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Schuldgefühle

2. Platz im Herbst/Winter-FF-WB 2003
von

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Aufklärung

Kapitel 11 - Aufklärung
 

Nachdem die zwei Amazonen verschwunden waren, setzten Ranma, Nodoka, Ukyo und Akane sich wieder zusammen. Nabiki setzte sich nach kurzem Zögern ebenfalls dazu, während Kasumi in die Küche zurückging, um nach dem Abendessen zu sehen.

"Ich bin gespannt auf deine Erklärung, mein Sohn." eröffnete Nodoka das Gespräch. "Warum und inwiefern hast du mich belogen? Und warum hast du Angst vor Katzen?"

"Ich habe dich belogen, weil ich dachte, die Wahrheit würde dich unglücklich machen." antwortete er. "Der Rest ist eine etwas längere Geschichte."

"So?"

"Man könnte sagen, sie umfasst die letzten zehn Jahre meines Lebens."

"Nun, ich denke, wir haben Zeit." erwiderte Nodoka. "Und außerdem brenne ich darauf, von deinen Erlebnissen zu hören. Du hast auf eurer Trainingsreise doch sicher ein paar aufregende Dinge erlebt, nehme ich an."

Trotz des Ernsts des Themas mußten Ranma und Akane so heftig lachen, daß sie minutenlang auf dem Boden herumrollten und sich die Bäuche hielten.

"Hab ich...was Falsches gesagt, Nabiki-chan?" fragte Nodoka verblüfft.

Nabiki grinste schief und schüttelte dann den Kopf.

"Nein, nein. Nur, soweit ich weiss, wäre es für Ranma wohl einfacher, die Momente aufzuzählen, die etwas ruhiger waren." antwortete sie trocken.

"Oh."

Nach einiger Zeit beruhigten Ranma und Akane sich wieder und setzten sich wieder auf.

"Es wird aber keine Friede-Freude-Eierkuchen-Erzählung werden." warnte Ranma vorweg.

Nodoka nickte und bedeutete ihm, fortzufahren.

Und Ranma begann. Er erzählte, wie sie durch's Land gezogen waren. Wie Genma ihm Höchstleistungen abverlangt und ihn wahlweise als Schwächling oder 'schwach wie ein Mädchen' beschimpft und ihn verprügelt hatte, wenn er für ein Kleinkind unmögliche Leistungen nicht hatte erbringen können. Das Training hatte zu diesem Zeitpunkt nur nach dem Prinzip "Wenn du nicht mehr mißhandelt werden willst, lerne, das Unmögliche möglich zu machen." funktioniert. Und wenn man in Dörfern Nahrungsmittel klaute, war man entweder schnell genug und wurde anschließend satt, oder man war zu langsam und wurde von den Dorfbewohnern verprügelt. Auf diese Weise lernte man schnell, schneller zu werden. Oft genug hatte Ranma mehr Essen als Genma erbeutet, nachdem er besser - sprich: schneller und flinker - geworden war, doch dann hatte Genma ihm immer einen Großteil seiner Beute abgenommen - schließlich stand dem Meister ein Anteil an der Beute des Schülers zu.

Andere Menschen waren nur potentielle Feinde oder Opfer, je nach Stärke. Mädchen waren schwach, unfähig, und nur eine lästige Ablenkung vom Training, nur dazu gut, für den Mann zu kochen und andere Arbeiten zu verrichten. Emotionen waren eine Schwäche, und Schwächen mußten mit aller Härte ausgetrieben werden. Spaß zu haben war eine Sache für willensschwache Faulpelze, nicht für echte Kampfkünstler. Und Schule? Was für ein Blödsinn. Wozu muß ein Meister der Kampfkunst Wissen über Algebra oder englische Literatur haben?

Dann wollte Ranma erklären, warum er Angst vor Katzen hatte, aber es stellte sich heraus, daß er in Panik zu geraten begann, wenn er auch nur an das Training dachte, also übernahm Akane diesen Part, und erzählte, was sie von ihm darüber erfahren hatte.

