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Eden

von

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Neuf

Neuf

~für Jan~
 

Es ist still, als er aufhört zu reden, nur die Palmen rauschen im Wind.

Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll. Was sagt man in so einem Fall?

Und wieso glaube ich überhaupt, was ich da höre?

Ist es diese Insel, die so aussieht, als wäre sie nur aus wagen Erinnerungen entstanden, diese kleinen ,Fehler', die sich hier überall eingeschlichen haben?

Dinge wie die blutroten Steine und der unnatürlich blaue Ozean?

"Igraine."

Idiot. Wieso sollte er auf den Namen hören? Er weiß doch noch nicht einmal, dass ich ihn in Gedanken so nenne. Trotzdem, er sieht mich eine Zehntelsekunde lang an. Dann wendet er sich ab und geht langsam den Trampelpfad zum Strand entlang.

Ab und zu bückt er sich, um etwas Müll aufzusammeln.
 

Er spricht nicht mehr, ich bin knapp davor, zu verzweifeln. Seit dieser verdammten Geschichte hat er keinen Ton mehr von sich gegeben, ganz so, als hätte ihn das Erzählen seine gesamte Kraft gekostet. Es ist anders als damals, als er vom Himmel gefallen ist. Sein Herz ist damals zerbrochen, der Glanz in seinen Augen erloschen. Ich habe alles heil gemacht. Aber jetzt, jetzt gibt es nichts mehr, dass ich heilen kann. Er scheint innerlich tot zu sein.
 

Was soll ich nur tun?

Sag du es mir. Hilf mir, diese künstliche Einsamkeit zu ertragen. Sie ist künstlich, weil ich sie gemacht habe. Seine Nähe und diese gottverdammte Stille machen mich verrückt, also halte ich mich von ihm fern und versuche, ohne ihn zu leben. Es gelingt mir mehr schlecht als recht, denn er fehlt mir. Deshalb lege ich mich jede Nacht wieder zu ihm in die Höhle, obwohl ich mir jeden Tag aufs Neue schwöre, es nie wieder zu tun.
 

Ich liege am Strand und starre in den Himmel. Die Sterne sind in völlig widersinnigen Sternbildern angeordnet, die man so sicher auf keiner Sternkarte findet. Ein weiterer Fehler, einer von vielen. Ich habe in den letzten Tagen einige entdeckt. Die ganze Insel ist ein Sammelsurium von Erinnerungsfetzen und Gesprächen, die Igraine aufgeschnappt hat, dessen bin ich mir mittlerweile sicher.
 

Hat er jemals wirklich das Meer gesehen?

Hat er jemals richtige Speisen gegessen?

Hat er jemals einen Menschen gekannt, der ihn geliebt hat?
 

Mir wird kalt, der Nachtwind hat eingesetzt. Wie still es auf der Insel ist...

Ich muss in die Höhle.

Der Weg dorthin erscheint mir kilometerlang. Was ist nur mit mir los? Gut, ich breche gerade zum wiederholten Mal mein eigenes Versprechen, Igraine in Ruhe zu lassen. Aber warum kann ich meine Füße jetzt kaum noch heben? Ich fühle mich fast so, als würden Bleigewichte an ihnen hängen.
 

Ich werde panisch, als mir die Beine einknicken. Eine Lähmung auf einer einsamen Insel, das fehlt mir gerade noch. Hysterisch keuchend krieche ich weiter auf den Eingang der Höhle zu. Ich weiß, dass der Kleine mir helfen kann, ich muss ihn nur erreichen.
 

Als ich ihn plötzlich vor mir stehen sehe, zucke ich zusammen. Langsam hebe ich den Kopf. Er hat sich vor mich hingehockt und sieht mich mitleidig an. Dann greift er sich ins Haar und zieht eine der perlendurchsetzten Strähnen heraus.
 

"Willst du wissen, was das ist?"
 

Ich wimmere. Was soll das, wieso spricht er plötzlich wieder mit mir?
 

"Das ist ein Kabel."
 

Er zerrt an der Perlenschnur und wickelt sie um seine Hand. Ich traue meinen Augen nicht. Sie hat kein Ende. Immer länger wird das Knäuel um die Hand des Kleinen, bis er schließlich loslässt und sich das Kabel blitzschnell wieder in ihn zurückzieht. Entsetzt stöhne ich auf.

