr einem sehr wenig ruhigen und erholsamen Erlebnis.

     „Ja, Umbridge hat der Quidditch-Mannschaft von Slytherin auf der Stelle die Erlaubnis gegeben weiterzuspielen, ich hab sie gleich heute Morgen gefragt.“

     Ja, gleich nachdem du unter ihrem plüschig-pinken Rock hervorgekrochen bist, erklärt auf jeden Fall für heute woher du dein schleimiges Haargel hast, schoss Luciana ganz automatisch durch den Kopf, als Malfoy damit begonnen hatte, einen Zettel wild fuchtelnd vor sich zu halten und den kompletten Kerker mit seiner hochoffiziellen Rede zu belästigen. Oder seiner Ein-Mann-Show, wie man es auch immer sehen wollte.

     „Na ja, war ja eigentlich reine Formsache, immerhin kennt sie meinen Vater gut,“ Oha, haben sich Vater und Sohn gleich zusammen die Mühe gemacht … wuäh … „der geht im Ministerium ein und aus …“ Ja anscheinend geht er nicht nur da rein und wieder raus … okay, jetzt reicht’s aber mit dem Kopfkino, hast gestern genug gekotzt … „bin mal gespannt, ob Gryffindor auch weiterspielen darf.“

     Doch an dieser Stelle war Malfoy, bedauerlicherweise, noch nicht fertig mit seinem Monolog. Offenbar wusste er nämlich ganz genau, wie er Lucianas Hausgenossen auf die Palme zu bringen hatte, immerhin sahen einige von ihnen recht verärgert aus.

     „Ich kann euch sagen“ und dabei schaute Malfoy direkt  Richtung Potter. Meine Güte, das mit dem subtil sein lernen wir aber noch mal … „wenn es um Einfluss im Ministerium geht, glaube ich nicht, dass sie große Chancen haben … von meinem Vater weiß ich, dass sie schon seit Jahren einen Grund suchen, um Arthur Weasley zu feuern …“ Oh Gott, NOCH ein Weasley! „und was Potter angeht … mein Vater sagt, es ist eine Frage der Zeit, bis das Ministerium ihn ins St. Mungo karren lässt …“ Notieren: Was ist ein St. Mungo? „offenbar haben die dort eine Spezialstation für Leute, deren Gehirne durch Magie verwirrt sind.“ Ah, Krankenhaus.

     Nachdem Malfoy endlich, endlich zu plappern aufhörte und eine schauspielerische Darbietung eines geistig Behinderten von sich gab (und da hätte er wirklich eine goldene Himbeere für abräumen können), sah Luciana einen Schatten und den darauffolgenden Luftzug, der sie umgab und dann folgte ein wirklich seltsames Bild: Longbottom, die Schüchternheit und Ruhe in Person, war gerade dabei, Malfoy ins Gesicht zu springen. Interessant. Malfoy schien genauso überrascht wie sie selbst. Allerdings wurde er von Potter und Weasley in Schach gehalten und die beiden gaben sich die größte Mühe, den tobenden Jungen unter Kontrolle zu bekommen. Armer Longbottom. Die beiden Slytherins, die Luciana noch aus dem Abend im Kerker kannte und die immer an Malfoys Seite waren, bauten sich vor diesem auf.

     „Pfff“, entwich es Luciana und dann hörte sie von Longbottom die gepressten Worte: „Nicht … lustig … nicht … Mungo … zeig’s … ihm …“

     Die Zornestränen standen in den Augen des Jungen, sein Gesicht puterrot vor unterdrückter Wut und Malfoy wagte es, zwischen seinen beiden Bodyguards ein spöttisches Lachen von sich zu geben.

     Okay, dann ist es  eben JETZT schon soweit … Daraufhin erhob sich Luciana, stellte sich mit einem aufgesetzten Lächeln vor die beiden Schlachtschiffe, die ihr den Weg zu Malfoy versperrten und flötete: „Würden die Herren bitte Platz machen?“ Der größere schaute den kleineren perplex an, beide zuckten mit den Schultern und kaum, dass sie genug Platz gemacht hatten, um die Sicht auf Malfoy freizugeben, war Lucianas Faust schon durch die schmale Lücke geschossen, genau auf seine Nase platziert. Die beiden Schränke vor ihr waren schon im Begriff sie am Kragen zu packen, doch Malfoy, der seine blutende Nase mit einer Hand verdeckte, pfiff die beiden zurück. Er schaute Luciana recht verständnislos an.