Sie erklärte, wie man den Schüler trainierte - in Fischhäppchen einrollen und in einen Raum voller hungernder Katzen werfen - und das Genma diese Prozedur mit ihm vielfach wiederholt hatte. Die Katzen waren über ihn hergefallen, über den armen, kleinen sechsjährigen Ranma, der noch so jung gewesen war, daß er seinem Vater blind vertraut hatte. Ranma hatte seinen Vater mehrfach gebeten, mit dem Training aufzuhören. Das Ergebnis war, das Ranma beschimpft und verprügelt worden war. Am Ende hatte er die Neko-ken gemeistert, als Nebenwirkung aber eine extreme Katzenphobie zurückbehalten.

"Damals trafen wir auch auf Ucchan und ihren Vater, die mit einem Okonomiyaki-Karren durch's Land zogen." übernahm Ranma wieder die Erzählung.

"Ja." warf Ukyo ein. "Das war eine schöne Zeit für Ranchan und mich. Schade nur, daß sie uns so bald wieder verlassen haben."

Ranma schaute sie komisch an.

"Erinnerst du dich nicht, unter welchen Umständen wir uns getrennt haben?"

"Dieser Teil gehört zu meinen vergessenen Erinnerungen, und Akane wollte mir darüber nicht so viel sagen."

"Warum nicht, Akane?"

"Weil du verschwunden warst." antwortete seine Verlobte. "Wir wußten nicht, wann du zurückkommst, und ich wollte sie nicht damit belasten."

"Verstehe." brummte er. "Der alte Idiot hat mit Ucchans Vater unsere Verlobung beschlossen."

"Obwohl du mit Akane verlobt bist?" wunderte Nodoka sich.

Ranma schnaubte wütend. "Zu diesem Zeitpunkt wußte ich davon nichts. Pops bekam den Okonomiyaki-Karren als Ucchans Mitgift, aber ein paar Tage später hat er sie einfach am Straßenrand zurückgelassen und mir eingeredet, sie müsse leider wieder zu ihrer Familie zurück. Den Karren hat er natürlich behalten."

"WAS?" Nodoka, das Katana schon halb aus der Scheide gezogen, schoß mörderische Blicke in Richtung der Genma-Statue ab, die nun erbleichte und ganz deutlich zu schwitzen anfing.

"Vor ihrer Familie war sie deshalb so entehrt, daß sie die nächsten zehn Jahre als Junge lebte." erklärte Ranma traurig. "Sie hat sich lange darauf vorbereitet, sich an mir und dem Idioten zu rächen, aber als sie herausfand, daß ich ahnungslos war, hat sie mir vergeben, seitdem aber auf der Verlobung bestanden."

Ukyo lächelte warmherzig.

"Dann bin ich froh, daß ich mein Gedächtnis verloren habe. Erinnerungen an zehn Jahre voller Schande, Demütigung, Verbitterung, Zorn und Haß sind fort."

"Und die ganzen Rezepte und Techniken, die du vergessen hast?" hielt Ranma dem entgegen.

"Ich bin ein schnell lernendes Naturtalent." erwiderte sie. "Es wird vielleicht zwei oder drei Jahre dauern, aber dann habe ich alles wieder drin. Nur mit dem Schulwissen wird es wohl länger dauern, aber da hilft mir Nabiki weiter."

Ranma schaute sie überrascht an.

"Was?" fragte sie unschuldig. "Man wird doch wohl noch einem Familienmitglied helfen dürfen, oder?"

"Familienmitglied?"

"Als Ukyo ihren Unfall hatte, fanden wir heraus, daß ihr Vater vor einem Dreivierteljahr gestorben war, und es sonst keine Verwandten mehr gab." entgegnete Akane. "Kasumi hielt es daher für eine gute Idee, Ukyo zu adoptieren, und nach dem Verkauf des Ucchan's hat Nabiki ihr Geld gut angelegt, damit sie eine gesicherte Zukunft hat."

