Farben
Hide saß zitternd im Auto des Footballtypen. Sie standen auf einer Wiese voller Autos, in denen Jugendliche saßen und Händchen hielten. Der Mond schien auf beide herab und der Footballtyp griff schüchtern nach hide´s Hand. Als er sie erstmal hatte, hielt er sie fest und starrte wieder geradeaus zur Windschutzscheibe. Hide fühlte sich sehr unwohl. Er hatte nicht damit gerechnet das sie zu so einem Platz fahren würden. Und er konnte nicht glauben das es beim Händchen halten blieb. Er war früher auch nicht so gewesen, in ca. 10 Minuten würden sie wahrscheinlich anfangen sich zu knutschen und dann würde bei ihm die Sicherung durchbrennen. In seinen Phantasien flog der Typ bereits durch die Scheibe und blieb reglos liegen. Hide wollte sich nicht begrapschen lassen und auch kein Zungengefecht mit diesem Schleimer ausführen. Eigentlich war es auch alles Pata´s Schuld. Wenn der bloß nicht diese bekloppte Serie geguckt hätte! Als nach 10 Minuten immer noch nichts passiert war, schaute hide sich neugierig um. In allen anderen Autos saßen die Jugendlichen auch nur rum und taten nichts. Das ganze war doch sehr merkwürdig, nach hide´s Geschmack sahen die Mädchen zwar zu brav aus aber das war noch lange kein Grund sie nicht zu begrapschen. Er konnte die Typen einfach nicht verstehen, wozu kamen sie denn an so einen Ort wenn dann nichts passierte? Wollten sie sich wirklich nur den Mond anschauen? Hide drehte sich wieder richtig hin und schaute den Footballtypen an, dieser hielt immer noch teilnahmslos seine Hand fest.
"Sag mal, was genau machen wir hier?"
Der Footballtyp schien aus seiner Trance zu erwachen und drehte schüchtern seinen Kopf in die Richtung aus der er den Ton vernahm.
"Wir halten Händchen, so wie alle anderen auch..."
"Oh ...du willst mir aber nicht sagen das du das wörtlich meinst, oder?"
"Ich verstehe nicht..."
"Na das ist doch ganz offensichtlich, ich meine wann fangt ihr an zu knutschen? Wann schreit das erste Mädchen ihren Typen an? Warum behaltet ihr eure Hände an eurem Körper? Die müssten schon längst unter dem nächsten Rock verschwunden sein! Was ist das hier für eine prüde, kranke Welt? Hast du denn noch nie Sex gehabt?"
Etwas betroffen über hide´s Ausbruch, duckte sich der Footballtyp in seinen Sitz. Es sah so aus als wenn er gleich im Boden versinken würde. Hide hatte mit seiner Predigt alle Blicke auf sich gezogen und plötzlich waren sie gar nicht mehr so ungestört auf dem Platz wie vorher. Aus einem anderen Auto weiter vor ihnen, meldete sich ein Mädchen als erstes zu Wort "Was ist Sex?"
Hide blieb der Mund offen stehen und vor lauter Schock starrte er wie hypnotisiert in die Richtung aus der diese Frage kam.
"Kannst du mir mal bitte eine rein schlagen? Ich glaube ich habe einen furchtbaren Alptraum!"
Der Footballtyp regte sich keinen Millimeter, natürlich wusste er nicht was ~ rein schlagen ~ zu bedeuten hatte. In dieser Welt gab es keine absichtliche Gewalt gegenüber anderen Personen. Hide hatte es auch nicht so ernst gemeint wie es klang. Durch eine plötzliche Idee getrieben stieg er aus dem Auto aus und marschierte auf das ferne Auto vor ihnen zu.
Wenn die hier nicht wussten was Sex zu bedeuten hatte dann würde er es ihnen halt zeigen.
Er kam dem Auto immer näher und blieb schließlich vor dem Mädchen stehen. Alle anderen Jugendlichen waren ihm gefolgt und umringten ihn. Lässig lehnte er sich über die Tür des Cabrios. So schlimm sah das Mädchen gar nicht aus.
