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Neue (und alte) Abenteuer

Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen,

heute geht es dann weiter mit unserer kleinen Reise in die ferne Zukunft.

Ich wünsche euch viel Spaß damit^^ Komplett anzeigen

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Extrakapitel 27 - Fluch und Segen - Teil 2

Fluch und Segen – Teil 2

 

-Mihawk-

„Ach, hier bist du, wie ungewöhnlich.“ Er trat in die Bibliothek. Lorenor saß in seiner weiblichen Gestalt am runden Tisch und war eifrig am Schreiben. „Hast du schon gepackt? Wir wollen doch früh aufbrechen.“

„Mhm“, murrte der andere abwesend, „mach ich gleich, will das hier nur noch kurz fertig kriegen.“

Dulacre schloss die Türe hinter sich und trat an den Tisch heran.

„Hast du etwas gegessen? Ihr wart den ganzen Tag draußen und…“

„Gleich, nerv nicht.“

„Lorenor, was tust du da?“ Er beugte sich über den Tisch hinweg und war erstaunt, als er die detaillierten Notizen sah, die der andere niederschrieb. Schmunzelnd legte er dem anderen eine Hand auf die Schulter. „Ist das wirklich nötig? Du kannst Jiroushin schon zumuten, dass er dieses Kind für ein paar Tage trainiert, ohne, dass sie…“

„Ich zweifle nicht daran, dass Jiroushin ein verdammt guter Lehrer ist – schließlich hab ich’s selbst erlebt – und wahrscheinlich ist er auch tausendmal besser als ich“, murrte Lorenor, ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten. „Aber er geht nun mal auch strikt nach Lehrbuch vor und… Roshan ist noch… zerbrechlich.“

„Ja, das ist sie“, stimmte Dulacre zu und ließ sich mit einem leisen Seufzen neben Lorenor nieder. Dieser Bericht war unnötig, Jiroushin bedurfte keiner Dutzend Seiten, um dieses Kind zu erfassen, dafür hatte er bereits zu viele verschiedenste Charaktere in der Marine und abseits davon unterrichtet. Aber darum ging es hier nicht. Lorenor fühlte sich verantwortlich und wollte sich dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass er für mehrere Tage verreisen würde.

„Ich würde gerne deine Meinung zu einer Idee hören“, begann er daher seinen nächsten Spielzug und ließ Lorenor seinen unnötigen Vermerk schreiben. „Ich habe überlegt, mich nur auf einen Schüler konzentrieren zu wollen. Daher möchte ich nach unserer Rückkehr, dass die beiden gegeneinander antreten, und der Verlierer…“

„Lass diesen Mist bloß bleiben“, murrte Lorenor, ohne auch nur aufzusehen.

„Wie bitte?“ Missbilligend hob er eine Augenbraue hoch. Normalerweise ließ Lorenor ihn zumindest seinen Zug machen, ehe er seine Moral auspackte.

Seufzend sah Zorro ihn kurz an, ehe er kopfschüttelnd weiterschrieb.

„Das ist wieder eines deiner Spielchen, oder? Als Lektion, weil Ray den Schwertkampf nicht ernst genug nimmt und zwar von dir unterrichtet werden will, aber weder Ehrgeiz noch Disziplin an den Tag legt. Wir beide wissen, dass Roshan nicht mehr lange braucht, um Ray plattmachen zu können. Sie trainiert hart und wenn es zu einem Kampf kommt, würde sie ums Überleben kämpfen, Ray dagegen… wer sich noch nie im Leben anstrengend musste, kann nicht gegen jemanden gewinnen, der nur siegen oder sterben kennt.“

„Weißt du, wie attraktiv es ist, wenn du deine Intelligenz zur Schau stellst?“

Lorenor rollte nur mit den Augen, legte eine weitere Seite auf den kleinen Stapel. Wie viele Informationen konnte er in diesen wenigen Wochen über dieses Kind nur gesammelt haben?