"Trägst du deswegen deinen Kampfspatel nicht mehr?" fragte Ranma. "Weil du vom Wissensstand her nicht mehr auf Meisterniveau deiner Kunst stehst?"

"Nein, Ranchan." Ukyos Miene verfinsterte sich. "Das liegt an dieser Shiratori-Göre."

"Häh?"

"Die hat meinen Kampfspatel gesehen, und dann ihre ALEXANDRINE mitgenommen, bevor ich reagieren konnte." regte Ukyo sich auf.

"Ukyo kann zwar noch nicht richtig Schlittschuhlaufen, aber wir haben ein Match vereinbart." fügte Akane hinzu.

"Ihr gegen das Goldene Paar?"

"Genau. Wenn wir gewinnen, kriegt Ukyo ihren Kampfspatel wieder."

"Und wenn ihr verliert?"

Akane und Ukyo schwiegen für einen Moment. Die Antwort war ihnen sichtlich peinlich.

"Dann müssen wir Mikado Sanzennin küssen."

"Nicht solange ich lebe." grollte Ranma. Dann fiel ihm ein, daß er ja technisch gesehen noch ein Geist seines verstorbenen Selbst war. "Naja, ihr wisst, wie ich das meine. Ich werde mit Akane antreten und Ucchans Kampfspatel zurückerobern. Und diesem aufgeblasenen Arsch Sanzennin werd ich eine ordentliche Lektion erteilen."

Ukyo lächelte.

"Akane hat mir von eurem letzten Match gegen die Zwei erzählt, und ich hatte gehofft, daß du für mich einspringen würdest."

"Ich frage mich, ob es Schlittschuhe mit angeschliffenen Spitzen gibt." überlegte Ranma.

Nabiki grinste böse.

"Kann ich dir besorgen."

"Gut."

"Nachdem das geklärt ist, könntest du vielleicht erklären, bei was du mich belogen hast, mein Sohn." erinnerte Nodoka daran, daß das für sie wichtigste Thema noch nicht erledigt war.

"Nun, das hängt mit der letzten Station unserer Trainingsreise zusammen, Mom." Er machte eine bedeutungsschwere Pause. "Jusenkyo."

"Der Ort, an dem Shampoo-chan und dieser Ryoga verflucht wurden?"

"Genau. Pops hat keine Ahnung von chinesisch, und besserwisserisch wie er nunmal ist, hat er alle Warnungen ignoriert." schnaubte Ranma. "Sonst hätte er erfahren, daß das Trainingsgelände, zu dem wir unterwegs waren, verflucht war. Aber vermutlich hätte es ihn auch nicht abgehalten, wenn er es gewußt hätte."

"Stimmt." gab Nabiki ihm Recht. "Dein Vater war noch nie sonderlich vernünftig."

"Und was ist dort geschehen?" fragte Ranmas Mutter ein wenig angstvoll.

"Wir haben unser Training begonnen." antwortete Ranma. "Ich war richtig gut und habe den ersten Treffer gelandet..."

In dem Moment endete die Wirkung des Soryusen-Shiatsu.

"BIST DU WAHNSINNIG GEWORDEN? HALT GEFÄLLIGST DEN MUND!"

Genma stürzte entsetzt auf seinen Sohn zu, mit der wahrscheinlichen Absicht, ihn zu packen, und mit ihm zu fliehen, doch Ranma machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er griff nach einer Teeschale, und schleuderte den inzwischen kalten Tee seinem Vater entgegen. Dieser versuchte zwar, auszuweichen, aber auf diese kurze Entfernung hatte er keine Chance.

Nodoka blinzelte verblüfft, als ihr Mann plötzlich verschwand, und an der gleichen Stelle ein ihr sehr bekannter Panda erschien.

"SORYUSEN-SHIATSU!"

Und wieder standen zwei wohlbekannte Statuen im Dojo. Das heisst, eine wohlbekannte Statue - Idiot mit Schnurrbart - und eine Statue eines Pandas in zu kleinem Karate-Gi.

