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Wish - A Strange Country

von

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Alpträume - Freundschaften sind alles

Die ersten zwei Tage der Grippe waren fürchterlich für Chiyo, und irgendwie war sie froh, dass Koryu sie nicht da nicht noch einmal besucht hatte. Aber dass sie ein Animetreffen nicht besuchen konnte, das war eigentlich undenkbar. Doch selbst Chiyo hatte eingesehen, dass sie in diesem Zustand nichts auf einem Animetreffen zu suchen hatte.

Den ganzen Tag lag sie wach und ärgerte sich darüber, weil sie sich vorstellte, wie sich Misaschi dort amüsierte und alle Freunde traf. Mehrmals hatte Chiyos Handy gepiepst, und sie hatte lächelnd die Gute-Besserungs-SMS von ihnen gelesen. Das hatte Chiyo sehr gefreut und war eine kleine Entschädigung dafür. Wieder gestattete sie sich einen Moment, in dem sie das Gefühl hundertprozentig zuließ, dass alles besser war, seit sie hier wohnte, dass sie endlich wahre Freunde gefunden hatte, die auch an sie dachten, wenn sie alleine zuhause war und krank war. Das tat gut, und ihre Stimmung hob sich. Und wenn man relativ gute Laune hatte und dementsprechend positiv dachte, konnte man schnell wieder gesund werden.

Als es klingelte, freute sich Chiyo noch mehr. Es konnte nur einer sein, wenn er nicht auf dem Animetreffen war. Rasch schälte sie sich aus den Decken, warf sich in den Morgenmantel und fetzte zur Tür. Was sie nicht hätte tun sollen. Chiyo wurde so schwindlig, dass sie sich erstmal an die Wohnungstür lehnen musste. Und das auch noch lautstark. "Mist!" fluchte sie leise. Dann öffnete sie vorsichtig.

"Hey, alles in Ordnung bei dir?" fragte Koryu und fing sie auf, weil ihre Knie nachgegeben hatten. "Ja... ich bin nur zu schnell aufgestanden", antwortete Chiyo. Ihr Herz flatterte, und das nicht nur, weil ihr Kreislauf streikte. Koryu schüttelte missbilligend den Kopf. "Das sollte man nicht, wenn man krank ist", meinte er lächelnd. Er begleitete Chiyo wieder ins Schlafzimmer. "Geht's dir heute etwas besser?" fragte er. Chiyo wühlte sich wieder in ihre Decke. "Na ja, abgesehen davon, dass ich nicht zum Animetreff kann... Die Kopf- und Gliederschmerzen scheinen vorbei zu sein, und der Hals macht auch kaum noch Probleme", erklärte sie und griff nach der Thermosflasche mit dem Kamillentee. Misaschi hatte ihn ihr noch bevor sie losgefahren war, aufgebrüht. Aber Koryu nahm ihr die Flasche aus der Hand. "Darf ich?" fragte er höflich, und nach Chiyos Nicken schenkte er ihr den Tee ein. "Bitte!" Er reichte ihr den Tee, den sie dankend annahm und mit geschlossenen Augen einen Schluck nahm. Dann lächelte sie. "Weißt du, ich liebe Kamillentee. Das kann aber irgendwie keiner verstehen. Doch für mich ist das das einzig Schöne am Kranksein", erklärte sie schmunzelnd. Koryu nickte, wenn er auch im Moment an Chiyos Geschmacksnerven zweifelte. "Und dass man richtig schön umsorgt wird, findest du nicht schön?" fragte er dann. Chiyo schüttelte den Kopf. "Hatte ich nie wirklich", sagte sie. "Meine Mutter war meistens arbeiten, wenn's mich mal erwischt hat", erzählte sie ihm. "Und ansonsten war sie leider in der Hinsicht auch etwas faul." Sie sah in Koryus betroffenes Gesicht. "Guck nicht so. Ich hab dir doch gesagt, dass mein Leben bisher nicht unbedingt ein Honiglecken war. Und falls du dich nach meinem Va-... Erzeuger fragst..." Chiyo schwieg einen Moment. "Selbst wenn er da gewesen wäre, er wäre doch wohl meistens zu besoffen gewesen, um sich um mich zu kümmern. Also, darauf hätte ich verzichten können." Obwohl Chiyo versuchte, neutral zu klingen, hatte ihre Stimme dennoch einen leicht bitteren Ton. Das veranlasste Koryu nicht weiterzufragen, sondern stattdessen vorsichtig einen Arm um Chiyo zu legen, um sie ein wenig zu trösten. Ihm entging jedoch keinesfalls, dass sie kurz zusammenzuckte und ihn leicht fragend ansah. "Ist das in Ordnung für dich?" fragte er sie daher. Chiyo nickte. "Ja, schon. Ich hab nur nicht damit gerechnet." Sie wurde rot und lächelte. "Na ja, wenn man dich bisher nicht umsorgt hat, wenn du krank warst, dann sollten wir das nachholen, findest du nicht?" Koryu sah sie aufmunternd an. Wieder nickte Chiyo, und sie kam sich vor, als würden alle ihre Träume auf einmal wahr werden und ein wunderschönes Feuerwerk an Gefühlen in ihr entfachen. Sie musste grinsen bei der Vorstellung. "Was ist?" fragte Koryu neugierig. Chiyo sagte es ihm zögernd, und dann lachten beide.