"Hör zu, kleine. Ich werde dir jetzt was zeigen und ich möchte das du ganz genau aufpasst!"
Langsam beugte er sich ihrem Gesicht entgegen und berührte ihre Lippen mit seinen, das Mädchen zuckte im ersten Moment entsetzt zurück doch dann ließ sie ihn neugierig gewähren. Er schob seine Zunge durch ihre leicht geöffneten Lippen und erforschte ihren Mund. Das Mädchen saß völlig verkrampft auf ihrem Sitz und regte sich nicht. Hide unterbrach seine Lehrstunde um ihr zu sagen das sie mit ihrer Zunge genau das gleiche machen müsste wie er. Und dann folgte Versuch 2, der viel besser funktionierte als er gedacht hätte. Nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte sahen ihn alle völlig fasziniert an. Sofort wurde er mit Fragen bestürmt.
"Dürfen das nur Mädchen untereinander machen?"
"Nein, das kann jeder machen der das will!"
"Und wie nennt man das?"
"Ich würde sagen, Knutschen..."
"Kannst du mir auch zeigen wie das geht?"
"Langsam, langsam... ich geh halt ein paar mal rum... stellt euch an!"
Vor ihm standen Jungen wie Mädchen an und warteten darauf das sie an die Reihe kamen.
Hide wollte keinen Jungen küssen und deshalb machte er einen weiteren Vorschlag.
"Hört mal, ich möchte das sich nur die Mädchen hier anstellen... aber keine Sorge, die Mädchen zeigen es dann den Jungen, okay?"
Ein einstimmiges ~ Ja ~ war aus der Menge zu vernehmen. Alle Jungen traten wieder aus der Schlange hinaus und warteten abseits darauf das die Mädchen dann zu ihnen kamen.
Das ganze funktionierte prächtig, für hide schien diese Welt doch noch zu einem Traum zu werden. Klar, bis jetzt waren sie alle noch unerfahren und eigentlich stand er mehr auf erfahrene Frauen, aber schließlich folgte nach unerfahren automatisch irgendwann das erfahren! Nachdem die Schlange sich gelöst hatte blieb nur noch der Footballtyp weiter abseits stehen. Er hatte kein Mädchen abbekommen, seine Freundin beschäftigte sich damit alle anderen Mädchen zu küssen, statt ihn. Als hide endlich fertig war mit seiner Show, kam der Footballtyp auf ihn zu geschlürft und streckte seine Arme aus. Er wollte sich nun auch einen Kuss abholen. Bei hide schrillten die Alarmsirenen und eher er sich versah schnellte seine Faust nach vorne und traf den armen Kerl mitten aufs rechte Auge.
"Lass diesen scheiß, ich werde dich nicht küssen! Such dir eine andere aus!"
Völlig verwirrt, entsetzt und verletzt blieb der Footballtyp vor ihm stehen und zitterte. Die ersten Tränen rannen ihm über die Wangen. Hide hatte gerade einen folgenschweren Fehler begangen. Nicht nur das er diese Welt mit Gewalt konfrontiert hatte, nein, es flossen auch zum erstenmal in der Geschichte von Pleasantville Tränen. Dies hatte zur Auswirkung das Pleasantville ein Stück weiter in die reale Zone gerückt war.
Zur gleichen Zeit im Dinners:
Toshi lief völlig verzweifelt zwischen den zehn Tischen hin und her. Alle wollten etwas von ihm, er fühlte sich ausgelaugt und hilflos. Während Pata immer noch seinen Kopf auf dem Tresen zu liegen hatte und schon eine dünne Sabberspur aus seinem Mundwinkel ran.
