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Neue (und alte) Abenteuer

Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo alle miteinander,

das heutige Kapitel ist von zwei verschiedenen Leserwünschen inspiriert, die eher durch Zufall verschmolzen sind, also viel Spaß dabei ;-)

P.S.: Es wird ein Zitat genannt, das manche von euch vielleicht nicht kennen werden. Das liegt daran, da die deutsche Übersetzungen (und auch manche Fanübersetzungen) da etwas... anders sind^^' (und ja, ich bin offen für solche Diskussionen) Komplett anzeigen

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Extrakapitel 30 - Jeder Versuch hat ein Ende

Jeder Versuch hat ein Ende

 

-Sanji-

Er hatte es fast vergessen. Die vergangenen Tage war das Meer so friedlich gewesen, das Wetter so angenehm und selbst die Crew irgendwie fast schon verdächtig harmonisch, dass er es fast vergessen hatte. Schließlich waren auch schon mehr als zwei Wochen vergangen und es war nicht so, als wäre es ein großes Gesprächsthema.

Das lag allerdings vor allem an niemand anderem als dem Marimo. Wann immer Lysop oder Franky meinten, einen Kommentar in diese Richtung fallen zu lassen, zeigte er seine Missbilligung, ohne auch nur ein Wort zu sagen, wie immer, wenn Lady Loreen Thema wurde, und irgendwie kam das Sanji derzeit wirklich zugute.

So hatte er also fast vergessen, was vor zwei Wochen passiert war, hatte diesen selten angenehmen Teil ihrer Reise genossen, doch dann hatte er es gespürt, wie ein drohendes Gewitter, wie ein stetiger Druck.

Nein, es war unmöglich, zu vergessen, wenn die ganze Zeit diese Energie um einen herumwaberte, als würde man unablässig angestarrt.

Es war nicht unbedingt ungewöhnlich. Sanji wusste nicht, ob es Strategie, Selbstbewusstsein oder Arroganz war, aber Falkenauge verbarg seine Energie nie, so war er oft schon Stunden vorher zu spüren, bevor er überhaupt ihr Schiff erreicht hatte. Aber dieses Mal war es anders, als würde er sie bewusst langsam verfolgen, als würde er über all die Meilen hinweg Sanji direkt niederstarren, war er schon mitten in der Nacht aus dem Schlaf geschreckt.

Auch seine Energie war anders, sie war immer beeindruckend, immer mächtig, aber gerade fühlte Sanji sich beinahe bedroht und er wusste genau warum.

Ja, er hatte es fast vergessen. Aber Falkenauge mit Sicherheit nicht und auch, wenn der Marimo sich eingemischt hatte, Sanji war dennoch alles andere als scharf darauf, dem ehemaligen Samurai so schnell wieder unter die Augen zu kommen, nachdem dieser ihm vor kaum mehr als zwei Wochen mit dem Tode gedroht hatte.

Auf der anderen Seite, wenn es so oder so unvermeidlich war, dann würde Sanji es gerne bald hinter sich bringen, und wahrscheinlich war genau das der Grund, warum Falkenauge dieses Mal besonders lange brauchte, um sie einzuholen. Sanji war gerade mit den letzten Aufräumarbeiten nach dem Mittagessen fertig und am liebsten würde er die Kombüse gar nicht verlassen.

Aber zum einen gierte er gerade so sehr nach einer Zigarette wie selten, und zum anderen war da schon etwas Trotz in ihm. Er wollte sich von Falkenauge nicht einschüchtern lassen, nur weil dieser der beste Schwertkämpfer der Welt war und als nahezu unbesiegbar galt, als würde ihn so etwas einschüchtern…

Außerdem war es nicht seine Schuld gewesen. Er war hier das eigentliche Opfer! Er hatte einfach nur mit Zorro ein halbwegs überzeugendes Ablenkungsmanöver hinlegen wollen. Er hatte nicht gewusst, dass er das eigentliche Ablenkungsmanöver sein würde. Hatte nicht gewusst, dass seine geliebte Namimaus noch einen ganz anderen Plan in Petto gehabt hatte.

Diesen Trotz wollte er sich beibehalten, aber es wurde schwieriger, je näher diese erdrückende Aura kam, und als Sanji nach draußen trat und sich seine Zigarette anzündete, konnte er am Horizont das grüne Glimmen des Sargbootes ausmachen und ihm wurde doch etwas mulmig zumute.

Der Marimo mochte behaupten, dass Falkenauge nur etwas überreagiert hatte, aber Sanji hatte dessen Überreaktionen schon am eigenen Leib zu spüren bekommen und die Wahrheit war nun mal, dass er mit diesem Monster noch lange nicht mithalten konnte. Es war kein schönes Gefühl, dass so jemand willkommener Gast auf ihrem Schiff war. Es war auch kein schönes Gefühl, sich darauf verlassen zu müssen, dass Zorro ihm in Zaum halten würde, aber zumindest beruhigte es etwas seine Nerven, dass er wusste, was für ein Sturkopf der Marimo war, und dass dieser schon aus Prinzip nicht klein bei geben würde.

„Oh, da ist aber jemand angespannt.“ Wie aus dem Nichts tauchte Robin neben ihm auf, zeigte wie so oft ihr geheimnisvolles Lächeln.

„Sowas von“, murrte Sanji. „Normalerweise macht er nicht ganz so ne Show, wenn er ankommt; scheint richtig angepisst zu sein.“

„Ach, ich sprach nicht von Mihawk.“ Ihr Lächeln wuchs, ehe sie ebenfalls aufs Meer sah. „Er scheint ganz ausgezeichnete Laune zu haben.“

Ungläubig starrte er sie an. Doch bevor er auch nur wusste, was er sagen wollte, tauchten auch die übrigen Crewmitglieder an Deck auf. Manche stellten sich auffällig neben ihn und Robin, um mit ihnen zu warten. Andere waren mit irgendetwas beschäftigt. Nur Nami – die gerade in der Bibliothek arbeitete – und Jinbei – der gerade in der Kajüte schlief – fehlten. Als letztes kam der Marimo vom Ausguck heruntergesprungen, wie üblich verschwitzt von seinem Training, schirmte den Blick gegen die gleißende Sonne, um das kleine Schiff besser sehen zu können.

Noch während Sanji den Marimo musterte schnellte ein Tau über die Reling und Lysop, der dem Tau am nächsten war, packte es und sicherte es schnell. Im nächsten Moment stand der ehemalige Samurai höchstpersönlich auf der Reling.

Kühl musterte er sie, einen nach dem anderen, seine Augen grell unter dem dunklen Schatten seines Hutes, dann fiel sein Blick auf Sanji und er merkte, wie sein Herz irgendwo Richtung Becken rutschte. Er schluckte, konnte den Blick nicht ausweichen, während Falkenauge ihn niederstarrte, ohne ein Wort, ohne eine Regung.

„Hast lange gebraucht.“

Und endlich konnte er wieder atmen, als Falkenauge den Blick abwandte und von der Reling sprang, mit einer Anmut, die überhaupt nicht seiner bedrohlichen Aura entsprechen wollte.