„Und weißt du, wie nervig es ist, wenn du sowas abziehst? Ist mir egal, ob Jiroushin da mitmacht, aber ich werde nicht zulassen, dass du Roshan mit so einer Ansage noch mehr verunsicherst. Ja, kann sein, dass es für Ray nicht schlecht wäre, mal zu verlieren und zu kapieren, dass man im Leben nicht alles geschenkt bekommt, nur weil man mit nem golden Löffel auf die Welt gekommen ist. Aber Roshan braucht diese Lektion nicht. Sie verdient etwas Sicherheit und ich will nicht, dass sie denkt, sie müsste sich andauernd beweisen. Anders als Ray muss sie lernen, dass man auch mal Fehler machen darf, ohne dass davon gleich die Welt untergeht, kapiert?“

„Aber sie würde gewinnen, daher…“

„Dulacre“, stöhnte der andere auf und legte seinen Stift nieder.

„Schon gut, schon gut. Ich lasse mir etwas anderes einfallen. Aber du kannst sie nicht ewig mit Samthandschuhen anfassen, nur weil sie eine Sainik werden sollte. Sie will so kämpfen wie wir, also muss sie auch den Weg gehen.“

„Und wie viele Jahre hast du bei mir die Samthandschuhe getragen? Ich denke nicht, dass ein paar Wochen aus ihr ein verzogenes Gör machen.“ Dann sah Lorenor ihn überrascht an. „Woher weißt du…?“

„Ach bitte, das ist doch selbsterklärend. Ihr wart im Calm Belt unterwegs und natürlich konntet ihr die Unruhen am Parvat Archipel nicht ignorieren. Dann ihre steife und angespannte Körperhaltung, ihr unterwürfiges Verhalten mit fast schon anbiederndem Gehorsam. Das Fehlen beinahe jeglicher Entscheidungskraft und dass sie eigentlich für alles einen Befehl braucht. Wie für eine Sainik üblich wird zunächst der Geist gebrochen und dann geformt, aber erst wenn diese absoluten Regeln für sie unabdingbare Weltordnung sind, wird mit der Kampfausbilung begonnen. Eine Schande, dass sie diesen Teil des Trainings noch nicht erreicht hat, so hätte ihr umständliches Verhalten wenigstens etwas Gutes.“

Lorenor betrachtete nachdenklich seinen Papierstapel.

„Als wir im Dorf ankamen… man hatte sie… belagert und aushungern lassen. Robin sagt, es ist üblich, dass sie bereits als Kinder eingesetzt werden, neben fertig ausgebildeten Sainiks, fast wie Lehrlinge, bis auf, dass von ihnen erwartet wird, jederzeit für die zu schützende Person zu sterben. Ich kam zufällig vorbei, als diese Belagerer das Dorf einnehmen wollte, aber im Dorf war schon so ziemlich jeder verhungert, keine Ahnung, warum diese Idioten überhaupt so lange gewartet haben. Roshan… sie hat einen Leichnam verteidigt. Was ein Wahnsinn. Sie wusste nicht mal, was sie tat, aber ihr war befohlen worden, dieses Kind zu beschützen, also hat sie genau das getan, obwohl sie kaum noch stehen konnte.“

Tja, das waren nun mal die Geschichten, Dulacre war weder überrascht noch irgendwie berührt. So etwas gab es in dieser Welt zuhauf, gleiche Geschichte, andere Namen. Kinder, die von klein auf als Sklaven gehalten und zu willenlosen Leibwächtern erzogen wurden, um ihr Leben für ihren Herrn zu geben. So abhängig und loyal wie ein abgerichteter Hund, manche der Sainiks konnten nicht mal sprechen. Sie brauchten es nicht, sie waren Werkzeuge, keine Menschen.

„Und was hast du getan?“, fragte er milde interessiert, da er die Antwort natürlich kannte.

„Ich hab sie beschützt, sie und diese Leiche“, murmelte Lorenor, „und dann hab ich alle Toten begraben, war ein langer Tag.“

„Und dann hast du sie mitgenommen“, beendete er diese klischeehafte Geschichte.

„Nein.“ Lorenor erhob sich. „Sie hat mich gebissen, als ich das Kind hochheben wollte. Also hab ich erstmal die anderen begraben und irgendwann… hat sie mich nachgemacht. Am Ende haben wir dem Kind gemeinsam die letzte Ehre erwiesen und sie… sie hat mich gefragt, ob sie das Kind hätte beschützen können, wenn sie so stark gewesen wäre wie ich.“

„Ein schlechter Grund“, bemerkte Dulacre, hatte gewusst, dass Lorenor ihm irgendwann die Geschichte hatte erzählen wollen. Er hatte gehofft, noch ein paar Monate verschont zu bleiben. Jetzt würde man Rücksichtnahme von ihm erwarten, äußerst lästig.

