Es fing alles ganz harmlos an. Von meinen neuen Besitzern, die mich auf dem Blumenmarkt gekauft hatten, bekam ich einen hübschen Platz mit hervorragender Aussicht auf der Fensterbank des Wohnzimmers.
Ich gewöhnte mich schnell an mein neues Zuhause und bereits nach einer Woche hatte ich mit der Stubenfliege des Hauses Freundschaft geschlossen.
Sie war wirklich freundlich zu mir. Da ich nicht die Möglichkeit hatte, mich frei im Haus zu bewegen, erklärte sie sich bereit, mir von allem, was im Haus geschah, zu berichten. Und so erfuhr ich an jedem Tag von einem anderen Zimmer.
Ich war ein wenig neidisch auf die Fliege, konnte sie doch frei herumfliegen, während ich dazu verdammt war, für den Rest meines Lebens im Wohnzimmer zu bleiben.
Die Fliege erzählte mir vom Esszimmer, vom Schlafzimmer und vom Bad, obwohl die Geschichte vom Bad, die die Fliege besonders stark ausschmückte, an manchen Stellen ziemlich unappetitlich war.
Aber gegen das, was noch kommen sollte, was das alles noch harmlos. Am nächsten Tag kam die Fliege wieder vorbei, landete auf dem Rand meines Blumentopfes und erklärte mir, sie werde mir nun von der Küche berichten.
Auf dieses Zimmer war ich besonders gespannt gewesen, kamen doch täglich neue Düfte daraus hervor.
Und so erzählte mir die Fliege von diesem ungewöhnlichen Raum.
Was sie mir schilderte, nahm mir beinahe die Luft zum Atmen. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass die Leute, die hier lebten, und die mir so vernünftig vorgekommen waren, zu so etwas schrecklichem fähig waren.
Die Fliege erzählte mir, in der Küche sei gerade eine Gemüsesuppe gekocht worden. Dazu hätten die Menschen Porree, Schnittlauch, Petersilie, frische Wurzeln und Frühlingszwiebeln kleingehackt und in kochendem Wasser verbrüht!
Ich war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Aus Angst, ich würde das Schicksal meiner Artgenossen teilen müssen, warf ich all meine grünen Blätter ab, damit keiner mehr auf den Gedanken kommen könnte, sie mir auszureißen.
Es war kaum zu glauben, aber von einer Sekunde auf die andere wollte ich nur noch raus aus diesem Haus.
Und mein Wunsch wurde mir sogleich erfüllt. In diesem Augenblick nämlich kam meine Besitzerin ins Wohnzimmer, sah mich verwirrt an und schüttelte den Kopf.
"Na so was", sagte sie, "Die ist doch vorhin noch ganz grün gewesen?!"
Dann hab sie mich aus meinem Topf, schüttelte mir die Erde aus den Wurzeln und ging mit mir die Treppe hinunter nach draußen.
Noch bevor ich mich fragen konnte, wo es hingehen sollte, erfuhr ich es. In wenigen Sekunden würde ich auf dem Müll landen. Meine Besitzerin hatte schon den Deckel zum Mülleimer geöffnet, als ich mit einem flüchtigen Blick hoch zum Fenster sah.
So sah ich die Fliege zum letzten Mal und das breite Grinsen auf ihrem Gesicht war mir nicht entgangen...