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Milchkaffee

von

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Sidestory: Kaffeepause

Kaffeepause

Für Silberchen
 

Er war zu spät dran - verdammt, er war viel zu spät dran!

Hastig sprintete Martin an der Küchentür vorbei, rief seiner Mutter ein 'bin wieder da' zu und sprang, drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch in sein Zimmer.

Er riss die Schranktüren auf, warf eine Hose aufs Bett, einen Gürtel, ein graues T-Shirt. Er besah sich seine Pullover - mit Rollkragen, ohne Rollkragen? - und entschied sich dann letztlich für den roten mit dem Zopfmuster. Dann brauchte er auch keine Jacke mehr.
 

Eilig raffte er den Klamottenstapel auf dem Bett zusammen und sprintete ins Bad. Jackett aus, Krawatte, Hemd, Schuhe, Hose, Socken. Er war zu spät dran, verdammt! Unterwäsche.

Alles landete in unregelmäßigen Häufchen auf dem Fußboden, während Martin unter der Dusche stand und sich in Rekordzeit eingeseift und wieder abgeduscht hatte.

Abtrocknen, Zähne putzen, einmal kurz durch die ohnehin immer zerwühlten Haare fahren. Unterwäsche, Socken, T-Shirt, Hose anziehen. Dummerweise hatte er seine alte Gartenarbeitshose erwischt, die mit den Grasflecken und dem Loch im Knie. Wie hatte er das übersehen können?

Pullover und Gürtel geschnappt, rannte Martin halbnackt zurück in sein Zimmer, zog eine andere Jeans aus dem Schrank und an, denn den Gürtel, den Pullover, fertig.
 

Ein Blick auf die Uhr, er konnte es noch schaffen, er musste sich nur ein wenig beeilen.

"Tschüs, Mama", rief er in Richtung Küche, als er auch schon wieder aus dem Haus war und die Tür hinter ihm zufiel.

Autotür aufschließen, aber - "Schlüssel!", schlug sich Martin mit der flachen Hand vor die Stirn, rannte zurück zur Haustür und klingelte Sturm.
 

Viel zu lange dauerte es, bis seine Mutter ihm verwundert die Tür öffnete.

"Schlüssel vergessen", keuchte Martin, rannte an ihr vorbei, die Treppe wieder hoch in sein Zimmer. In der Anzughose vom Vormittag fand er dann den gesuchten Schlüssel.

"Martin, willst du nicht noch -"

"Sorry, Mama, keine Zeit. Ich bin verabredet", fiel er ihr ins Wort, und schon schlug die Tür wieder hinter ihm zu.
 

Ab ins Auto, Rückwärtsgang, ausparken, Gas.

Dreißigzone, egal, Martin fuhr fast fünfzig. Konnte er noch pünktlich kommen? Zebrastreifen, macht nichts, weiter.

Zwei überfahrene dunkelgelbe Ampeln später hatte Martin Gewissheit, dass er zu spät kommen würde, und verfluchte im Stillen seinen Chef, der ausgerechnet an diesem Tag kurzfristig eine Personalbesprechung anberaumen musste. Hätte das nicht bis morgen warten können?!
 

In der Nähe der Fußgängerzone waren natürlich alle Parkplätze besetzt - fünf Minuten zu spät, acht Minuten -, sodass Martin seinen Fiat dann kurzentschlossen ins Parkhaus stellte, egal, wie viel das kosten würde.

Er sprintete durch die Fußgängerzone und kam außer Atem und dreizehn Minuten zu spät im Keller-Café an.

Er sah sich um, ging einmal durch das ganze Café - es gab hier eindeutig zu viele Nischen, man sah ja gar nichts! - und ließ sich dann frustriert auf einen Stuhl an einem der wenigen freien Tischchen plumpsen.
 

Zu spät.

Er war zu ihrem ersten Date zu spät gekommen, und jetzt war Benjamin schon weg. Das konnte doch nicht wahr sein!