"Mister Panda!" rief Nodoka überrascht. "Wo...wo ist denn Genma geblieben?"

"Mom." antwortete Ranma knapp. "Dieser Panda IST Genma. In Jusenkyo fiel er in die Quelle des ertrunkenen Pandas, und wenn er nicht gelähmt wäre, würde er jetzt sicher ein Schild hochhalten, auf dem (Ich bin nur ein unschuldiger, kleiner Panda) steht. Das ist nämlich eine seiner Standardausreden, und eine der dümmsten Ausreden noch dazu. Aber gerade deshalb passt sie wohl so gut zu ihm."

"Aber...er sieht genau so aus wie Ranko-chans Panda."

"Mom." er ergriff sanft ihre Hand mit der Linken. Dann nahm er mit der rechten Hand ein anderes Schälchen mit kaltem Tee und leerte dessen Inhalt über sich aus. "Akane hat keine Cousine namens Ranko." murmelte Ranma-chan entschuldigend. "Nachdem er sich in einen Panda verwandelt hatte, stiess Pops mich in die Quelle des ertrunkenen Mädchens. Tut mir leid, daß ich nicht ganz der Mann unter Männern geworden bin, den der alte Idiot dir versprochen hat."

Totenstille herrschte im Dojo.

Alle warteten auf eine Reaktion der Saotome-Matriarchin.

Nodoka blinzelte. Dann blinzelte sie noch einmal. Und noch einmal.

Dann schließlich...

"Ran...ma?"

Der Klang ihrer Stimme war undeutbar. Würde sie sie nun zum Seppuku auffordern, oder würde sie ihr gleich um den Hals fallen? Ranma-chan war sich nicht sicher, was geschehen würde, aber sie war entschlossen, bis zum - wenn vielleicht auch bitteren - Ende zu bleiben.

Nodoka starrte Ranma-chan weiterhin sprachlos an und nach einiger Zeit begann der Rotschopf nervös zu werden.

"Mom? Alles in Ordnung?" fragte sie unsicher.

"Was?...Oh, sicher." antwortete Nodoka abwesend. Dann holte sie aus den Tiefen ihres Kimonos ein gefaltetes Stück Papier hervor und hielt es Ranma-chan entgegegen.

"Ist das...?"

Ihre Finger zitterten nervös, als sie ihrer Mutter das Papier aus der Hand nahm.

"Ja." antwortete sie leise. "Das ist der Vertrag. Deswegen hattest du doch Angst, mir dein Geheimnis früher anzuvertrauen, nicht wahr?"

"Ich wollte es. Aber ich hatte immer Angst, dich zu enttäuschen. Wo du doch zehn Jahre lang umsonst darauf gewartet hast, daß sich dein Wunsch erfüllt." erklärte sie bedrückt.

Nodokas Griff um Ranma-chans Hand verstärkte sich, und als der Rotschopf ihr ins Gesicht schaute, sah er, daß sie lächelte.

"Aber ich habe nicht umsonst gewartet." widersprach sie mit ruhiger Stimme.

"Aber schau mich an. Die Hälfte der Zeit bin ich ein Mädchen." wandte Ranma ein. "Das würde ich nicht Mann unter Männern nennen."

"Ich weiss nicht." warf Nabiki grinsend ein. "Mann unter Männern bedeutet doch, daß du dich von allen anderen Männern unterscheiden sollst, und ich glaube, DAS ist dir gelungen."

"Sehr komisch." entgegnete Ranma-chan bissig.

"Mein Sohn." erklärte Nodoka. "Du bist jetzt kein Mädchen."

"Nicht?" fragte Ranma-chan verwundert. Sie sah prüfend an sich herab, und erblickte all die Dinge, die einen weiblichen Körper ausmachten. Und vermisste dafür einige andere Dinge.

"Nein. Du bist ein Junge, der im Moment wie ein Mädchen aussieht." erklärte sie. Dann trat ein leichter Tadel in ihre Stimme, als sie fortfuhr. "Wärst du ein Mädchen, wäre ich sehr enttäuscht, denn für ein Mädchen hast du ein grauenhaftes Benehmen und deine Kleidung ist ebenfalls alles andere als feminin."

