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Der Weihnachtsfluch

[Eine Harry Potter - Fanfiction]
von

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Der Weihnachtsfluch


 

Der Weihnachtsfluch
 

Die rotblonde Mähne fiel ihr in weichen Locken auf den Rücken. Das bordeauxfarbene Kleid schmiegte sich an ihre Kurven, während die vielen kleinen Strasssteinchen und Pailletten sie wie die Weihnachtssterne strahlen ließen, die an der hohen Zimmerdecke neben den Kronleuchtern schwebten.

Erst hatte sie sich an diese Art der Feierlichkeiten gewöhnen müssen. Doch mit den Jahren und der Erfahrung, die sie auf solchen Partys gesammelt hatte, schlug sie sich bemerkenswert. Als auch ihre zweite Ehe mit dem vermögenden Immobilien-Mogul Richard »Dick« Frost ein Ende fand - ein Reitunfall, wie sie der Presse mitteilte –, wurde aus dem erfolgreichen Model »Etta E.« eine knallharte Geschäftsfrau, die sich der Ideen und dem Geld annahm und neben dem Anpreisen kostspieliger Anwesen ein Imperium für Make-up, Mode und Accessoires aus dem Boden stampfte, als habe sie nie etwas anderes getan.

Sie stand am Fuße der langen Treppe, zupfte und raffte den fließenden Stoff zurecht und glitt mühelos, und auf schwindelerregend hohen Hacken, die mit rotem Teppich besetzten Stufen des alten Herrenhauses hinauf.

Sie war ein gerngesehener Gast auf diesen Festlichkeiten, wie sie die Reichen, Alten, aber nicht unbedingt Schönen wöchentlich zelebrierten. Mit einer Zehe kratzte sie bereits an der großen Vier mit der kleinen Eins – doch sie wurde schließlich nicht älter als neunundzwanzig Jahre. Sie hob den Altersdurchschnitt und erschien nicht selten mit der einen oder anderen Begleitung. An diesem Abend galt die Einladung jedoch ihr allein.

Keine Assistentin, kein junges Nachwuchsmodel oder einer ihrer Bodyguards stärkte ihr den Rücken. Doch das mussten sie auch nicht. Denn aus dem kleinen Mädchen, mit dem sommersprossigen Gesicht, war eine junge Frau mit Zielen und aus dieser eine Lady erwachsen, deren Anwesenheit Beschützinstinkte weckte und zugleich den Neid der anderen Damen schürte.
 

Es war kein Hauself, der die Gäste in Empfang nahm. Für dieses Event hatte der Veranstalter verlangt, dass kein magisches Wesen, Zauberer und Hexen selbstredend ausgeschlossen, ihren Dienst verrichteten. Die hier arbeitenden Angestellten wurden daher fürstlich entlohnt. Zwei Männer, vielleicht ein wenig jünger als sie, hatten sich zu beiden Seiten der Tür postiert, langten in geübter Synchronität nach den Stoßgriffen und eröffneten jedem Besucher eine Welt voller Prunk und vorweihnachtlichem Charme.

Das Foyer zeigte sich in schillernden Farben und dem Anlass angemessen. Tannengrün, rot und schimmerndes Gold verliehen dem Betrachter, beim Betreten des Vorraumes, ein Gefühl von heimeliger Wärme. Die Nuancen waren schier perfekt aufeinander abgestimmt.

Feuer prasselten in den Kaminen der Zimmer, wo auch immer sich die Gäste aufzuhalten pflegten. In dem großen Saal, der sie schlicht an ihre Schulzeit erinnerte - jedoch nichts mit der alten Halle gemein hatte -, war genug Raum vorhanden, um den Geladenen Platz für Plaudereien und dem einen oder anderen Tanz zu gönnen.

Sie ließ den Blick schweifen. Altbekannte Gesichter, die ihr, die geführten Gespräche jedoch nicht unterbrechend, Anerkennung zollten, Bewunderung – als sei sie noch immer eine der gefragtesten Personen im Raum.