Er hatte seit Tagen an nichts anderes mehr gedacht, hatte sich so gefreut und die ganze Zeit versucht, die Schmetterlinge in seinem Magen zu beruhigen. Jetzt lagen die Viecher matt herum und flatterten müde mit den bestimmt nicht mehr farbenprächtigen Flügeln.

Er hatte es verbockt.

Zu spät.
 

Martin legte die Arme auf den Tisch, den Kopf darauf und seufzte. Verdammt.
 

Jemand zog den zweiten Stuhl unter dem Tisch hervor, und Martin hob den Kopf, um diesem Jemand höflich aber bestimmt mitzuteilen, dass er lieber allein sitzen wollte, und er sich zu verpissen habe.
 

"Sorry, dass ich zu spät bin."

Benjamin atmete schwer, und Martin blieb seine Schimpftirade im Hals stecken.
 

Benjamin war da. Er war nicht schon gegangen, er war auch zu spät!

"Schön, dass du gewartet hast." Benjamin beugte sich über den Tisch und küsste Martin kurz auf den Mund, und der strahlte ihn an, kicherte, und lachte dann los.

"Was ist?", wunderte sich Benjamin.

"Nichts, ich..." Martin schnappte nach Luft. "Ich war nur auch zu spät, und dachte, du bist schon weg und so."

"Schwachsinn. Mein Prof hat überzogen, und selbst wenn ich eher da gewesen wäre, ich hätte gewartet", stellte Benjamin fest, und Martin grinste ihn an. "Ich weiß."

"So, und jetzt machen wir Kaffeepause", beschloss Benjamin dann, und kurz darauf kam dann auch die Kellnerin.

"Erholung von der Odyssee, hierher zu finden. Da ist Kaffee genau das richtige", stimmte Martin zu. 'Und deine Gesellschaft', dachte er noch, aber das sagte er nicht. Viel zu kitschig.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Ashling
2006-02-24T19:55:23+00:00 24.02.2006 20:55
Hey^^

Ich weiß nicht mehr so genau, über wie viele Steckbriefe und Favoritenlisten ich hierher gefunden habe, aber inzwischen bin ich recht froh darüber. Deine kleine "Milchkaffee"-Geschichte und ihre beiden Sidestorys waren genau das, wonach ich im Moment gesucht habe^^

Also, kurzum: "Milchkaffee" hat mir als Kurzgeschichte - ich denke doch mal, das ist eher als KG gedacht, oder? - super gut gefallen, obgleich ich sicherlich noch viel mehr begeistert gewesen wäre, wenn sie etwas länger gewesen wäre. Aber dazu später.

Meiner Meinung nach hast du fast die typischen Szenen einer schwulen Beziehung herausgepickt und sie wunderbar in Szene gesetzt; von der ersten Begegnung über das Vorstellen der Eltern und das Outing vor den Eltern bis hin zur gemeinsamen Wohnungssuche. Dass die Probleme durch Benjamins Hautfarbe dabei automatisch noch zugenommen haben, hat das Ganze noch interessanter und zudem auch - wie man besonders bei der Wohnungssuche erkennen konnte - realistischer gemacht.

Außerdem hat es mich fast kaum gestört, dass die Geschichte ziemlich dialoglastig war, da du die Dialoge lebendig gestaltet hast und - was viel wichtiger ist - die Protagonisten so gesprochen haben, wie man es in der Realität auch erwarten dürfte; also kein gestelztes Hochdeutsch oder so XD" Es war zu jedem Zeitpunkt klar, wer was gesagt hat, und da du Martin am Anfang der Story bereits ziemlich gekonnt charakterisiert hast - aus irgendeinem Grund war er mir auf Anhieb sympathisch OO" -, hat der hohe Anteil an wörtlicher Rede im Verlauf der Geschichte auch nicht weiter gestört^^