Ranma-chan wagte ein zaghaftes Lächeln. "Ich bin eben ich."

"Ich sehe, du verstehst, was ich meine. Egal ob Junge oder Mädchen, dein wahres Ich bleibt gleich. Und nach dem, was ich von dir gesehen und über dich gehört habe, bin ich mit deinem wahren Ich sehr zufrieden."

"Wirklich?" fragte er erstaunt.

"Etwas mehr Höflichkeit und Rücksicht gegenüber anderen Menschen könnten dir nicht schaden." Sie warf einen Seitenblick auf die Statue von Genma-Panda. "Aber ich sehe, woher du dieses Manko hast."

"Sorry, Mom."

"Nichts, was sich nicht bessern könnte." erwiderte sie. "Aber sag...welche Ausrede hatte dein Vater dafür, den Fluch zu verschweigen?"

"Den Vertrag natürlich." Ranma-chan staunte, daß ihr das nicht klar war. "Er meinte, sobald du von meinem Fluch erfahren würdest, würdest du sofort darauf bestehen, daß wir Seppuku begehen. Und er wollte wohl noch nicht sterben, schätze ich."

Nodokas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, aus denen sie dem zur Bewegungslosigkeit verdammten Panda mörderische Blicke entgegenschleuderte. Dann erhob sie sich mit einer fliessenden Bewegung und trat direkt vor den Panda.

"Damals sagtest du, mein Einfluß würde ihn verweichlichen lassen, und ich war bereit, zum Wohle seines Trainings für zehn Jahre auf den Kontakt zu meinem Sohn zu verzichten." erklärte sie kühl. "Wenn ich damals auch nur geahnt hätte, was du mit ihm anstellen würdest, Genma, hätte ich von dir schon damals für die bloße Bitte, euch gehen zu lassen, Seppuku von dir verlangt. Aber ich ließ euch ziehen, und mein kleiner Ranma von damals hat sich tatsächlich zu einem prächtigen jungen Mann entwickelt, auf den eine Mutter stolz sein kann. Er ist zwar auch nicht perfekt, aber wer ist das schon?" Sie lächelte Ranma-chan aufmunternd zu, bevor sie sich wieder an den Panda wandte. "Zehn Jahre." erklärte sie vorwurfsvoll. "Du hattest versprochen, nach zehn Jahren wieder zurückzukommen, und alles Weitere meinem Urteil zu überlassen. Aber was machst du? Du versteckst dich wie ein feiger Hund hinter diesem knuddeligen Pandagesicht und lässt mich mit der Ungewißheit allein." Ihr Katana kam halb aus der Scheide, als sie sich drohend vor dem Panda aufbaute, der nun sichtlich Todesangst hatte. "Obwohl ich mit Ranma ganz zufrieden bin, hast du den Vertrag gebrochen, mein Gemahl, indem du nicht wie vereinbart zu mir zurückgekommen bist." verkündete sie ruhig.

Aus der Todesangst des Pandas wurde Gewißheit, den Beginn des nächsten Tages nicht mehr zu erleben.
 

"Willst du nicht eingreifen, Ranma?" flüsterte Akane ihrem Verlobten besorgt zu.

Dieser schüttelte den Kopf. "Nein, Akane. Diesmal wird er allein mit seinen Problemen fertigwerden müssen. Vielleicht lernt er ja was daraus."

"Aber das wird ihm in diesem Leben nichts mehr nützen." warf Nabiki ein.

"Sie wird ihn nicht töten." erwiderte Ranma-chan leise.

"Und woher weisst du das so genau?" fragte Ukyo zurück.

Ranma-chan grinste.

"Keine Ahnung. Weibliche Intuition vielleicht."

Die drei echten Mädchen verdrehten die Augen.