„Der Wind war ungünstig“, entgegnete er kühl auf Zorros schroffe Begrüßung. Dann glitt sein Blick wieder auf Sanji und augenblicklich wurde ihm wieder eiskalt.

Robin zu seiner Rechten sagte etwas, aber Sanji hörte nicht zu. Sah, dass Falkenauges Lippen sich bewegten, als er wohl antwortete, aber auch das hörte er nicht. Er dachte, er hätte Falkenauge schon in seinen furchterregendsten Momenten gesehen, aber da hatte er sich geirrt. Obwohl er nichts tat, sich mit den anderen unterhielt und Sanji einfach nur ansah, schwitzte er, schlug sein Herz wie auf der Flucht. Sanji hatte Angst, obwohl er rational doch wusste, dass dies nur wieder etwas Theatralik des ehemaligen Samurai war.

Und diesem rationalen Gedanken verwarf er in dem Moment, als Falkenauge auf ihn zutrat, ihn niederstarrte, ignorierte was auch immer der Marimo sagte. Dann zog er seine Hand hervor und Sanji erwartete bereits den Angriff.

„Ein Chassagne Montrachet für heute Abend. Ich erwarte, dass du entsprechende Speisen anrichten wirst.“

Ohne zu atmen, nahm Sanji den Weißwein entgegen, fragte sich, was dies für eine Botschaft sein sollte, wusste er doch, dass der Samurai herbe Rotweine bevorzugte, und da er mit Sicherheit nichts ohne Hintergedanken tat, gab es mit Sicherheit auch einen Grund für die Wahl eines, trockenen, opulenten Weißwein.

Doch Falkenauge wartete gar nicht erst auf seine Reaktion, starrte ihn noch einen Moment so vernichtend nieder, dann wandte er sich ab.

„Auch, wenn ich dieses Begrüßungskomitee nachvollziehen kann, so würde ich doch etwas Ungestörtheit bevorzugen.“

„Die Aquarienbar ist derzeit ungenutzt. Dorthin könntet ihr euch zurückziehen“, schlug Robin vor.

„Was auch immer“, murrte der Marimo nur, kratze sich am Hinterkopf und schritt dann Richtung Heck, gefolgt vom ehemaligen Samurai.

Endlich atmete Sanji auf, während auch Brook und Chopper sich entspannten und wieder ihren vorherigen Tätigkeiten nachgingen, nicht, dass Sanji darauf achtete.

„Puh, da bist du ja nochmal mit dem Schrecken davongekommen“, meinte Lysop mit einem leisen Lachen, „er wirkte eigentlich gar nicht schlimmer als sonst.“

„Findest du?“, entgegnete er tonlos, die schwere Flasche in den Händen.

„Eine interessante Wahl hat er da getroffen“, entgegnete Robin und deutete auf den Wein.

„Du… du kennst dich damit aus?“, murmelte Sanji, versuchte dieser eisigen Starre zu entkommen.

„Nun, ich weiß natürlich nicht ansatzweise so viel über Weine wie du. Aber es gibt ein paar Sorten, die mir etwas sagen, weil Crocodile sie mochte. Diesen Wein hat er für manche… Geschäftsessen ausgewählt“, erinnerte sie sich und legte einen Zeigefinger ans Kinn. „Meist mit in Ungnade gefallenen Geschäftspartnern.“

„Wieso?“, murmelte Lysop.

„Oh, das weiß ich nicht genau“, bemerkte Robin mit einem leichtfertigen Schulterzucken. „Crocodile sagte immer nur, dass ein Chassagne Montrachet auf Knien getrunken werden müsse. Deswegen ist der Name mir in Erinnerung geblieben. Nun ja, wir sollten uns nicht zu viele Gedanken machen.“

Mit einem Lächeln wandte sie sich ab und ging zurück Richtung Bug, wo sie zuvor gelesen hatte, aber Sanji entgingen ihre leisen Worte nicht. „Wo ich so drüber nachdenke, meistens waren es Geschäftspartner, die wir danach getötet haben.“

 

-Zorro-

Er würde es nicht laut sagen, aber er hatte sich auf das heutige Treffen gefreut, und zwar nicht nur, weil er wusste, dass Dulacre Sake mitbringen würde.

Diese ganze Aktion von vor zwei Wochen hatte er nach bestem Wissen und Gewissen verdrängt, aber er konnte nicht ganz ignorieren, was es offengelegt hatte. Zwar wollte er nicht wirklich darüber nachdenken, warum es ihm so schwerfiel, seine andere Gestalt vor den anderen zu zeigen, aber es hinterließ schon etwas Unruhe in ihm. Eine Unruhe, die er früher nicht gehabt hätte und die er immer noch nicht wirklich verstand. Es gab manche Momente, da vergaß er sie, gerade wenn Ruffy in der Nähe war, aber auch, wenn die letzten Tage wirklich friedlich gewesen waren, so hatte er diese Unruhe nie lange vergessen können, nicht so wie früher. Früher hätte ihn so etwas nie besonders lange beschäftigt.

Aber jetzt beschäftigte es ihn und auch, wenn er nicht vorhatte, es gegenüber Dulacre anzusprechen, so hoffte er doch, dass dieses Treffen ihm wie so oft etwas Ruhe bringen würde. Und vielleicht würde sie dieses Mal etwas länger anhalten.

Doch vorher musste er noch etwas klären.

„Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass du meine Crewmitglieder in Ruhe lassen sollst“, murrte er und ließ sich aufs Sofa fallen, während Dulacre aus den Untiefen seines Mantels eine Flasche Sake hervorzog und zum kleinen eingebauten Schränkchen im Hauptmast hinüberging.

„Ich habe nichts getan“, widersprach er kalt, öffnete den Schrank und zog zwei Gläser hervor, hielt sie gegen das Licht.

„Wir beide wissen, was du getan hast“, entgegnete Zorro und stützte seine Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab. „Lass so einen Mist. Ich hab echt keinen Bock, sie immer vor dir verteidigen zu müssen, wenn du wiedermal meinst, irgendwen umbringen zu wollen.“

„Lorenor, lass dieses unleidige Thema ruhen. Ich habe keinerlei Interesse daran, heute diese Diskussion mit dir zu führen.“ Entgegen seiner Worte klang er immer noch recht hart. Aber Zorro war das gleich.

„Es gibt auch nichts zu diskutieren“, sagte er klar.

Dulacre sah ihn an und Zorro wusste nicht genau, wie er diesen Blick zu deuten hatte. Aber er wusste, dass eine Spannung im Raum lag, die er nicht beabsichtigt hatte. Doch zurückrudern würde er auch nicht.

„Wieso meinst du immer, diesen Koch verteidigen zu müssen, Lorenor?“

Zorro seufzte. „Weil du meinst, ihn wegen Kleinigkeiten umbringen zu müssen.“

Kleinigkeiten? Lorenor, er hat deine Ehre…“

„Und ich brauche dich nicht, um meine Ehre zu verteidigen.“

Nach einer Sekunde neigte Dulacre leicht den Kopf.

