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Angel wings

von

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Sie ging über die Straße, ohne nach den Autos zu sehen. Ein fast selbstmörderisches Verhalten, denn sie beschleunigte ihren Schritt nicht, drehte nur den Kopf zu mir und sah mich an, die Hände in den Taschen ihres schwarzen Mantels, einen sonderbaren Ausdruck in den Augen, dann drehte sie den Kopf nach vorn und ging weiter und erst da dachte ich daran, zu bremsen.

Später sah ich sie wieder. Sie kam aus einem Geschäft, rief jemandem darin noch lächelnd etwas zu und trat dann auf die Straße. Ihr Mantel war offen und ich sah ihr knappes schwarzes Oberteil und die schwarze Lederjeans, die sie trug. Ein Junge oder junger Mann folgte ihr. Sein Haar war schwarz, während ihres nur dunkler gefärbt war. Er trug schwarz wie sie, Ledermantel und schwarze Hose, mehr sah ich nicht. Sie liefen an mir vorbei, beachteten mich nicht. Er schien ihre Hand ergreifen zu wollen, aber sie zog sie weg und streckte sie in die Tasche. Er verzog das Gesicht kurz, aber dann lächelte er weiter. "Was machst du hier?" hörte ich ihn fragen. "Warten", antwortete sie lapidar. Er schwieg eine Weile lang, dann fragte er weiter: "Und auf wen?" "Auf meinen Freund", sagte sie und er zuckte leicht zusammen. "Aha..." Sie schien es nicht zu merken oder wollte es nicht. "Und warum läufst du dann allein durch die Stadt?" fragte er als nächstes, doch sie konnte nicht mehr antworten.

Ein paar Motorräder rauschten vorbei und eines hielt plötzlich mit quietschenden Reifen. Er sah sich kurz um, sie reagierte nicht. Ich sah den Fahrer in Lederjeans und Lederjacke seinen Helm abnehmen und unwillkürlich schauderte ich. Mir wurde schlecht, aber ich wusste noch nicht, warum.

"Ally", sagte er mit einer Stimme, die mir irgendwie bekannt vorkam, aber ich konnte - oder wollte? - sie nicht einordnen. Sie blieb aber so plötzlich stehen, dass der Junge noch einige Schritte weiter ging, bevor er das registrierte. Dann drehte sie sich langsam um und ihr Gesichtsausdruck wechselte von Entsetzen über Schock bis zu Resignation und sie ging langsam auf ihn zu. "Was willst du hier?" fragte sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte. "Willst du deinen Freund da so stehen lassen?" fragte der auf dem Motorrad etwas lauter und sie sagte laut genug, dass der Junge es auch verstand: "Nicht mein Freund, nur ein Bekannter." Sie drehte sich nicht mal nach ihm um. Der Junge musterte die beiden noch eine Weile, dann ging er und verschwand nur Augenblicke später im Getümmel.

"Was willst du?" hörte ich sie erneut fragen. Diesmal antwortete er: "Ich wollte dich sehen. Das weißt du doch noch?" "Du kommst spät", sagte sie leise. "Zu spät?" Sie nickte. "Viel, viel zu spät." "Hätte ich noch eine Chance?" fragte er leise und kam ein Stück näher zu ihr. "Wozu?" sie wirkte verwirrt und misstrauisch auf mich, doch er lächelte, als wüsste er mehr als ich. "Du wolltest die Chance nicht, die ich dir damals gegeben habe, also warum willst du sie jetzt? Warum glaubst du, ich würde sie dir geben?" Sie wirkte wie in Trance, sah weder ihn, noch sonst jemanden an, sondern starrte mehr auf den Boden ins Leere.

"Ich liebe dich", flüsterte er und ich hörte es nur, weil ich direkt neben ihnen stand, nahm sie in die Arme und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. "Ich liebe dich", wieder holte er leise, hob ihr Gesicht mit dem Finger an, um ihr in die Augen zu sehen und senkte seine Lippen zu ihren herab, "mein Engel", sagte er noch und wollte sie küssen, aber plötzlich riss sie sich los, trat zurück und sah ihn an, als wäre sie aus einem Traum erwacht. "Nein", flüsterte sie und sagte dann fester, als er wieder zu ihr wollte, "Nein." Sie verschränkte die Arme und ihr Gesicht wirkte wie aus Stein. "Nein, ich bin schon lange nicht mehr dein Engel. Ich bin ein Dämon. Und ich gehörte nur mir selbst." Dann drehte sie sich um und ging weiter. Die Straße entlang, ein Auto hupte, als sie desinteressiert an ihm vorüber über die Straße ging und dann war ich neben ihr.

"Nur dir selbst?" fragte ich sie und hörte sie leise lachen. "Und dir, mein Engel", sagte sie und lächelte mich an. Die Leute gingen um uns herum, gesichtslos, wie wir ihnen vorkamen, und hinter uns spürte ich seinen Blick auf meinem Rücken. Irgendwann das Dröhnen des Motors, als sein Motorrad an uns vorbei rauschte. "I see angel wings on your shoulders", murmelte sie neben mir und ich sah eine kleine Träne über ihre Wange rollen, wollte sie wegwischen, aber sie tat es selbst und lächelte mich beinahe wild und fröhlich an. "Du musst sie verstecken, sonst erkennen sie dich." Ich lächelte zurück, legte meinen Arm um sie, drückte sie an mich und einen Kuss auf ihre Wange. "Und irgendwann bringe ich dir bei, zu fliegen..."
 

Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2002-08-23T17:12:02+00:00 23.08.2002 19:12
Klasse! Jedes weitere Wort wäre der Geschichte unwürdig!
Von: abgemeldet
2002-07-19T10:11:25+00:00 19.07.2002 12:11
@ Lion_of_Mercury

ich hab einen Engel. und er war IMMER bei mir. und wird es immer sein.
Von: abgemeldet
2002-06-30T16:34:06+00:00 30.06.2002 18:34
Man kann es sich richtig lebensecht vorstellen.
Weiter so!
Von:  Lion_of_Mercury
2002-05-21T10:40:15+00:00 21.05.2002 12:40
Auch wenn jetzt alles vorbei ist...

Ein Engel wird dich immer begleiten....

machs gut,

und vergiss mich nicht...


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