Ihre Gedanken waren allesamt Variationen von: °Ach du heilige Scheisse.°
 

"Nun, mein Gemahl, ich schlage vor, wir schliessen einen neuen Vertrag." bot Nodoka ihm in einem Tonfall an, der klarmachte, daß er nicht wirklich eine Wahl hatte.

Ranma-chan ging zu Genma-Panda herüber und berührte ein paar Punkte an seinem Körper.

"Jetzt kann er seinen Kopf wieder bewegen." erläuterte er den Grund für seine Aktion.

"Und?" fragte Nodoka den Panda.

Der Panda nickte.

"Sehr schön. Ich werde Ranma mit zu mir nehmen." begann sie ihre Bedingungen zu diktieren. "Und zwar nur Ranma. Ich werde ihm nicht verbieten, dich irgendwo zu besuchen - vielleicht läßt dein Freund Soun dich ja weiter hier wohnen - aber ich werde gewährleisten, daß mein Sohn einen Platz hat, an dem er seine Ruhe vor deinen Verrücktheiten hat, wenn er dies wünscht." Sie blickte ihn fragend an.

°Aber wie soll er sein Training fortsetzen, wenn ich ihn nicht überwache?° dachte Genma besorgt und schüttelte den Kopf.

"Wie du willst. In dem Fall werde ich mich von dir scheiden lassen." erklärte sie ruhig. "Ich bin sicher, wenn das Gericht erfährt, was du Ranma in den letzten zehn Jahren angetan hast, werde ich das Sorgerecht für ihn bekommen. Aber vielleicht überlegst du es dir nochmal?"

Genma-Panda nickte zustimmend. Er begann zu begreifen, daß er einen Kampf kämpfte, den er nicht gewinnen konnte, und dessen Ergebnis schon vor Beginn festgestanden hatte.

"Nun zum nächsten Punkt: Die Verlobung. Sowohl Ranma als auch Akane sind damit einverstanden. ABER: Den Zeitpunkt ihrer Heirat und ihre gemeinsamen Aktivitäten wünschen sie selbst zu bestimmen. Als weibliches Oberhaupt des Clans Saotome bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es vernünftig ist, wenn die Zwei zum Zeitpunkt der Heirat etwas älter und reifer sind, und ich werde keinerlei Einmischung in ihre Beziehung dulden."

Erneut bewegte sich der Pandakopf deprimiert auf und ab.

"Der letzte Punkt betrifft nicht unseren Sohn, sondern nur dich: Es ist dir vielleicht nicht klar, aber du bist ein schlechtes Beispiel für Ranma, wenn du nur bei den Tendos rumsitzt und nichts tust. Außerdem sollte das Familienoberhaupt das Geld für die Ernährung der Familie verdienen. Du wirst dir also eine Arbeit suchen, Schatz, und ich bin sicher, wenn du Probleme bei der Suche hast, wird Nabiki-chan dir helfen können."

Diesmal überlegte der Panda ernsthaft, ob er nicht doch lieber den Kopf schütteln sollte. Aber dann kam ihm in den Sinn, daß ja nichts so heiß gegessen wurde, wie man es kochte. Sicher konnte er später noch mit ihr über diesen absurden Gedanken reden.

Er nickte.

Nodoka lächelte und steckte ihr Katana ein.

"Ich war mir sicher, du würdest die Dinge genauso vernünftig sehen wie ich, mein Gemahl."

Sie wandte sich Ranma-chan und den drei echten Mädchen zu und lächelte fröhlich.

"Und jetzt lasst uns die Feier geniessen."
 

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Ein paar abschließende Worte:

Manchmal stelle ich fest, daß Dinge, die für mich ganz klar sind, und die meines Erachtens nach auch in der Geschichte deutlich werden, für den einen oder anderen Leser doch nicht so klar sind wie für mich. Leser anderer Geschichten von mir haben mich schon ein paar Mal auf solche Begebenheiten hingewiesen, und deshalb möchte ich, um Verständnisproblemen vorzubeugen, noch ein paar erklärende Worte loswerden.