„Also ist es das?“, fragte er. „Am Ende entscheidest du dich für sie und gegen mich? Hast du mich deshalb herbestellt?“

Stille.

„Wa… was?“ Zorro hatte keine Ahnung, was gerade los war, aber an der Stimmlage des andere erkannte er, dass dieses Gespräch gerade eine gefährliche Richtung einschlug. „Wovon zur Hölle redest du?“

„Na, dass es dir wichtiger ist, jemanden wie den Smutje zu verteidigen als mir zuzustimmen.“ Mit kalter Stimme stellte Dulacre die Gläser ab, füllte sie zwei Fingerbreit mit dem Sake, auf den Zorro sich echt gefreut hatte. Doch gerade verging ihm der Durst.

„Ich hab keine Ahnung, was du meinst“, knurrte er, anscheinend hatte Dulacre wieder mal eine seiner nervigen Launen. „Nochmal, ist mir egal, was für einen Mist irgendwer aus meiner Crew abzieht, du kannst wütend sein oder was auch immer, aber deine Lösung kann nicht sein, jemanden aus meiner Crew umzubringen, verstanden? Und ich weiß nicht, weshalb du daraus jetzt so ne Sache machst. Stell dir mal vor, ich wäre jedes Mal ausgetickt, wenn Kanan mich in irgendein Kleid gesteckt hat; und das hat wirklich an meinem Stolz gekratzt.“

Kopfschüttelnd hielt Dulacre ihm ein Glas hin, aber Zorro dachte gar nicht daran, aufzustehen und es entgegenzunehmen.

„Ich verstehe dich einfach nicht, Lorenor. Du streitest mit mir, obwohl es der Smutje war, der…“

„Okay, das reicht mir jetzt“, murrte er und verschränkte die Arme, war es leid, immer solche Diskussionen führen zu müssen, nur weil Dulacre nicht mit seinen Crewmitgliedern klarkam. „Lass es uns ein für alle Mal klären. Was ist dein verdammtes Problem mit dem Koch?“

„Er hat deine Ehre verletzt.“

„Nein, er war Mittel zum Zweck für unser Ablenkungsmanöver, um Ruffy und Chopper zu befreien. Und meine Ehre leidet nicht darunter, nur weil mich ein paar Leute halbnackt gesehen haben.“

Dulacre stellte beide Gläser ab. „Das sieht die Welt aber anders.“

„Ist mir scheißegal und ich kaufe dir nicht ab, dass das dein Problem ist. Wenn es dir wirklich um meine Ehre gehen würde, warum bist du dann nicht sauer auf Nami, die sich den Plan ausgedacht und das Kleid präpariert hat?“

„Weil sie nicht in der…“

„Ist doch total egal, was die beschissene Zeitung schreibt. Es war ein Ablenkungsmanöver, mehr nicht, also hör auf, so eine Sache draus zu machen.“

Kopfschüttelnd verschränkte Dulacre und wandte sich einfach nur ab.

„Was? Was ist dein Problem?“, knurrte Zorro, aber Dulacre schwieg.

„Hey!“ Zorro erhob sich. „So einen Mist magst du früher gemacht haben, aber wage es nicht, mich jetzt einfach zu ignorieren, nur weil ich anderer Meinung bin.“

„Ich ignoriere dich nicht“, entgegnete Dulacre, seine Stimme gefährlich tonlos. „Ich versuche nur, zu verstehen.“

„Was? Dass es mir egal ist, was irgendeine Zeitung über mich schreibt? Sorry, aber nach über zwei Jahren Lady Loreen hab selbst ich mich irgendwann dran gewöhnt. Du hast es doch selbst gesagt. Es ist ein Kunstcharakter, nicht…“

„Das meinte ich nicht.“ Nun sah der andere ihn wieder an, aber sein scharfer Blick war eher misstrauisch. „Du bist einer der ganz wenigen, die das Schwert verstehen, wie ich es tue, und dennoch… dennoch verteidigst du den Smutje.“

Fragend neigte Zorro den Kopf. „Ich wüsste nicht, was das miteinander zutun hat.“

„Nicht?“

„Nein, wenn das wieder eine Anspielung auf Senichi sein soll, dann…“

„Lorenor, selbst, wenn ich über sein andauerndes Fehlverhalten hinwegsehen könnte. Darüber, dass er als Teil eines schlechten Ablenkungsmanövers dich zum Gespött der Gesellschaft erklärt hat – und mich als deinen Partner ebenso. Wenn ich ignoriere, dass er allein die Schuld trug, weshalb du deiner Crew nicht die Wahrheit gesagt hast. Wenn ich darüber hinwegsehen würde, dass er dich sterben ließ. Selbst, wenn ich bei ihm wie bei deinem Kapitän, wie bei dem Rest deiner Crew, darüber hinwegsehen würde, wie… Ich tue das, für dich, bei ihnen allen, ich ignoriere ihre Taten und Fehltritte. Aber erwarte von mir nicht, dass ich ihm verzeihe, dass ich ihn akzeptiere. Es ist dir gleich, wenn er dich beleidigt, entblößt, zur Schau stellt, nun gut, dann sei es so. Aber selbst für dich kann ich nicht darüber hinwegsehen, wie er die Schwertkunst entwürdigt hat, und wenn du das kannst, dann… dann bin ich mir nicht mehr sicher, ob wir wirklich den gleichen… Respekt vorm Schwerte… teilen.“

Zorro schluckte. Er hatte keine Ahnung, wovon Dulacre sprach, aber es konnte nicht stimmen. Vor Dulacre hatte Zorro noch nie jemanden kennengelernt, der ihn so sehr verstand, wenn es um den Schwertkampf ging. Vielleicht Kuina, aber damals hatte er selbst noch so vieles nicht gewusst, so vieles nicht verstanden. Und ja, er wusste, dass sie sich nicht in allem einig waren. Dulacre strebte nach einer Perfektion, die Zorro absolut egal war, solange er seine eigene Leistung vom vergangenen Tag übertreffen konnte. Aber…

Kopfschüttelnd fuhr er sich durchs Haar, fing an, auf und abzulaufen.

„Keine Ahnung, wovon du redest. Der Koch ist nicht mal Schwertkämpfer, er hat keine Ahnung davon und tut auch nicht so, als wäre es anders. Wann bitte soll er…“

Die Wahl war einfach. Du hättest nur deine Ambitionen aufgeben müssen.“ Kalt hallten Dulacres Worte zwischen ihnen wider und Zorro starrte ihn an. „Das sagte er, nachdem ich dich besiegt hatte und du mir dein Leben darbotst.“

„Du hast es nicht gewusst?“ Dulacre klang nicht spöttisch, eher traurig, überrascht.