Neue, ihr vollkommen fremde Charaktere nahmen sich ihrer an, grüßten mit ehrfürchtigem Nicken und langten nur allzu oft nach ihrer zarten Hand, um einen flüchtigen Kuss darauf zu platzieren. Giftige Hiebe, den Damen geschuldet, hatte sie zu ignorieren gelernt.

Sie war in eine Welt eingetaucht, die vor all dem Prunk und Glamour überfloss. Und doch war es dem Zufall zu verdanken, dass sie den Weg ins Model- und Modebusiness fand. Eine Karriere als Mannequin hatte sie, aufgrund eines dummen Vorfalls in ihrer Jugend, nie für möglich erachtet. Wie ihre Mutter würde sie sich im Ministerium für Zauberei den Aufstieg hart erarbeiten müssen. Doch der Kampf gegen den Dunklen Lord und seine Schergen forderte seinen Tribut. Nun war es bei Weitem nicht mehr mit einem bloßen Fingerschnippen getan, seinen Platz im Ministerium zu finden und auch zu behalten.

Sie war die Tests und Prüfungen leid und dann, an einem Abend im September – es musste eine Ewigkeit her sein – geriet sie, während ihres Urlaubs in Italien, in den Fokus einer Frau. Diese Dame, die sich ihr als Loretta Petrucci vorstellte, überreichte ihr ein kleines Kärtchen und erklärte, dass ihr liebliches Äußeres perfekt für das nächste Shooting sei.

Marietta wollte widersprechen, der Frau Einhalt gebieten, ihr sagen, dass sie modeaffin, aber nie eine Laufbahn in diese Richtung angestrebt habe, doch ihr Protest blieb ungehört. Die Mädchen waren wahre Furien, doch sie blieb hartnäckig und verbissen. Schon einmal hatte sie die Erfahrung machen müssen, was Verrat bedeutete. Die Narben ließen sich nur mit einer dicken Schicht Kosmetika verdecken. Und doch war ihr der Sprung in die feine Gesellschaft gelungen.

Sie hatte geheiratet. Zwei Mal. Nun war sie – mit ihren äußerlichen neunundzwanzig – eine, für Frauen ihres wahren Alters, junge Witwe mit Erfolg und dem einen oder anderen abgebrochenen Fingernagel.

Sie war nicht auf der Suche nach einer neuen Errungenschaft. Eher schien es, als nahmen die Männer vor ihr Reißaus. Vielleicht, so überlegte sie, wäre ein jüngeres Exemplar an ihrer Seite einen Skandal wert. Und vielleicht hätten beide Seiten etwas, das sie aus dieser Liaison mitnehmen konnten. Sie für kurze Zeit jemanden, der ihr das Bett und andere Stellen wärmte und ihr Gegenüber die Chance auf Ruhm und Ansehen.

Abermals glitt ihr Blick über die Menge. Marietta schalt sich für den Gedanken, mit einem der Portiers von dannen zu ziehen. Womöglich waren die Qualitäten eines jungen Begleiters nicht zu unterschätzen. Allerdings waren ihr beide, im Nachhinein betrachtet, doch nicht recht.
 

Zu ihrer Verblüffung stellte Marietta fest, dass sich jemand durch die Reihen schob, dessen Name sich wohl über Monate hinweg zwischen Seiten des Tagespropheten finden ließ.

Draco Malfoy

Das Gesicht verhärmt, ein spärlich sprießender Bart, doch das weißblonde, allmählich ins Gräulich abdriftende Haar war ein unverkennbares Indiz, dass er es sein musste. Aus den vielen Klatschblättern wusste sie, dass sich seine Gattin, die schöne Astoria, eines der Kleider auserwählt hatte, das sie einst in einem dieser bunten Kataloge vorführte.

Es schien unglaubwürdig, dass es dieser Frau gelungen war, aus dem herablassenden Egozentriker einen liebenden Ehemann und Vater heraufzubeschwören. Was er auf dieser Feier zu suchen hatte, vermochte sie nicht zu sagen. Ob er Notiz von ihr nahm, war ihr einerlei. Der Gastgeber schob sich in Pose und die Menge verstummte, angesichts der nun folgenden Rede.
 

