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How To Save A Life

Haikyuu Krankenhaus AU RairPairs on the Run
von

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Rumors

“Ich hab gehört…“
 

So fängt es oftmals an. Ganz harmlos, nicht böse gemeint gar, die Neugier und der Wunsch nach Bestätigung schwingt mit. Wenn es um Positives geht weniger als wenn jemand sein Fett weg bekommt. Und wenn es negativer Natur ist, macht es noch viel schneller die Runden und wird Vielerort verändert und verhört.

Ein Gerücht. Krankenhaus Tratsch. Unterhaltung. Was gibt es Schöneres? Abgesehen davon, Leben zu retten und eine neue Operationsmethode zu finden, die sowohl den Chirurgen als auch finanziell das Krankenhaus entlastete?
 

Aber Gerüchte und Tratsch gibt es nicht an jeder Ecke und es ist nicht immer gewiss, etwas Neues zu erfahren. Manchmal muss man sich auch selbst auf die Lauer legen und Informationen einholen.

Was fällt dir so auf, wenn du dich in deiner gewohnten Umgebung umsiehst? Gibt es da gewisse Vibes? Gibt es Dinge, die immer gleich sind und plötzlich kommt Unruhe rein? Willst du nicht auch wissen, was der Grund dafür ist?
 

***
 

„Was ist an Tagen wie heute anders, wie an anderen?“ Terushima stand gemeinsam mit Yamaguchi und Kenma im Erdgeschoß vor dem Zugang zum Labor. Akaashi hatte zwei Nachtschichten in Folge und hat das Krankenhaus gemeinsam mit Konoha aus der Anästhesie verlassen, als die drei ihren Dienst angetreten waren. Ihre Beobachtung fokussierte sich aber nicht auf ihren Kollegen und den Schlafdoktor, wie Terushima Konoha gerne nannte, sondern auf Stationsarzt Komori, der sich an diesem Tag wieder selbst um die Laborergebnisse kümmerte und vor wenigen Minuten pfeifend hinter der großen Glastür verschwunden ist.
 

Kenma stand an die Wand gelehnt und könnte nicht weniger Interesse an der Beantwortung von Terushimas Frage haben. Yamaguchi hingegen stand eng an den neugierigen Assistenzarzt gedrängt um auch ja genug zu sehen. „Bis jetzt gibt‘s noch kein Muster außer, dass es nie an einem Donnerstag ist, aber so lange beobachten wir das noch nicht“, seufzte er, bemerkte dabei genauso wenig wie Terushima, wie nah sie einander waren. Kenma fasste sich an die Stirn, denn er hatte noch ganz genau diesen unangenehmen Moment von vor ein paar Tagen im Kopf, wo er Terushima bei Gott was mit Futakuchi erwischt hatte. Da ihm keiner der Beiden danach über den Weg gelaufen war, ging er davon aus, dass sie sich von ihm nicht haben stören lassen. Eigentlich wollte er sich auch gar nicht den Kopf darüber zerbrechen, aber die Tatsache, dass Yamaguchi auf diese blöden Flirtsprüche, die ihm Terushima hier und da entgegenwarf reagierte wie ein pubertäres Mädchen verstimmte ihm den Magen.

Eigentlich mochte er Yamaguchi gerne, weil er höflich, freundlich und zuvorkommend war, außerdem konnte er hervorragend den Mund verschlossen halten, was Terushima in den Wochen, die sie hier miteinander arbeiteten noch nicht ein Mal geschafft hat. Außer vielleicht, wenn ihm andere Ärzte an den Lippen klebten, aber diesen Gedanken wollte Kenma nicht weiter ausführen.

Und irgendwie, er verstand es ja selbst nicht, mochte er auch Terushima recht gerne, obwohl er laut und anstrengend war, aber Terushima war ehrlich und nahm kein Blatt vor den Mund, er verstellte sich nicht und er hat sogar sein blödes Geflirte bei ihm aufgegeben.
 

„Jo, Tadashi?“, hörte Kenma aufgeregtwa Flüstern und neigte nun auch den Kopf ums Eck. Vielleicht hat er ja was gesehen. „Hmm?“, kam es von Yamaguchi. Kenma sah nur, dass sich Terushima noch näher zu ihm lehnte.

„Willst du mir am Wochenende beim Ausziehen helfen?“ Und schon war Kenmas Interesse an der Situation wieder verflogen. Denn ja, er und Kuroo haben sich dazu entschieden, ihre WG zu erweitern und Terushima am Wochenende einziehen zu lassen.
 

„Ziehst du um?“, fragte Yamaguchi. „Auch, aber ich dachte da an was Anderes“

Stille trat ein. Kenma schämte sich in Grund und Boden gerade anwesend zu sein, Yamaguchi brauchte einen Moment länger, stieß seinen Kollegen aber mit der Realisierung von sich weg und trat mit dem Fuß fest auf den Boden. „Du bist echt ein Schwein!“ blaffte er ihn an und stapfte davon.

„Bin ich, im Horoskop“, rief ihm Terushima nach, Yamaguchi hörte es nicht mehr oder reagierte einfach nicht darauf. Kenma maß Terushima eines abschätzigen Blickes. „Was denn, ich mag ihn!“, sagte dieser, Kenma seufzte.
 

„Okay, ich versteh zwar nicht viel davon, aber ich glaube, so bekloppte Sprüche bringen es nicht oder warst du jemals erfolgreich damit?“, wand Kenma ein, bereute seine Frage aber umgehend. „Kenji mags, er lacht immer und irgendwann läufts dann“. Kenma verzog das Gesicht angewidert. „Warum machst du das überhaupt mit anderen, wenn du Yamaguchi magst?“ fragte er das Offensichtliche, Terushima schien nicht zu verstehen. „Weil wir nicht zusammen sind“ - „Was ihr nie sein werdet, wenn du so weitermachst. Aber warum misch ich mich eigentlich ein? Knutsch rum, mit wem du willst, es ist mir egal“, sagte Kenma und war des blöden Grinsen, das ihm nun entgegenstrahlte etwas überrascht, nicht aber, dass Terushima gleich den nächsten blöden Spruch auf den Lippen hatte: „Wie wärs mit uns beiden?“ Das Angebot wurde deutlich abgelehnt. Kenma trat ihm saftig auf das Schienbein und zog in ähnlicher Manier ab, wie Yamaguchi es zuvor getan hat.

Terushima ging in die Knie. „Verdammt! Model-chan! Das war doch nur ein Spaß“, zischte er schmerzerfüllt und übersah wegen dem Volltreffer, dass Komori mit einem breiten Lächeln aus den Räumlichkeiten der Labore kam und schnurstracks an ihm vorbeiging.

