Warten
Was gibt's zu schreiben? Meine erste Geschichte, die nichts mit Dragonball zu tun hat.
Zur Geschichte selbst möchte ich anmerken, dass es sich um eine lose Nacherzählung der zweiten OVA 'Reflection' aus der Sicht von Kaoru Kamiya handelt. Zu Kaorus Charakter möchte ich noch anmerken, dass sie in der OVA wesentlich passiver und stiller ist, als in der Serie/dem Manga. Trotzdem gilt auch hier vorsichtshalber eine OOC-Warnung.
Da ich vor Nervosität schon anfange zu plappern, wünsche ich euch an dieser Stelle viel Freude,
ED
Warten
Warten. Ihr war, als hätte sie in ihrem Leben kaum etwas anderes getan.
Immer wartete sie. Mit Geduld und Zuversicht jeden Tag, jede Nacht.
Er hatte gesagt, dass er zurückkommen würde. Und er war auch schon zu ihr zurückgekehrt ... doch nur um wieder zu gehen.
Er hatte gehen müssen, dass wusste sie jetzt. Wenn die kreuzförmige Narbe eines Tages verschwinden sollte, dann musste er gehen, musste er Buße tun, auch wenn das hieß, seine Familie für lange Zeit zu verlassen.
Es war wichtig, dass sie auf ihn wartete. Hier war der Ort, an den er zurückkehren konnte. Ein Ort, an dem er ruhen konnte. Ein Ort, an dem sie auf ihn wartete, um ihn zu begrüßen und in die Arme zu schließen. ...
Kaoru Kamiya starrte an die Decke des Schlafraums. Das schwarze Haar lag ausgebreitet auf der weißen Matte des Futons und bildete einen starken Kontrast zu der blassen Hautfarbe der Frau. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Das Fieber machte ihr die Glieder schwer und so lauschte sie matt den Geräuschen um sie herum.
Die gläsernen Töne des Windspiels, das sie im Hof angebracht hatte, drangen leise zu ihr und sie hörte, wie Megumi sich leise im Haus bewegte.
Die Ärztin weigerte sich, von ihrer Seite zu weichen. Kaoru lächelte schwach und drehte mühsam den Kopf zu Seite.
Ihr Blick fiel auf den Teebecher, den Tsubame für sie bereitgestellt hatte.
Ein Geschenk von Meister Hiko vor vielen Jahren, damit sie Kenshin ,guten Tee', wie es der Meister formuliert hatte, würde servieren können
Sie streckte die Hand aus und befühlte die glatte, tönerne Oberfläche. Pflaumenblüten.
Meister Hiko hatte das Gefäß mit einem Muster aus weißen Pflaumenblüten verziert. Früher hatte sie die Blüten einfach nur schön gefunden, doch seit sie wusste, was sie für ihren Mann bedeuteten, war der Wert des Bechers für sie unschätzbar geworden.
Tomoe Yukishiro. Seine erste Frau, die er ohne eigenes Verschulden eigenhändig umgebracht hatte. Mit ihr verband er unweigerlich die weißen Blüten.
Kaoru hatte dafür gebetet, dass Tomoe ihr nun die Sorge für Kenshin überlassen würde, und oft hatte sie sich gewünscht, wie sie zu sein. Doch sie war die, die sie war, dass war ihr klar geworden, als Enishi sie in dem Felsenatoll gefangen hielt, um Rache an dem Mann zu nehmen, der seine Schwester ermordet hatte. Zum Schluss hatte sie ihn bemitleidet, Trauer und Hass hatten diesen Menschen vollkommen zerstört.
Damals hatte sie auch auf Kenshin gewartet. Und obwohl Enishi drohte, sie zu töten, sollte der ehemalige Schwertkämpfer kommen, hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht. Lieber wollte sie in seiner Gegenwart streben, als ohne ihn zu leben.
Und er war gekommen. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck und dem Schwert mit umgekehrter Klinge in der Hand. In dem Moment, da sie ihn gesehen hatte, hatte sie gewusst, dass sie für ihn niemand anderes sein musste, als sie selbst. In diesem Moment hatte sie sich geschworen, immer für ihn da zu sein und seine Last zu teilen. Wenn das wilde Schwert eine Scheide brauchte, dann würde sie diese Aufgabe nur zu gerne erfüllen wollen.
Kaoru seufzte leise und starrte wieder an die Decke.
Obwohl die Krankheit ihren Körper fesselte, so fühlte sich ihr Kopf frei und seltsam leicht.
Sie sah die Vergangenheit und die Gegenwart und sie wusste auch, was die Zukunft für sie bereithalten würde. Den Tod.
In der Nacht, als sie sich entschied Kenshins Leid zu teilen, seine Krankheit zu der ihren zu machen, hatte sie sich für den Tod entschieden. Nicht, weil sie streben wollte, sondern um das Leid ihres Geliebten zu teilen, seinen Schmerz zu erfahren. In dieser Nacht hatte er ihr das Versprechen abgenommen, das sie sich wünschte endlich erfüllen zu können. Bei seiner Rückkehr sollte sie ihn mit seinem Namen begrüßen, seinem richtigen Namen.
,Kenshin' sei ein Name, so hatte er erzählt, den ihm sein Meister gegeben hatte, da er ,Shinta' für zu weich gehalten hatte.