Die Angelegenheiten, mit denen sich der alte Zauberer bei den Anwesenden bedankte, konnten ihn kaum weniger scheren. Eine Spendenaktion für den Umbau eines Flügels des St. Mungo Hospitals. Seine Familie besaß Geld, viel davon, und auch wenn es ihn schmerzte, an die Leiden seiner Frau zurückzudenken, so schluckte er den bitteren Geschmack des Hohns hinunter.

Die Zeit mit Astoria hatte ihn Demut gelehrt – die Zeit nach Astoria, was es bedeutete, anderen eine Stütze zu sein.

Er musste diese zähen Stunden absitzen, geduldig sein. Obschon ein halbes Vermögen in den Ausbau des Krankenhauses floss, an dessen Menge die Familie Malfoy nicht unbeteiligt war, war ihm der Rummel um seine Person und seinen Verlust zuwider. Unter steifen Schritten erklomm er die Stufen des Podests, nickte bei den lobhudelnden Worten knapp den Gästen zu und war sichtlich erleichtert, als man ihn aus der Pflicht, präsent zu sein, entließ.
 

Dem Wortwechsel mit dem kleinen, untersetzen Zauberer, der ihr schwärmend Komplimente um die Ohren strich, wusste sie nur mit Danksagung und dem wiederholten Heben der Mundwinkel beizukommen. Kellner boten den Gästen Getränke auf silbernen Tabletts dar, ihre Finger langten nach einem Glas mit hellrotem Inhalt, den sie binnen eines Wimpernschlages ihre Kehle hinunterstürzte. Der edle Tropfen brannte ihr leicht auf der Zunge, doch der so dringend herbeigesehnte Schwips blieb ihr verwehrt.

Marietta entschlüpfte dem silbenreichen Rinnsal glorifizierender Höflichkeiten, empfahl sich und huschte durch die pompöse Flügeltür ins Foyer hinaus. Eine hiesige Wendeltreppe führte in die oberen Gefilde, die Privaträume des Gastgebers. Dennoch meldete sich, unschicklicherweise, ein Bedürfnis, das sie zur Eile mahnte. Suchend ging sie die Türen des erstbesten Ganges ab. Doch wie sooft, wenn es dringlich war, mangelte es an sachkundigem Personal.

Ungeniert rüttelte sie an jeder ihr entgegenkommenden Pforte und endlich schien die Erlösung nahe. Der kleine Raum mit durchaus edler Ausstattung reichte mit Leichtigkeit an die noblen, teuren Residenzen heran, in denen sie sich aufzuhalten pflegte. Wo und wie sollte sonst all das alte Geld unter das Volk gebracht werden, wenn nicht durch solch sündhaftteure Immobilien?

Der Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie nichts von ihrem Glanz eingebüßt hatte. Marietta zupfte akribisch an den Locken, kniff sich in die bleichen Wangen und zog Lippen nach. Sie gab dieser Veranstaltung noch gut und gern zwei bis zweieinhalb Stunden, denn allzu viel gäbe es nicht mehr hervorzuheben, zu beglückwünschen oder zu begutachten. Das Angebot an kultivierten Gesprächen, die nicht ins Frivole abglitten, sobald aus zwei Gläschen drei oder vier wurden, wäre mit voranschreitender Stunde ohnehin auf ein Minimum beschränkt.
 

Als wolle der Zufall sie zusammenbringen, war es ihrem Ungeschick geschuldet, dass Marietta, beim Heraustreten auf den Gang, in den Mann hineinlief, mit dem sie der Verrat an ihrer Freundin verband.

Sie bemerkte seinen prüfenden Blick. Doch dem Erfolg als Model zum Trotze, grollte sie noch immer dieser hinterhältigen Aktion Hermione Grangers, die sie auf schändlichste Art gezeichnet hatte.