     „Der war für die scheiß Aktion im Kerker“, kommentierte sie, noch immer breit lächelnd, „und weil du ein Arschloch bist.“

     „Potter, Weasley, Longbottom, Sie schlagen sich?“ Ah, der Meister hatte soeben den Durchgang zu seinem Reich geöffnet. „Zehn Punkte Abzug für Gryffindor. Lassen Sie Longbottom los, Potter, oder es gibt Nachsitzen. Rein, alle miteinander …“

     Luciana drehte sich Richtung Kerkertür und gab somit den Blick für Snape auf Malfoy frei. In dieser Bewegung holte sie ein Taschentuch aus ihrem Umhang und hielt es Malfoy hin, der es dankend annahm und dann seinen, irgendwie bestürzt dreinschauenden, Hauslehrer mit einem „Nur Nasenbluten, Professor“, beruhigte. Nicht, dass Snape so aussah, als kaufe er ihm diese lahme Ausrede ab, denn im nächsten Moment hatte er auch schon Luciana fixiert. Diese schnappte sich kurzum ihre Tasche vom Boden, versuchte den durchdringenden Blick des Professors zu ignorieren und betrat den Klassenraum. Als sie schon in einer der hintersten Reihen Platz genommen hatte, ging Malfoy, plus seine Kumpanen, an ihr vorbei, beugte sich bei der Gelegenheit etwas zu ihr hinunter und zischte ihr ein „Jetzt sind wir Quitt“ ins Ohr.

     „Sie werden feststellen, dass wir heute einen Gast haben.“

     Snape hatte sich vor seinem Pult aufgebaut und zeigte mit diesen Worten in eine hintere Ecke des Raumes. Und da saß ES, inklusive Klemmbrett. Irgendwie schien das Pink ihrer Kleidung das schöne viele Schwarz um sie herum zu absorbieren.

     „Wir machen heute mit unserem Stärkungstrank weiter. Sie finden Ihre Mixturen so vor, wie Sie diese in der letzten Stunde verlassen haben;“ Ich lach mit tot, ich hab letzte Stunde bestimmt nichts hier verlassen, „wenn sie richtig zubereitet sind, sollten Sie über das Wochenende gut gereift sein. Anweisungen an der Tafel. Fahren Sie fort.“

     Ha, sie hatte keine Mixtur, also würde das hier eine wunderbar arbeitsfreie Stunde werden und sie könnte –

     „Miss Bradley …“ Och nö … Snape hatte sich vor ihren Platz gestellt. Hör auf diese verdammte Nase anzustarren!! „Sie werden zu Mr Longbottom gehen und mit ihm zusammen die weiteren Anweisungen für den Trank befolgen.“

     Longbottom … Hatte dieser nicht erst vorletzte Woche ganze zwei Kessel zum Schmelzen gebracht, in einer Doppelstunde? Luciana ließ entnervt ihre Schultern hängen, nahm widerwillig ihre Tasche vom Boden und schlurfte demotiviert, unter Snapes schadenfrohen Blicken, zu Longbottom, der gerade einen Kessel auf seinen Arbeitsplatz gehievt hatte.

     Luciana schob ihren Kopf langsam über den Rand des Gefäßes und packte sich, als sie den Inhalt erblickte, verzweifelt an die Stirn. Snape sah aus, als würde er sich mühsam das Lachen verkneifen müssen. In der nächsten Viertelstunde hatte Luciana alle Hände voll damit zu tun, dieses stümperhafte Gepansche in Longbottoms Kessel in halbwegs brauchbare Formen zu improvisieren. Longbottom selbst stand daneben und starrte einen nicht definierbaren Punkt vor an der Kerkerwand an. Nach seinem Blick zu urteilen, schien er sich in der Vorhölle seiner Gedankenwelt zu befinden, so gepeinigt sah er aus. Vielleicht würde etwas Ablenkung helfen?

     „Hey, Longbottom, gibst du mir bitte das Greifenkrallenpulver?“ Doch dieser reagierte nicht. „Longbottom?“ Endlich schien er sich aus seinem Gedankenwust befreit zu haben und sah sie fragend an.