Vielleicht gibt es Leser, die die Charaktere für ziemlich OOC halten (zumindest einige davon). Allen voran Ranma und Akane, die in der zweiten Hälfte der Story so freimütig über ihre Gefühle sprechen, wie sie es bisher noch nie in der Originalgeschichte getan haben.

Aber was ist Ranmas Ziel zum Zeitpunkt seiner freimütigen emotionalen Offenbarung? Er will Seppuku begehen und vorher noch reinen Tisch machen. Nur deshalb legt er alle Karten auf den Tisch. Und was die Offenbarung des Fluchs betrifft: Das wollte er im Manga auch einige Male tun, wurde aber jedesmal durch irgendetwas davon abgehalten.

Warum nun verhält sich Akane so 'seltsam'? Nun, ich denke, daß sie nicht grundsätzlich das aggressive, hammerschwingende Machoweib ist, das mit Ranma nur durch Beleidigungen und Schläge kommunizieren kann. An den wenigen Stellen im Manga, an denen Ranma ihr ein Kompliment gemacht hat (zB ihr Lächeln oder ihre Kurzhaarfrisur), dem dann natürlich Beleidigungen folgten, machte ihre Reaktion deutlich, daß sie sich eigentlich wünscht, daß er netter zu ihr ist und sie respektiert, und daß sie dann sicherlich auch netter zu ihm wäre.

Ukyos spätere Akzeptanz der Ranma-Akane-Beziehung und ihr Desinteresse an einer Beziehung zu ihm hängen natürlich damit zusammen, daß sie durch ihre Amnesie in punkto Emotionen gegenüber Ranma auf dem Level ihrer gemeinsamen Kinderzeit steht (Freundschaft).

Akane hat sie zwar über die Fakten informiert (soweit sie ihr bekannt waren), aber nur das Wissen, mit jemandem verlobt zu sein, erschafft nicht die entsprechenden Emotionen.

Auch Nodoka könnte ein wenig aus der Rolle fallen, wenn man die komplette Mangaserie als Basis nimmt, aber ich sagte ja bereits zu Beginn, daß die Grundlage für die Charaktere der Manga bis Band 23 ist. Dem habe ich dann einfach den Beschützerinstinkt einer verständnisvollen, besorgten Mutter hinzugefügt, die sich nichts anderes wünscht, als nach zehn Jahren ihr Kind wiederzusehen (ich weiss, für ein Mitglied des Ranma ½-Casts ist sie etwas zu normal, aber ich denke, das hebt sie aus der Menge der Verrückten auch irgendwie hervor).
 

Ranmas neue Attacke Soryusen: Der Name heisst übersetzt in etwa Zwillingsdrachenblitz und ist eine Leihgabe aus dem Manga Kenshin.
 

Uranai Baba ist eine (eigentlich überflüssige) Leihgabe aus Dragonball. Aber ich brauchte eine gute Wahrsagerin, und welche Wahrsagerin wäre besser als Uranai Baba? Außerdem ist sie ziemlich cool, und wer im Totenreich auftauchen kann, für den sind Sprünge in andere Teile des Mangaversums sicher auch möglich. ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Shi-Deva
2004-03-28T23:07:54+00:00 29.03.2004 01:07
einfach klasse..
Super gut
hat einen richtig mitgerissen
respekt !
war echt klasse die ff
Von:  Mark_Soul
2004-02-15T00:55:00+00:00 15.02.2004 01:55
Eine hervoragende Geschichte.
Deine gewohnt gute und packende Schreibweise, kombiniert mit einem hier neuen Plot.