Yoshiki und Taiji beobachteten Toshi amüsiert und ab und zu machten sie auch noch ihre Witzchen über ihn. Niemand der vier wunderte sich wo hide so lange blieb. Taiji starrte immer noch in sein drittes Soda- Wasser, krampfhaft versuchte er das Glas zu beschwören. Konnte sich das Wasser nicht einfach in klaren Schnaps verwandeln? Warum hatte er keine magischen Fähigkeiten? Oder hatte er sie vielleicht und wusste nur nichts davon? Er nahm einen Schluck aus dem Glas und musste zu seinem Bedauern feststellen das es sich nicht verwandelt hatte. Yoshiki schaute zu seiner rechten aus dem Fenster. Die Bürgersteige waren völlig leer, kein einziges Auto und auch kein Mensch. Vereinzelt beleuchtete Fenster ließen Leben hinter sich vermuten. Wenn Yoshiki in Gedanken die Strassen aus Tokyo mit diesen hier verglich, überkam ihn endloses Heimweh. All der herrliche Rummel in Tokyo und die Gerüche von Essen, viele bunte Leute und das Geschrei von kleinen Kindern. Nichts von alledem würde es hier, in dieser Welt, jemals geben. Erst wenn einem das Zuhause weggenommen wurde, lernte man es zu schätzen. Yoshiki ließ seinen Kopf aus Verzweiflung, genau in dem Moment, auf den Tisch knallen, als auch hide seine Gewalt anwendete. Taiji schreckte bei dem Geräusch hoch und hätte um ein Haar sein Wasser über den Tisch gegossen.
"Bist du bekloppt? Sag gefälligst bescheid bevor ich wegen dir noch einen Herzinfarkt bekomme!"
"Sorry... es ist nur so das ich es nicht mehr aushalte."
Besorgt ließ Taiji seinen Blick über Yoshiki gleiten, so fertig war er noch nicht oft gewesen. Der Blick wanderte über Yoshiki´s dünne Arme bis zu seinen ausgestreckten Händen. Sie ruhten friedlich auf der Tischplatte. Aber irgend etwas in diesem Bereich seines Blickwinkels zog ihn förmlich magisch an. Taiji kam nicht gleich darauf was es war, aber etwas hatte sich verändert. Fieberhaft zermarterte sich Taiji sein nüchternes Hirn. Er ließ den Blick noch einmal ganz genau über die Hände von Yoshiki gleiten und da sprang ihm die Veränderung mit aller Wucht ins Auge. Es war der Fingernagel von Yoshiki´s kleinem Finger. Freudestrahlend und völlig neben sich stehend sprang Taiji wie ein irre gewordener Flummi in die Lüfte. Yoshiki nahm nun doch noch seinen Kopf vom Tisch und sah sich Taiji an. Hatte dieser nun völlig den Verstand verloren? Zuviel Soda- Wasser getrunken? Oder vielleicht noch immer einen Schaden vom Häkelladen? Taiji hüpfte auf und nieder und auf und nieder und richtete dabei die ganze Zeit, seinen Zeigefinger auf Yoshiki.
"Yo-chan, Yo-chan, ein WUNDER ist geschehen! ES IST EIN WUNDER...."
Yoshiki kam sich gerade wie im falschen Film vor, zugegeben befand er sich ja wirklich dort. Also sollte er diesen kindischen Ausbruch von Taiji vielleicht als normal abstempeln und sich einfach keine Gedanken mehr darum machen. Pata schaffte es ja auch irgendwie, die Welt um sich herum zu vergessen und in einen Jahrtausend Schlaf zu fallen. Aber Taiji hörte gar nicht mehr auf zu hüpfen und sagte immer das gleiche. Yoshiki wollte nicht das zuviel Aufmerksamkeit auf Taiji gelenkt wurde und so fragte er voller Ungeduld:
"Was um Himmelswillen geht in deinem kranken Kopf vor?"
"EIN WUNDER! ER IST LILA!"
Yoshiki konnte mit diesem scheiß absolut nichts anfangen. Er kam sich gerade verarscht vor, wahrscheinlich hätte er genauso gut mit einem Elefanten sprechen können.
"Was soll dieser scheiß? Kannst du bitte damit aufhören hier durch die Gegend zu hüpfen?"
"ABER DEIN NAGEL! SIEH NUR, ER IST LILA!"
Oh man, das war doch nicht gleich ein Grund völlig auszuflippen. Natürlich war sein Nagel Lila, er hatte sich auch vor einer Woche die Nägel in dieser Farbe lackiert!
