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Attemptare

(Der Weg zurück)
von

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Der Weg zurück

Es hatte aufgehört zu regnen, doch die Wolkendecke ließ das dünne Licht des Mondes nicht durch. Nur das gelbliche Hell der Straßenlaternen kleckerte helle Flecken auf den Asphalt.

Der Wind blies die kalte Herbstluft durch die Bäume und entriss ihnen die letzten Blätter, die er wie Rinder vor sich hertrieb und umherwirbelte, bevor sie müde auf den Boden sanken, und dort durch die Nässe wie angeheftet liegen blieben.

Tyson, ein junger Mann von 20 Jahren zog sich seinen Mantel enger an den Körper um dem Wind keine weitere Möglichkeit zum Luftaustausch zu bieten. Es war ja so schon kalt genug.

Wenigstens hatte er es noch rechtzeitig geschafft sich vor dem Regen unterzustellen.

Und glücklicherweise hatte der Schauer auch nicht lange angehalten, sodass er, wenn er sich jetzt beeilte es noch rechtzeitig schaffen würde zu seiner Verabredung zu kommen.

Schnell und leichtfüßig sprang er über die großen Wasserlachen, die sich auf der verlassenen Straße gebildet hatten.

Er bog um die Ecke auf die nächste Straße ein und hielt an.

Schnell schob er seinen Ärmel hoch und hielt das Zifferblatt der Armbanduhr ins Licht der Laterne.

Würde er jetzt der Straße folgen, könnte es sein, dass er doch die eine oder andere Minute zu spät kommen würde, wenn er aber den schlecht beleuchteten Weg durch den Park nehmen würde, hätte er sich einiges an Weg erspart.

Er überlegte kurz, bevor er seine Schritte Richtung Park lenkte.

Doch nach einigen Metern bereute er die Entscheidung, in Anbetracht der durch den Schlamm nun verschmutzen Schuhe und Hosenbeine.

Aber um wieder kehrt zu machen war es nun zu spät, also lief er weiter.

Die vereinzelten Laternen des Parks warfen nicht viel Licht auf den Weg, sodass er sich einzig und allein auf seine Erinnerungen verlassen musste.

So schwierig war der Weg ja eigentlich auch gar nicht zu merken. Es ging immer geradeaus, bis der Platz mit dem großen Brunnen kam, dort musste er nach rechts zum Kinderspielplatz abbiegen und den Rest des Weges konnte man von dort aus gut sehen.

Tyson lauschte angestrengt um das Plätschern des Brunnens auszumachen.

Ein freudiges Lächeln schlich sich auf seine Lippen als er endlich das erhoffte Geräusch vernahm und darauf zu lief.

Der Brunnen war der Mittelpunkt des Parks.

Der äußere Rand war aus weißem Stein und für einen Erwachsenen nicht mehr als eine etwas höhere Treppenstufe. Dementsprechend war das Wasser auch nicht tief und der Jugend machte es besonders viel Spaß im Sommer hier her zukommen um zu spielen und sich abzukühlen.

Zum Winter hin wurde der Brunnen größtenteils abgestellt, sodass nur noch die kleinen Wasserspiele ihre Arbeit verrichteten.

In der Mitte des Brunnens stand eine Art Objekte. Was dieses Objekt darstellen sollte weiß hier keiner so genau. Von den älteren Leuten wurde es einfach nur als „Moderne Kunst“ abgetan.

Aber von den Liebenden wurde es als das verschlungene Herz bezeichnet. Denn wenn man aus einem bestimmten Winkel auf das Objekt blickte konnte man ein Herz erkennen, so sagten sie.

Tyson hatte es sich auch mal zeigen lassen, jedoch brauchte man sehr viel Fantasie um in dem Wirr-Warr aus Edelstahlbändern eine Herzform erkennen zu können.

Endlich konnte der junge Japaner die Umrisse des Brunnens ausmachen.

Er beschleunigte seine Schritte wieder und lief schnell darauf zu.

Doch etwas war dieses mal anders als sonst.

Er blieb stehen. Auf dem Rand saß zusammengekauert eine dunkel gekleidete Gestalt und bewegte sich nicht.

Neugierig schritt Tyson auf die Gestalt zu.

Als er näher kam konnte er sich nicht erklären, wie er das heftige Zittern und Schluchzen nicht schon viel früher hatte sehen können.

Die Person hatte ihn noch nicht bemerkt, da sie das Gesicht zwischen den angezogenen Beinen vergraben hatte und sich mit den Händen krampfhaft an den Hosenbeinen festhielt.

Der schwarze lange Mantel glänzte vor Nässe und der Saum hing hinter ihm ins Wasser des Brunnens, was den Anblick nur noch bizarrer machte.

Doch dann riss Tyson die Augen auf und konnte ein verwundertes Aufkeuchen nicht unterdrücken.

Der Graublaue Schopf kam ihm einfach zu bekannt vor.

„Kai?“, fragte er zaghaft und beugte sich zu ihm runter.

Von der plötzlichen Stimme erschrocken hörte er augenblicklich auf zu zittern und riss den Kopf in die Höhe.