Shinta. Diese Offenbarung bewahrte sie wie einen kostbaren Schatz.
Schon für längere Zeit zehrte die Krankheit, die sie in jener Nacht empfangen hatte, an ihr, doch immer wenn, sie unter einem neuen Schub litt, dachte sie an ihren Mann, der in der Ferne ebenso leiden musste.
Sie wusste, dass es grausam und morbide klang, aber sie bildete sich ein, im Schmerz mit ihm verbunden zu sein. Ihr einziger Wunsch war es, ihn noch einmal zu sehen, bevor die Krankheit entgültig siegte.
Die Tür des Schlafraums glitt zur Seite und Megumi betrat das Zimmer. Ohne viele Worte half sie Kaoru, sich aufzurichten und wechselte die Verbände an den Stellen ihres Körpers, die von flammendroten Ausschlag befallen waren. Zum Schluss gab sie ihr Ginsengpulver. Kaoru nahm den Teebecher entgegen, um das Medikament hinunterzuspülen.
"Bitter," sagte sie. Die Ärztin hob einen mahnenden Zeigefinger: "Keine Widerworte. Das stärkt den Körper, damit du bald wieder auf den Beinen bist." Kaoru lächelte. Eine schöne Lüge.
Nachdem ihre Freundin den Raum wieder verlassen hatte, viel ihr Blick abermals auf das verzierte Gefäß in ihrer Hand. Sie presste den Becher an ihre Brust und beugte sich langsam nach vorne, sodass ihr langes schwarzes Haar wie ein Vorhang über ihr Gesicht fiel.
Sie würde streben, ohne ihn noch einmal gesehen zu haben, ohne ihr Versprechen erfüllen zu können. Sie würde nicht erleben, wie ihr Sohn Kenji sein Mannesalter erreichen würde. Sie würde nicht erleben, wie Tsubame und Yahiko ihr erstes Kind bekommen würden. Sie würde sterben, ohne noch einmal ihren geliebten Mann in den Armen gehalten zu haben.
Trauer und Bedauern legten sich wie ein bleierner Vorhang über sie. Nur noch einmal. Ihn sehen, ihn spüren.
Plötzlich durchfuhr es sie wie ein Blitz. Er war zurück! Er war auf dem Weg zu ihr. Sie wusste nicht wie oder warum sie sich so sicher war, aber es war, als könne sie seine Präsenz spüren. Ihr Herz schlug schneller und lauter, bis sich jeder Herzschlag in ihren Ohren wie Donner anhörte und ihre Brust zu sprengen drohte. Er war zurück! Mit quälender Langsamkeit richtete sie sich auf, bis sie schließlich auf wackeligen Beinen stand und sich erschöpft an der Wand abstützte. Ebenso mühsam schob sie die Tür zurück und wankte in den Hof. Sie war dankbar, dass keiner ihrer Freunde dort war. Jeder Atemzug schmerzte in der Brust, jeder Schritt war eine beinahe unmögliche Anstrengung und doch schleppte sie sich weiter, von nur einem Gedanken angetrieben: Er war zurück!
Der Weg war mit Kirschbäumen gesäumt, deren Blütenblätter im Frühlingswind wie zartrosafarbene Schneeflocken zu Boden taumelten. Ein paar davon blieben in ihrem Haar hängen, als sie, den Blick starr geradeaus gerichtet, durch die Allee wankte.
Fast blieb ihr das Herz stehen, als sie in einiger Entfernung eine schmale Gestalt ausmachen konnte. Sie presste eine Hand vor den Mund und unterdrückte die Tränen, die ihr in die Augen treten wollten. Er war zurück! So gut es ging beschleunigte sie ihren Schritt. Als nur noch wenige Schritte zwischen ihnen lagen ließ er sich nach vorne in ihre Arme fallen und vergrub sein Gesicht in ihrem weichen Körper. Kaum hörbar sagte er: "Ich bin zu Hause, Kaoru, ich bin zu Hause." Sie schlang ihre Arme um ihn und sank mit ihm langsam zu Boden. Sie bettete seinen Kopf in ihrem Schoß und strich sanft über sein rötliches Haar. "Willkommen zu Hause, Shinta," wisperte sie.
Sie wusste nicht, wie lange sie so dort saßen. Nach einer Weile, begann sie leise mit ihm zu sprechen.
"Tsubame und Megumi wollen eine Feier zum Kirschblütenfest machen. Nächstes Jahr möchte ich auch eine Feier ausrichten. Und das Jahr darauf auch." Kaoru lachte leise. "Vielleicht ist Yahiko dann schon Vater geworden. ... Shinta?" Sie beugte sich über ihn und strich eine rote Haarsträhne aus seinem Gesicht. Ihre Stimme zitterte: "Du bist müde. Ruh' dich nur aus." Tränen bahnten sich ihren Weg, liefen über ihre Wangen und tropften auf sein Gesicht. Sanft berührte sie seine Wange. Die kreuzförmige Narbe war verschwunden. "Es ist vollbracht, ihm ist vergeben. Sie ist endlich verschwunden."
Mit diesen Worten beugte sie sich über seinen leblosen Körper.
"Auf Wiedersehen, Liebster."
Fin