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Luciana Bradley und der Orden des Phönix

von

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Bücher, Bücher und noch mehr Bücher

Bücher, Bücher und noch mehr Bücher

 

Erst nachdem Luciana sich endlich dazu aufgerafft hatte, den nächstbesten Passanten (gepflegt aussehende, ältere Dame Mitte vierzig mit freundlichem Blick, feuerrotem Haar und so ziemlich das genaue Gegenteil von allem, was ihr in der vergangenen Stunde über den Weg gelaufen war) nach einer Buchhandlung zu fragen, erreichte sie ihr Ziel. Keine zwanzig Meter vom Eingang des Gruselkabinetts entfernt … Der Laden hieß Flourish & Blotts, wo die Regale bis an die Decke vollgestopft waren, mit in Leder gebundenen Büchern, so groß wie DinA2 Poster; andere waren klein wie Briefmarken und in Seide gebunden, wiederum andere schienen sich nur mit dicken Stahlketten an Ort und Stelle halten zu lassen, wobei die nächsten Exemplare im Sekundentakt die Farbe des Umschlages wechselten.  

     Nachdem sie die Reihen auf und ab gelaufen war und dabei alle möglichen Exemplare durchgeblättert hatte, musste sie irgendwann feststellen, keinerlei System in der Platzierung der verschiedensten Werke zu erkennen. Es würde Stunden in Anspruch nehmen, auf eigene Faust die scheinbar meterlange Liste in ihren Händen abzuarbeiten. Nicht das erste Mal beäugte sie diese mit äußerst kritischem Blick.

 

Lehrbücher

Sie sollten jeweils ein Exemplar der folgenden Werke besitzen:

- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 1

- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 2

- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 3

- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 4

- Miranda Habicht: Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 5

- Bathilda Bagshot: Geschichte der Zauberei

- Adalbert Schwahfel: Theorie der Magie

- Emeric Wendel: Verwandlungen für Anfänger

- Emeric Wendel: Verwandlungen: Die Zwischenstufen

- Phyllida Spore: Tausend Zauberkräuter und –pilze

- Arsenius Bunsen: Zaubertränke und Zauberbräue

- Lurch Scamander: Sagentiere und wo sie zu finden sind

- Quirin Sumo: Dunkle Kräfte. Ein Kurs zur Selbstverteidigung.

- Die dunklen Kräfte – Eine Anleitung zur Selbstverteidigung

- Wilbert Slinkhard: Theorie der magischen Verteidigung

- Gilderoy Lockhart: Tanz mit einer Todesfee

- Gilderoy Lockhart: Gammeln mit Ghulen

- Gilderoy Lockhart: Ferien mit Vetteln

- Gilderoy Lockhart: Trips mit Trollen

- Gilderoy Lockhart: Abstecher mit Vampiren

- Gilderoy Lockhart: Wanderungen mit Werwölfen

- Gilderoy Lockhart: Ein Jahr bei einem Yeti

 

Sie benötigen nur die Bücher Ihrer zwei Wahlfächer:

Pflege magischer Geschöpfe: Das Monsterbuch der Monster

Wahrsagen: - Kassandra Wablatschki: Die Entnebelung der Zukunft

Muggelkunde:  Häusliches Leben und gesellschaftliche Sitten britischer Muggel

Arithmantik: Nummerologie und Grammatica

Alte Runen: Runen einfach verstehen: Ein Werk von A-Z

 

     „Kann ich etwas für dich tun?“, fragte eine junge Verkäuferin, die wie aus dem Nichts plötzlich direkt neben Luciana stand und die Liste aus Hogwarts neugierig beäugte.

     Sie konnte nicht viel älter als Luciana sein, hatte hochgesteckte, braune Haare, trug eine Brille und machte einen etwas zu übereifrigen Eindruck. Wahrscheinlich arbeitete sie noch nicht sehr lange in diesem Laden, wenn die anderen zwei, sonst eher scheintot wirkenden Mitarbeiter als Maßstab dienen konnten.

     „Die brauch ich … ähm – alle“, antwortete Luciana und drückte der Frau, erleichtert darüber, die Aufgabe jemand anderem überlassen zu können, ihre Bücherliste in die Hand.