„Was ist passiert?“, fragte Tyson besorgt als er die vom Weinen angeschwollenen Augen und das schmerzverzerrte Gesicht sah.

„Tyson?“, entgegnete ihm Kai mit einer tonlosen Stimme, in der eine Mischung aus Trost und Hoffnung mitschwang.

Schnell setzte sich Tyson neben Kai und ergriff seine Hand.

„Kai, bitte erzähl mir was los ist?!“, sagte er bestimmt „Du sitzt doch nicht ohne Grund hier, weinst, bemerkst nicht was um dich herum ist und lässt dich letztendlich auch noch nass regnen!“

Kai wandte seinen Blick wieder ab und biss sich af die Lippen.

„Bitte, sag mir doch was los ist, Kai! … Wir sind doch Freunde!… oder nicht?

Hat es etwas mit deiner Arbeit zu tun?“, harkte er weiter nach, doch Kai reagierte nicht.

„Wurdest du gefeuert? Hat man dir das Gehalt gekürzt?... Oder ist etwas mit der Wohnung?... Will euer Vermieter euch tatsächlich rausschmeißen wegen der Katze?...“

Immer noch keine Reaktion von Kais Seite.

„Streit mit Ray?“

Schlagartig verkrampfte sich Kais Körper und seine Augen füllten sich wieder mit Tränen.

Tyson seufzte.

Bislang hatte er immer geglaubt, dass Kai und Ray ein Paar wie aus dem Bilderbuch waren.

Sie waren nun schon seid mehr als 4 Jahren zusammen, hatten eine eigene, riesige Wohnung, eine Katze, zwei Autos, jeder einen Job und fanden trotzdem immer wieder Zeit für einander um irgendetwas zu unternehmen.

Doch offenbar gab es so etwas wie ein Bilderbuch Pärchen nicht, denn dies war offensichtlich kein normaler Streit mit Ray, da er Kai noch nie so aufgelöst gesehen hatte.

„Kai, erzähl mir bitte was passiert ist!“, flehte er mit sanfter, ruhiger Stimme.

Doch Kais Miene verzog sich wieder und man sah, dass er kurz davor war wieder los zu heulen.

„Kai, bitte!“, forderte Tyson ihn noch einmal, etwas eindringlicher auf.

„Ich weiß doch nicht was ich getan habe“, jammerte der Graublauhaarige und verbarg sein Gesicht wieder zwischen den Knien.

„Was ist passiert?!“, wiederholte Tyson noch einmal.

Kai schluchzte.

„Ich weiß es doch nicht!“, heulte er.

„Und weshalb weinst du dann?“

Schlagartig hörte Kais Tränenfluss auf zu fließen.

„Als ich vorhin von der Arbeit zurück gekommen bin, …ich hatte für Ray noch einen Strauß Blumen gekauft und bin dann nur eine halbe Stunde später als sonst nach Hause gekommen,… also, als ich die Tür aufschloss und rein ging, da saß Ray am gedeckten Tisch und …“ er schluckte „… und er war wütend…“

Langsam hob Kai den Kopf und sah in Tysons Gesicht. „Ich habe ihn noch nie so wütend gesehen“, sagte er und schaute wieder weg.

„Als er mich sah, ist er auf mich zugekommen, hat mir den Strauß aus der Hand gerissen und ihn auf den Boden geworfen, bevor er mich angeschrieen hat“

Tyson hob den Arm und legte ihn beschwichtigend auf Kais Schultern, denn er konnte sehen, dass Kai wieder kurz davor war abzubrechen.

„Was hat er denn gesagt?“, flüsterte er mitfühlend.

„Er… er hat gefragt, ob ich es nicht für nötig halten würde pünktlich nach Hause zu kommen, oder anzurufen wenn es später werden würde.

Er würde sich hier abrackern, das Essen fertig machen und ich würde mich nicht im Geringsten darum kümmern. Mir wäre es scheißegal. Ich solle mich gefälligst verpissen und wieder mit meiner Sekretärin rummachen“, er brach ab.

„Das hat er wirklich gesagt?“, harkte Tyson nach, doch Kai nickte nur heftig mit dem Kopf.

„Und du weißt absolut keinen Grund, warum er das gesagt hat?“

Verneinend schüttelte er den Kopf.

„Ich weiß nicht woher er das alles hat. Ich habe noch nicht einmal mehr eine Sekretärin… Aber in letzter Zeit wurde er immer schweigsamer und irgendwie… seltsam…“

Plötzlich klingelte es.

Erschrocken ließ Tyson von Kai ab und griff in seine Tasche.

Er zog ein Handy daraus hervor und las auf dem Display: „Max“

Schnell nahm er den Anruf an.

„Max?“

Kai bewegte sich nicht und starrte weiterhin den Erdboden an.

„Das ist nicht nötig, ich habe ihn schon gefunden…“

Tyson schwieg und strich währenddessen immer wieder besänftigend über Kais Rücken. Kai starrte den Boden an und ließ ihn gewähren.

„… ja klar… ja ich werd in ein paar Minuten da sein… ja, ja, bis gleich, tschü!“

er legte auf und steckte das Handy zurück an seinen Platz.