„Nein“, flüsterte Zorro und ließ sich aufs Sofa fallen. Er konnte sich mit einer erschreckenden Genauigkeit an jenen Kampf erinnern, an jede Sekunde, an jede Muskelbewegung, es war in seine Erinnerung eingebrannt. Ruffys Stimme in seinen Ohren, die Stimmen der anderen, wie sie alle seinen Namen schrien, und Dulacre, wie er ihn ansah, ein Grinsen zeigte, ohne Spott und ohne Hohn. Und er erinnerte sich an diese Schmerzen, an das beißende Salzwasser, und diesen Schmerz, der nur eine Niederlage einem beibringen konnte. Aber… er hatte keinerlei Erinnerung daran, dass wohl auch der Koch etwas gesagt haben sollte.

Langsam sah er zu Dulacre auf und dieser nickte sachte.

„Jetzt verstehst du es?“ Dulacre seufzte. „In jenem Moment, als ich deine Ambitionen anerkannte, wenn schon nicht dein Können, dann deinen eisernen Willen. In jenem Moment, als du bewiesen hast, wie sehr du dich dem Schwerte verschrieben hast, und ich bewies, wie sehr ich den von dir gewählten Weg respektiere, in genau jenem Moment meinte er…“

„Du musst es nicht wiederholen“, murmelte Zorro hohl, stützte seine Unterarme auf den Oberschenkeln ab und starrte den Boden an.

„Er hat nicht nur deine Entscheidung despektiert, deinen Weg als Schwertkämpfer, sondern auch meine, als bester Schwertkämpfer der Welt. Und selbst, wenn ich darüber hinwegsehen könnte, dann könnte ich doch nicht…“

„Ich weiß.“ Er schüttelte den Kopf, ohne aufzusehen. „Ich weiß, was es bedeutet.“

Für einen Moment schwieg Dulacre.

„Und dennoch erwartest du wirklich, dass ich es hinnehme, dass er die Schwertkunst ächtet, das Schwert als solches?“

„Er wusste es nicht besser“, murmelte er. „Er ist kein Schwertkämpfer, er hatte keine Ahnung, was…“

„Das sind dein Kapitän und Scharfschütze auch nicht. Doch weder sie noch irgendein anderer der anwesenden Tölpel hat sich erdreistet, dein…“

„Ich weiß!“

Wieder war es für einen Moment entsetzlich still.

„Es tut mir leid, dass dich dieses Wissen verletzt, Lorenor. Ich dachte, du wüsstest es.“

„Nein, ich wusste es nicht“, murmelte er nach einem Moment und nickte langsam. „Okay, ganz ehrlich, ja der Koch ist ein Idiot, ein Vollidiot, aber…“

„Aber was? Du kannst ihn doch nicht allen Ernstes selbst jetzt noch verteidigen?“

Zorro sah auf.

„Ich verteidige ihn nicht. Du hast Recht, es war beschissen von ihm. Aber was willst du jetzt von mir hören? Soll ich ihm deshalb jetzt das Leben zur Hölle machen?“ Er zuckte mit den Schultern. „Er ist kein Schwertkämpfer, Dulacre, er hat keine Ahnung, warum also soll es mich kümmern?“

Dulacre machte zwei Schritte auf ihn zu. „Es kümmert dich also nicht, wenn die Schwertkunst in den Dreck gezogen wird?“

„Das habe ich nicht gesagt“, entgegnete er und merkte, wie die Spannung zwischen ihnen wieder stieg. „Ich habe nur gesagt, dass es mir egal ist, wenn irgendein Vollidiot meint, seine Meinung raushauen zu müssen.“

Aber er sah Dulacres Blick, wie schon vor wenigen Minuten, Misstrauen, welches sich langsam in Fassungslosigkeit wandelte, auch wenn Zorro keine Ahnung hatte, warum. Ja, er konnte nicht leugnen, dass dieser Spruch des Kochs… unangenehm war, aber es war offensichtlich, dass es für Dulacre mehr als nur… unangenehm war.

 „Also doch“, sprach er schließlich monoton. „Obwohl du es nun weißt, verteidigst du immer noch ihn anstatt die Schwertkunst.“

„Nein, ich…!“

„Huh, ich hatte ja geahnt, dass es irgendwann so kommen könnte, aber dennoch hätte ich nicht gedacht…“ Offensichtlich schmerzerfüllt senkte Dulacre kopfschüttelnd den Blick, es war keine nervige Theatralik wie sonst, irgendetwas stimmte absolut nicht. „Ich hätte tausende Gründe nennen können, aber nie wäre mir die Idee gekommen, dass es am Ende die Schwertkunst selbst sein würde.“

„Wovon zur Hölle redest du?“ Zorro sah zu ihm auf, doch die Art, wie Dulacre ihn ansah, gefiel ihm ganz und gar nicht. Er zeigte diese kalte Resignation, die Zorro schon kannte und wusste, dass sie andere Gefühle verdrängen sollte.

„Na davon, dass dieser Versuch hier gescheitert ist.“

„Was für ein Versuch?“

Es käme halt auf einen Versuch an, das waren deine Worte. Ein Versuch, ob du eine Beziehung mit mir führen könntest.“ Seine Stimme klang ruhig, sein Gesicht unbewegt, aber seine Augen waren so unangenehm grell, als würde Zorro direkt in die Sonne starren. „Aber wenn das eine, was uns verbindet, der Respekt vor dem Schwerte ist, aber dies für einen jeden von uns eine so unterschiedliche Bedeutung hat, und diese Wege nicht miteinander kompatibel sind, dann ist es wohl am sinnvollsten, diesen Versuch besser früher als später für beendet zu erklären.“

Was?

„… Und… und wie kommst du darauf, dass… dass unsere Wege nicht miteinander kompatibel sind?“ Sein Mund war trocken. Er verstand nicht wirklich, was gerade das Problem war, aber er verstand sehr wohl Dulacres Lösung, und es machte ihn nicht mal wütend, er kapierte ja nicht mal, wie sie so schnell vom nervigen Koch an diesen Punkt gekommen waren.

Dulacre seufzte. „Lorenor, ich kann respektieren, dass du dein Leben zum Wohl deiner Crew opferst, sogar, dass du deinen Traum dem Wohl deiner Crew unterordnest, aber ich habe mich dem Schwerte verschrieben, voll und ganz, alles andere hat sich dem unterzuordnen, und ich werde nie billigen, wenn jemand die Schwertkunst diffamiert. Aber wenn du dies dulden kannst, wenn du den Respekt vor dem Schwerte der Akzeptanz gegenüber deiner Crewmitglieder unterordnest, dann… dann scheint unser Weg doch nicht der gleiche zu sein.“

Er versuchte zu verstehen, was Dulacre ihm gerade sagte, aber da sprach dieser bereits weiter: „Nun, eigentlich sollte es nicht überraschend sein, es war nur eine Frage der Zeit, bis du es beenden würdest. Es missfällt dir, irgendwelche Gefühle zuzugestehen, und du kannst diese Beziehung nicht mal beim Namen nennen. Mir hätte bewusst sein sollen, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist und du am Ende immer deine Crew wählen wirst, aber ich…“

„Stopp!“ Zorro erhob sich.