     „Bitte was?“, sagte er im Flüsterton. Luciana seufzte. Normalerweise hasste sie es, sich in anderer Leute Angelegenheiten einzumischen (es sei denn es ging um geheimnisvolle Gespräche mit Feuerköpfen, geschäftliche Besprechungen ihres Paten, jegliche Schlagwörter, auf die ihre Neugierde-Hirn-Fraktion ansprang oder … ja, oder Snape), aber den armen Kerl da vor sich in einem derart kläglichen Zustand zu sehen, versetzte ihre irgendwie einen Stich. Mitgefühl war schon eine echt nervige Sache.

     „Verwandte oder Freunde von dir?“, fragte sie nach einem Moment der Stille, schnappte sich das Greifenkrallenpulver von ihrem Tischnachbarn, als dieser nicht hinsah und kippte eine Prise davon in den blubbernden Kessel. Longbottom sah nun derart verwirrt aus, dass es schien, er würde nicht mal mehr eine Gegenfrage formulieren können.

     „Wer aus deinem privaten Umfeld in einer Geistesheilanstalt ist? Freund oder ein Verwandter?“

     Longbottoms Augenbrauen zogen sich zusammen.

     „Woher weißt du davon?“, fragte er und sein Blick glitt für einen kurzen Moment in Richtung der hinteren Reihen.

     „Na komm schon, du bist gerade total ausgetickt, als sich Malfoy über Menschen mit geistigen Schäden lustig gemacht hat, da braucht man echt kein Genie sein, um eins und eins zusammenzuzählen, wo du doch sonst einen recht ruhigen Eindruck machst. Stille Wasser und so weiter.“

     Er schien ihre letzten Worte nicht ganz verstanden zu haben, versank daraufhin wieder einen Augenblich in seiner Gedankenwelt und sagte dann: „Verwandte.“

     „Weißt du“, begann Luciana in einem aufmunternden Tonfall und schob das gemopste Pulver, so unauffällig wie möglich, wieder zum Nachbartisch, „mein Pate vertritt in dieser Hinsicht die Meinung, dass geistig verwirrte Menschen uns Normalos in einigen Punkten überlegen sind.“

     Jetzt schien Longbottom interessierter an Lucianas Worten.

     „Sie leben in ihrer eigenen Welt und sehen die Dinge mit anderen Augen. Und vielleicht geht es ihnen damit besser, als uns mit der nackten Realität. Menschen wie Malfoy werden so etwas niemals verstehen.“

     Diese Worte schienen seine Laune zu heben und ihn wieder auf andere Gedanken zu bringen. Er erzählte Luciana, in den nächsten zehn Minuten, alles Mögliche über ein Buch der Zauberkräuter Asiens, welches er momentan las und das mit einer derartigen Begeisterung und Leidenschaft, die sie dem schüchternen Kerl gar nicht zugetraut hätte. Mitten in einer Erzählung über die ‚Pao Halin‘, eine fleischfressende, magische Pflanze, die sich im Urwald als Wurzelwerk anderer Bäume tarnte, schickte sie ihn ein paar Zutaten aus dem Regal holen (wenn sie schon die ganze Arbeit tat, könnte sie ihn wenigstens als Helferlein missbrauchen, solange nichts unter diesem Tätigkeitsfeld zählte, das den Trank versauen könnte). In diesem Augenblick nahm sie wahr, wie ES sich von ihrem Platz erhob und zu Snape in die zweite Reihe ging, dort hinter seinem Rücken stehenblieb und ihre Feder schreibbereit hielt. Oha, jetzt musste sie ihren Trank für einen Augenblich hinten anstellen, denn das, was nun folgen würde, wollte sie unter keinen Umständen verpassen.

     „Nun, die Klasse scheint für die Jahrgangsstufe ziemlich fortgeschritten zu sein“, sprach sie an Snapes Rücken gewandt und hörte sich dabei ziemlich patzig an. „Gleichwohl halte ich es für fraglich, ob es sinnvoll ist, den Schülern etwas wie den Stärkungstrank beizubringen. Ich denke, das Ministerium würde es vorziehen, wenn dieser aus dem Lehrplan gestrichen würde.“

     Snape, der gerade dabei gewesen war den Trank eines Schülers zu inspizieren, richtete sich wieder zur vollen Größe auf und drehte sich zu ES um, die sicher ganze zweieinhalb Köpfe kleiner war, als er.