Die Mission, die die drei hatten, auch wenn Kenma nur mangels Alternative dabei war, war in allen Belangen gescheitert.
 

-
 

Die nächste Mission, die Kenma und Yamaguchi vor sich hatten, war denkbar trocken. Sie hatten noch Post-OP-Dokumentation aufzubereiten. Dr. Komori meinte, dass sie in der Zeit, in der sie nicht gerade selbst tätig waren oder von der Galerie zusehen durften, so am meisten lernten. Terushima hat darauf eingewandt, dass der Stationsarzt die Dokumentation selbst sicher ungerne machte und sie deswegen auf sie abwälzte. Kenma hatte kein Problem damit und auch Yamaguchi nahm, was er bekommen konnte. „Theorie kann man nie genug erfahren“, hat er zu Terushima gesagt und der hat ihm nur neckend die Zunge gezeigt. Die Zunge mit dem Zungenpiercing, was Kenma an Kuroos Warnung erinnert hat, Yamaguchi aber ehrfürchtig hat aufschrecken lassen.
 

Vor der Erfüllung ihrer Aufgabe wurden die beiden aber aufgehalten, denn als sie am Science Lab vorbei gingen, erkannten sie Dr. Iwaizumi und seine vier Assistenzärzte durch die offene Tür. Auch Dr. Oikawa schob sich gerade präsentativ in die Szene. „Kommt schon, legt euch n bisschen ins Zeug, ihr wisst, was der Preis ist!“ Er klatschte in die Hände und stierte neugierig um sie herum. Dr. Iwaizumi stand mit verschränkten Armen vor einem Whiteboard, auf dem die Namen der vier in schwer lesbarer Arzthandschrift geschrieben standen, daneben waren Zahlen hingefetzt. Sein Blick war geduldig auf die Assistenzärzte gerichtet, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
 

Kageyama war besonders gut wenn es um Instinkt ging, er arbeitete sehr sauber und legte ein ganz schönes Tempo vor, allerdings scheiterte es manchmal an Kleinigkeiten und vor allem, wenn es darum ging zusammenzuarbeiten. Mit der Zusammenarbeit hatte aber auch Tsukishima ein Problem, der dafür stehts die Ruhe behielt und selbst auf die kniffligste Fragestellung und Situation eine Idee hatte. Besonders klug stellte sich auch Shirabu an, er hatte eine exzellente Technik und war schon etwas teamfähiger als die anderen beiden Jungärzte, dafür hatte er ein Temperament, dass Iwaizumi manchmal an sich selbst erinnerte, vor allem, wenn er an diverse Zusammenstöße mit seinem besten Freund dachte, da ging es manchmal mit ihm durch. Mit wem es nie durchging und wer hier eindeutig am teamfähigsten war, der es aber an Selbstvertrauen fehlte, war Yachi. Sie war eine kluge Ärztin, achtete immer auf ihre Kolleginnen und Kollegen und war sehr einfühlsam mit den Patienten, selbst mit denen, die nicht einfach waren, aber sie war ein Mauerblümchen und bereitete Iwaizumi Sorgen.
 

„Tsukki hat gesagt, sie haben heute Field-Day. Dr. Iwaizumi gibt ihnen den ganzen Tag Aufgaben, praktische und theoretische und wer den Wettkampf gewinnt, darf eine OP von Dr. Oikawa übernehmen“, erklärte Yamaguchi, warum auch der Schönheitschirurg anwesend war und den Jüngsten über die Schultern sah.

„Tobio-chan~ ich bin Besseres von dir gewöhnt, wie willst du mir so nur nacheifern können?“, hagelte es Kritik, aber nicht gegen die Fingerfertigkeit, sondern gegen das miserable Theoriewissen.
 

„Kaum zu glauben, dass es unser König durchs Studium geschafft hat“ Tsukishima blies gehässig Luft aus und gab seinen Multiple Choice Fragebogen bei Dr. Iwaizumi ab, der eine zart getönte Brille aufsetze, weil der Raum in einem so grellen Licht erstrahlte und ihm das Lesen der Unterlage unangenehm machte. „Danke, Tsukishima“, sagte er, nahm den Bogen entgegen und zückte aus seinem Arztkittel einen roten Korrekturstift. Die Sache mit dem lehrenden Arzt nahm er sehr ernst, anders wie sein bester Freund, der sich gerade ein bisschen zu viel Spaß herausnahm, wie er mit seinen Assistenzärzten umging. „Jo, Trashy-kawa, bisschen mehr Teachy-kawa, hmm?“, ermahnte er ihn, biss die Kappe vom Stift und zog seine Linien über Tsukishimas Aufgabenblatt.
 

Dr. Iwaizumi war mit dem Kontrollieren noch nicht fertig, da stand auch schon Shirabu mit seiner Abgabe vor ihm und lieferte sich mit Tsukishima einen Blick- und Schnaubcontest. Der Rotstift zog schneller über das Papier, denn die beiden strebten beinahe die volle Punktzahl an.

„Pff“, drückten sie einander aus, bei der dümmsten Frage falsch gelegen zu haben. Ansichtssache. Der Stift bekam die Kappe wieder aufgesetzt, verschwand im Arztkittel und stattdessen zog Dr. Iwaizumi etwas anderes heraus.
 

Für die nächste Übung reichte er ihnen je ein Post-it wo mit Arzthandschrift etwas geschrieben stand, was sie ihm umgehend bringen sollten, außerdem wollte er bei ihrer Rückkehr auch den Einsatz einerseits des Medikaments anderseits des Utensils hören. Die beiden zogen zielstrebig ab, jeder in eine andere Richtung und Dr. Iwaizumi notierte die Punkte des Multiple Choice Testes und die Zeit auf dem Whiteboard mit den einhergehenden Aufgaben. Dann fiel sein besorgter Blick auf Yachi, die über ihrem Fragebogen hing und sich kaum rührte.

Wie lange sie dort schon saß oder viel eher lag, konnten Kenma und Yamaguchi nicht bestimmen, aber die Blondine schlief. Gerade, dass ihr nicht ein Speichelfaden aus dem Mundwinkel hing.
 

Dr. Iwaizumi stellte sich direkt vor ihren Tisch und räusperte sich einmal stimmvoll, dass die junge Assistenzärztin beinahe aus allen Wolken fiel, also fast vom Sessel und hoch aufjapste.
 