     „Wollen wir mal sehen …“ Diese ging die Liste einmal schnell mit ihrem lila lackierten Zeigefinger nach. Am Ende angekommen zog sie überrascht die Brauen in die Höhe.

     „Sag mal, ist euer Haus abgebrannt, oder warum brauchst du sämtliche Schulbücher vom ersten bis zum fünften Schuljahr?“

     Nicht nur übereifrig, sondern auch noch neugierig.

     „Lange Geschichte und Sie wollen sicher heute noch Feierabend machen“, bemerkte Luciana ausweichend und betrachtete scheinbar sehr interessiert einen Stapel Mängelexemplare mit bis zu sechzig Prozent Preisnachlass.

     „Dann wollen wir mal sehen … die Werke von Gilderoy Lockhart führen wir nicht mehr und ganz unter uns …“, sie schaute sich um und beugte sich nahe zu Luciana, „ … ich glaube nicht, dass du sie brauchen wirst.“ Damit stellte sie sich wieder kerzengerade auf.

     „Das Monsterbuch der Monster haben wir hinten im Lager, allerdings musst du den Gürtel dazu bezahlen.“ Gürtel? Luciana beschloss sich überraschen zu lassen, immerhin war der Plan dieses Etablissement noch vor Mitternacht zu verlassen.

     Die nächste Viertelstunde verbrachte sie neben der Kasse und beobachtete die Verkäuferin, wie sie gleich einem kleinen Wirbelsturm durch den Laden brauste, während der Stapel Bücher auf ihren Armen immer höher wurde. Als sie offenbar alle zusammen hatte, erschien sie an der Kasse und war drauf und dran, den sicherlich einen Meter hohen Bücherturm in eine viel zu kleine Einkauftasche zu verfrachten. Es war stark zu bezweifeln, dass alles in diese winzige Papiertüte passen konnte. Die Frau schien Lucianas skeptischen Blick bemerkt zu haben.

     „Das ist eine ganz neue Erfindung“, sagte die junge Verkäuferin und schaute begeistert auf die Tüte. „Man kann bis zu hundert Bücher hineintun. Die Bücher werden bis zu zwei Zoll klein und viel leichter. Wenn du sie wieder herausholst, verwandeln sie sich zurück in ihre normale Größe.“

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

 

     Mit der kleinen Tragetasche an der Hand und um sehr viele Galleonen erleichtert, erreichte Luciana ihr nächstes Ziel, dieses Mal ohne Odyssee oder Nachfragen (zugegeben, so riesig war die Winkelgasse dann auch nicht). Der Laden war eng und schäbig; zwar nicht annähernd Nokturngassen-verkommen, aber mit dringendem Bedarf nach einem Innenarchitekten, dessen Geburtsurkunde vorzugweise dieses Jahrhundert aufweisen sollte. Über der Tür hieß es, in abblätternden Goldbuchstaben: Ollivander – Gute Zauberstäbe seit 382 v. Chr. Offenbar ein Paradebeispiel von Alter vor Schönheit. Und wie aufs Stichwort fiel ihr die minimalistischste Schaufensterdekoration ins Auge, die ihr jemals untergekommen war: Ein dunkelrotes Kissen im staubigen Fenster, auf dem ein einziger Zauberstab lag.

     Sie trat ein und von irgendwo, ganz hinten im Laden, kam das helle Läuten einer Glocke. Der Raum war klein und leer, abgesehen von einem storchbeinigen Stuhl, der an einem Bein einen auffällig breiten Riss hatte, und den tausenden von länglichen Schachteln, die fein säuberlich bis an die Decke gestapelt waren. Wenigstens schien das Einrichtungskonzept konsequent durchgezogen worden zu sein.

     „Guten Tag“, sagte eine unheimlich ruhige Stimme, die Luciana derart unvorbereitet aus ihrer Umgebungsbetrachtung riss, dass sie einen kleinen Überraschungshüpfer vollführte. Ein Mann stand vor ihr, der gerade aus dem Schatten des hinteren Teils des Raumes erschienen war.

     „Ehm … guten Tag“, sagte Luciana und setzte ein höfliches Lächeln auf.