     „Nun … wie lange unterrichten Sie schon in Hogwarts?“

     „Vierzehn Jahre“, antwortete Snape knapp. Ihm schien die Situation überhaupt nicht zu passen.

     „Sie hatten sich, glaube ich, zuerst um die Stelle für Verteidigung gegen die dunklen Künste beworben?“

     Oha … ja, das war ja mal interessant. Luciana lehnte sich etwas weiter über ihren Tisch, um ja kein Wort von dem Gespräch zu verpassen. Im Grunde hatte fast die gesamte Klasse die Arbeit an den Kesseln eingestellt und beobachtete das Geschehen.

     „Ja“, kam von Snape, das glaubte sie jedenfalls, denn er hatte ungewohnt leise gesprochen. Aber hey, wofür gab es eindeutige Mundbewegungen?

     „Aber damit hatten Sie keinen Erfolg?“

     „Offensichtlich.“

     ES vergewohlwurschtelte daraufhin wieder mal ein Pergament vor ihrer Nase.

     „Und seit Sie in der Schule arbeiten, haben Sie sich regelmäßig für Verteidigung gegen die dunklen Künste beworben?“    

     „Ja“, flüsterte er durch zusammengebissene Zähne.

     Ja ne ist klar, und der nennt mich eine penetrante Person!

     „Haben Sie eine Ahnung, warum sich Dumbledore bislang stets geweigert hat, Sie zu ernennen?“, fragte sie dann. Mh, Luciana tippte darauf, dass es mit Snape im Lehrstuhl der Verteidigung der dunklen Künste einfach zu viele Kollateralschäden an Schülern geben würde.

     „Ich schlage vor, Sie fragen ihn selbst“, gab Snape zum Besten. Oh, der war so richtig sauer …

     „Oh, das werde ich auch.“ Man, bei dem Gespräch wäre Luciana gerne dabei.

     „Ich nehme an, das tut irgendwas zur Sache?“, fragte Snape und seine pechschwarzen Augen verengten sich zu Schlitzen. Konnte es wirklich sein, dass er gerade um seinen Posten fürchtete?

     „Oh, durchaus ja, das Ministerium verlangt einen gründlichen Einblick in den – ähm – Werdegang der Lehrer.“

     Nachdem ES sich von Snape abgewandt hatte, ließ dieser erst mal seine aufgestaute Wut an Potter aus.

 

Das Mittagessen ließ Luciana ausfallen und bog stattdessen direkt in die Bibliothek ab. Es dauerte über eine halbe Stunde, bis sie endlich in der Abteilung ‚Magische Ortschaften und Landstriche‘ fündig wurde. Bepackt mit einem riesengroßen, ledereingebundenen Wälzer, ließ sie sich an einen der Tische, die überall zwischen den Regalwänden platziert waren, nieder und schlug das Inhaltsverzeichnis von ‚Askaban – eine magische Festung im Nord Atlantik‘ auf.

     „Standort, Erbauung, Gründung, Wärter früher und heute … ah, da … ‚Askaban und seine Insassen‘ …“, murmelte Luciana und schlug die angegebene Seitenzahl fünfhundertunddreiundachzig auf.

 

Um in dieser magisch abgeriegelten Festung Insasse zu werden, bedarf es schwererer Delikte, als kleinere Gaunereien oder blabla … sie blätterte ein paar Seiten weiter, bis sie das Wort Todesser ausmachen konnte. Während der Schreckensherrschaft von dem, dessen Name nicht genannt werden darf und insbesondere nach seinem Sturz, im Jahre 1981, wurden vorwiegend Todesser in Askaban inhaftiert. Eine Liste der bekanntesten Inhaftierten des 20. Jahrhunderts ist auf der Seite 668 aufgeführt. Und wieder blätterte Luciana weiter. Dort fand sie Namensüberschriften und darunterliegende Textpassagen vor. Rodolphos Lestrange, Bellatrix Lestrange, Barty Crouch Jr. … Die Namen nach dem Alphabet zu sortieren war anscheinend zu viel verlangt. Luciana blätterte weiter. Sirius Black. Aaaah, da hatte sie ihn. Sirius Black wurde im Oktober 1981 wegen Mordes an Peter Pettigrew und einer unbestimmten Anzahl von Muggeln, sowie Todesserei zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Luciana schlug das Buch zu, ließ es an Ort und Stelle liegen, schnappte sich ihre Tasche und eilte in den zweiten Stock. Sie stieß die Tür zum Klo der Myrte auf (was wieder Myrtelos zu sein schien) und zündete sich zu allererst eine Zigarette an.