Da ich es mit Lob nicht so hab, hier nur negative Anmerkungen:
Wo die erste Hälfte gewohnt gut war, hast du in der zweiten Hälfte etwas nachgelassen. Die doch sehr Umfangreiche Erklährung, damit Nodoka auch auf dem Laufenden ist, und damit Ranmas Gefühle zu Akane komplett gelöst werden, hat den vorherigen Schwung aus der Story genommen. Ich sehe zwar ein das es in diesem Fall nötig war, aber vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen. Es kam mir einfach etwas komisch vor, das Ranma erst seine Lebensgeschichte aupacken muß, wo er einfach nur seine Mutter dazu bringen wollte ihn umzubringen.
Das er letztendlich schon tot war, ist eine sehr überraschende Wendung der Ereignisse, und bietet durchaus gute Ansatzmöglichkeiten, jedoch empfand ich das ganze "transparent und wieder fest werden" als zu melodramatisch. Hat aber nicht wirklich gestöhrt, und hat durch Ukyos Auftauchen (sie mittels Amnesie als Verlobte zu streichen war ein kluger Schachzug) einiges an Soannung gewonnen. Was ich jedoch absolut nicht verstehe ist, weshalb Cologne diejenige sein mußte die Ranmas Tod feststellt, und natürlich auch ein Gegenmittel hat. Hier hätte sich Uranai Baba doch gradezu angeboten...

Und jetzt werde ich diese Fic in meine Favoritenliste stecken, und hoffen das es nicht die letzte war.
Von: abgemeldet
2004-02-05T18:39:18+00:00 05.02.2004 19:39
Danach urteilst Du, Vanicri, bzw machst das Lesen davon abhängig? Ich wär auch stolz auf den zweiten Platz, wahrscheinlich würd ichs auch dahin schreiben^^ Das ist doch völlig egal, den ersten Platz schreiben auch viele hin. Lass sie doch einfach, hat doch auf die Geschichte keinen Einfluss. Und angeberisch - naja, da kenn ich weitaus schlimmere Sachen
Aber is auch wurscht, schließlich und endlich hast Du sie ja doch gelesen^^
Von: abgemeldet
2004-02-05T14:32:29+00:00 05.02.2004 15:32
So! ich schreibe hier jetzt auch mal was hin XD! dein schreibstil gefällt mir und die ganze geschichte auch! du gehst nicht allzu tief ins detail, aber soweit, dass man die geschichte und den sinn verstehen kann. es ist schön sie zu lesen, auch wenn man sich ein bissel zeit nehmen muss ^^! ein sache hätte ich aber dennoch auszusetzen, ich weiß nicht, wie es den anderen diesbezüglich geht, aber meiner meinung nach solltest du den untertitel: 2. platz im winter Wb oder so weglassen. das hört sich nämlich ziemlich angeberisch an, finde ich. ich habe mir nämlich noch vorher genau überlegt, ob ich die story lesen soll oder nicht. na ja auf jedenfall ist das mein kommentar und die charaktere sind auch nicht übertrieben dargestellt, wie du sagtest es basiert auf/bis manga 23 und deshalb hast du, glaub ich nodoka auch ganz gut getroffen^^!
bis dann
Vanicri
Von: abgemeldet
2004-02-05T12:58:02+00:00 05.02.2004 13:58
Ich finde Deinen Schreibstil toll. Aber ich vermisse ehrlich gesagt ein bisschen die Kommas hinter den wörtliche Rede Zeichen "blubb", sagte pingpong <- die halt. Ich mein, is ja nun echt nicht schlimm, dass sie nicht da waren, aber ich wollts nicht unbemerkt lassen^^
Die Idee für die Geschichte find ich gut. Originell, die Trockenpflaume Uranai Baba auszuleihen. Irgenwie passt sie doch gut da rein *gg* (ich mag sie)
So sehr OOC find ich Ranma und Akane nach Deiner Erklärung auch nicht mehr, und Nodoka kenn ich nicht so gut, da ich die Manga nicht gelesen habe. Jedenfalls ist es einleuchtend, dass Ranma so offen redet, da er ja reinen Tisch machen möchte, wie Du schon sagst.
Du hast Dich sonst ja sehr an die Vorgabe der Charaktere gehalten.
Das Ende gefällt mir gut. Ich gönne zwar jeder Frau, Ranma heiraten zu dürfen (will ja auch am liebsten) aber mit Akane kann ich mir das noch am besten vorstellen irgendwie XD


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