„Tja, ich jag meinen Zöglingen zumindest keine Todesangst ein“, neckte Dr. Oikawa, der bis eben tatsächlich den Beleidigten gemimt hat. „Du hast keine Zöglinge und es sind keine Zöglinge sondern Assistenzärzte, nicht wahr, Yachi?“, konterte der Stationsarzt, er ging dabei gar nicht erst auf die gespielte Empörung ein und beobachtete, wie sich die junge Frau wieder sammelte und schnell nickte. Sie hob rasch ihren Stift auf, der vom Tisch gerollt war und füllte den Rest des Fragebogen aus.

Auch ihre Punkt landeten kurz darauf am Whiteboard, nur auf Kageyama musste Iwaizumi noch warten. Ein Blick auf die Uhr ließ den Stationsarzt im Ansatz unruhig werden.
 

„Tsukki ist richtig gut“, bemerkte Yamaguchi stolz. Sein bester Freund führte gerade. „Ja, er und Shirabu geben sich ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen“, erkannte Kenma richtig. Wer von den beiden also an Dr. Oikawas Stelle Hammerzehen korrigieren durfte, ganz alleine, würde sich aber erst in den nächsten Stunden zeigen. Vielleicht würde auch noch Kageyama aufholen oder Yachi bekam einen Energieschub. Kenma wusste nur, dass er ein bisschen neidisch war. Nicht auf die Chance, mit Dr. Oikawa zu operieren, denn die Aufsicht hatte dieser ja dennoch, viel mehr wegen der Gerätschaften, die die vier Jungärzte hier auch bedienen durften. Die Apparaturen waren auf dem höchsten Stand der Technik und boten so viel Möglichkeit, sich Fertigkeiten anzueignen.
 

„Wir sollten den Papierkram endlich machen“, sagte Kenma aber zu Yamaguchi und die beiden lösten sich von ihrem Beobachtungsposten um einen der Aufenthaltsräume aufzusuchen.

Sie liefen dabei Schwester Suzumeda über den Weg, die die Richtung zum Science Lab eingeschlagen hat, was aber nicht weiter Kenmas Interesse bedurfte. Es reichte Dr. Oikawas gequältes „Dr. Iwa-chaaaaan! Lass mich nicht mit den Anfängern alleine“. Eine Tür wurde zugeknallt und Kenma schob Yamaguchi hastig weiter um in jedem Fall außerhalb der Schusslinie von was auch immer zu sein, nur um direkt in die Kreise des Fegefeuers der Hölle zu kommen.
 

„Ich sagte doch, ich hätte eine Idee Sayaka-chans Leben zu retten“, hörte er Kuroos Stimme. Kenma blieb augenblicklich stehen, er zog auch an Yamaguchis Umhang, dass dieser ebenso stehen blieb. „Ich versteh die Aufgabe nicht“, seufzte der Brünette merklich verwirrt. „Das ist keine Aufgabe, ich wollte von dem einen Problem weg, aber da vorne steht das nächste“, murrte Kenma leise und sah so neugierig um die Ecke, wie Terushima und Yamaguchi es zuvor beim Labor getan haben.
 

„Du hast mir lediglich den richtigen Arzt gebracht“, sagte Dr. Sugawara, Oberarzt für Pädiatrie. Seine Hände waren vor der Brust verschränkt und Kenma erkannte an Kuroos Haltung sofort, dass das kein normales Gespräch zwischen Ärzten war. Kuroo flirtete. Kenma stieß angespannt Luft aus. Yamaguchi lugte nun auch in den angrenzenden Gang. „Warum ist dein Mitbewohner ein Problem?“, fragte er Kenma, doch dieser schüttelte den Kopf. „Es ist nicht Kuro an sich, lass uns wo anders hingehen“, sagte er. „Okay“ Yamaguchi gewahr sich noch einen kurzen Blick auf die beiden Ärzte, folgte aber seinem Kollegen in die andere Richtung.
 

-
 

„Ich hab total versagt“ jammerte Yachi. Sie hat sich nachdem der Feld-Tag mit Dr. Iwaizumi vorbei war neben Kenma in einem verlassenen Gang mit abgestellten Krankenbetten auf einem dieser niedergelassen und stieß ein erschöpftes Seufzen aus. „Du schläfst auch nicht, das ist nicht gut für das Gehirn“, sagte Kenma darauf und fühlte sich überraschend ertappt, denn etwas Ähnliches sagte Kuroo auch immer zu ihm. „Na toll, jetzt kling ich schon wie er“ Kenma verdrehte die Augen, aber Yachi legte den Kopf schief. „Wie wer?“, wollte sie wissen.

„Kuro“, antwortete Kenma knapp. Er blätterte in den Dokumenten, die er für Komori aufarbeitete, Yamaguchi wurde vor einer Stunde von Dr. Ukai jun. für die Unfallambulanz entwendet.
 

„Dr. Kuroo? Der große Arzt mit den komischen schwarzen Haaren?“, fragte Yachi. „Die sind nicht komisch“, verteidigte Kenma seinen besten Freund. „Er schläft seltsam, da sind die automatisch so“, ergänzte er und hob den Kopf um Yachis Blick einzufangen, der ihm nicht gefiel. „Ist er dein Freund?“, wollte sie wissen. Deswegen. Kenmas Pupillen weiteten sich und zogen sich wieder zusammen, wie die einer Katze, die fokussierte. „Nein!“, antwortete er harsch, dass Yachi zusammenzuckte. „Ent-Ent-Ent-“ –
 

„Ente?! Bist du das etwa?“ Noch während sich Yachi stotternd entschuldigen wollte, hastete Komori um die Ecke mit einer weiteren diesmal rosaroten Ente vom Haupttrakt des Krankenhauses in den verlassenen Gang. Kenma wandte sich seinem Stationsarzt zu, Yachi drohte am Schock zu ersticken. „Ich glaube nicht, dass es Yachi ist, Dr. Komori“, sagte Kenma ruhig. Die blonde Ärztin sah geschreckt wie ein junges Reh zwischen den beiden her, rang nach Worten aber auch nach Luft. Den Vorwurf verstand sie kein bisschen, was man ihr auch ansah.
 

„Dr. Komori fühlt sich seit kurzem von kleinen bunten Plastikenten verfolgt“, sagte Kenma trocken zur Aufklärung. Komori erhob tadelnd den Finger gegen ihn. „Harz, kein Plastik! Und aufpassen mit dem frech sein. Also?“, warnte er erst Kenma und sah Yachi wieder fragend an, die zu ihren tiefen Augenringen nun auch noch komplett weiß im Gesicht war.

