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Euch die Uhren, uns die Zeit

von

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Bother

Wolken türmen sich am Himmel. Die Sonne steht hoch.

Erik. Wo bist du? Ich bin an deinem Stammplatz.
 

Die Läden schließen.

Auch wenn du dich nicht meldest, ich komme morgen wieder.
 

Sie liegt im Bett.

Erik, bitte geh ans Handy.
 

Es klopft an der Tür. „Erik, aufstehen. Es wird Zeit, dass du aus dem Zimmer kommst“ ruft Nadir. Erik liegt auf der Matratze. Er dreht ihm den Rücken zu.
 

Ich bin am Stammplatz, die Punks sagen du warst die ganze Woche schon nicht da.
 

Sie läuft durch die Stadt, schaut sich gehetzt um.

Wo bist du?
 

Die Tür öffnet sich, Nadir kommt rein und reißt das Fenster auf. Erik liegt auf der Matratze, starrt die Wand an. „Komm, steh endlich auf. Ich hab dir was zu essen gerichtet.“
 

Sie sitzt unter dem Baum, auf dem Platz der alten Synagoge. Raoul sitzt neben ihr und liest.

Es tut mir leid. Ich hatte Angst, dass genau das passiert, was jetzt passiert ist. Bitte rede mit mir.
 

Auf einer Party läuft das Lied Dog Days Are Over

Lebst du noch? Bitte gib mir wenigstens ein Lebenszeichen.
 

Der goldene Faden ist verschwunden. Die Stille hüllt Erik mehr und mehr ein. Schweigend sitzt er am Küchentisch. Starrt sein Abendessen an. Übelkeit steigt auf. Er beißt ab. Nadir sitzt ihm gegenüber, dankbar darum, dass Erik endlich etwas isst. „Wie geht es dir heute?“

Die lange, dünne Gestalt starrt die Tischplatte an. „Gehst du heute mit Sasha raus? Wenn sie hier nochmal hin kackt, haben wir ein Problem miteinander“ führt Kahn aus und hofft auf eine Reaktion.

Erik steht auf und geht mit Sasha in sein Zimmer.

Die Tür knallt zu.
 

Sie sitzt in einer Vorlesung, hält das Handy unter dem Tisch versteckt und tippt.

Erik, bitte rede mit mir. Es tut mir leid.
 

Sasha setzt einen Haufen in die Ecke des Zimmers ab. Leise fiepst sie.
 

Sie sitzt am Esstisch, gegenüber sitzt ihr Vater, der angeregt mit seiner Frau redet.

Mein Vater ist für ein paar Tage in der Stadt! Ich hab ihm die Aufnahmen von uns gezeigt. Er lobt dich in den höchsten Tönen. Er sagt, du kannst es mal weit bringen mit der Musik.

Ich vermiss’ dich...
 

Er legt das Handy weg und stimmt die Gitarre. Er kann sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal gesungen haben. Wann sie aufgenommen wurden.
 

Hey... ich musste eben an dich denken. Wir hatten in der Vorlesung Van Gogh. Ich glaube, er konnte die Kunst genauso sehen, wie du die Musik sehen kannst, auf der Welt.

Ich vermisse dich und es tut mir leid.
 

„MIR REICHT ES, GEH RAUS MIT IHR“ Nadir schiebt Erik und Sasha zur Tür raus. Erik hämmert gegen die Tür. Er schreit. Langsam rutscht er an ihr runter. Kauert sich zusammen. Sasha leckt ihm über das verheulte Gesicht. „Lass...lass mich rein...bitte...“
 

Sie steht im Garten und schaut in den Himmel.

Hey Erik, schau schnell aus dem Fenster. Es schneit! Ich liebe den Geruch von Schnee.
 

Er öffnet das Dachfenster. Kleine Schneeflocken tanzen in das Zimmer herein. Er schließt für einen Moment die Augen. Stellt sich vor, Christine wäre hier. Stellt sich vor, dass die Dunkelheit in ihm, endlich ein Ende hat. Sein Atem verwandelt sich in Wölkchen.
 

Nadir kommt zur Tür rein „Gibst du mir Sasha, ich geh’ kurz raus mit ihr“ Nadir’s Gesicht ist fahl, dunkle Ringe zeichnen sich unter seinen Augen ab. Die letzten Wochen mit Eriks schlechter werdenden Zustand hinterlassen ihre Spuren.

„Es schneit rein.“, brummt er und nickt zum Fenster.