„Ich hab es verneint.“

„Oh?“

„Ich hab ihr erklärt, dass sie ihre Aufgabe erfüllt hat. Niemand hat das Kind angegriffen oder getötet, es ist schlicht verhungert.“ Lorenor begegnete seinem Blick. „Chopper hat sie versorgt und eigentlich wollten wir sie auf der Nachbarinsel bei anderen Flüchtlingen lassen. Sie schien… man hätte sich dort gut um sie gekümmert. Aber sie ist mir nachgelaufen, die ganze Zeit, die wir dort waren – wie ein Küken, ein kleines, schwaches Küken – und ich wusste nicht warum; sie hat nicht gesprochen. Und irgendwann hat sie mich gefragt, wie sie lernen könnte, wie ich zu kämpfen. Das erste Mal, dass sie wirklich irgendetwas an Gefühlen gezeigt hat, so drängend war sie gewesen.“

Interessant. Nachdenklich erhob Dulacre sich ebenfalls.

„Eine Saikien mit eigenem Willen“, sprach er seinen Gedanken laut aus. „Ihr habt echt ein Händchen für seltsame Gestalten.“

„Sie ist keine Saikien“, entgegnete Lorenor kalt. „Robin sagt, Saikien werden so erzogen, dass sie keinen eigenen Willen mehr haben, nicht mal die Idee, etwas zu machen, solange es ihnen nicht befohlen wird. Niemand hat Roshan befohlen, die Leichen zu begraben. Niemand hat ihr befohlen, mich zu verfolgen und daher ist sie…“

„Ich weiß, Lorenor“, bemerkte er mit einem sanften Lächeln, als Lorenor dieses Kind wieder vor ihm verteidigte, wie immer, wenn er ihre Unzulänglichkeiten erwähnte, „und weißt du auch, woher?“

Lorenor sah ihn misstrauisch an und schüttelte den Kopf.

„Das Erste, was Saikien genommen wird, ist ihre Identität. Man gibt ihnen eine Nummer oder nicht mal das.“

„Und?“

„Ach, Lorenor, ist es dir nicht aufgefallen? Sie hat einen Namen. Dieses Kind hat ihre Identität bewahren können, vermutlich war der erste Teil ihrer Ausbildung noch nicht abgeschlossen, als das Dorf angegriffen wurde, dennoch eine beachtliche Leistung, das gestehe ich zu. Wie gesagt, ich sehe, dass sie einen sehr starken Willen hat. Ich zweifle nur daran, ob das allein genug ist. Ihr Körper ist schwach, ihr Geist manipuliert. Ein hoffnungsloses Unterfangen.“ Er folgte Lorenor aus der Bibliothek heraus. „Und warum freust du dich über diese Worte? Sollte dich dieses vernichtende Urteil nicht eher erzürnen.“

„Nein, nicht wirklich.“ Lorenor grinste ihn breit an, faltete den kleinen Stapel Papier und steckte ihn in die Brusttasche seines Hemdes, viel zu groß an diesem zierlichen Körper. „Denn du wusstest das alles schon in der Sekunde, in der du sie das erste Mal gesehen hast, oder? Und dennoch beobachtest du sie, kommst immer wieder zum Training dazu. Sie ist ein hoffnungsloser Fall, zum Scheitern verurteilt, und genau deshalb hat sie dein Interesse geweckt. Endlich nochmal eine Herausforderung für den großen Mihawk Dulacre.“

„Ich gebe mich geschlagen“, räumte er ein, während sie ins Kaminzimmer schlenderten. „Auch wenn ich sie hauptsächlich daher begutachte, weil ich sehen möchte, was du in ihr siehst. Aber zumindest ist sie die spannendere Herausforderung im Vergleich zu einem verwöhnten Balg mit einem verzweifelten Vater.“

„Ihr redet wohl von mir“, grüßte Jiroushin sie zermürbt vom gedeckten Tisch aus, an dem er als Einziger saß, die Zeitung in der Hand, die anderen Teller unberührt.