„I-I-Ich hab gar nicht wo mit Enten“, japste sie. „Aber… aber ist es denn ein Problem? Vielleicht will hier jemand nur mehr Farbe reinbringen“ Yachi machte sich natürlich umgehend Gedanken, die sowohl Kenma als auch Komori mit erhobenen Augenbrauen hinterfragten. Yachi nahm die kleine Ente aus Komoris Hand, hielt sie auf Augenhöhe, dass sie entzückt zuerst zum Stationsarzt und schließlich zu ihrem Kollegen sah. Mit der freien Hand machte sie die Bewegung, die man vom berühmten Ententanz kannte und kicherte vergnügt. Kenmas Mimik blieb, Komori zog die Lippen zu einer Schnute. „Zu überzeugt, du bleibst auf der Verdächtigenliste“, sagte er, nahm Yachi die Ente wieder weg und wandte sich um. Im Gehen gab er einen letzten Auftrag: „Ach und Kozume? Du meldest dich bei Dr. Sakusa wegen Iizunas Drainage und danach kümmerst du dich ums Kramuri-Regal im dritten Stock, fürs frech sein.“ Kenma seufzte leise, aber wagte es nicht, zu widersprechen. Das hat er sich ganz alleine eingehandelt, auch wenn er der Meinung war, die Wahrheit gesprochen zu haben. Komori machte aus diesem Entending einen Elefanten.
 

„Was ist das Kramuri-Regal?“, fragte Yachi unverblümt. Kenma hievte sich bereits schnaubend von dem abgestellten Krankenbett hinunter. „Das ist das Regal mit den ganzen Utensilien, die wir irgendwie doch nicht brauchen und zu beschäftigt sind, korrekt einzuordnen“, antwortete er ihr. Warum das Regal im dritten Stock immer besonders unordentlich war, konnte er sich selbst nicht erklären. Vielleicht würde er im Laufe seiner Karriere noch einen Grund dafür finden und dann könnte er die Schuldigen ermahnen und eine solche Aufgabe, wie er sie bekommen hat, würde es dann nicht mehr für ihn geben. Auch wenn er von Natur aus nicht frech war und somit nicht davon ausging, jemals wieder eine Strafarbeit aufzubekommen.
 

Bevor er den Gang verließ, wandte er sich noch einmal zu Yachi um. „Schlafen!“, kam ihm bestimmend über die Lippen und schon ging er mit den Akten unter seinem Arm hinaus und brachte diese zu Asahi ans Schwesternpult, der sich vor Kenmas ungewohnt angespannten Art hinwegduckte und merklich erleichtert war, als dieser wieder ging. „Der tut dir nichts“, war Nishinoya noch zu hören, genauso wie ein erschrockener Laut, denn Asahi hat wohl auch nicht mit dem aufbrausenden Arzt gerechnet. Gut, dass er im Krankenhaus arbeitete und nicht bei der Feuerwehr oder bei der Rettung, an die Polizei wollte gar nicht gedacht werden. Der große einschüchternde Mann hätte dort zwar bestimmt eine tolle Wirkung, aber würde sich damit selbst ein Grab schaufeln.
 

Kenma musste nicht lange nach Dr. Sakusa suchen, gar nicht sogar, denn als er den Weg zu der Station einschlug, wo Iizuna seit ein paar Tagen in einem Einzelzimmer lag, stand der Neuro-Spezialist auch schon im Gang. „Folgen“ hat er gesagt. Kurz darauf standen sie an Iizunas Bett, Kenma hielt die Finger an dessen Hals und zog ihm den Schlauch vorsichtig heraus.

Iizuna kniff die Augen angestrengt zusammen und seufzte erleichtert auf, als es vorbei war. „Hab ich Ihnen wehgetan?“, fragte Kenma und zog den Faden um die kleine offene Wunde fester, dass sie gut verschlossen war und restlos heilen konnte.

„Nein, es ist nur… es fühlt sich sehr komisch an, ich spüre kaum etwas und irgendwie doch und wenn sie mich-“, sagte Iizuna.

„Das ist normal, das wissen Sie“, unterbrach Dr. Sakusa, besah Kenmas Werk und nickte anerkennend. „Sehr gut“, lobte er und machte noch eine Notiz am Chart, dann ließ er Kenma etwas perplex zurück. Natürlich wollte sich dieser nicht direkt an Dr. Sakusas Rockzipfel hängen und schätzte seine unnahbare Art, dennoch war er nun überfordert, weil er mit Iizuna alleine zurück blieb.
 

Stille waltete zwischen ihnen in der Kenmas Blick an Iizunas Hals haftete und dieser, wie er aus dem Augenwinkel sehen konnte, hier wieder mit seinem hübschen Lächeln hausierte. Einen Moment gewahr sich Kenma, dann hob er den Blick und sah in die sanften rötlichen Augen.
 

„Sie sollten Ihrer Freundin für ihre grobe Art wohl danken“, sagte er, wunderte sich aber gleichzeitig, warum diese Freundin noch nicht zu Besuch war. Kenma fragte diesbezüglich nicht nach, er wollte nicht aufdringlich oder gar neugierig sein.

„Ich habe keine Freundin, Dr. Kozume“, konterte Iizuna mit einer unabdeutbaren Betonung des Bezeichnungswortes ‘Freundin‘. Kenma musterte ihn für einen Moment. „Dann wohl Ihrem Freund“
 

„Ich hab auch keinen Freund. Es war ein kleines Abenteuer… mit einem anderen Mann wohl“, ging Iizuna weiter ins Details als Kenma erwartet hätte, aber seine Neugier war ihm dankbar darum. „Stört es Sie?“, fragte Iizuna noch. Kenma sah ihn nachdenklich an. „Was sollte mich stören?“, wollte er wissen.

„Dass ich auf Männer stehe“, antwortete Iizuna und griff nach Kenmas Hand. Er setzte alles auf eine Karte. „Auf hübsche kluge Männer und ich wäre auf der Suche nach etwas Echtem, glauben Sie, Sie könnten mir behilflich sein?“ Um seine Absichten zu verdeutlichen, streichelte er mit dem Daumen zärtlich über Kenmas Handrücken, was diesem ein ungewohnt schönes Gefühl durch den Körper jagte. Dennoch starrte er uneins mit der Situation auf ihre Hände.
 

„Dr… Akaashi ist sehr klug und ausgesprochen hübsch. Dr. Sakusa auch, aber bei ihm kann ich nicht behilflich sein“, sagte er, die letzten Worte sogar recht schnell. Iizunas Augen blitzten auf.

„Weil da etwas zwischen Ihnen läuft?“, fragte er nach. „Weil er Ihr Arzt ist und mein Vorgesetzter!“, stieß Kenma mit Empörung aus. Iizuna schmunzelte.
 