„Lorenor, es ist nicht notwendig. Ich werde dennoch gegen dich kämpfen, sobald du…“

„Halt die Klappe!“ Er atmete schwer, als er so langsam verstand und so langsam wütend wurde. „So nicht! Wenn du keinen Bock mehr auf diese Beziehung hast und sie beenden willst, dann mach, aber schieb nicht irgendwelche Worte von mir vor oder tu so, als hätte ich mich hier für oder gegen irgendwas entschieden.“

„Aber du hast…“

„Nein! Du hast irgendein Problem, mit dem Koch, mit mir, mit der verdammten Schwertkunst oder wer weiß womit, und wenn du deshalb einen Rückzieher machen willst, dann mach, aber steht dazu und schieb es nicht mir in die Schuhe.“ Langsam erhob er sich, verschränkte die Arme, sah den anderen an. „Also Dulacre, was soll es sein? Willst du es beenden?“

Dulacre sah ihn an, so fassungslos, öffnete leicht den Mund, schloss ihn wieder, schüttelte ganz sachte den Kopf, sah kurz weg und dann wieder zu ihm. Zorro blieb still, tat nichts. Er wusste nicht genau, weshalb Dulacre gerade anscheinend alles in Frage stellte, was sie verband, aber er würde nicht zurückweichen, er würde nicht nachgeben. Wenn Dulacre aufgeben wollte, dann sollte er es tun, aber dann sollte er es selbst machen und es nicht Zorro anlasten.

„Ich liebe dich, Lorenor“, flüsterte er fast schon verzweifelt.

„Ich weiß“, entgegnete er schlicht.

„Aber wie… wie soll das hier funktionieren, wenn… Du verlangst von mir, dass ich die Schwertkunst verschmähe?“

„Was? Nein, wie kommst du…?“

„Aber ich darf nicht meinen Unmut über deine Crewmitglieder äußern, wenn sie die Schwertkunst ächten?“

Er verstand immer noch nicht genau, was der Kern dieser Diskussion war. Aber zumindest darauf konnte er antworten.

„Das habe ich nicht gesagt“, sagte er ruhig. „Klar kannst du sagen, wenn dich etwas aufregt – ich halte auch nicht damit zurück, nicht gegenüber dir und auch nicht gegenüber den anderen - und wenn du jemanden zur Verantwortung ziehen willst, mach nur. Aber übertreibe es nicht, sonst wirst du dir an mir die Zähne ausbeißen. Denn ich werde nicht zulassen, dass du ein Crewmitglied bedrohst, egal, was sie gesagt haben.“

„Nicht mal, wenn sie die Schwertkunst verschmähen?“

Zorro nickte. „Nicht mal dann. Ich verstehe, dass es dich wütend macht, und wenn du dich an jemanden auslassen musst, dann hier bin ich, aber ich werde keinen Schritt zurückweichen.“

Dulacre schwieg für einen Moment, ehe er Zorro wieder ansah. Es war kein lauter Streit mehr, aber wenn Zorro ehrlich war, waren die lauten ihm lieber. Sie waren meist kurz und explosiv, aber danach war alles gesagt, was gesagt werden musste. Wenn Dulacre ruhig wurde, dann war meistens wirklich was im Argen.

„Aber verstehst du nicht, dass es genau das ist, was ich meine. Genau da unterscheiden wir uns. Ich dachte immer, ganz gleich unserer Unterschiede, in diesem einen Punkt, im Respekt gegenüber dem Schwerte, seien wir uns einig, doch anscheinend ist dem nicht so.“

Zorro seufzte.

„Das sehe ich anders“, meinte er dann.

„Willst du mir etwa sagen, dass du den Koch nicht verteidigst, obwohl er unsere Kunst verschmäht hat?“

„Nein, das will ich nicht.“

„Dann was…?“

Er schüttelte den Kopf und Dulacre verstummte. Zorro schritt zum Hauptmast hinüber, auf dessen Ablage Dulacre die Gläser abgestellt hatte. Nachdenklich nahm er ein Glas und betrachtete die Flüssigkeit, versuchte seine Worte zu sortieren und wie so oft, ließ Dulacre ihm die Zeit.

„Die Wahrheit ist, ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Ich verstehe nicht, wie du jetzt plötzlich alles in Frage stellst, nur weil der Koch nen beschissenen Kommentar abgelassen hat.“

„Aber das habe…“

„Nein.“ Erneut schüttelte er den Kopf, stellte das Glas ab und sah Dulacre an. „Ich glaube nicht, dass sich unser Weg groß unterscheidet, zumindest habe ich es nie so empfunden. Vor dir… ich habe noch nie einen anderen Schwertkämpfer wie dich getroffen. Du warst der Erste, der… verstand, oder was auch immer. Ich kann Dinge oft nicht ausdrücken, aber ich wusste immer, dass du es verstehst. Ist das für dich etwa nicht so?“

Dulacre seufzte leise, ließ sich aufs Sofa sinken.

„Ich möchte es nicht abstreiten, Lorenor. Ich… ich war auch davon überzeugt, aber… aber wie kann es das sein, wenn du deine Crew vor das Schwerte stellst?“

Ganz allmählich verstand Zorro, so wie er immer viel zu lange brauchte, um Dulacres seltsame Gedankengänge zu begreifen. Und jetzt, da er es verstand, merkte er wieder mal, wie anstrengend und verkopft Dulacre war.

„Du hast Recht“, gestand er ein, konnte ein Schmunzeln nicht verhindern. „Ich könnte verstehen, wenn du alles in Frage stellst, wenn ich wirklich die Schwertkunst zurückstellen würde. Aber das tue ich nicht.“

„Es tut mir leid, aber doch, indem du…“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf, fast schon belustigt, während Dulacre ihn immer noch mit Grabesstimmung ansah. „Das ist Unsinn. Nur weil der Koch eine dumme Bemerkung ablässt und ich ihn dafür nicht gängle, stelle ich nicht irgendwen vor irgendetwas.“

„Aber…“

„Nichts aber. Du willst, dass ich dem Koch erkläre, wie das Schwert funktioniert? Warum? Die Schwertkunst braucht nicht, dass ich sie vor irgendeinem Vollidioten mit irgendeiner ahnungslosen Meinung verteidige. Weißt du, wie oft ich in meinem Leben schon ausgelacht wurde? Es gab immer irgendwen, der sich über das Schwert, meinen Kampfstil oder was auch immer lustig gemacht hat. Na und? Sollen sie doch, ist mir sowas von egal. Ist nicht meine Aufgabe, irgendwen zu erziehen, im Zweifel werden sie schon sehen, was sie davon haben.“

Dulacre holte tief Luft. „Aber genau das ist es doch, Lorenor. Du…“

„Lass mich aussprechen.“ Er schritt auf Dulacre zu, blieb vor ihm stehen. „Ich weiß, dass du das anders siehst. Vielleicht liegt es daran, wie du aufgewachsen bist. Du bist es nicht gewohnt, dass jemand dir keinen Respekt zollt, und wenn doch, dann sorgst du schon dafür, dass sie es bald bereuen werden. Und genauso hältst du es mit der Schwertkunst und deshalb schockiert es dich anscheinend, wenn ich damit anders umgehe. Aber…“

Er hielt einen Moment inne, suchte die Worte.