In Mariettas sechstem Schuljahr drängte Cho Chang darauf, sich dieser wahnwitzigen Schülergruppe anzuschließen, um zu rebellieren, zu revoltieren und vielleicht ein wenig Eindruck auf Harry Potter zu machen. Marietta ergab sich dem Bitten ihrer Freundin und trat der von Potter, Weasley und Granger ins Leben gerufenen Dumbledores Armee bei. Doch ihr mangelte es an Herzblut und der Begeisterung, die Cho einzig und allein für den Potter-Jungen übrig hatte.

Es war diesem verhexten und verflixten Vertrag zu verdanken, dass der Schriftzug Petze in kleinen, brennenden Pusteln auf ihrer Stirn prangte, sobald sie diese verräterische Organisation bei Professor Umbridge und deren Handlangern, das Inquisitionskommando, zur Anzeige brachte. Nur mühsam war es der Krankenschwester gelungen, diese fiesen Pickelchen, die sich in die Haut fraßen, einzudämmen. Dennoch blieb Marietta auf ewig gebrandmarkt. Zu ihrem Glück hatten findige Muggel ein Programm entwickelt, mit dem es gelang, Unebenheiten zu retuschieren. Doch die Stunden vor dem Spiegel, mit Schwämmchen, Pinsel, Cremes und Puder, blieben ihr trotz allem nicht erspart.
 

Noch immer unterzog er sie einer Musterung, doch sein Blick wirkte erschöpft und leer. Da sie während ihres Besuchs auf Hogwarts nicht viel gemein hatten, war sie umso überraschter, als Draco Malfoy sie mit einem Fingerzeig bedachte. Irritiert blinzelte sie gegen seine Geste an, dann dämmerte ihr, dass die Natur auch vor jemandem wie ihn nicht Halt machte.

Marietta trat einen Schritt beiseite und ließ ihn passieren. Sie hielt inne, überlegte, ob sie es auf ein Gespräch würde ankommen lassen wollen. Sie entschied, dass es ihr nicht zusagte, wenn man sie, so knapp nach dem Besuch der stillen Örtlichkeit, mit einer Rede überfiele und entfernte sich diskret.

Gemächlich, so, als interessiere sie sich für die kunstvollen Gemälde, die die Wände dieses langen Flures schmückten, trabte sie über den glänzen Marmor. Die Absätze ihres edlen Schuhwerks klackerten bei jedem Schritt, und es klang ihr beinahe schon dekadent in den Ohren.

Sie vernahm das leise Klicken einer sich schließenden Tür, und obschon die Neugierde an ihr nagte, wagte Marietta nicht, sich nach ihm umzusehen. Zu ihrer Enttäuschung war es nicht Draco, der an ihr vorbeihastete. Ein Kellner eilte mit einem weiteren Tablett ihr vorüber.

»Ich kenne dich!« Marietta fuhr zusammen. Die Stimme in ihrem Nacken klang brüchig, müde. »Aber dein Name will mir nicht mehr einfallen.«

Er hatte es geschafft, dass ihr sein Erscheinen entging. Vermutlich war er mit dem Bediensteten auf gleicher Höhe, als ebenjener an ihr vorüberzog.

»Such dir einen aus«, sagte sie forsch, auch wenn ihrer Aussage sehr wohl ein großer Funken Wahrheit beizumessen war. Sie wandte sich zu ihm um. Draco neige den Kopf, als überlege er, ob ein verbaler Schlagabtausch an diesem Abend für ihn einen Sinn ergab. Seine Kampfeslust hatte sich mit den letzten Monaten erschöpft. Eine Trägheit hatte sich seiner bemächtigt, eine Traurigkeit, die er mit jedem neuen Morgen wieder und wieder in die Knie zwingen sollte.

Statt einer Antwort kam ihm ein Laut über die Lippen, der mehr kraftloser Seufzer, statt angriffslustigem Spott für sie bereithielt. Marietta erkannte ihren Fauxpas.