„Und wie sieht es mit Ihnen aus?“ er gab nicht auf. Kenma hat ihm auch seine Hand noch nicht entzogen, was als positiv zu deuten war. Er genoss die Berührung im Grunde ja auch, selbst wenn er wusste, dass das nicht klug war.

„Ich bin niemandes Vorgesetzter, aber auch Ihr Arzt“ Iizuna seufzte. „Sind Sie vergeben?“ Kenma stockte, Iizuna sprach weiter. „Darf ich denn Ihre private Handynummer haben um Sie nach all dem hier für eine Kontrolle zu konsultieren?“ Unverständnis war in Kenmas Augen zu erkennen.

„Wozu brauchen Sie dafür meine private Nummer? Sie bekommen einen Kontrolltermin direkt mit den Entlassungspapieren und dann machen Sie den nächsten aus“ Iizuna war zwar hartnäckig, aber gerade geriet auch er an seine Grenzen. Er lockerte den Griff um Kenmas Hand und ließ langsam ab.

„Sie haben recht, wie unklug von mir“, murmelte er aber Kenma schüttelte den Kopf. „Nicht doch, Sie sind noch durcheinander, die OP ist erst ein paar Tage her, das ist ganz normal“, munterte er ihn auf, entschuldigte sich aber, immerhin hatte er noch eine unliebsame Aufgabe zu erfüllen.
 

Während seiner Schritte zum Depot des medizinischen Unrats spürte er noch die Wärme von Iizunas Hand auf seiner. Kenma ergab sich eines zufriedenen Lächelns. Irgendwie fand er den Gedanken gar nicht so abneigend, dass dieser Patient seine private Telefonnummer haben könnte, wäre da nicht die Tatsache, dass Iizuna eben das war: Sein Patient. Außerdem suchte er jemanden mit dem er eine echte ernste Beziehung führen konnte und in dieser Position sah er sich nicht und wollte es einem unangenehmen Bauchgefühls zu urteilen auch nicht beobachten, wie es jemand anderes wurde.
 

„Hey! Was machst du?“ Yamaguchi stellte sich Kenma neugierig in den Weg und riss ihn damit und mit der Frage aus seinen unrunden Gedanken.

„Komori… Kramuri. Ähm… Dr. Komori hat mich gebeten, das Kramuriregal zu sortieren“, erklärte Kenma etwas ertappt und führte seinen Weg fort.

„Hast du was angestellt?“ Yamaguchi folgte ihm. Warum lag das nur so auf der Hand? Kenma seufzte. Wenn der andere es eh wusste, musste er es ihm nicht auch noch bestätigen. „Suchst du Tratsch oder hilfst du mir?“, fragte er ihn schlicht. Yamaguchi konnte gerne beides mit „Ja“ beantworten, es wäre Kenma nur recht.

„Okay, ich helf dir. Tsukki hat übrigens Dr. Iwiazumis Wettbewerb gewonnen“, sagte Yamaguchi. Kenma zog seine ID-Karte und öffnete die Tür zum Lagerraum, die hinter ihnen auch gleich wieder zufiel. Das Licht flackerte und offenbarte ein Schlachtfeld von einem Regal.

Yamaguchi begann die Utensilien auseinander zu sortieren, erst meinte er, dass sie grobe Sammlungen brauchten, dann könnten sie mit der Reinigung beginnen und die Dinge an ihre Plätze räumen.
 

Und wäre da nicht eine plötzliche Unterbrechung gewesen, hätten die beiden wohl gut die ein oder andere Stunde dahinarbeiten können. Aber die Tür wurde rasant aufgerissen, eine Hand langte in den Raum und warf einige Pflaster herein. Das blöde Kichern erkannte Kenma sofort, aber Terushima und wer auch immer, vermutlich Futakuchi, verschwanden noch bevor die Tür richtig offen war und wieder zufallen konnte. Vis-a-vis knallte die Tür des Bereitschaftsraumes zu, wurde verschlossen und Kenma wusste nun genau, warum der Lagerraum im dritten Stock so unordentlich war. „War das…“, Yamaguchi traute sich kaum zu Ende fragen. „Ich weiß nicht“, log Kenma und zuckte mit den Schultern, lieber nahm er die Pflaster, stapelte sie aber ließ sie genauso in der Mitte des Regals liegen. Sein Kopf neigte sich zu Yamaguchi, der ungewohnt ruhig war. Ruhiger als sonst, stumm regelrecht und sein Atmen hörte sich bedrückt an. Kenma seufzte. „Er ist ein Vollidiot, okay?“, sagte er zu ihm. Yamaguchi nickte abwesend. Seine Augen wurden glasig und die Situation für Kenma unangenehm.

„Möchtest du zu Koma-nishis OP gehen? Er bekommt heute seine neue Lunge“, schlug Kenma vor und zerstreute die Pflaster so, dass sie wieder so lagen, wie sie zuvor gefallen sind. Dass er Kawanishi bei seinem Krankenhaus-Spitznamen nannte, hatte rein aufmunternde Zwecke Yamaguchi gegenüber, denn eigentlich fand Kenma das sehr unangebracht und grotesk. War es und Yamaguchi konnte er damit auch nicht richtig ablenken. „Ich weiß, wo es auch jetzt noch Apfelkuchen gibt“, schlug er weiter vor und fragte sich, warum es so schwer war, Leute aufzumuntern. Er war doch nett und einfühlsam, warum ging es dem Brünetten nicht besser? Der zuckte stattdessen nur mit den Schultern, dass nun Kenma derjenige war, der Trost brauchte und deswegen wollte er zum Schwesternzimmer gehen, wo sich der Automat mit der süßen Wohltat befand. Yamaguchi folgte bedröppelt. Kenma fuhr sich angespannt durch das Haar, hatte aber wenig später, was er wollte. Auch Yamaguchi saß vor einem Stück, aber nestelte nur demotiviert an den Krümeln herum.
 

„Lass das bitte sein und iss“, forderte Kenma harscher als geplant. Wieder fühlte er sich unangenehm an Kuroo erinnert und fragte sich, ob es für den Älteren immer so war, wenn Kenma sich den vernünftigen Dingen verweigerte. Stille waltete, nur das Klackern der Gabel auf dem Teller war zu hören und etwas entfernt die Stimmen der Schwestern und Ärzte, aber die beiden hatten etwas Ruhe. Kenma kämpfte mit sich selbst, aber überwand sich schließlich doch einer Frage.
 