„Wo sind die Kinder?“, fragte Lorenor nach. „Wir sind doch zusammen zurückgekommen und ich hab ihnen gesagt, sie sollen sich schnell duschen und dann was Vernünftiges essen.“

„Sie waren ziemlich fertig nach der Einheit. Du brauchst es nicht immer zu übertreiben, weißt du? Würde mich nicht wundern, wenn Ray direkt ins Bett verschwinden würde.“

Lorenor und Dulacre tauschten einen Blick aus, sagten jedoch nichts dazu.

„Perona und Chopper sind im Garten, irgendwelche Kräuter sammeln, und Robin…“

„… ist zu spät, Entschuldigung.“ Sie kam gerade hinter ihnen herein, ihr sachtes Lächeln an Ort und Stelle. „Ich war so in mein Buch vertieft, ich musste es noch zu Ende lesen.“

„Bei diesem Tempo wirst du die ganze Bibliothek bis Ende des Monats durchhaben“, bemerkte Lorenor mit einem leisen Schnauben, während er sich auf den erstbesten Stuhl fallen ließ.

„Ich weiß“, entgegnete sie, als wäre genau dies ihre Absicht, ehe sie Dulacre zunickte. „Deine Sammlung ist wirklich beachtlich und so vielfältig. Es ist lange her, dass ich so viele Bücher an einem Ort vorfinden konnte, die ich alle noch nicht hatte lesen können.“

„Diese Bibliothek dient als Informationsquell, aber ich habe mich nie sonderlich für sie interessiert. Es würde mich freuen, wenn du dich ihrer Verwaltung annehmen würdest“, entgegnete Dulacre und ließ sich am Kopfende nieder. „Etwas frischer Einfluss würde gewiss nicht schaden.“

„Hier“, brummte Lorenor derweil und drückte Jiroushin den Papierhaufen entgegen.

„Was ist…? Notizen?“ Überrascht ließ der ehemalige Ausbilder die Zeitung sinken und sah Lorenor an. „Dein Ernst? Du erinnerst dich aber schon daran, wer stundenlang das Führen eines Kampfes mit dir trainiert hat?“

„Jirou“, wandte Dulacre vermittelnd ein, „sie ist seine erste Schülerin.“

„Und was soll das jetzt heißen?“, murrte Lorenor errötend, während Jiroushin und Nico Robin wissend nickten. „Tze, will gar nicht wissen, was dein erster Schüler alles durchmachen musste.“

„Oh, viel, so viel“, seufzte Jiroushin auf, faltete die Zeitung und überflog Lorenors Notizen. „Er hat nie verstanden, dass nicht alle Menschen etwas nach nur einem Mal Zusehen direkt nachmachen können und dass Training manchmal Zeit braucht. Ohne Sharak hätte ich wahrscheinlich keine zwei Wochen durchgehalten.“

„Du übertreibst.“

„Nein! Du hast mich manchmal wie ein unbekanntes Wesen angeguckt, wenn ich nur etwas nachfragen wollte.“ Jiroushin lachte leise auf und legte dann die Notizen zu Seite, was Lorenor mit einem misstrauischen Blick quittierte. „Aber dein herablassender Ton war immer noch besser als Sharaks Erklärungen. Ich hab nie kapiert, was sie mir sagen wollte.“

„Wovon redest du? Sie war sehr gut im Erklären“, widersprach Dulacre missbilligend und füllte seinen Teller.

Jiroushin sah ihn äußerst irritiert an und schüttelte den Kopf. „War sie nicht. Und dann machst du so Hah! Und wenn du dieses pffff fühlst, streckst du dich weiter, bis alles so Whooo macht. In meinem ganzen Leben hat mein Körper noch nie Whooo gemacht!“

„Geht es um die Ruheposition nach der ersten Angriffshaltung?“, fragte Lorenor nach.

„Was?!“, kam es von Jiroushin, als Dulacre nur nickte. „Du verstehst das?!“

„Ja? War jetzt nicht besonders schwer.“

„Schwierig“, korrigierte Dulacre, während Jiroushin sich die Haare raufte und Nico Robin erklärte, dass sie alle Freaks wären und er sehr gelitten hätte.