So verbrachten beide einen vergnüglichen Nachmittag, und Koryu hielt sein Versprechen. Er kochte neuen Tee für Chiyo, machte ihr etwas zu essen, und erhörte ihre Musikwünsche. Und Chiyo kam nicht umhin, das Kranksein mal so richtig zu genießen.
 

Am frühen Abend verließ Koryu sie wieder, nachdem sie ihm versprechen musste, sich jetzt schlafen zu legen, denn Schlafen macht gesund. Das versprach sie ihm gerne, denn müde war Chiyo allemal geworden. Außerdem würde Misaschi bald nachhause kommen, und irgendwie wollte Chiyo nicht, dass ihre Mitbewohnerin sie beide sah. Zumindest jetzt noch nicht.
 

Ein leises, rhythmisches Geräusch ertönte. Es hallte von den Wänden des großen Raumes wider, und sie sah sich vorsichtig um. Flüchtig dachte Chiyo, sie spiele ein "Zelda"- Spiel, aber sie sah keine grüngekleidete Gestalt, die sie steuern konnte. Langsam ging sie ein paar Schritte vorwärts, und beobachtete das Schattenspiel der Fackeln an der Wand. Wo bin ich hier? fragte sie sich, aber sie akzeptierte die mysteriöse Situation mit der Gleichmut eines Träumers. Dann wurde ihr Blick von einer Bewegung auf dem Boden angezogen. Ein Schatten erschien über ihr - mit breiten Schwingen, wie es schien. Sie sah nach oben, doch da war nichts zu sehen. Dann blickte sie wieder nach vorne - und dann sah sie es. Eine Gestalt stand vor einer Art Altar. Und zwei Schwingen mit Rabenfedern gingen von dem Körper der Gestalt aus. Sie waren weit ausgebreitet, und das Licht der Flammen schimmerte darauf. Chiyo hörte ein leises Singen, dass zu einem Chor anschwoll und von den grünlich schimmernden Wänden widerhallte. Dann drehte sich die Gestalt um, und es war Chiyo, als sähe sie tief in violette Augen.

Mittlerweile war sie nahe an den Altar herangekommen, und überlegte, woher ihr diese Gestalt so bekannt vorkam. Die Gestalt streckte eine Hand nach Chiyo aus, berührte sie aber nicht. Es war, als würde sie Chiyo... ausmessen? Nein, eher als würde Chiyos Aura ertastet werden.

In diesem Moment flogen viele Schatten durch die Halle. Die Gestalt blickte hektisch nach allen Seiten und an Chiyo vorbei. Hinter ihr, am Eingang drangen plötzlich Gestalten in Kapuzenroben ein. Sie verteilten sich im ganzen Raum und bezogen Stellung. Die Gestalt mit den Rabenschwingen beobachtete das Treiben mit finsterem Blick. Dann begann sie Worte in einer für Chiyo fremden Sprache zu murmeln, und augenblicklich fielen die Roben in sich zusammen, als wären keine Körper in ihnen. Aber sie zuckten immer noch wild umher.