     Kurz entschlossen kramte sie dann in ihrer neu erstandenen, ledernen Umhängetasche herum, bis sie fündig wurde. Luciana zog ihren Zauberstab aus dem Ärmel ihres Schulumhangs und richtete diesen auf das kleine, schwarze Gerät in ihrer offenliegenden Hand.

     „Engorgio!“, sprach sie hallend in den leeren Raum hinein und im nächsten Moment wuchs das kleine Miniaturhandy zur Normalgröße an. Luciana hielt ungeduldig den großen, mit einem roten Telefonhörer gekennzeichneten Plastikknopf gedrückt, wartete, nachdem sich das Gerät endlich eingeschaltet hatte, ungeduldig auf das Zeichen einer erfolgreichen Netzsuche und kramte darauf im Speicher nach der gesuchten Nummer – dann noch die Vorwahl null null vier neun eingetippt und schon hörte sie das charakteristische Tuten des Freizeichens.

     „Luciana, alles in Ordnung?“, hörte sie Gabriels Stimme, schon nach dem dritten Freizeichen und dabei klang er etwas gehetzt. Woher wusste er – ah, Rufnummernerkennung. Ihr Pate hatte auch jeden erdenklichen Firlefanz.

     „Hey … ich hätte dir geschrieben, aber ich glaube beim letzten Mal hat jemand versucht Azrael abzufangen …“ Luciana pausierte kurz und Gabriel wartete am anderen Ende der Leitung geduldig (wahrscheinlich nicht), bis sie fortfuhr. „Du hast mir doch zu Hause noch das Versprechen abgenommen, ich solle mich melden, falls irgendetwas Seltsames passieren sollte und nun ja …“ Luciana schilderte ihrem Paten das belauschte Gespräch zwischen Potter, Granger, Weasley und Sirius Black, dass der Minister vermutete, Dumbledore wolle das Ministerium stürzen. Sie erzählte ihm, dass einige an dieser Schule glaubten Voldemort sei zurückgekehrt und wie sie Snape gefolgt war, der dann in seltsamer Kleidung vom Grundstück appariert war und zu guter Letzt (und die Weitergabe dieser Information kostete Luciana eine Menge Überwindung) schilderte sie ihm, dass Remus Lupin wohl mittendrin steckte.

     Gabriel antwortete eine Zeit lang überhaupt nicht. Und Luciana wusste, was für ein schlechtes Zeichen sein Schweigen war. Nach einiger Zeit sprach er, mit sehr beherrschter Stimme: „Luciana, ich möchte, dass du in nächster Zeit genauesten darauf achtest, dein Handy immer bei dir zu führen. Kann ich mich auf dich verlassen?“

     „Natürlich.“

     Und dann unterbrach er die Verbindung.

 

Mit einem sehr mulmigen Gefühl verbrachte Luciana den Rest des Unterrichtstags. Und dieses verbesserte sich auch nicht, als sie spätabends im Gemeinschaftsraum saß und über ihrem Tränkeaufsatz brütete.

     Das Handy hatte sie nicht wieder auf Schrumpfgröße zurückverwandelt. Es lag eingeschaltet vor ihrer Nase, doch wie es sich eben verhielt mit Telefonanrufen, die man erwartete … das Gerät blieb stumm, ganz gleich wie lange sie es anstarrte.

     Kurz nach Mitternacht schnappte sie sich seufzend das Gerät vom Tisch, steckte es in die Hemdtasche ihrer Schuluniform und ging, unter den wachsamen Augen Grangers, zum Portraitloch. Doch dieses Mal protestierte sie nicht, als Luciana den Gemeinschaftraum Richtung zweites Stockwerk verließ.