„Weißt du, die Kunst des Schwertes gab es schon lange vor unserer Zeit, und selbst nach unserem Tod, selbst, wenn unsere Namen vergessene Schatten der Vergangenheit sein werden, die Schwertkunst wird immer noch bestehen. In jeder Zeit wird es Idioten geben, die das Schwert nicht verstehen werden, nicht achten werden. Aber ich glaube nicht, dass es etwas ändern würde, wenn man versucht, jeden Idioten auszuschalten. Und ich glaube nicht, dass dies notwendig ist, um die Schwertkunst zu respektieren.“ Er sah Dulacre an. „Ich glaube, man respektiert die Schwertkunst, wenn man den Weg des Schwertes achtet, hart trainiert, das Schwert selbst achtet und – wenn man so weit kommen sollte – das Wissen irgendwann an die nachfolgenden Generationen weitergibt.“

Dulacre begegnete seinem Blick, sagte jedoch nichts, also sprach Zorro weiter: „Und ganz ehrlich, ja, wir sehen ein paar Dinge anders. Ich weiß, dass du eine Perfektion erstrebst, die für mich nicht wirklich relevant ist, und anscheinend gehen wir auch unterschiedlich mit Vollidioten um, aber ich hatte bisher immer das Gefühl, dass wir im Großen und Ganzen den gleichen Respekt gegenüber dem Schwerte haben; auch, wenn unsere Wege vielleicht nicht immer komplett identisch sind.“

Nun hatte er nichts mehr zu sagen, also stand er da und wartete Dulacres Urteil ab, der über seine Worte nachzudenken schien. Er hatte die Hände gefaltet und sah Zorros Stiefel an, ohne sie wohl zu sehen, hochkonzentriert.

„Es fällt mir sehr schwer zu begreifen, dass dir solche Bemerkungen so gleichgültig sind, dass du sie nicht mal einer Reaktion würdig erachtest“, sagte er schließlich.

„Ja, das hab ich mittlerweile auch begriffen. Du kapierst nicht, dass es mir egal ist, was irgendjemand über mich und meine Schwertkunst denkt. Du denkst, du musst die Schwertkunst vor allem beschützen, aber das ist halt das eine, wo ich dir widerspreche. Diese Idioten, egal, wie respektlos sie sein mögen, sie können der Schwertkunst nichts anhaben – wie eine Fliege, die gegen den Schiffsbug fliegt - und deshalb sind ihre Worte mir absolut gleichgültig.“ Nickend sortierte er seine Gedanken. „Es wäre etwas anderes, wenn du oder irgendein Schwertkämpfer, den ich respektiere, das Schwert ächten würde, da würde ich auch nicht ruhig bleiben, aber so…“ Er zuckte mit den Schultern. „Also sag mir, sind wir wirklich so weit auseinander, dass unsere Wege nicht miteinander kompatibel sind? Weil ich will das nicht glauben.“

Wieder schwieg Dulacre, dabei war Zorro eigentlich schon ein bisschen stolz auf sich; er hatte die Diskussion gut gehändelt und er fand seine Argumente auch sehr logisch. Die Frage war nur, galt das auch für den ehemaligen Samurai und was war, wenn nicht.

„Du sagst also“, sprach er nach einigen ruhigen Sekunden, „dass die Worte des Smutjes…“

„Mich richtig ankotzen, und wenn er es drauf anlegt, werde ich ihm ein paar Takte dazu sagen. Und sie mögen meinen Stolz ankratzen, aber sie sind nicht mächtig genug, der Schwertkunst etwas anzuhaben, oder würdest du mir da widersprechen?“

Es war fast lustig, wie die verschiedenen Emotionen über Dulacres Gesicht wanderten. Natürlich konnte er Zorro nicht widersprechen. Kopfschüttelnd senkte er schließlich den Blick.

„Ich verstehe deine Argumentation, auch wenn es mir schwerfällt. Ich denke nicht, dass ich deinem Weltbild Folge leisten kann. Dir mögen solche Dinge einerlei sein, mir jedoch nicht.“

„Das erwarte ich auch nicht. Ich verstehe, dass dir solche Dinge nicht egal sind. Aber ich erwarte, dass du eine Grenze ziehst, wenn es um meine Crewmitglieder geht. Nicht, weil ich mich für oder gegen dich entscheide, für oder gegen die Schwertkunst, nicht mal für oder gegen die Meinung meiner idiotischen Crewmitglieder. Sondern einfach nur, weil ich…“

„Ich verstehe.“ Dulacre erhob sich und sah ihn an, atmete tief ein und aus. „Nun gut, ich sehe unsere unterschiedlichen Herangehensweisen, wenn jemand das Schwerte diskreditiert, aber ich sehe auch, dass dies nun mal unserem jeweiligen Charakter entspricht. Du magst mein Verhalten als unnötige Überreaktion abtun und ich habe deines fälschlicherweise als Wahl zwischen entweder und oder verstanden. Doch im Endeffekt verfolgen wir den gleichen Weg, nur mit anderen Mitteln.“

„Uhm… sag ich doch.“

„Ich werde versuchen, dir zuliebe bei deiner Crew deine Vorgehensweise anzuwenden, aber erwarte nicht zu viel. Anders als dir, fällt es mir schwer, Respektlosigkeit kommentarlos hinzunehmen.“

„Ich hab nie gesagt, dass du es kommentarlos hinnehmen musst, nur…“

„Ja, ich habe verstanden.“ Dulacre seufzte, als wäre es ein schweres Los, während er an Zorro vorbeischritt. „Aber es ist schon schwer begreiflich, wie kann dir die Meinung anderer nur so einerlei sein, obwohl es um so etwas bedeutsames wie die Schwertkunst geht?“

Zorro zuckte mit den Schultern. „Das verstehst du falsch, mir sind nicht alle Meinungen egal, nur unwichtige“, meinte er und nahm sein Glas, schlenderte wieder zum Sofa hinüber und ließ sich drauffallen.

„Und wie meinst du das nun schon wieder?“, fragte der andere nach, nahm sein Glas ebenfalls und trank einen Schluck.

„Na, meinst du wirklich, ich würde mir hier diesen Mist antun, wenn mir deine Meinung egal wäre? Keine Ahnung warum, aber auch wenn mir egal ist, was der Koch oder sonst wer über die Schwertkunst denkt, ich… mir… Mich nerven diese Diskussionen mit dir, aber es ist mir wichtig, dass du kapierst, was ich meine, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, weil… deine Meinung ist mir nicht egal.“

Er merkte, wie seine Wangen warm wurden, und zügig trank er einen Schluck, ignorierte Dulacre, der ihn nun ganz offen anstarrte.