Dann wandte er sich wieder Kai zu.

„Also Kai, wir gehen jetzt zusammen zurück! Max hat mit Ray bereits gesprochen und er glaubt, dass es da ein kleines Missverständnis gab“

Kai gab mit einem leichten Nicken sein Einverständnis und ließ sich von Tyson hoch ziehen.

Langsam verließen sie nun den Park und gelangten auf eine asphaltierte Straße. Die leise verhallenden Schritte der beiden waren die einzigen Geräusche, die man hier vernehmen konnte.

Tyson beschlich plötzlich das Gefühl, er würde als Henker einen seiner besten Freunde, der mit hängendem Kopf neben ihm hertrottete, zum Richtplatz führen. Ihm kamen, die Worte, die Kai von Ray um die Ohren gehauen bekommen hatte, wieder in den Sinn.

Max hatte ihm zwar nicht erzählt worum es nun genau ging, aber Tyson konnte sich denken was da vorgefallen war. Diese eifersüchtige Frau, die sich Hals über Kopf in Kai verliebt hatte, stiftete damals schon viel Unruhe, gewiss hatte sie auch dieses Mal ihre Finger mit im Spiel. Das Schlimme daran war aber, dass sie nun damit beinahe durchgekommen wäre. In seinen Manteltaschen ballte Tyson seine Hände zu Fäusten. Sollte diese Frau sich noch einmal irgendwo blicken lassen würde er ihr den Hals umdrehen.

Ein leichter Wind kam auf.

Durch die Nässe kühlten Kais schmerzende Glieder schnell ab. Er fror.

Hatte Max mit Ray gesprochen und ihn davon überzeugt, dass das alles gar nicht stimmte?

Oder wollten sie ihn nun gemeinsam endgültig rausschmeißen?

Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Seine Kehle fühlte sich trotz der Kälte heiß und trocken an.

Seine Augen füllten sich seltsamerweise nicht mit Tränen.

Aber er spürte wie seine Beine steif wurden und sich immer schwerer bewegen ließen.

Jeder seiner Schritte echote tausendmal in seinen Ohren und Gedanken wieder. Das Wasser der Pfützen, durch die er schritt sog sich im Stoff der Hosenbeine hoch und schlich sich durch die Ritzen in seine Schuhe. Es fühlte sich kühl und tröstend an.

Es schien ihn in einer Umarmung nach unten ziehen zu wollen. Nach unten in die Pfütze. Um ihn gänzlich zu umarmen?

Dort am Grund der Pfütze lag das rote und gelbe Laub der Bäume.

Man hatte es ausgesaugt, bevor man sie abwarf. Dann hatte das Regenwasser sich ihrer angenommen.

Plötzlich spürte ereine wärmende Hand auf seinem Rücken. Erschrocken blickte er auf.

Sie waren stehen geblieben. Das Holz der Tür hatte sich vom Regen dunkel verfärbt. Der Wind hatte sich gelegt und selbst das schmatzende Geräusch seiner Schritte war verstummt. Es war totenstill. Alles hielt den Atem an.

Plötzlich flackerte ein Licht im Inneren auf. Jemand kam.

Seltsam das Pochen seines Herzens hatte er bislang noch nie so bemerkt, jetzt plötzlich wurde es lauter. Und immer lauter. Hitze stieg in ihm auf, das Pochen dröhnte in seinen Ohren.

Ein Schlüssel drehte sich um Schloss.

Das Pochen verstummte. Sein Atem setzte aus und alles war wieder still.

Die Tür wurde geöffnet.

Licht sickerte durch, legte sich wärmend auf seine Füße.

Ray stand vor ihm. Blickte ihm aus traurigen Augen an.

„Es tut mir Leid, Kai“

Ein Blatt fiel vom Baum.
 

~~~~~ Ende ~~~~~
 

Nicht sonderlich spektakulär, eigentlich wollte ich nur ein bisschen mal rumprobieren, zeigen wollt ichs euch trotzdem mal ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Shunya
2007-04-07T23:45:12+00:00 08.04.2007 01:45
Ich fand die ganze Geschichte gar nicht mal so schlecht. Aber einen weinenden Kai kann ich mir trotzdem beim besten Willen nicht vorstellen. ^-^
Aber mich hätte ja noch mal interessiert was es mit dieser unbekannten Frau auf sich hatte und ob sie wirklich schuld an dem Streit zwischen Kai und Ray war.
Ansonsten fand ich die Geschichte echt gut. Mach weiter so!!!
Von:  Vergangenheit
2006-07-15T12:50:27+00:00 15.07.2006 14:50
Was soll ich sagen, eine schöne Story, wenn auch ein wenig verworren, da wir zwar Kais Spekulationen über den Hintergrund von Reis Ausbruch kennen, aber nicht wissen, ob dem auch so war.

Ein schöner Ansatz, allerdings hätte ich mir noch eine Versöhnungszene gewünscht oder überhaupt ein etwas ausführlicheres Ende, es war mir ein wenig zu abrupt.

ByeBye
BlackSilverLady


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