     „Luciana Bradley, ganz recht.“

     Gab es doch einen zusätzlichen Posten am Eingang der Winkelgasse und man hatte ihr beim Betreten unbemerkt ein Namensschild untergejubelt? Nein, selbst der mehr oder weniger dezent verwirrte Blick auf ihre Brustregion offenbarte kein ‚Hallo, mein Name ist (…)‘ Selbstklebezettelchen, also woher -

     „Professor Dumbledore hat mir vor einigen Tagen eine Eule zukommen lassen, dass Sie bald vorbeikommen würden, zwecks der Eichung Ihres Zauberstabs.“

     Mysterium aufgeklärt. Mr Ollivander (wie sie annahm; dieser Laden machte nicht den Eindruck, stundenweise von einer Aushilfskraft übernommen zu werden) trat näher, selbstverständlich ungefragt. Das Konzept einer Distanzzone zu fremden Personen schien in der Zauberwelt nicht zum Erziehungsstandart zu gehören, ein Umstand, der Luciana schon nach kürzester Zeit mit den Zauberfunzeln sauer aufstieß. Er hatte seltsame Augen, fast wie die eines Werwolfes, kurz vor seiner Verwandlung. Silbern und leuchtend.

     „Nun, Ihren Zauberstab bräuchte ich schon dafür.“

     Luciana schlug ihren Trenchcoat beiseite und griff sich links in die Seite ihrer Hose. Zum Vorschein kam ihr Zauberstab, den sie Mr Ollivander sofort in die Hand drückte.

     „Interessanter Ort, Ihren Zauberstab aufzubewahren, Miss Bradley. Ein Wunder, dass er noch nicht zerbrochen ist“, kommentierte der alte Mann und drehte den Stab vor seinen Augen. Er ließ keinen Millimeter unerforscht.

     „Elfenbein … zehneinhalb Zoll. Unbiegsam. Und der Kern … Drachenherzfaser, oder irre ich mich?“ Luciana schüttelte den Kopf. „Dann muss ich mich bei Ihnen entschuldigen. Dieser Stab ist nicht leicht zu zerbrechen. Ich persönlich verwende niemals Elfenbein, aber das scheint mein Kollege aus Deutschland etwas anders zu sehen.“ Ob dies nun negative Kritik oder eine reine Feststellung sein sollte, vermochte Luciana nicht auszumachen.

     „Ignisis!“ Aus dem Zauberstab brach eine schmale Fontäne aus Feuer.

     „Das scheint in Ordnung zu sein.“ Mr Ollivander gab Luciana ihren Zauberstab wieder, trat zurück und stand im nächsten Moment wieder hinter seinem Tresen. „Ich werde sofort eine Eule an Professor Dumbledore schreiben, dass er Sie ohne Bedenken zaubern lassen kann.“ Er grinste und war im nächsten Augenblick wieder im Schatten des hinteren Raumes verschwunden.

 

Bei Madam Malkins Anzüge für alle Gelegenheiten ging es weitaus unruhiger zu, als bei Mr Ollivander. Madam Malkins war eine stämmige, lächelnde Hexe, die von Kopf bis Fuß veilchenfarben gekleidet war und einem Arbeiterbienchen gleich mit meterweise Stoffbahnen um die Arme geschlungen im Zickzack-Lauf bei drei Kunden gleichzeitig Maß nahm, Säume absteckte und gleich Richtung Eingang huschte, als Luciana gerade über die Türschwelle getreten kam.

     „Arbeitskleidung, meine Liebe?“, fragte sie, kaum dass Luciana den Mund aufgemacht hatte. Dabei brachte sie sofort ihr Maßband in Stellung.

     „Nein, Hogwarts“, antwortete sie. Die Frau machte ein etwas schockiertes, oder eher pikiertes Gesicht, als ob sie sich fragte, warum Luciana nicht seit ihrer ersten Klasse bei ihr Schulkleidung gekauft hatte.

     Madam Malkins nahm ihr dann ohne weitere Worte die Tüte und den Trenchcoat ab und führte sie auf einen Schemel, um gleich damit zu beginnen, ihr einen Umhang über die Schultern zu werfen. Der Umhang war zwar in einem neutralen Schwarz gehalten und auch die Stoffqualität schien sehr gut zu sein, aber Gefallen daran fand sie überhaupt nicht. Sie mochte Mäntel, am besten knielang, keine Umhänge, die höchstwahrscheinlich selbst nach dem Umnähen noch Gefahr liefen, über den Boden zu schleifen. Einen vernünftigen Kragen schien das Teil auch nicht zu besitzen, ganz zu schweigen von den nicht vorhandenen Taschen.