Die Gestalt wandte sich wieder Chiyo zu. Chiyo fühlte sich von den Blicken regelrecht durchbohrt. "Du gehörst nicht hierher!" sagte die Gestalt mit leiser, aber bestimmter Stimme zur Chiyo. Dann machte die Gestalt eine komplizierte Geste mit beiden Händen, und augenblicklich wurde alles um Chiyo dunkel. [\i]
 

Chiyo schlug die Augen auf. Aber es dauerte eine Weile, bis sie die Zimmerdecke auch als Zimmerdecke erkannte. Zu sehr war sie damit beschäftigt, die Traumbilder festzuhalten. Doch sie verflüchtigten sich bereits, wie Morgennebel, der beim Aufgehen der Sonne immer durchlässiger wurde, bis er völlig verschwunden war. Sie schloss die Augen wieder und seufzte. Was mach ich mir für einen Kopf, es war nur ein Traum, dachte sie. Solange es nur so was halbwegs Harmloses ist, und nicht die Leichenalpträume der ersten Nächte hier... Chiyo schüttelte den Kopf, doch dann bemerkte sie etwas weitaus dringenderes, nämlich eine ziemlich volle Blase. Dank dem Kamillentee von gestern. Sie stürzte aus dem Bett und zur Tür, wo sie ruckartig stoppte. Misaschi dürfte ja nebenan im Wohnzimmer noch schlafen, und Chiyo wollte die Mitbewohnerin nicht unbedingt wecken. Zumal Chiyo eine Standpauke befürchtete, weil sie es wagte aufzustehen. Also öffnete sie leise die Tür und schlich sich aufs Klo.

Kurze Zeit später war Chiyo fertig und wollte sich rasch wieder ins Schlafzimmer verdrücken, als ihr etwas auffiel. Misaschi wälzte sich unruhig im Bett herum, und das war sonst nicht ihre Art. Was hat Misaschi denn? Sieht nicht unbedingt nach einem angenehmen Traum aus. Chiyo ging auf Zehenspitzen zu Misaschis Bett. Nach kurzem Zögern beugte sie sich vorsichtig über ihre Mitbewohnerin. Plötzlich riss Misaschi die Augen auf. "NEIN!" rief Misaschi so laut, dass Chiyo einen gehörigen Schreck bekam und regelrecht nach hinten kippte. Was ihrem Hinterteil nicht gerade gut tat. "Meine Fresse, hast du mich erschreckt!" stieß Chiyo keuchend hervor. "Musste das sein?" Sie fasste sich an ihr heftig schlagendes Herz und sah besorgt auf ihre schweißgebadete Freundin. "Oh, entschuldige, das war keine Absicht", meinte Misaschi, ohne Chiyo anzusehen. Chiyos Mitbewohnerin wirkte irgendwie abwesend, als sei sie noch immer halbwegs im Schlaf oder im Traum. Chiyo rappelte sich wieder auf. "Du sag mal Misa, geht's dir nicht gut? Sag bloß du hast dich bei mir angesteckt?" fragte sie betroffen und gehörig besorgt. Misaschi winkte ab. "Nein, nein, ist schon gut. Ich hab nur schlecht geträumt. Mach dir keine Sorgen." Sie zog die Decke wieder hoch, die sie bei ihrer Wälzerei beinahe vom Bett geworfen hatte und die von Chiyo noch ein gutes Stück mitgezogen worden war. "Dass du schlecht geträumt hast, das habe ich gesehen", sagte Chiyo. "Willst du mir davon erzählen? Ich höre gerne zu wenn du willst", bot sie ihrer Freundin an. "Ich bitte dich, mach dir keine Gedanken. Es geht mir gut. Wirklich!" Misaschi versuchte Chiyo zu beruhigen. "Aber...", wendete Chiyo ein. "Ich möchte nicht darüber sprechen!" unterbrach Misaschi sie. "Trotzdem... danke vielmals." Misaschi schien irgendetwas verbergen zu wollen. Oder sie versuchte zu verhindern, dass sie sich verplapperte und etwas erzählte, was sie lieber für sich behalten wollte? Chiyo runzelte die Stirn. Irgendwie wirkte Misaschi noch immer abwesend, und Chiyo wurde einfach das Gefühl nicht los, das etwas ihre Freundin sehr beschäftigte. Was war nur gestern beim Animetreffen vorgefallen? Oder etwa danach.... ? Entsetzt schloss Chiyo die Augen. DARAN wollte sie gar nicht denken! Misaschi stand entschlossen auf. "Ich bin dann im Bad!" verkündete sie. "Und du geh gefälligst wieder ins Bett!" ordnete sie auf dem Weg ins Badezimmer an. "Du hast bestimmt noch Fieber." Chiyo verdrehte leicht die Augen. "Ja, ja" murmelte sie. "Das hab ich gehört!" Misaschis Kopf erschien in der noch offenen Zimmertür, und ihr Blick war ziemlich finster. "Wenn ich fertig bin, und du bist nicht im Bett, mach ich dir die Hölle heiß", versprach sie Chiyo. "Wakarimashita?" "Hai!" antwortete Chiyo zackig. Ich hab's ja geahnt, dachte sie. Ich hätte im Bett bleiben sollen. Aber mit der vollen Blase? (Wie stellen sich die Autorinnen DAS bitte vor?!?!?! ^^°°°°)
 