Mittlerweile hat er sich vor mich hingesetzt und meinem Kopf in seinen Schoß gelegt. Zärtlich streicht er durch mein vom Salzwasser und dem ewigen Wind steif gewordenes Haar und murmelt beruhigende Worte.
 

Oder sollte mich erschrecken, was er von sich gibt?
 

"Du bist ein Fehler im System. Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, zu mir zu kommen, aber eigentlich ist das unmöglich..."
 

Ein Fehler im System. Ich? Wie soll ich denn das verstehen? Igraine lächelt, ich weiß und spüre das. Wir sind uns nah und gleichzeitig so fremd, dass es mir fast körperlich wehtut.
 

"Hilf mir... Ich will mich erinnern."

Mehr kann ich nicht sagen, ich kann kaum atmen. Irgendetwas nimmt mir die Kraft. Ist es die Insel oder er selbst, der mich schwächt? Weißt du, ich glaube fast, wenn nicht bald ein Wunder geschieht, werde ich ersticken. Seltsam, dass ich in all der Zeit nie einen Gedanken daran verschwendet habe, was wohl passieren könnte, wenn ich krank werde...
 

"Willst du dich wirklich erinnern?"

Igraines Mund ist an meinem Ohr, ich spüre seinen Atem. Langsam nicke ich.
 

__
 

...

Whatever~
 

spross



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2006-05-31T15:27:51+00:00 31.05.2006 17:27
Ich hatte bei der Szene mit dem Kabel plötzlich einen Staubsauger vor Augen, bei dem man auf den Knopf drückt, und er das kabel automatisch wieder einzieht.
Oje... :)

Bis jetzt hab ich noch keinen Plan, was eigentlich passiert.

LG Aja-san
Von:  Ace_Kaiser
2006-03-20T13:49:11+00:00 20.03.2006 14:49
Hat schon mal jemand mit dir über dein Sadismusproblem gegenüber deinen Lesern geredet?
Args. Three to go.
Von: abgemeldet
2005-06-03T14:26:59+00:00 03.06.2005 16:26
ich liebe diese FF *nick*
So chön verträumt und plätschernd...und dann wieder doch so und weißt du? XD

der Fehler im System...das Kabel am Kopf.....schockierend *nick*

hmm...blubb
Von:  Tsuya
2005-05-31T15:39:13+00:00 31.05.2005 17:39
T_____________________________________T
wie kannst du ejtzt nur aufhören
*heul*
*schluchtz*
*hinter taschentuchberg vergrab*
*snifu*
gemein ;__;
*an ärmel zupf*
weeeiteeeeeeeer!!!!
*fähnchen schwenk*
*ungeduldig mit fuß auf den boden tipp*
>.< schreib weiter
bitteeeeeee
Von:  broetchen
2005-05-31T08:23:32+00:00 31.05.2005 10:23
Hmm... also ehrlich gesagt, möchte ich zu diesem Kapitel noch gar keinen Kommentar abgeben. *am Kopf kratz* Es ist so überraschend wie nichtssagend, und ich bin nicht der Typ für Spekulationen. ^_^;

Es kommt mir allerdings etwas hastiger und unausgereifter vor als die anderen Kapitel. Der Verlauf ist interessant, du weißt - wie gesagt - zu überraschen. Aber die Atmosphäre kam mir nicht so dicht vor wie sonst. Du hast dich vorher immer sehr stark mit seinen Gedanken und Gefühlen beschäftigt, und auch in diesem Teil erhält man ja durchaus Einblicke in die Welt hinter der Stirn des Erzählers. Aber obwohl man merkt, dass er Angst hat und hektisch wird, panisch, kommen diese Gefühle diesmal nicht so nah an einen heran wie in den Kapiteln zuvor.

Das klingt jetzt vielleicht alles etwas wirr, aber vorher hatte ich beim Lesen immer ähnliche Gefühle in der Brust wie der Erzähler. Man spürte die Verwirrung, die Wut oder die Neugier. Hier kommen mir all die Empfindungen tatsächlich zum ersten Mal wie die eines anderen vor. Und das ist eigentlich schade. *knuff*

Aber Neuf hat mir troztdem gut gefallen. Ich bin wirklich gespannt, wie du das alles enden lässt, und wer von den beiden nun wirklich das Versuchskanninchen ist - er selbst oder Igraine - und wer das System. Oder spielen beide noch eine ganz andere Rolle? ^_^ Lassen wir uns überraschen. *hehe*
Von:  zoechan
2005-05-28T21:14:03+00:00 28.05.2005 23:14
>Und wieso glaube ich überhaupt, was ich da höre?
Naja... ich denke mal, weil es mehrere Hinweise gibt, die darauf hindeuten dass die Geschichte da sehr logisch wäre?...