     Madam Malkins begann damit, die richtige (Luciana fand eher, es war die falsche) Länge mit Nadeln abzustecken und ignorierte dabei gekonnt ihren missmutigen Blick.

     Als sie Madam Malkins darum bat, ihren Schulrock doch bitte um ein paar Inches der normalen Länge zu kürzen, kommentierte diese das nur mit einem „Die Jugend von heute“. Doch als Luciana eine Musterbluse aussuchte, die zwei Nummern kleiner war, als für die Schuluniform üblich (ergo eine Größe die nicht vermuten ließ, sie habe den Kleiderschrank ihres Paten geplündert), sagte die Verkäuferin gar nichts mehr und packte den Berg Kleidung schweigend in eine Tasche.

     Dazu kamen noch ein total lächerlicher Spitzhut (den sie niemals, wirklich niemals nie aufsetzten würde), ein paar Schutzhandschuhe aus Stachelbuckeldrachenhaut und ein Winterumhang, mit silbernen Schnallen (sie beschloss diese schnellst möglichst durch ein paar Geschmackvollere zu ersetzen).

 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

    

Die meisten Geschäfte hatten schon geschlossen, als sich Luciana auf den Rückweg zum Anfang der Winkelgasse machte, zurück durch die Mauer, in den Tropfenden Kessel. Die restlichen Sachen auf ihrer Liste zu besorgen war am Ende kein großer Aufwand mehr gewesen. In einer Art Apotheke hatte sie alle Zutaten für den Zaubertrankunterricht und den Kasten um sie aufzubewahren zu können bekommen, dabei hatte sie auch gleich die Waage aus Messing gefunden, die sie benötigte, und ein Sortiment Kristallfläschchen. Ein Teleskop hatten sie in einem Laden, direkt gegenüber von dem Kesselgeschäft (in dem sie zu allerletzt einen Messingkessel aus Zinn in der Normgröße zwei gekauft hatte) besorgt.

    Erschöpft von dem vielen Laufen, Regale durchstöbern und dem ganzen katastrophalen Tag im Allgemeinen, ließ sie sich an einem Tisch, an dem Johnny schon wartete, sinken und knallte geräuschvoll ihre Einkäufe auf den Tisch.

     „Nen‘ Kaffee, extra stark!“, rief Johnny Tom, dem Wirt, zu und grinste Luciana breit an. Diese steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel, kaum dass sie Platz genommen hatte.

     „Und … alles bekomm‘n?“, fragte er und wühlte dabei schon in den Berg aus Tüten herum.

     „Yup, alles glatt gelaufen“, antwortete Luciana nicht ganz wahrheitsgemäß, was sie auch gleich auf ein beinahe vergessenes Thema brachte. „Sag mal, kann es sein, dass Gordon hier in England Verwandte hat? Einen Zwillingsbruder oder so?“ Tom stellte klirrend ein Kännchen Kaffee und eine leere Tasse auf den Tisch. Johnny hatte auf die Frage hin innegehalten und betrachtete nun, scheinbar höchst interessiert, die Messingwaage, welche er aus einer der Tüten gezogen hatte.

     „Mh, Verwandtschaft möglich, die Zauber‘welt ist nich besonders groß, weißt du. Nen Zwilling wär mir neu. Wieso willst‘n das wiss’n?“

     Luciana zuckte mit den Schultern. „Mir war, als hätte ich da sowas wie eine Kopie von ihm hier rumlaufen sehen.“

     „Huh“, machte Johnny darauf und schenkte seine volle Aufmerksamkeit den Einkäufen vor seiner Nase.

     Bei der letzten Tüte angelangt, der Kleinsten, hatte er einen sichtbar großen Spaß daran jedes einzelne Buch, die sich alle zurück in ihre ursprüngliche Größe verwandelten, kaum dass sie zum Vorschein kamen, kunstvoll zu einem Turm aufzustapeln.

     „Bücher, Bücher un‘ …“, Johnny lugte neben dem Stapel von Büchern hervor und schenkte ihr sein schönstes Lächeln, „ … noch mehr Bücher. Lust auf ne Runde Jenga?“



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