Chiyo kuschelte sich wieder in die Decke, doch schlafen konnte sie nicht mehr. Also begann sie sich mit einem Problem zu beschäftigen, was ihr vor zwei Tagen schon einmal in den Kopf geschossen war. Ihre Mutter. Eigentlich war es ja nicht wirklich ein Problem, aber Chiyo hatte sich komischerweise wieder an die Zeit erinnert, als sich ihre Mutter noch schön hergerichtet hatte, sich geschminkt hatte und sich einfach mal ein wenig verschönert hatte. Wie gerne würde Chiyo das mal wieder sehen! Aber wie sie darauf gekommen war, blieb ihr ein Rätsel. Chiyo drehte sich herum und starrte die Wand an. Es musste doch eine Möglichkeit geben, wie sie ihre Mutter dazu bringen könnte, sich mal wieder so richtig in Schale zu werfen. Und sei es nur für ein einziges Mal. Chiyo schloss die Augen und dachte an die Talkshows im Fernsehen, in denen die Leute manchmal zum Umstylen gebracht wurden. Aber eine Talkshow kam für Chiyo nicht in Frage. Oder besser gesagt, nicht mehr. Und da wäre ihre Mutter mit ihr einer Meinung. Grinsend dachte Chiyo an ihren Auftritt bei Klatschtante Arabella Kiesbauer, den sie mit ihrer Mutter absolviert hatte, und der alles in allem ziemlich peinlich gewesen war. Trotzdem hatte dieser Auftritt seinen Sinn und Berechtigung, auch wenn Okah-san (Mutter oder Mami) das nicht wirklich so sieht, dachte Chiyo fest. Aber das war ein anderes Thema. Sie konzentrierte sich wieder auf ihr eigentliches Problem und hakte die Option Talkshow ab. Zumal die Themen in den aktuellen Talkshows zurzeit sowieso immer die gleichen waren, und sich definitiv nicht mit Styling beschäftigten.

Plötzlich riss Chiyo die Augen auf. Das war die Idee! Sie musste ihre Mutter einfach überraschen und ein wenig hinters Licht führen. Chiyo machte sich einen Plan: Als erstes musste sie einen Termin mit ihrer Mutter festlegen, an dem sie Chiyo besuchte. Anschließend würden sie zusammen mit Misaschi in ein Café gehen. Danach mussten sie ihre Mutter unter einem Vorwand in einen Friseursalon lotsen, in dem Chiyo ein paar Tage vorher einen Termin vereinbart hatte. Und der Rest lag in der Überzeugungsarbeit und in den Fähigkeiten der Friseure. Der gelungene Abschluss würde ein Abendessen in einem Restaurant sein.

Aber Chiyo hatte etwas Wichtiges vergessen: Erst mal musste sie wieder gesund werden! Also verkroch sie sich in der Decke und ruhte noch ein wenig. Sie wartete, bis Misaschi im Bad fertig war, und dann einen neuen Kamillentee aufbrühte. Vor lauter Vorfreude leckte sich Chiyo die Lippen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RayDark
2005-07-24T21:41:46+00:00 24.07.2005 23:41
Klasse!
*will wissen, wies weitergeht!*
Dein Schreibstil gefällt mir sehr gut!


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