»Edgecombe«, entgegnete sie, »Marietta Edgecombe-Finnegan-Frost.«

Er schmälerte den Blick, als wäge er ab, mit welchem der vielen Namen er die Frau vor sich in Verbindung bringen sollte. »Finnigan? Der komische Kerl, der ständig alles in die Luft gejagt hat?«

»Was? Bei Merlins Unterhose, nein! Finnegan. Mit e«, wies sie ihn zurecht. »Ich habe Potter und seine komische Armee an Umbridge verpfiffen.«

Endlich schien ihm zu dämmern, welches der vielen Mädchen vor ihm stand. Er tippte sich sacht an die Stirn. »Ich erinnere mich ... dunkel.«

»Ich kann es dir wohl nicht einmal verübeln«, gab Marietta mit einem Zucken der zarten Schultern zurück. »Ich habe es einer Freundin zuliebe getan. Auch wenn ich die Nützlich- und Notwendigkeit dieser Treffen nicht abstreiten kann, hatte ich nie etwas für Potter übrig oder bin mit ihm warm geworden.«

Darco nickte ihre Worte ab. Er hielt sich bedeckt, was seine Gedanken betraf. Diese Frau hatte einen Nerv getroffen, doch die Vergangenheit sollte vergangen bleiben.

»Mein Beileid zu deinem Verlust«, entgegnete Marietta, als er keinerlei Anstalten unternahm, sich dem gemeinsamen Feindbild Harry Potter anzuschließen. »Ich habe es im Tagespropheten gelesen.«

Knapp verzerrte sich seine überraschte Miene zu einer schmerzlichen Fratze. »Wer hat das nicht?«

»Ich fühlte mich geschmeichelt, als sie eines der Kleider trug, die ich vorführen durfte«, sagte Marietta um die Wogen ein wenig zu glätten.

Ein kleines Lächeln huschte ihm beim Gedanken an seine Frau übers Gesicht. »Es waren fünf Schneider nötig, denn sie hatten ihr das Kleid wahrlich auf den Leib schneidern müssen. Da konnte selbst die alte Madam Malkin nicht viel ausrichten.«

Ein flüchtiges, belustigtes Schnauben entkam ihr. »Die Anproben waren sicherlich die reinste Tortur?«

Nun war es an ihm, mit den Schultern zu zucken. »Was das betraf, hielt mich meine Mutter stets im Ungewissen.«

Ein verstehendes Lächeln zupfte an ihren Mundwinkeln. »Wie kommt euer Sohn damit zurecht?«

Er horchte auf. Ein Gefühl des Versagens baute sich in ihm auf. Natürlich berichteten diese Schundblätter über die familiäre Situation und auskunftsfreudige Kreaturen gab es zu Genüge.

»Er schlägt sich tapfer, aber ...« Es schien, als ringe Draco nicht nur nach Luft sondern auch nach Worten. »Es ist sein – unser erstes Weihnachten ohne sie.«

Marietta bedachte ihn mit mildem Ausdruck. »Umso mehr solltest du ihm Zeit schenken.«

Draco schüttelte den Kopf, als stelle ihr Vorschlag ein unmögliches Unterfangen dar. »Er entgleitet mir. Als er klein war, war er neugierig, wachsam, aufmerksam. Astoria hat ihm viel vermittelt, das mir vielleicht nie mitgegeben wurde. Hast du Kinder?«

Ein undamenhaftes Schnaufen entkam ihr. »Bei Merlins Morgenrock, nein! Nun, ich habe Kinder, aber nicht physischen Sinne. Meine Unternehmen sind meine Kinder. Sie wollen bespaßt, umhegt aber auch mit Strenge geführt werden.«

Ihm lag bereits eine Erwiderung auf der Zunge, doch Marietta kam ihm zuvor. »Mir ist bewusst, dass es nicht dasselbe ist und dennoch ist es doch ähnlich.«

Draco war zu müde, um einer Debatte über Kindererziehung oder die Führung eines Imperiums beizuwohnen. »Er hat sich immer auf das Weihnachtsfest gefreut.«

»Dann sei kein Grinch!«, gebot sie ihm, stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihm wütend entgegen.