Benjamin allerdings, fand ich, ist im Gegensatz zu Martin etwas blass geblieben und hat von mir ganz von selbst einen stereotypen Stempel aufgedrückt bekommen, weil die Informationen, die es im Text zu ihm zu finden gab, irgendwie daraus hinausliefen.
Gutaussehend (ich habe immer diese strahlend weißen Zähne vor Augen XD"); ruhigerer Typ; gelassen in Bezug auf die gewöhnlichen Anfeindungen gegen ihn wegen seiner Hautfarbe.
Da ich "Milchkaffee" allerdings als Kurzgeschichte eingestuft habe, ist gegen einen Stereotypencharakter eigentlich nichts einzuwenden, und immerhin hast du ihn irgendwo charakterisiert^^

Besonders gelungen fand ich auch die Situation bei Martins Eltern (die zwar auch etwas klischeehaft war, aber dadurch natürlich auch besser vorstellbar war. Aber darauf wollte ich jetzt nicht weiter herumreiten XD"). Die Reaktionen beider Eltern fand ich total realistisch dargestellt, da ich bezweifle, dass noch so aufgeschlossene Eltern bei der unvermuteten Ankündigung, ihr Sohn hat einen Freund und ist schwul, in begeisterte Jubelrufe ausbrechen.
Wobei ich bei dieser Stelle sogar noch lachen musste:

Benjamin drückte Martins Hand und der nahm seinen Mut zusammen: "Er ist mein Freund."
"Wie schön, dass du neue Freunde findest." Das Lächeln seiner Mutter war gequält.


Ich weiß auch nicht, aber irgendwie... aus dieser Situationskomik heraus... musste ich einfach lachen, obwohl das ja eigentlich alles andere als zum Lachen ist XD"

Die Wohnungssuche war auch gut dargestellt und es wäre wohl mehr als unwahrscheinlich gewesen, wenn die beiden gleich bei der ersten Wohnung Erfolg gehabt hätten.

Dein Schreibstil insgesamt betrachtet gefällt mir auch wahnsinnig gut und ich habe auch kaum Fehler in dem Text gefunden (einige aber schon, und die hänge ich zum Schluss gleich noch dran, falls du sie ausbessern möchtest^^). Bei "Kaffeepause" fand ich es auch besonders klasse, wie du Martins Hektik stilistisch rüber gebracht hast; die kurzen, abgehackten Sätze, die Ellipsen... all das hat seine Eile noch wesentlich mehr verstärkt und da du in den vorherigen Teilen ja nicht so geschrieben hast, ist das auch kein Kritikpunkt *smile*

Womit ich beim Thema wäre XD"
Es ist eigentlich keine richtige Kritik, ehe eine Art Empfinden, aber ich teile es dir trotzdem mal mit.

Ich denke, du hättest aus der Idee dieser Kurzgeschichte auch sehr gut eine längere Story machen können, da du - wie oben bereits erwähnt - einige sehr prägnante Punkte im Leben eines schwulen Pärchens gewählt hast, die auch ruhig weiter hätten ausgeweiteten werden und somit für Konfliktpotenzial sorgen können.

In diesem Zusammenhang hat mir nämlich am allerwenigsten die erste Begegnung der beiden gefallen, da ich im ersten Moment einfach nicht wusste, was ich mit dieser herausgerissenen Szene anfangen sollte - sie hörte irgendwie mittendrin auf, nur um dann zwei Wochen später wieder anzufangen. Und erst da habe ich dann gemerkt, was für eine Art Kurzgeschichte das ist.

Ich weiß nicht so genau, ob ich das vernünftig klar machen kann, was ich meine, weil mir alle anderen kurzen Situationen ja sehr wohl gut gefallen haben, aber bei dieser "Kennen-lernen-Szene" fehlte einfach noch irgendwie was.

Allerdings bin ich ja nicht blind und sehe sehr wohl die "Für-Silberchen"-Widmung unter den Titeln und auch, dass sie die Charaktere erschaffen hat und du die Story um sie herum, also nehme ich mal an, dass du auch nie vorhattest, eine längere Geschichte daraus zu machen und Silberchen nur eine Freude machen wolltest. Aber theoretisch gesehen könnten die von dir angesprochenen Themen auch wunderbar in einer längeren Geschichte untergebracht werden.