     Myrte war wieder nicht im Damenklo, wie schon den ganzen Tag über. Sehr ungewöhnlich, normalerweise war der Geist nur für einige Minuten, höchstens Stunden nicht auf ihrem Lieblingsplatz, die letzte Klokabine an der rechten Wand. Auf der anderen Seite konnte Luciana froh über ihre Abwesenheit sein,  immerhin brauchte sie Zeit und Ruhe zum Nachdenken und das klappte ohne Mitschüler, Geister und mit Unterstützung von Nikotin in der Regel besser.

     Als der Geistesblitz, nach der mittlerweile dritten Zigarette, noch immer auf sich warten ließ, gab Luciana die Grübelei auf, erhob sich und öffnete mit einem kräftigen Stoß die Tür zum Gang – und befand sich plötzlich doch in Gesellschaft. Luciana konnte gerade noch sehen, wie Snape in einer Dunstwolke aus Zigarettenqualm verschwand, die hinter ihr, in rechteckiger Form, aus dem Klo waberte.

     Scheiße, verdammte Scheiße!

     „Das kann doch wohl nicht Ihr … Miss Bradley!“, zischte Snape, der sich blitzschnell in ihre Richtung gedreht hatte und sich nun gefährlich nah vor ihr aufbaute. Sein Blick sorgte bei ihr für Atemaussetzer.

     „H-Hallo Professor Snape …Sir“, stammelte Luciana und ließ mit diesen Worten die Tür zum Myrte-Klo los, die darauf mit einem lautem Scheppern zufiel. Snape zückte seinen Zauberstab und in diesem Moment war sie der festen Überzeugung, er würde ihr einen Fluch auf den Hals hexen. Allerdings erschien nur ein Licht am Ende seines Stabs, den er hinter Luciana in den Gang hielt.

     „Kein Lupin in Sichtweite, oder irgendeine andere Person, die Sie dieses Mal aus dem Schlammassel holen könnte, mh?“, sagte er schadenfroh und seine Augen blitzten entzückt auf.

     „Ehm … i-ich wollte meine Hauskameraden nicht mit meinen Toilettengewohnheiten belästigen?“ Falsche Antwort. Snape war gerade im Begriff sie am Arm zu packen, als eine schrille Melodie die nächtliche Stille durchbrach. Hörte sich irgendwie an wie … Bananas in Pyjamas??? Johnny, du Vollidiot … Mit diesem Gedanken langte Luciana unter ihren Pullunder und holte das bimmelnde Handy zum Vorschein, bedeutete Snape mit erhobenem Finger kurz seinen cholerischen Anfall auf gleich zu verschieben und meldete sich mit „Ja?“.

     Am anderen Ende konnte sie Gabriels Stimme erkennen, der sich anscheinend in einem Raum mit vielen Menschen aufhielt.

     „Luciana? Geh jetzt sofort und ohne Widerworte zu dem Büro deiner Hauslehrerin, ruf mich noch einmal an und gib mich an sie weiter.“ Gabriel hatte schon fast wieder aufgelegt, als Luciana schnell ein, „Warte!“ dazwischen rufen konnte. „I-ich hab hier ein kleines Problem … Sn … Professor Snape steht grad vor mir und sieht nicht glücklich aus, mich nach Sperrstunde im Schloss angetroffen zu haben …“

     Snape sah gerade einfach so aus, als könne er nicht glauben, was sich da gerade vor seiner Nase abspielte. Aber Luciana war sicher, es würde nicht mehr lange dauern und dieser perplexe Zustand würde sehr schnell in einen weitaus unangenehmeren umschlagen. Sie konnte gerade eben noch hören, wie Gabriel ein kurzes Gespräch mit einem Mann führte, doch den genauen Wortlaut konnte sie bei dem Stimmengewimmel im Hintergrund nicht herausfiltern.

     „Gib mir Snape“, sagte Gabriel kurz angebunden. Sie starrte ungläubig den Hörer an. „Sofort.“ Luciana hielt Snape das Handy hin.

     „Er will mit Ihnen sprechen, Sir.“

     Es dauerte einen Moment bis Snapes Arm sich in Bewegung setzte und das Gerät entgegennahm und an sein Ohr schob.