>Er scheint innerlich tot zu sein.
Ich hoffe dass das nur so zu sein scheint~ *Zombiealarm* X__X

>Sag du es mir.
Noch immer diese Selbstgespräche?

>Sie ist künstlich, weil ich sie gemacht habe
Ja... allerdings *zustimm*. Schon komisch,dass er Hilfe braucht etwas zu ertragen was er selbst erschaffen hat *am-Kopf-kratz*... verwirrend. Aber... er war es wohl nicht allein, durch den diese einsamkeit entstanden ist oder? Igraine versucht sich doch von ihm... abzuschotten, durch dieses Schweigen.. oder so. Oder vielleicht will er ihm einfach nur Zeit zum Nachdenken geben? Was weiss ich...

>in völlig widersinnigen Sternbildern angeordnet, die man >so sicher auf keiner Sternkarte findet.
Hätte mich auch gewundert wenn dem so wäre...

>Hat er jemals einen Menschen gekannt, der ihn geliebt hat?
Ich glaube das ist eine... sehr wichtige Frage.

>Igraine in Ruhe zu lassen.
Naja... es ist manchmal schwer menschen in Ruhe zu lassen die man mag... (ich komme mir dann immer vor wie so'n überflüssiges anhängsel..). Und noch viel schwerer wahrscheinlich, wenn das der einzige Mensch ist mit dem man überhaupt kontakt hat.

>Eine Lähmung
hm~... ich frage mich nach dem Grund. Wahrscheinlich ist Igraine der Grund, somehow.

>Hysterisch keuchend
Irgendwie.. strange, dieser Ausdruck.

>Immer länger wird das Knäuel um die Hand des Kleinen, bis >er schließlich loslässt und sich das Kabel blitzschnell >wieder in ihn zurückzieht.
Diese Beschreibeung (oder was auch immer) finde ich ja irgendwie... ziemlich genial. Und.. diese Kabel... das sagt schon viel aus ö__ö

>Du bist ein Fehler im System.
So etwas sagt er, während er ihm zärtlich über den Kopf streicht?
Also.. ich würde das ja mal ganz spontan so deuten, dass igraine ihn mag /also, seine Anwesenheit/, obwohl er ja eigentlich ein Fehler ist?

>Wir sind uns nah und gleichzeitig so fremd, dass es mir >fast körperlich wehtut.
*Mitfühl* U__U

>"Willst du dich wirklich erinnern?"
naja... wollen, weiss nicht. Er hat ja nicht wirklich eine Anhung was auf ihn zukommt. Aber er muss sich wohl oder übel erinnern glaube ich. Irgendwann wird er müssen.

>Whatever~
XD
Von:  YU-Rl
2005-05-28T16:08:55+00:00 28.05.2005 18:08
also die szene mit dem kabel find ich n bissl merkwürdig xD
nya...er ist ein fehler im system?? Ô___o
aha. wie man sich da wohl fühlt, wenn einem das gesagt wird??

irgendwie bin ich jetzt noch neugieriger als sonst. +drops*
los, schreib weita!
*keks geb* *anchu*
Von:  Zimbl
2005-05-28T09:37:11+00:00 28.05.2005 11:37
>>>Deshalb lege ich mich jede Nacht wieder zu ihm in die Höhle, obwohl ich mir immer wieder schwöre, es nie wieder zu tun.

;___; *sigh*

>>>"Das ist ein Kabel."

O_O

>>>Du bist ein Fehler im System.

Aha, die Technik hat sich selbstständig gemacht? Oder er wurde erschaffen, aber sie haben sich nicht die Mühe gemacht, ihm eine komplette Vergangenheit zu erschaffen. Da ist nichts, woran er sich erinnern könnte, weil da nichts ist. ... Fiel mir nur spontan ein. ^^° Ach möh, ich will endlich aufgeklärt werden. >__< Nein, über Bienchen und Blümchen weiß ich bescheid. XD Möh... *an-Spross-zerr*

Ich mag die Geschichte wirklich sehr, aber die Unwissenheit macht mich hibbelig. >___> Ich würde sie gern mal komplett am Stück lesen mit Ende. Gedulden werd ich mich bis dahin.


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