„Allerdings kapier ich nicht, warum du direkt meinst, die Flinte ins Korn zu werfen zu müssen. Warte mal, du sagtest, ich hätte dich wegen irgendetwas herbestellt. Du dachtest die ganze Zeit…?“

„Vergib mir, ich habe voreilige Schlüsse gezogen.“ Dulacre seufzte. „Ich dachte, du wüsstest, was der Smutje gesagt hätte, und hättest deine Entscheidung getroffen.“

„Und selbst wenn, warum denkst du dann direkt ans Aufgeben? Du bist Schwertkämpfer, wir kämpfen bis zum Ende, und dennoch wolltest du es nicht mal versuchen?“

Dulacre sah ihn an. „Es ist schwierig, mit dir über… diese Themen zu sprechen.“

„Mag sein, aber es war auch schwierig, mir Observationshaki beizubringen, hat dich trotzdem nicht abgehalten.“

Das brachte Dulacre zum Schmunzeln. „Das ist etwas anderes“, meinte er und trank einen Schluck.

„Ist es das? Warum?“ Zorro trank sein Glas leer. Guter Sake, der richtig Gute, aber nicht der, den er am liebsten mochte.

„Nun ja, weil…“

„Weil?“

Dulacre seufzte, aber als er Zorro dann ansah, war es ihm fast unangenehm.

„Haki ist mir vertraut, der Schwertkampf ist mir vertraut, selbst das Unterrichten ist mir vertraut. Aber… Lorenor, du sagtest einst, du wüsstest nicht, wie eine Beziehung funktioniert, nun, auch für mich ist es die erste. Auch für mich ist es das erste Mal, dass ich… jemanden liebe… Und du bist ein sehr unabhängiger Geist und absolut in deinen Ansichten, starrköpfig und unnachgiebig und dann auch noch mit dieser strikten, anstrengenden Moral.“ Erneut seufzte er.

„Und daher dachtest du, wir würden so oder so früher oder später scheitern?“

„Ich habe es zumindest nicht ausgeschlossen, dass du meiner eines Tages überdrüssig sein würdest, und daher ja, ich dachte, du würdest es heute vielleicht beenden.“

„Weil du dachtest, es wäre nur ein Versuch für mich?“

Dulacre nickte.

„Gut, dann ist der Versuch hiermit beendet, die Testphase vorbei. Besser so?“ Er begegnete Dulacres überraschtem Schmunzeln mit einem Augenrollen. „Nicht dass das irgendetwas ändern würde, oder müsste ich jetzt einen offiziellen Antrag oder sowas bei irgendeiner offiziellen Stelle stellen?“

Leise lachte Dulacre auf. „Ich bin fast versucht, dies zu bejahen, nur um zu sehen, wie du versuchst, Kanan den Auflösungsantrag für die Beziehung zu überreichen.“

Zorro grinste überlegen. „Da müsstest du aber lange warten, als würde ich aufgeben.“

Immer noch mit diesem gemeinen Schmunzeln auf den Lippen kam Dulacre herüber und goss ihm nach.

„Nun denn, warum hast du mich dann herbestellt?“

Zorro neigte den Kopf.

„Ich hab dich nicht herbestellt. Ich dachte, du würdest eh kommen, und das hat mir gut gepasst. Ich hab nämlich ein paar Fragen und die wollte ich lieber in Persona besprechen.“

„Ach?“ fragte Dulacre, füllte sein Glas ebenfalls. „Und was für Fragen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich nach den vergangenen Minuten noch eine weiter Diskussion ertragen möchte.“

„Keine Sorge. Ich will selbst gar nicht viel sagen, nur zuhören.“

„Ach?“, kam es erneut von Dulacre, sah Zorro fast schon neugierig an und stellte die Flasche weg. „Und worüber soll ich dir etwas erzählen?“

Zorro grinste.

„Cross Guild.“ Dulacres Augenbrauen wanderten nach oben. „Ich weiß, du hältst mit deinen Motiven zurück, aber ich würde schon zu gerne wissen, warum du mit Crocodile und Buggy gemeinsame Sache machst.“

„Und du denkst, ich würde dir antworten?“ Dulacre grinste ebenfalls, ließ sich auf dem Sofa nieder, etwas Platz zwischen ihnen, damit sie einander ansehen konnten, stellte sein Glas zwischen ihnen ab und überschlug die Beine.

„Na, so wie ich dich kenne, wartest du nur darauf, irgendwem deine genialen Gedanken und Winkelzüge zu erzählen, also?“

Dulacre lehnte sich zurück. „Nächstes Mal, fang damit an, Lorenor, ein solches Gespräch bereitet mir deutlich mehr Freude als die vergangene Diskussion. Auch, wenn es erfreulich ist, wie gut du sie mittlerweile führen kannst.“

„Du weißt doch, wenn ich viel reden muss, liegt es meistens daran, dass du dich nicht so klug anstellst.“

„Möchtest du jetzt wirklich noch eine Diskussion führen?“

Sie beide grinsten.

„Kommt ganz drauf an, was du mir jetzt erzählst.“

 

-Sanji-

Er war sich nicht ganz sicher, aber warum sonst sollte Robin die Aquarienbar vorgeschlagen haben, wenn nicht für den kleinen Speiseaufzug, welcher in den Hauptmast eingelassen und direkt von der Kombüse hinabführte. Sanji hatte nicht lauschen wollen, einfach nur das Abendessen vorbereiten wollen, aber die Klappe hatte offen gestanden und er… erst hatte er sie schließen wollen, die undeutlichen Stimmen ignorieren wollen, dann waren sie lauter geworden und er hatte sie verstanden, war näher gerückt, als sie wieder leiser geworden waren.

Mittlerweile war die Klappe zu und er kochte, wollte nicht wirklich über all das nachdenken, was er gehört hatte. Glücklicherweise blieb er davon auch zunächst verschont, als erst Nami und dann Lysop hereinkamen, für Kaffee und um ihm beim Decken des Tischs zu helfen. Irgendwann war es dann schließlich Abendessenszeit und sie alle kamen, auch die beiden Schwertkämpfer, tief in irgendwelche Diskussionen versunken. Im Laufe des Abends schien Brook sich diesem Gespräch anzuschließen und es war fast seltsam, die drei dort sitzen zu sehen, wie sie irgendetwas fachsimpelten, es war so normal, dabei war kaum etwas daran normal, Brook ohne irgendwelche Witzeleien an ernsthaften Fachgesprächen teilnehmen zu hören, den Marimo generell so viel reden zu hören und Falkenauge zwischen ihnen zu sehen, als würde er dazugehören. Er war so sehr in das Gespräch vertieft, dass er scheinbar nicht mal bemerkte, wie Sanji den Wein einschenkte, den er ganz bestimmt nicht ohne Hintergedanken mitgebracht hatte.