"KEIN WUNDER, ich hab sie mir in dieser Farbe lackiert!"
Nun hörte Taiji urplötzlich auf durch die Gegend zu hüpfen. War sein geschätzter Freund und Produzent wirklich so dämlich? Hatte er denn immer noch nicht bemerkt das es hier keine Farben gab? Ein neuer Gedanke zerriß Taiji´s Gehirn förmlich, konnte es sein das Yoshiki an grauem Starr litt? Taiji hatte nicht wirklich eine Ahnung ob Yoshiki dann alles grau sehen würde oder nicht, aber denkbar wäre es!
"Yoshiki, schau dir mal deinen Finger an! Eigentlich ist diese verfuckte Welt grau aber dein hässlicher, kleiner Finger ist plötzlich LILA!"
Erst jetzt hatte Yoshiki begriffen was Taiji ihm die ganze Zeit versuchte zu sagen. Er starrte wie ein großes Kind auf seinen farbigen Nagel und konnte es nicht fassen. Sofort sah er sich im Raum um und untersuchte seine restlichen Hände. Er hatte die Hoffnung, noch etwas farbiges an sich oder im Raum zu finden, aber dem war nicht so.
"Wie ist das passiert?"
Yoshiki verstand die Welt nicht mehr aber eins war ihm klarer als je zuvor. Vor ein paar Minuten war sein Nagel noch definitiv grau gewesen. Irgend etwas das er getan hatte musste dieses Wunder ausgelöst haben. Yoshiki dachte immer zuerst an sich selbst, deshalb kam er auch nicht auf die Idee das er absolut gar nichts dazu beigetragen hatte.
"Taiji? Was habe ich in den letzten zehn Minuten gemacht?"
"Hm... weiß nicht, aus dem Fenster geschaut?"
"Nein, nein, nein! Das meine ich nicht, was habe ich BESONDERES gemacht?"
"Lass mich nachdenken..."
"Nur wenn es nicht den ganzen Abend dauert!"
"Naja besonders würde ich es nicht nennen, außer du setzt noch ein dämlich davor..."
"Was laberst du da schon wieder?"
"Du hast deinen Kopf auf den Tisch geschlagen... was auch immer du damit erreichen wolltest!"
"DAS IST ES!"
Vor Euphorie wäre Yoshiki fast an die Lampe geknallt, die über dem Tisch baumelte, als er ruckartig aufsprang. Schlagartig setzte er sich wieder hin und beugte sich verschwörerisch zu Taiji hin.
"Hör mir zu, ich werde meinen Kopf jetzt noch einmal auf den Tisch schlagen und ich wette das noch etwas Farbe annehmen wird!"
"Das ist total dämlich! Ich wette das es nicht funktionieren wird... wer sagt dir das du damit etwas zu tun hast?"
"Mein Gefühl! Vertrau mir einfach!"
"Naja, mein Kopf ist es ja nicht!"
Yoshiki atmete dreimal tief durch und breitete seine Arme über den Tisch aus. Dann nahm er Haltung an und ließ seinen Kopf ruckartig auf die Tischplatte schnellen. Ein lautes Rums erfolgte und etwas benebelt von dem Schlag erhob Yoshiki seine angeschlagene Birne wieder.
"Und? Was siehst du?"
"Keine neuen Farben, jedenfalls nicht an dir!"
Yoshiki konnte es nicht glauben, und so untersuchte er den Raum nach Veränderungen. Doch auch er fand keine neuen Farben, weder an sich noch an Taiji noch sonst irgendwo.
"Verdammt! Was habe ich davor anders gemacht?"
"Vielleicht solltest du deinen Kopf nicht so schnell rauf schlagen? Versuch es doch mal langsamer!"
Etwas skeptisch aber doch davon überzeugt das Taiji recht haben könnte, beschäftigte Yoshiki dieses Geheimnis ungefähr die nächste halbe Stunde. Wir wollen uns mal lieber nicht vorstellen wie viele Beulen der arme Junge an seinem Schädel hatte.