„Du magst Terushima oder?“ Yamaguchi schreckte ertappt hoch. Rote Farbe zierte seine mit Sommersprossen bedeckten Wangen und Kenma wusste, dass Terushima dieser Anblick gefallen würde, wie hat er ihm in einer der Busfahren gesagt? „Ich steh total auf Sommersprossen“.

„Ich versteh zwar nicht, was du an ihm findest, aber ich glaub, er brauchts, wenn man ihm die Meinung sagt“, erlaubte er sich einen weiteren Rat an diesem Tag. Yamaguchi verhielt sich weiter ruhig während Kenma seinen Kuchen aufaß. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er über das Gesagte nachdachte, vielleicht sogar bereits innere Monologe oder gar Dialoge führte, doch nichts davon kam über seine Lippen. Bis Kenma wieder das Wort erhob.

„Isst du den noch?“, fragte er den Brünetten und Yamaguchi gab das Stück gerne weiter.
 

„Terushima-san ist irgendwie all das, was ich gerne wäre… Er ist witzig und direkt, außerdem macht ihm alles, was er tut, Spaß und er sieht in allem das Positive oder zumindest scheint es so, er ist ein richtiger Optimist und hat vor nichts Angst und er ist sehr natürlich, ich glaube, er verstellt sich nicht“, sagte Yamaguchi schließlich und Kenma musste sich eingestehen, er hatte recht, bis auf eine Kleinigkeit, von der er in der Zwischenzeit wusste, weil er sonst in aller Ruhe Bus fahren hätte können. Vielleicht sollte er ihn demnächst einmal fragen, wie er sich das mit seinem Motorrad vorstellte. Und gewiss, Terushima gehörte zu den ehrlichsten Leuten, die er kannte. Er nahm kein Blatt vor den Mund und Filter hatte er auch keinen aber, und das mochte er wohl selbst sehr an ihm, er war immer 100% er selbst. Zumindest schätzte er ihn so ein. Wer würde sich schon so verstellen, dass dabei ein Charakter, wie Terushima ihn hatte, rauskam? Das wäre wirklich dumm. Und dumm war er nicht, immerhin hatte er ein Diplom.
 

„Er ist trotzdem ein Vollidiot“, sagte Kenma, stand nach dem Verspeisen des zweiten Stücks auf und schlug Yamaguchi vor, die Transplantation zu beobachten, die demnächst losgehen sollte. Vielleicht würde sich ja einer von ihnen für diese Spezialisierung entscheiden. Auch wenn Kenma meinte, er hätte seine Richtung bereits gefunden.
 

Leider zwang ihr Ziel die beiden unweigerlich dazu, am Lagerraum und somit auch wieder am Bereitschaftszimmer vorbeizugehen. Das Timing hätte nicht schlechter sein können, denn in dem Augenblick als sie schon fast passiert waren, kamen Terushima und Shirabu mit unordentlicher Kleidung und etwas zerzaustem Haar heraus. Ihnen war sehr deutlich anzusehen, was da drinnen passiert ist und dass es lange passiert, vermutlich mehrmals.

Auf Terushimas Lippen lag ein schmutziges Grinsen, Shirabu maulte etwas von einem Trostpreis, aber der Blonde winkte es nur weg. Als er sich umdrehte und Kenma mit Yamaguchi erkannte, entgleiste ihm dafür das Gesicht und etwas geschah, das Kenma für unmöglich gehalten hat: Er blieb stumm.

Dafür überraschte ihn Yamaguchi, der zwar wieder rote Farbe um seine Nase sammelte, diesmal aber nicht aus Verlegenheit, sondern aus Zorn.
 

„Wie lange habt ihr es da drinnen bitte getrieben? Das ist doch abartig!“ warf er Terushima vor. Er spuckte die Worte regelrecht aus, in seinen Augen flackerte Wut und die nervös geballten Hände verrieten Kenma, dass Yamaguchi sich wohl sogar davor behütete, einfach zuzuschlagen. Interessant. Shirabu hat sofort das Weite gesucht, für Drama war er gerade nicht zu haben, denn in diesem wäre er nun auch noch beteiligt gewesen.
 

„Abartig gut?“, fragte Terushima, aber bevor Yamaguchi vielleicht doch noch handgreiflich wurde, zog ihn Kenma weg. Er schüttelte über Terushima den Kopf und deutete ihm, zu bleiben, sein Blick transportierte die Aufforderung zu schweigen. „Abartig“, wiederholte er schnaubend, Terushima blieb mit Einsicht zurück.

Yamaguchi ließ sich gar nicht so einfach weiterzerren, erst als sie den Gang verließen und vor den Liften ankamen, wo Yachi nervös auf und ab ging, den Rufknopf betätigte und den nächsten Lift aber ziehen ließ, löste sich die Anspannung.

Die Blondine war unruhig, sehr sogar und aufgelöst, bleich gar im Gesicht und schien die beiden nicht zu bemerken, da hatte sich Yamaguchi sofort seiner Wut entzogen und ging auf die Kollegin zu. Vorsicht legte er ihr die Hand auf die Schulter, Kenma beobachtete.
 

„Yachi-san? Ist alles in Ordnung?“, fragte er bedacht. Yachi erstarrte. Ihr Blick traf den von Yamaguchi und kurz darauf Kenmas.

„Nein… ich meine Ja, naja also… ich weiß nicht. Kawanishi-san wird gleich operiert, aber ich trau mich nicht hinzugehen“, sagte sie.

„Du hast zu viel Nähe zu deinem Patienten aufgebaut“, sagte Kenma seufzend und verschränkte die Arme vor der Brust, doch Yachi schüttelte schnell den Kopf. „Nein, nein, daran liegt es nicht“, sagte sie behände. Auf die Nachfrage, woran es sonst läge, machte sie erst eine theatralische Pause.
 

„Dr. Ukai Junior ist auch dort“, sagte sie leise. Sie schämte sich eindeutig, wofür ahnte Kenma ja noch nicht und verstand es auch nicht so recht, als sie es nach Yamaguchis weiteren Nachfrage erklärte.
 

„Nunja… vielleicht ist es mir so unangenehm, weil ich mich etwas vor ihm fürchte. Ich hab ihn in der ersten Woche für einen Patienten von der Psychiatrischen gehalten… er sieht so gefährlich aus, mit seinen Piercings und den gebleichten Haaren und dann auch noch dieser finstere Blick.“

Kenma ging sich selbst durch das blondierte Haar und dachte an Terushimas Zungenpiercing und Shirabus finsteren Blick. Er wollte nicht nachfragen, ob Yachi auch vor ihm und den anderen Angst hatte, denn das spürte er ganz deutlich, war der Grund: Yachi hatte Angst vor dem jungen Dr. Ukai. Wie das wohl erst bei dessen Großvater wäre? Dem Chefarzt der Kardiologie.
 