Er schüttelte den Kopf. »Ein was

»Sei. Kein. Grinch!«, fauchte Marietta. »Das ist eine Figur aus einer Muggel-Geschichte.«

Der Ausdruck auf seinem Gesicht verriet ihr, dass sie mit Muggeln und deren Geschichten bei ihm keine Galleone gewinnen konnte. Zu ihrer Verblüffung sagte er jedoch: »Ich weiß, was der Grinch ist. Eine Art Kobold, der Kindern das Weihnachtsfest stiehlt, nur um der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten.«

»Tatsächlich?« Mariettas Augenbraue hüpfte empor. »Es wundert mich, dass dir diese Geschichte bekannt ist.«

Wieder ließ er ein Zucken der Schultern erkennen. »Mein Sohn liebt dieses Buch. Ich kann dem nur wenig abgewinnen.«

»Seltsam«, seufzte sie und schob sich eine Locke aus der Stirn. »Wo wir es doch sind, die in eine Welt voller Zauber und magischen Wesen hineingeboren wurden.«

»Gegen die Fantasie der Muggel ist offenbar nichts und niemand sicher«, entgegnete Draco und suchte einen Punkt auf dem Boden, den er anstarren konnte.

»Vielleicht sollte ich dich verfluchen?«, überlegte Marietta laut.

Er hob den Blick. »Bist du verrückt?«

»Ja, das mag sein«, gab sie zurück, »aber ich bin noch immer eine Hexe. Und in ungesagte Zauber war ich beinahe unübertroffen. Nicht einmal Hermione Granger war es damals gelungen, ein Ohnegleichen zu bekommen.«

»Und was willst du tun? Mich verhexen?« Skepsis zierte seine Miene.

»Diesen Schuhen bin ich entwachsen, Mister Malfoy«, winkte sie ab. »Ich sprach von verfluchen. Also ..«

Der Mann vor ihr schnaubte verächtlich und ließ für einen flüchtigen Moment den jungenhaften, überheblichen Spross der Malfoys ins Abendlicht treten.

Marietta räusperte sich vernehmlich, ehe sie zu sprechen begann: »Draco Malfoy, verflucht seiest du, kein Grinch zu sein!«

»War das Latein?« Seine rüde Unterbrechung quittierte sie mit einem verstimmten Blick. »Du hast deinen Spruch laut aufgesagt, also zählt das nicht als ungesagter Zauber.«

»Sei es drum! Du gehst jetzt nach Hause und gibst dir Mühe, deinem Sohn kein Weihnachtsspielverderber zu sein!«, forderte die Hexe mit erhobenem Zeigefinger.

»Aber ich kann ihm seine Mutter nicht ersetzen«, knirschte Draco und versuchte, einen Ausweg aus diesem irrsinnigen Gespräch zu finden.

»Das sollst du auch nicht. Sei ihm ein Vater, der aufmerksam ist und verständnisvoll!«, sagte Marietta und hob ihre Lippen zu einem aufmunternden Lächeln.

Draco blieb ihr eine Antwort schuldig, denn im Augenwinkel nahm er eine junge Frau wahr, die geradewegs auf das Gespann zuhielt.

»Bei Merlins Bart!«, rief die Hexe aus. »Sie sind Etta E.! ich habe es nur für ein Gerücht gehalten, als diese alten, lüsternen Zauberer erzählten, dass Sie hier sind. Aber Sie sind es. Darf ich Sie Miss E. nennen? Oder -« Einem Kolibri gleich, flatterten ihr die Worte aus dem Mund.

Mariettas Lippen bogen sich zu einem Lächeln. »Bitte, nenn mich Etta.«

»O Miss Etta, ich bewundere das, was Sie geschafft haben. Ich- «, ehrfürchtig und mit glühenden Wangen plapperte das kleine Vögelchen von der Karriere der reichen, schönen Hexe vor sich. Eilig und hastig zog die junge Frau an ihrer Hand und lotste sie in den hiesigen Saal zurück.

Mit einem knappen Winken war von Marietta Edgecombe, der Hexe mit dem Makel auf der Stirn, nichts mehr zu erblicken. Draco steckte die Hände in die Hosentaschen und beschloss, ihrem Rat Folge zu leisten und seinem Sohn ein guter Vater zu sein.



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