Hide saß wieder im Auto und beobachtete den Tumult um sich herum. Der Footballtyp hockte schmollend neben ihm, er hatte niemals gelernt jemanden links liegen zu lassen. Ansonsten hätte er sich wohl kaum weiter mit dieser Zicke zu seiner rechten abgegeben. Aber schließlich konnte er die arme Susan auch nicht einfach allein lassen. Sein Ehrgefühl sagte ihm das er sie wieder Zuhause absetzen müsste. Hide jedoch hatte noch lange keine Lust zu gehen und nach langem Schweigen tat ihm der Footballtyp auch irgendwie leid. Er öffnete die Tür und lief zu dem nächstbesten Mädchen was er finden konnte.
"Könntest du mir einen Gefallen tun?"
"Aber sicher, Susan. Was ist es denn?"
"Siehst du diesen Jungen dahinten?"
"Du meinst deinen Freund?"
"Ja! Hör mal, kannst du ihm zeigen wie das Knutschen geht?"
"Hööö, warum tust du es denn nicht?"
"Weil ich keine Lust habe, ich glaube du kannst das besser!"
Da der Footballtyp ein sehr begehrter Kerl auf der Schule war, ließ sich das Mädchen auch sofort darauf ein. Wenn Susan ihren Freund nicht mehr haben wollte dann konnte es ihr doch nur recht sein.
"Klar mach ich das!"
"Und Kleine? Lass dir besonders viel Zeit dabei, okay?"
Ein Nicken folgte als Antwort und schon verschwand das Mädchen zum Auto.
Hide jubelte innerlich auf, endlich konnte er sich mit den schönen Dingen beschäftigen. Sein Blick gleitete über den romantischen Platz voller Autos, überall standen Jungen und Mädchen herum und übten fleißig das Knutschen. Doch in einem Auto saß ein Mädchen völlig verloren und schaute den anderen aus großer Entfernung zu. Genau das war sein Ziel, er wollte dem Mädchen nun endlich zeigen was richtiger Sex bedeutete. Nach einer langen Pause, in einer Welt ohne Farben und ohne Alkohol, war Sex genau das was er jetzt brauchte!
Er schlenderte in seinem Kleidchen hinüber und setzte sich frech auf den Rücksitz.
"Hey Schnecke! Soll ich dir mal was zeigen?"
Das Mädchen drehte sich überrascht zu ihm um und wusste nicht was es sagen sollte.
"Ich könnte dir noch mehr als nur das Knutschen beibringen, hast du Lust?"
"Klar!"
"Dann setz dich zu mir... man braucht dafür ein wenig mehr Platz. Am besten ist du setzt dich auf meinen Schoß!"
Ein breites lächeln lag auf seinem Gesicht, diese Welt hatte auch ihre versteckten Vorteile.
Yoshiki lag mit verbeultem Kopf auf dem Tisch, nichts hatte sich verändert. Taiji sah ihn spöttisch von der Seite an. Er hatte ja gleich gesagt das es nichts bringen würde, aber auf ihn hörte sowieso keiner. Schon gar nicht Mister Hayashi alias Besserwisser! Innerlich lachte Taiji laut auf, ja, er lachte sogar so laut das es in seinem Kopf wieder hallte. Wie konnte dieser bekloppte Trottel nur so blöde sein und seinen Kopf immer wieder auf den Tisch knallen? Aber lustig war es schon gewesen, am liebsten hätte Taiji noch nachgeholfen und Yoshiki öfter auf den Tisch geknallt. Alle Aggressionen die sich in den letzten paar Jahren angestaut hatten, verflüchtigten sich im Laufe der Prozedur. Praktisch gesehen war Yoshiki besser als jeder Therapeut.
Yoshiki's Schädel brummte und pochte, und alles hatte nichts genützt. Das einzige was eine Farbe angenommen hatte war sein kleiner Finger, nach wie vor. Er wusste sich keinen Rat mehr. Irgend etwas musste doch der Auslöser gewesen sein... aber was zum Teufel war es?
Unter Anstrengung hob er seinen Kopf und schaute in Taiji's spöttisches Gesicht hinein.
"Was gibt es da so zu gucken? Häh?"