„Ich finde ihn auch etwas unheimlich, aber wenn wir zu dritt gehen, dann kann uns nichts passieren“, sagte Yamaguchi mit einem liebevollen Lächeln, das nicht nur Yachi überzeugte. Kenma meinte zu wissen, dass das genau der Grund dafür war, warum sich Terushima so selten dämlich benahm und vermutete auch gleich, dass er vielleicht noch eine Angst hatte. Nicht weil Yamaguchi angsteinflößend war, nein, niemals, dafür war er viel zu entzückend, aber Terushima wirkte auf ihn – und das bewies er in den letzten Tagen sehr deutlich – nicht wie jemand, der bereit für etwas Ernstes war. Kenma meinte langsam zu verstehen, dass sich Terushima selbst boykottierte, weil er Angst vor Bindung hatte. So wie er… Eine interessante Gemeinsamkeit, die unterschiedlicher nicht sein und wirken konnte.
 

-
 

Dr. Ukai Junior saß bereits in der Galerie als die drei Jungärzte dazukamen. Auch ein paar Andere waren schon anwesend. Dr. Nishinoya und Dr. Tanaka zum Beispiel. Sie haben in der letzten Reihe Platz genommen und tauschten aufgeregte Zusprache dem Transplantationsarzt aus, der noch nicht im Operationssaal stand. „Er ist einfach der Allercoolste“, flüsterten sie, aber Dr. Ukai räusperte sich. „Sorry, Doc, Sie sind auch nicht übel“, folgte die Entschuldigung.

Kenma setzte sich direkt beim Eingang ganz hinten hin, dass er flüchten konnte, wenn ihm das Publikum hier zu bunt wurde, so sah er das Eintreten des erwarteten Arztes auch erst, als dieser schon fast am Operationstisch angekommen war und stutzend nach links zu Semi sah, der bereits die Narkotisierung überwachte.
 

"Onde está Sushi?", fragte er mit einem angenehmen brasilianischen Grollen in der Stimme, dem man gerne Stunden lang zuhören wollte. "Kommt erst zum Schichtwechsel, Sie müssen mit mir vorlieb nehmen, Dr. Romero", erwiderte Semi mit festem Blick. Für einen Moment verweilten die beiden als trägen sie einen stillen Wettkampf aus bis Dr. Romero akzeptierend nickte. "Okay", sagte er und tätschelte Semi den Kopf, was alle Anwesenden, auch die Zuseher, nach Luft japsen ließ.

"Dr. Romero!", mahnte Misaki. Die OP-Schwester eilte sofort zum Spender um frische Handschuhe in Größe L herauszuzupfen.

Yachi war richtig heftig erschrocken und verwehrte sich nun eines Schwächeanfalles, während Yamaguchi mehr einem verschreckten Grundschüler glich als einem ausgebildeten Arzt.
 

„Hinsetzen, ihr Knalltüten, oder raus“, knurrte Dr. Ukai, dass sich Yachi beinahe umgehend gesetzt hätte. Auf den Boden, wäre da nicht Yamaguchi gewesen, der sie in die erste Reihe schob. Kenma gab dem Getuschel der beiden nicht mehr viel, war aber ebenso empört über diesen hygienischen Fauxpas, OP-Häubchen hin oder her, das war nicht in Ordnung.

Misaki unterstützte den Arzt beim Handschuhtausch und schüttelte den Kopf dabei. Unter ihrer Maske schien sich dennoch ein amüsiertes Schmunzeln zu bilden. Impulskontrolle war wohl nicht Dr. Romeros Stärke.
 

Die Neulinge staunten nicht schlecht, als der nächste Punkt an der Tagesordnung die Beorderung war, das Handy und die kleine Blutoothbox anzumachen um die OP-Playlist abzuspielen.

Mit dem ersten Song wandte sich Dr. Romeros Kopf hoch zu Dr. Ukai. Die beiden nickten einander zu und die Operation ging los.
 

Kenma wollte sich nicht weiter durch die musikalische Begleitung oder irgendwelchen Bro-Handshake-Augengeplänkel durch eine Glasscheibe beirren lassen. Wenn der Mann dort am OP-Tisch so gut war, wie ihm sein Ruf einher ging, dann durfte er sich eine solche Eigenheit erlauben. Vorausgesetzt, es löste keinen Tick aus, wie das Tätscheln des Anästhesisten Kopfes.

Die Musik hat Kenma auch schon fast vollkommen ausgeblendet. In so etwas war er gut. Auch in Videospielen konnte er das Unwichtige für sich abschalten und sich auf das Wesentliche fokussieren. Bei Dr. Romero war es wohl gerade die Musik, die den Fokus einlenkte und ein klares Bild schaffte. Es war schwer zu erkennen, ob die Handgriffe taktangepasst oder taktgebend waren.

Das Wesentliche ließ im Laufe der Operation Kenmas Ohren zucken und den Fokus ablenken.
 

„Oh, Dr. Romero ist hier?“, fragte eine wohlbekannte Stimme neben ihm. Dr. Sakusa lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türbogen und sah erhobenen Hauptes durch die Scheibe hinunter zu Dr. Romero, der beim Besteckwechsel einen Schlagzeugtakt mitwippte. Kenma sah über seine Schulter hinweg zu dem Oberarzt, bot ihm den Platz neben sich an, aber Dr. Sakusa deutete ihm, zu rutschen. Er würde nicht lange bleiben.
 

„Wie er leibt und lebt und rockt“, sagte Dr. Ukai mit dem Gesicht weiterhin nach vorne gewandt. Dr. Sakusa verzog das Gesicht. „Idiotisch“, flüsterte er, was durch seine Maske kaum zu hören war, und würdigte den Chefarzt keines Blickes. Kenma blieb ruhig neben ihm sitzen und musterte ihn, soweit es sein Sichtfeld von der Seite und durch das blonde Haar erlaubte. Seine Gedanken fanden sich rasch in dem Moment, als Iizuna ihm gesagt hat, er würde auf kluge, hübsche Männer stehen und dass er selbst sofort an seinen Vorgesetzten gedacht aber erst einmal Akaashi als Alibi genannt hat (es war ja auch nicht gelogen).
 

„Sollten Sie sich nicht auf die OP konzentrieren, Dr. KenKen?“, kam es leise aber ernst von Dr. Sakusa. Und was hörte Kenma da raus? Den Hauch von Spott? Machte sich der Oberarzt über ihn lustig? Weil Kuroo ihn so genannt hat? Verdammter Kuroo!