„Du bist schwierig“, murrte Lorenor nur, unterbrach allerdings sein Essen und sah Dulacre nachdenklich an. „Sag mal, wie wäre es noch mit einem Trainingskampf, ehe wir morgen für Tage auf dem Sargboot eingepfercht sein werden?“

„Freaks, sag ich ja“, kam es von Jiroushin.

„Ich dachte schon, du fragst nie. Allerdings ohne Schwerter, schließlich musst du noch packen.“

„Spielverderber.“

 

-Zorro-

Schnaufend saß er auf der Erde und konnte sich nicht mal den Schweiß aus den Augen reiben, so kaputt war er. Dulacre saß zwei Meter weiter auf einem umgekippten Baum und atmete ebenfalls angestrengt.

Vor wenigen Sekunden war die Sonne über die Baumgipfel gekrochen und das war ihr Zeitlimit gewesen. Als sie am späten Abend den Kampf begonnen hatten, waren Jiroushin, Robin und die Kinder noch dabei gewesen, zum Zugucken, aber erst nachdem sie gegangen waren, hatten Dulacre und Zorro wirklich kämpfen können. Ohne Schwerter machte es zwar nicht ganz so viel Spaß, aber beschweren wollte Zorro sich nicht. Insbesondere weil er der Bessere war. Er konnte sich nicht so elegant und minuziös bewegen wie Dulacre, aber er war schlicht der Stärkere und ohne Schwerter gab ihn das einen entscheidenden Vorteil. Das war allerdings auch das, was ihn etwas wurmte. Obwohl er diesen entscheidenden Vorteil hatte, besiegte er Dulacre zu selten. Wie auch gerade, da das Zeitlimit ihren Kampf mit einem Unentschieden beendet hatte.

„Du hast noch immer nicht gepackt, oder?“, kam es dann von Dulacre und er schenkte ihm dieses herablassende Grinsen, während er sich nach hinten lehnte und seine Muskeln streckte, dabei leicht stöhnte.

„Was bist du denn heute so unglaublich nervig?“, grummelte Zorro, dachte nicht daran, sich zu bewegen. „Ist irgendetwas los oder warum versuchst du, mich die ganze Zeit zu bemuttern?“

„Ist dies nicht, wie unsere Beziehung seit jeher funktioniert?“, entgegnete der andere, der sich ächzend erhob und zu der Ecke herüberging, wo zuvor die anderen gesessen und ihnen zugeschaut hatten.

„Kann sein“, meinte Zorro und fing die Flasche Wasser auf, die Dulacre ihm zuwarf, „aber normalerweise bist du nicht ganz so nervig dabei. Außerdem…“ Er unterbrach sich und nahm einen tiefen Schluck. „… hast du heute echt schlecht gekämpft.“

„Wie bitte? Ganz schön unverschämt.“

„Aber widersprechen tust du nicht.“ Er nahm einen weiteren Schluck und hielt Dulacre dann die Flasche hin. „Unmöglich, dass du es nicht selbst bemerkt hast. Deine Bewegungen waren… unsauber, du hast oft geblockt, anstatt auszuweichen. Solche Fehler passieren dir normalerweise nicht. Du machst keine Fehler, deswegen bist du so gut und deswegen kämpfe ich so gerne gegen dich, weil ich nur eine Chance habe, wenn ich selbst ebenfalls möglichst wenige Fehler mache.“

Dulacre nahm ihm die Flasche ab und rieb mit dem Unterarm über die Öffnung, ehe er ebenfalls einen Schluck nahm.

„Und warum hast du mich dann nicht besiegt?“, legte er kalt den Finger in die Wunde. „Warum hast du meinen schlechten Tag nicht ausgenutzt?“

Zorro starrte seine Füße an, zerknirscht, dass Dulacre es aufgefallen war.

„Weil du ebenfalls viele Fehler gemacht hast, nicht wahr? Du hast dich heute oft in deiner eigenen Kraft verschätzt und obwohl du mir überlegen bist, hockst du dort auf der Erde und bist dankbar, dass die Sonne diesen Kampf beendet hat, da du sonst verloren hättest. Du hast dich zu sehr verausgabt, weil du deine Kraft nicht richtig eingeteilt hast. Wieso diese mangelhafte Konzentration?“

Sie sahen einander an und dann mussten sie beide grinsen.