*seufz* Irgendwie habe ich das Gefühl, ich habe mich gen Ende hin etwas verzettelt XD"
Nun denn... Hier mal meine gefundenen Fehlerchen in dem Text:

"Milchkaffee" Teil 1:

Vonwegen 'Guten Tag, ich bin der neue Freund ihres Sohnes' und so.
> Von wegen auseinander ziehen

Michael betrachtete Herrn und Frau Lianga - oder Salmin und Doris, wie die beiden ihm sofort angeboten hatte - genauer, während ihm Doris Kaffee einschenkte und dann munter weiterredete.
> Da bin ich irgendwie ziemlich lange dran hängen geblieben, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Michael kein Mitglied der Familie Lianga ist und du dich einfach nur beim Schreiben von "Martin" vertan hast^^

"Milchkaffee" Teil 2:

Vor zwei Wochen hatte Martin Benjamins Eltern kennen gelernt, und jetzt wollten sie das ganze Umdrehen und Benjamin Martins Eltern vorstellen.
> umdrehen muss klein geschrieben werden; ich bin mir an dieser Stelle allerdings nicht sicher, ob stattdessen das "ganze" davor groß geschrieben werden muss O___o

Es ist zum kotzen!
> Kotzen groß

"Dankeschön", erklärte Benjamin
> Es gibt das Dankeschön, das jemandem übermittelt werden soll zum Beispiel, aber wenn ich mich bei jemandem bedanke - also "Danke schön" sage -, wird das auseinander geschrieben^^

Schnell erkannte er, dass er zwar mit der Wohnung recht hatte, der Grund aber ein anderer war.
> Recht haben wird meines Wissens nach der neuen Rechtschreibung groß geschrieben^^ (aber was heißt das schon? XD")

"Kaffeehaus":

[...] und zog ihn von den halb ausgeräumten Kiste und dem spärlich eingeräumten Bücherregal weg.
> KisteN, denke ich, wenn du den Teil davon nicht auch noch so umändern willst, dass er zu einer einzigen Kiste passt^^

"Kaffeepause":

Pullover und Gürtel geschnappt, rannte Martin halbnackt zurück in sein Zimmer, zog eine andere Jeans aus dem Schrank und an, denn den Gürtel, den Pullover, fertig.
> dann statt denn^^

Uh, ich merke gerade mal wieder, dass das Ganze etwas ausgeartet ist und ich ziemlich pingelig bin XD"
Falls du in dem ganzen Chaos den Überblick verloren haben solltest, sage ich es vorsorglich noch einmal: Mir hat deine Geschichte gut gefallen und es hat mir Spaß gemacht, sie zu lesen^^ (Whoa, wie kurz und bündig ich mich ausdrücken kann, wenn ich will .___.)

lg
- Ashling :)
Von:  urlieb
2005-11-23T17:36:51+00:00 23.11.2005 18:36
*keuch* bor also wen ich in so nem tempo unterwegs bin muss man mich förmlich von dem tisch abkrazen- gut das martin seinen kopf noch unter kontrolle hat ne ^^ XD
das kapi an sich vieeeeeelll zu kurz - und deswegen genau richtig XP so bleibt irgendwie was hängen (@_@ versteht man was ich mein ????

naja danne have a nice day
urlieb

ps: danke das du mir mittgeteilt hast das du weiter geschreibselt hast- is ja voll lieb von dir gewesen - donke donke XD
Von:  winterspross
2005-11-22T14:24:02+00:00 22.11.2005 15:24
Diese geschwindigkeit. woah~
ich komm ja beim lesen gar nicht mehr mit. +hat die unangenehme angewohnheit, sich dem erzähltempo mit ihrem lesetempo anzupassen+

<"Erholung von der Odyssee, hierher zu finden. Da ist Kaffee genau das richtige", stimmte Martin zu. 'Und deine Gesellschaft', dachte er noch, aber das sagte er nicht. Viel zu kitschig.

genau, viel zu kitschig. und deshalb ist es gut, dass er es nicht gesagt hat.
+smile+

sprossli


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