Seine Augen huschten aber sofort wieder nach vorne. „Natürlich“, wisperte er und blieb bis zum erfolgreichen Schluss der Operation auf Dr. Romero fixiert. Auch als Dr. Sakusa vorzeitig gegangen war.
 

Yachi starb in der Zeit gefühlt tausend Tode, dass die junge Ärztin beim Verlassen der Galerie ganz weiß und durchgeschwitzt war und nur auf Yamaguchis Anweisungen hin ihre Schritte tat. Dr. Ukai hat sich nach ihrem Wohlergehen erkundigt, aber keine brauchbare Antwort erhalten, das war dann auch ihm unangenehm und er hat sich nach einem kurzen Pulscheck entschuldigt und verabschiedet.

„Das war astrein!“, jubelte Nishinoya und ging mit Fingerpistolen und einem aufbauenden Blick an Yachi vorbei, Tanaka folgte ihm.
 

„Ich bin so froh, dass alles gut gegangen ist“, flüsterte die Blondine. „Er muss erst noch aufwachen“, nahm ihr Kenma ganz unüberlegt die Hoffnung. „Entschuldige bitte“, sagte er sofort als die frische Farbe gleich wieder ihr Gesicht verließ.
 

„Nein, nein, du hast recht, Kozume-kun, ich sollte erst abwarten“, japste sie, schluckte und nickte rasch. „Du solltest schlafen“, ermahnte sie Kenma noch einmal. Schon wieder sprach Kuroo aus ihm. "Ja, das sollte ich wohl", seufzte Yachi. Auch die Letzten verließen die Galerie.

Für Kenma, Yachi und Yamaguchi sollte es schnurstracks zu ihren Stationen gehen. Am Gang erkannten sie aber, dass Dr. Ukai wartete und Dr. Romero direkt beim Heraustreten aus dem Post-OP-Saal abfing. Einem unerwarteten Handschlag, wie ihn Jugendliche gerne teilten, folgte Dr. Romeros zarte Enttäuschung. „Schade, dass ich dich nicht da drinnen hatte.“
 

„Die Zeiten, in denen ich an deinem Rockzipfel hänge-“ – „an meiner Schulter“ – „-dann dort, die Zeiten sind vorbei. Als Chefarzt hab ich meinen eigenen Fanclub“, sagte Dr. Ukai und deutete mit dem Kopf in die Richtung, in der Yachi sich umgehend wieder erschrocken hatte und die kleine Gruppe um sie langsamer wurde. „Naja, Fanclub würde ich jetzt nicht sagen“, murmelte Kenma an Yamaguchi gewandt, aber er würde es nicht wagen, einem Chefarzt zu wiedersprechen.
 

„Ach, sind wir wieder soweit? Ich glaube, als vogelfreier Transplantationsspezialist, der durchs Land reist und den coolsten Job der Welt macht, hab ich eindeutig gewonnen. Aber du hast das wirklich gut gemacht, bom bom“, säuselte Dr. Romero. Er tätschelte Dr. Ukai den Kopf, wie er es zuvor bei Semi gemacht hat. „Du weißt, ich kann das nicht ausstehen“, knurrte Dr. Ukai gleich darauf und richtete sich die Frisur wieder. Dr. Romero schmunzelte.

„Cerveja?“, fragte er. Ukais Grinsen kam wieder zurück, breiter denn je. „Dachte schon, du fragst nie“

"Wann ist deine Schicht vorbei?" - "Gib mir noch ‘ne Stunde" Die beiden Ärzte verabschiedeten sich und Dr. Romero wollte sich für einen Moment der Gruppe anschließen.

"Habt ihr schon eure Spezialitäten gewählt?", fragte er. Yachi und Yamaguchi schüttelten im Gleichtakt die Köpfe, Kenma nicht. "Neuro ist gut", sagte er. Dr. Romeros Mundwinkel zogen sich hoch. "Dann hast du hier gute Professores". Lange ging ihre Unterhaltung nicht, denn beim Lift trafen sie auf Konoha, der mit Akaashi ins Gespräch vertieft war und sofort Dr. Romeros Aufmerksamkeit auf sich riss.
 

"Olá, Sushi!", rief er. Die beiden wandten sich um. Der Rest blieb stehen und wunderte sich über die Anrede.

"Oh, Nicky", Konohas Augen funkelten auf, Akaashis Haltung wurde wachsamer und seine Augen verengten sich eine Spur. "Ich hab dich vermisst, hab sogar deinen Song weggedrückt", sagte Dr. Romero in Anspielung auf seine Operation und legte sich überzogen dramatisch die Hand auf die Brust. "Ich bin mir sicher, du kommst drüber hinweg", kam es kühl aber mit einem milden Lächeln von Konoha. "So wie du?" Dr. Romeros Blick galt nun Akaashi. Der junge Assistenzarzt untersagte es sich, seine Hände durchzukneten und hob stattdessen die Arme in eine verschränkte Haltung vor seiner Brust. "Ich weiß nicht, worauf Sie anspielen, aber seien Sie unbesorgt, von ungestillter Sehnsucht hätte ich nichts bemerkt" Akaashi ging in den Angriff über, wurde aber nicht ausfällig, noch vergriff er sich im Ton oder an der respektvollen Gegenüberstellung. Er blieb höflich und diskret ganz im Gegenteil wie jemand anderes.
 

"Burn!" kam es von Terushima. Kenma wandte sich zu seinem neuen Mitbewohner um und fragte sich umgehend, wo der gerade hergekommen war und wie lange er bereits hinter ihm und neben Yamaguchi stand. "Schön, dich wohlauf zu sehen", sagte Dr. Romero zu Konoha und schenkte Terushima kein Fünkchen Aufmerksamkeit. Erst als er nach einem festen Griff auf Konohas Schulter kehrt machte und an Terushima vorbeiging. "Du wirst dich noch verbrennen" Die Blicke wurden auf Yamaguchi gelenkt und dann ließ der Transplantationsspezialist die Runder unter sich. Er hatte immerhin noch ein Bier zu trinken.
 

Oder zwei.
 

Oder drei.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und ich lass euch nun mit der Gerüchteküche zurück :P

Falls ihr euch fragt, was Akaashi jetzt hier macht: Der wechselt dann gleich mit Yachi und den Jungs ab, weil er ein paar Nachtschichten hat. Kenma ist neidisch ;)

Wie findet ihr Dr. Romero?
Hier übrigens seine Playlist: Dr. Romeros OP-Playlist
Der letzte Song ist Konohas ;) Komplett anzeigen

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