     „Ja?“ Und dann hörte er zu. Das unendliche Repertoire, das seine Gesichtsmimik dabei vollführte, war beachtlich. Zuerst wanderten seine Augenbrauen hoch, dann wieder herunter, dann spitzte sich sein Mund, seine Hautfarbe wechselte von blass zu grün zu noch blasser, darauf ließ er ein kurzes „Aber …“ aus zusammengebissenen Zähnen entweichen und irgendwann, als Luciana von Snapes-Gesicht-Gucken schon ganz schwindlig geworden war, endete das Gespräch mit einem „Ja, Schulleiter.“

     Letztendlich drückte er wahrhaftig auf den roten Knopf, als sei es für ihn das Normalste ein Telefon zu benutzen, streckte es Luciana in der selben Bewegung vor die Nase, die es mit halb offenstehendem Mund entgegennahm. Ja und daraufhin wurde sie von ihrem Professor am Arm gepackt und durch den Gang geschleift.

     „Hey, nicht so schnell, ich hab viel kürzere Beine als Sie!“ Doch Snape zeigte sich von ihrem Protest unbeeindruckt und ignorierte diesen einfach. Erst, als sie die letzte Stufe zur Eingangshalle nahmen, blieb er abrupt stehen, drehte sich zu ihr um, wobei er ihren Arm noch immer in einem eisernen Griff hielt.

     „Sie warten hier, bis ich wiederkomme!“, schnappte er bestimmt, ließ sie los, als habe er sich die Hand verbrannt und verschwand Richtung Kerker.

     Es dauerte keine drei Minuten, da tauchte er wieder auf, mit wehendem Umhang und einem Ausdruck auf dem Gesicht, der alles in ihr aufrief, die Beine in die Hand zu nehmen und um ihr Leben zu laufen.

     Er blieb nicht einmal stehen, als er an ihr vorbeilief, sie wieder an derselben Stelle am Arm packte und sie Richtung Hauptausgang zog. Das würde morgen garantiert einen blauen Fleck geben … wenn sie denn ein Morgen erleben würde. Was zum Teufel hatte Snape vor?

     Sie liefen weiter über die Ländereien, die Nacht war stockdunkel und der Himmel mit Wolken verhangen. Die Kälte breitete sich sofort auf ihrem gesamten Körper aus, denn vorsorglich die passenden Kleidungsstücke für einen nächtlichen Spaziergang in der Natur anzuziehen, hatte beim Verlassen des Gryffindorturms nicht auf ihrer To-Do-Liste gestanden. Plötzlich schoss Luciana ein ganz anderer Gedanke durch den Kopf. Sie hatte Snape schon einmal auf genau diesem Weg begleitet … War er etwa zu seinen Privatgemächern gelaufen, um sich seine Maske zu holen? Und was noch viel wichtiger war, wollte er sie mit zu diesem Schwarzen Führer nehmen? Als Opfergabe? Was, wenn der Schwarze Führer auf diese ganzen schwarzmagischen Rituale stand, bei denen man Jungfrauenblut benötigte?

     Oh mein Gott, der will mich UMBRINGEN!! Luciana stemmte beide Beine in den feuchten Boden unter ihren Füßen, legte somit eine Vollbremsung hin und versuchte sich von Snape loszureißen. Diesen hatte es bei den unerwarteten Fluchtversuchen Lucianas fast zu Boden geworfen, doch sein Griff ließ nicht nach, nein, er wurde nur noch schraubstockartiger.

     „Miss Bradley, was soll denn dieser -“

     Luciana fuhr ihm scharf ins Wort, immer noch im verzweifelten Versuch sich von ihm zu befreien.

     „Ich bin keine Jungfrau mehr, ich bin total unbrauchbar für diesen Schwarzen Führer, ehrlich!!“

     Snape ließ sie daraufhin fast los, so perplex schien er und mit verwirrtem Blick starrte er sie an. Dann verdrehte er genervt die Augen und schmiss sich Luciana mit einer fließenden Bewegung über die rechte Schulter und setzte seinen Weg unbeirrt Richtung Waldrand fort.

     „HIIIILFEEEE!!! Ich werde ENTFÜHRT!!! HIIII-„

     „Silencio“

     Aus Luciana Kehle kam kein Laut mehr. Und ein paar schnelle Snape-Schritte weiter, hatten sie den Wald erreicht. Im nächsten Moment spürte sie ein wohlbekanntes Ziehen in der Magengegend - Snape war mit ihr appariert.



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