"Ich habe mich nur gerade gefragt ob es vielleicht Schicksal ist das du hier her gekommen bist! Ich meine vielleicht sollst du hier für deine Gemeinheiten büßen oder so..."
"Was denn für Gemeinheiten?"
"Diese die du im Studio immer ablässt und überhaupt wie du dich manchmal verhältst, immer Anweisungen gibst und nie ein Widerwort duldest!" Taiji's Augen begannen bei seinen Worten böse zu funkeln. Der ganze Hass und die gesamte Wut die er in den Jahren gesammelt hatte kamen plötzlich hoch. Wie oft musste er sich von Yoshiki anhören das er ein Nichtsnutz wäre und sich nicht genügend anstrengen würde? Und wie oft wurde ihm einfach über den Mund gefahren? Wie oft hatte er schon Wuttränen in den Augen gehabt weil ihn die Studioarbeit ankotzte? Und das alles war meistens wegen Yoshiki passiert, aber Taiji hatte sich immer versucht zurück zu halten, wohl aus Rücksicht auf die anderen. Nur in diesem Moment konnte er nicht mehr anders, die Worte waren sowieso schon aus seinem Mund gesprudelt, es gab kein zurück mehr! Die Wut auf Yoshiki kochte in ihm hoch und aus einem Reflex heraus sprang Taiji von seinem Stuhl und packte Yoshiki am Kragen. Er zog ihn hoch und sah ihm für einen Moment in die Augen.
"Du hast wohl gedacht ich würde mir das Ewig so gefallen lassen, aber da täuscht du dich!"
Yoshiki sah nur noch die Faust auf sich zu schnellen und im nächsten Moment spürte er schon einen heftigen Schmerz in der Mitte seines Gesichts. Zuerst lass Taiji erstaunen in den Augen seines Gegners aber dann wandelte sich der Blick in pure Wut. Yoshiki versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch Taiji hatte eine unglaubliche Kraft. Was fiel diesem Ungebildeten Kerl ein? Taiji hatte doch überhaupt nichts getrunken außer Wasser! Normalerweise suchte er nur im besoffenen Zustand Streit aber diesmal schien es ihm wirklich ernst zu sein. Yoshiki's Nase schmerzte und vermischte sich mit dem Pochen vom Kopf. Völlig außer sich riß er sich aus Taiji's Umklammerung los und achtete nicht auf das Stück Kragen, welches sich mit einem lauten Geräusch vom übrigen Stoff löste.
Er machte einen Schritt vorwärts und riß Taiji an den Haaren, ein Büschel vom Kopf in der Hand. "Was fällt dir ein mich einfach zuschlagen?"
Taiji hielt sich voller Schmerz die Kopfhaut und reagierte mit einem lauten Gebrüll. Er stürzte sich wieder auf Yoshiki und fiel vornüber auf den Steinboden.
Alle anderen im Dinners hatten sich schon längst umgedreht und das Spektakel voller Neugierde beobachtet. Auch Toshi sah mit vor Schreck geweiteten Augen auf Yoshiki und Taiji hinab. Inzwischen hatte auch Taiji's Hose wieder Farbe angenommen und erstrahlte in einem dunkel Lila. Das alles war zuviel für Toshi, sein armer Verstand kam gar nicht mehr nach. Er suchte mit seinem Blick nach Pata und fand diesen auch endlich. Pata war aus seinem Jahrtausend Schlaf erwacht und rieb sich ungläubig in den Augen herum. Befand er sich immer noch in einem Traum oder sah er tatsächlich wieder Farben? Und warum zum Henker noch mal warfen sich Taiji und Yoshiki auf dem Boden herum? Naja was schadet es schon? Musste er wenigstens nicht mehr den Boden wischen. Toshi machte einen großen Schritt zu Pata und rüttelte diesen an der Schulter.
"Verdammt Pata, tu endlich was bevor sich die beiden noch verletzen!"
"Warum? Die haben sich doch schon längst verletzt, oder nicht?"
Jedesmal wenn Taiji und Yoshiki sich einen Schlag versetzten wurde ein Gegenstand in Pleasantville farbig.