„Ich glaube, das war unser schlechtester Kampf aller Zeiten“, urteilte Zorro hart und beugte sich vor, rieb seine verspannten Waden.

Dulacre seufzte und lehnte sich neben ihn an einen Baum. „Zumindest war es meine schlechteste Leistung, von dir habe ich schon deutlich Schlimmeres gesehen.“

„Arschloch.“ Zorro nahm die Flasche erneut entgegen. „Ich glaube, ich bin doch etwas nervös. Ich kann es kaum erwarten, dass wir losfahren.“

„Ja, das erklärt es.“

„Und weshalb warst du so schlecht? Ist nichts Neues, dass ich Fehler mache, aber bei dir ist das echt ungewöhnlich.“

Dulacre schwieg, während die Sonne nun fast vollends über die Baumwipfel schwappte.

„Also?“

Der andere seufzte erneut und schüttelte dann den Kopf.

„Ich war etwas abgelenkt, aber du brauchst dir darüber keine Gedanken zu machen. Es wird nicht wieder vorkommen, dass ich unserem Kampf nicht meine volle Aufmerksamkeit widme.“ Er hielt Zorro seine Hand hin. „Nun komm, du musst schließlich noch packen und ich möchte aufbrechen, bevor der Nebel einfällt.“

Zorro ließ sich hochhelfen und ruhigen Schrittes gingen sie zurück zum Schloss.

„Sorry mit dem Arm, das war nicht so geplant.“

„Ich weiß“, entgegnete Dulacre und rieb sich unbewusst über seinen linken Unterarm, der bereits jetzt einen faustgroßen blauen Fleck zeigte; ein Wunder, dass Zorro ihm nicht den Arm gebrochen hatte, er hatte seine Kraft wirklich falsch eingeschätzt. „Allerdings bin ich es selbst Schuld. Ich hätte ausweichen müssen, tze, wie dem auch sei. Du hast deine Muskeln zu sehr beansprucht, sie werden vermutlich übersäuern, du solltest…“

„Es reicht“, brummte Zorro und drückte dem anderen die halbleere Flasche in die Seite. „Also, was ist im Busch? Hat was mit mir zu tun, oder? Sonst würdest du mich nicht wie einen Frischling aus dem East Blue behandeln.“

Er merkte die scharfen Augen des anderen auf sich.

„Es ist nichts von Relevanz.“

„Na gut, solange es nichts mit mir zu tun hat, soll es mir egal sein.“ Er leerte die Flasche, sah Dulacre dabei aber streng an, woraufhin dieser mit den Augen rollte und schließlich stehen blieb. “Es hat also doch was mit mir zu tun.”

Dulacre nickte und stemmte die Arme in die Hüften.

„Und worum geht’s?” Zorro blieb ebenfalls stehen und verschränkte die Arme.

„So hartnäckig.” Der andere atmete tief ein und begutachtete ihn, während er sich den Nacken rieb. „Wie erkläre ich dir das denn am besten?”

„Wie wär’s mit Worten?”

Dafür erhielt er nur einen säuerlichen Blick, ehe Dulacre aufseufzte. „Nun gut, aber wie gesagt, es ist nichts, mit dem du dich belasten brauchst. Im Endeffekt ist es wirklich nur eine Kleinigkeit, die mich beschäftigt, nicht mehr.”

„So klein kann es nicht sein, wenn du so schlecht kämpfst. Also, spuck’s schon aus.”

Erneut erntete er einen verurteilenden Blick, dann nickte Dulacre zum Schloss hinüber und sie setzten ihren Weg fort.

„Du freust dich darauf, deinen ehemaligen Meister wiederzusehen, nicht wahr? Er ist dir mit Sicherheit sehr wichtig.”

Verwirrt über den harten Themenwechsel nickte Zorro. „Natürlich, aber was…?”

„Mhm”, machte Dulacre zustimmend, „und du sagtest einst, dass er deinen Weg zur Piraterie vermutlich nicht gutgeheißen hat.”