„Ja. Tut mir leid.“ Erik starrt betreten zu Boden.

„Ist schon gut.“, er kommt näher.

„Nein, es tut mir leid, Nadir. Ich hab mich unmöglich benommen.“

„Wie gesagt. Ist schon gut“ die Hand des Iraners legt sich sanft, auf die Schulter, der dünnen Gestalt ab.

„Ich geh’ mit ihr raus“, sagt Erik schließlich und zieht sich Schuhe an, sucht nach seiner Maske und seiner Jacke. „Komm Sasha“

Die Wohnungstür fällt ins Schloss.
 

Nadir starrt auf das zurückgelassene Handy.
 

Hey Christine, hier Nadir. Ich bin Eriks Mitbewohner. Es hat eine Weile gedauert, bis ich auf die dich gekommen bin, aber ich denke, wir müssen uns treffen.

Er steckt sein Smartphone in die Hosentasche und schließt die Tür hinter sich.
 

Das Art-Dekor Fenster des kleinen Cafés ist beschlagen. Hinter der Tresen steht eine kleine blonde Frau mit lauter Stimme. Sie lacht viel, schnackt mit den Gästen, lässt Kaffee aus der Maschine und richtet Kuchen.
 

Nadir und Christine sitzen an einem kleinen Tisch nahe am Fenster. Nadir stellt seinen Espresso ab. „Es freut mich, dass du Zeit hast. Ich weiß, du bist mitten im Semester und hast sicher viel um die Ohren.“

„Kein Problem. Wie geht es Erik? Wo ist er?“ sie hat ihren Tee nicht angerührt. „Ich will ehrlich zu dir sein. Ihm geht es nicht gut. Er kann die Wohnung aktuell kaum verlassen.“ Christine Augen werden größer und sie hält sich die Hand vor den Mund „Ist...ist er krank?“

„In gewisser Weise schon. Aber nicht körperlich... Was ist zwischen euch vorgefallen?“ Nadir beugt sich vor „Auch wenn es dir unangenehm ist, ich muss es wissen, damit ich ihm helfen kann.“ Sie mustert ihn, das Grün in seinen Augen ist mit gräulichen Flecken besprenkelt. Kleine Lachfältchen zeichnen sich um seine Augen ab, tiefe Sorgenfalten liegen auf seiner Stirn. Sein üblicher Kinnbart ist zu einem dichten Vollbart herangewachsen. Er muss in seinen Mittdreißigern sein.

Christine erzählt langsam und stockend von ihrem Geburtstag. Sie schaut dabei kaum auf. „...und das schlimmste ist. Ich hätte es ihm sagen sollen, dann wäre er nicht so überrumpelt worden...Aber ich hab damit irgendwie auch nicht gerechnet. Ich hätte es wissen müssen, so seltsam wie er sich benimmt, aber irgedendwie...da dachte ich, es wird sich schon regeln. Ich weiß nicht, wie ich es wiedergutmachen kann Nadir.“ sie greift nach ihrer Tasse.

Nadir fährt sich mit der Hand durch das schwarze Haar und lehnt sich auf dem kleinen Stuhl zurück. „Er kann mit dieser Art Situation nicht umgehen. Das hat er nie gelernt. Christine,“ Nadir leckt sich über die trockenen Lippen „Ich glaube, er mag dich echt gern. Er ist in den letzten Monaten, vor eurem Missverständnis, richtig aufgeblüht. Unserer Wohnung war voller Musik. Wir haben zusammen gegessen. Er hat mit mir geredet. Richtig geredet, wir konnten längere Gespräche führen. Er hat dieses Jahr einen immensen Fortschritt hingelegt. Aber diese zwischenmenschlichen komplizierten Dinge, die für euch Studis ja total normal sind, die kennt er nicht.“

„Was ist mit ihm passiert, Nadir?“ sie schaut auf. Nadir schweigt, starrt auf seine Espressotasse, unbewusst greift er nach dieser und schaut auf den Bodensatz.

„Das willst du nicht wissen.“ sagt er schließlich, „Stell dir das Schlimmste vor...und wundere dich, warum er noch lebt. Christine, er hat es nie gelernt.“ Nadirs Miene verdunkelt sich und er schüttelt den Kopf. „Ich möchte, dass du am Wochenende zu uns kommst. Ich werde ihn darauf vorbereiten, ihr müsst miteinander reden.“

Christine nickt sofort „Ja auf jeden Fall!“

 

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Songs zum Anhören:

Stone Sour – Bother



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