Am Ende war es ein ganz normales Abendessen, mit dem ganz normalen Chaos, während es später und später wurde, mehr und mehr Getränke ausgeschüttet wurden, bis sich die ersten Crewmitglieder ins Bett verabschiedeten, wohingegen Falkenauge anscheinend beabsichtigte, über Nacht zu bleiben. Mittlerweile waren nur noch die drei Schwertkämpfer, ein soeben eingeschlafener Chopper und Jinbei in der Kombüse, der Sanji bis gerade noch geholfen hatte, aufzuräumen. Dann erhob Zorro sich, bemerkte kurz etwas und nickte zu Chopper hin, ehe er diesen hochhob und anscheinend wie so oft ins Bett bringen wollte – manche Dinge änderten sich wohl nie – Brook und Jinbei schlossen sich ihm an und da kam es, fast wie zufällig, dass Falkenauge als letzter verblieb, während er wohl noch auf den Marimo wartete.

Die Wärme des vergangenen Abends schwang in eine unangenehme Stille um, während Sanji die letzten Handgriffe erledigte und danach hoffentlich schnell verschwinden konnte.

Dann konnte er Schritte hören und eine Gänsehaut glitt über seine Unterarme, während Falkenauge an ihm vorbeischritt, die offene Flasche Rotwein nahm und sich den Rest eingoss.

„Ähm, sag mal, Falkenauge…“

„Du solltest jetzt Vorsicht walten lassen und nicht bestätigen, dass du gelauscht hast.“

Kalt lagen diese Augen auf ihm und Sanji wurde kochend heiß. Wie schaffte dieser Mistkerl das nur? Mit nichts außer einem Blick?

„Was ich dich fragen wollte“, murmelte er daher, und entschied, einfach nichts zu provozieren. „Der Weißwein, den du mitgebracht hast. Ich verstehe seine Botschaft, ein Wein, den man auf Knien trinkt, für in Ungnade gefallene Geschäftspartner, für unverzeihlichen Verrat, dafür, dass alles Bitten um Vergebung zu spät komme.“

Er sprach nicht weiter, während Falkenauge ihn musterte und an seinem Wein nippte.

„Ich wusste, dass du ihn erkennen würdest“, sprach er dann schließlich. „Ein bekannter Wein, der gerne für solche Gelegenheiten ausgewählt wird. Allerdings irrst du.“

„Wie bitte?“ Mit großen Augen starrte er Falkenauge an.

„Mhm, gemeinhin ist ein Chassagne Montrachet für das bekannt, was du eben gesagt hast, allerdings ist das nur teilweise richtig.“ Falkenauge fasste mit Zeigefinger und Daumen an seinen Hut. „Ein Chassagne Montrachet ist ein Wein, den man auf Knien und mit gezogenem Hut trinken muss, so lautet die vollständige Aussage.“

Nun zeigte der ehemalige Samurai ein gefährliches Schmunzeln. „Somit ist er genau das Gegenteil von dem, was die meisten denken.“ Er trank sein Glas leer. „Ein Wein der Gnade.“

Er stellte das Glas weg und wollte wohl gehen.

„Falkenauge“, sprach Sanji ihn an, als er schon fast an der Türe war, versuchte seine wilden Gedanken zu sortieren. „Ich weiß, du kannst mich nicht ausstehen.“

„Korrekt.“

„Und das beruht auf Gegenseitigkeit. Aber… wir beide wissen, dass wir in der Zukunft irgendwie miteinander auskommen müssen. Daher denke ich, wir sollten uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen und in Zukunft weniger… feindselig miteinander umgehen.“

Er konnte sehen, wie Falkenauge eine Augenbraue anhob und ihn absolut herablassend ansah.

„Und dieser kleinste gemeinsame Nenner ist…?“

„Zorro.“

Es schien, als wollte Falkenauge was sagen, doch in diesem Moment ging die Türe auf und ausgerechnet der Marimo steckte den Kopf herein.

„Hier bist du. Komm schon, du wolltest…“

„Gib mir noch einen Moment, Lorenor.“

Kurz sah Zorro misstrauisch zwischen ihnen hin und her, dann zuckte er die Achseln und zog die Türe wieder zu.

„Nun, meinetwegen, Smutje“, sprach Falkenauge weiter, als ob Zorro sie nicht gerade unterbrochen hätte. „Dann möchte ich dir als Älterer von uns beiden, einen gutgemeinten Ratschlag mit auf den Weg geben.“

„Aha?“, machte Sanji, konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Kerl irgendetwas gut meinte. „Und der wäre?“ Er rechnete schon fast mit einer erneuten Drohung.

„Werde erwachsen, Smutje“, sagte Falkenauge kühl. „Eure Navigatorin und Nico Robin mögen über dein missratenes Verhalten hinwegsehen, aber es ist alles andere als respektvoll und Lorenor mag dir vieles verzeihen, aber selbst er hat seine Grenzen.“

Sanji schluckte. „Und du meinst, ihn vor mir verteidigen zu müssen? Wenn er ein Problem mit mir hat, wird er es mir schon selbst sagen.“

Falkenauge sah ihn ausdruckslos an. „Ich verteidige ihn nicht, Smutje. Es ist ein Ratschlag. Ganz offensichtlich ist euer gegenseitiges, neugefundenes Vertrauen noch eine zarte Pflanze, es wäre eine Schande, wenn es wegen solch kindischer Nichtigkeiten zerbrechen würde, findest du nicht?“

Ehe Sanji irgendetwas sagen konnte, wandte er sich ab und öffnete die Türe.

„Und was war das?“, brummte der Marimo von der anderen Seite.

„Nur eine kleine Plauderei über Wein“, antwortete Falkenauge.

„Ach? Na, wenn du meinst.“

„Meine ich, also, du wolltest mir noch etwas zeigen.“

Falkenauge zog die Türe zu, doch Sanji hörte noch, wie Zorro anfing zu reden. „Robin hat vor ein paar Wochen ein Buch über den Schmiedemeister Kotetsu gefunden und ich…“

Tief atmete er auf. Irgendwie… hatte er überlebt und auch, wenn Falkenauges Worte ihn kniffen, er hatte schon das Gefühl, dass dieses zarte Pflänzchen mit jedem Tag wieder stärker wurde. Irgendwie würden er und Zorro schon wieder miteinander klarkommen, es kam halt nur auf einen Versuch an.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: RuffysKreationen
2023-12-12T15:58:40+00:00 12.12.2023 16:58
Armer Sanji XD vollkommene Panik, die absolut verständlich ist o.o
Und eine sehr interessante Diskussion zwischen unseren beiden Lieblingsschwertkämpfern...erschreckend, dass Mihawk so schnell aufgeben wollte O.o
Aber Ende gut, alles gut XD auch für Sanji! XD
Antwort von:  Sharry
15.12.2023 20:24
Danke dir für deinen Kommentar^^
Ach ja, manchmal muss Sanji einfach etwas Panik kriegen, ist gut für den Blutdruck ;-) Aber natürlich gibt es ein Happy End... erstmal...
Liebe Grüße


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