Zorro hatte keine Ahnung, worauf der andere hinauswollte. „Ja, und? Er ist halt ein sehr gutmütiger und rechtschaffender Mensch.”

„Mhm, und nach dem Tod deiner Mutter, war er die einzige erwachsene Bezugsperson, die du als Kind hattest, nicht wahr? Fast schon eine Art… Vaterfigur.”

„Kann schon… keine Ahnung. Was soll das? Was hat Meister Koshiro mit unserem Kampf eben zu tun?”

Er kannte den Blick, den Dulacre ihm aus dem Augenwinkel zuwarf, Unsicherheit gepaart mit überlegener Intelligenz, äußert nervig. „Nun ja, vielleicht bin ich ja auch schlicht etwas nervös, ihm gegenüberzustehen.”

„Was? Warum? Du bist eindeutig viel stärker als er.”

„Wie bitte? Ach nein, darum geht es doch nicht.”

„Worum dann?”

Dulacre seufzte. „Lorenor, es war dir äußerst unangenehm, als deine Crewmitglieder und ich den Konflikt miteinander suchten. Dir ist es wichtig, dass wir miteinander auskommen - und ich hoffe, es ist dir aufgefallen, wie sehr ich mich die letzten Jahre bemüht habe, ihre Anwesenheit zu ertragen?”

„Naja, du beschwerst dich doch eigentlich trotzdem unentwegt über sie.”

„Ich habe gesagt, dass ich sie dir zuliebe ertrage, nicht, dass ich sie kommentarlos ertrage. Wie dem auch sei, ich erinnere mich, dass jene spannungsgeladene Zeit nicht leicht für dich war, und ich… ich befürchte, dass es für dich ähnlich schwierig wird, wenn ich auf deinen ehemaligen Lehrmeister treffe.”

Zorro blieb stehen.

„Warum? Was hast du vor?”

„Ich habe gar nichts vor”, entgegnete Dulacre mit einem halben Lächeln und breitete unschuldig die Arme aus, blieb ebenfalls stehen. „Aber du kennst mich, Lorenor. Ich bin kein angenehmer Zeitgenosse und die meisten Menschen können mich schlicht nicht leiden - und ich sie noch weniger - und ich würde dir wünschen, dass dein Wiedersehen mit deinem ehemaligen Lehrmeister nicht von einer solchen Anspannung überschattet wird, die dich vielleicht in eine unliebsame Position drängt.”

Ach so, jetzt verstand Zorro. Dulacre machte sich mal wieder grundlos einen Kopf über alle möglichen Dinge.

„Naja, kann schon sein, aber du hast eine Sache vergessen.”

„Und die wäre?”

„Ich weiß, was du für einen beschissenen Charakter hast.” Er streckte sich kurz und schritt dann weiter. „Ich erwarte nicht, dass irgendwer dich leiden kann, aber ich will, dass du Meister Koshiro kennenlernst, daher ist es mir egal, wenn es zu Konflikten kommen sollte. Ist sein Problem und vielleicht auch deins, aber mit Sicherheit nicht meins.”

„Du hast wie so oft eine sehr eigene Sicht auf die Dinge”, bemerkte Dulacre und schloss zu ihm auf. „Du machst dir also keine Gedanken, dass es uns belasten könnte, sollte er dir einen weiteren Umgang mit mir abraten?”

„Nein”, entgegnete Zorro direkt und zuckte mit den Schultern. „Außerdem ist Meister Koshiro eben nicht wie du. Er ist freundlich und kann gut mit Menschen.“ Er sah zu dem anderen auf. „Und wegen sowas Unwichtigem zerbrichst du dir den Kopf? Ist doch egal, ob er dich leiden kann oder nicht, bei deiner Liste dürfte einer mehr oder weniger doch nicht wirklich was ausmachen.“

„Verstehst du es wirklich nicht oder willst du mich gerade zum Narren halten?“ Dulacre seufzte. „Lorenor, es ist mir absolut gleichgültig, ob irgendein drittklassiger Schwertmeister aus dem East Blue“ – „Hey!“ – „mich leiden kann oder eben nicht. Aber er ist ein Mensch, auf dessen Meinung du wert legst, und ich…“

„Ach so“, murmelte Zorro und er konnte Dulacres Blick auf sich fühlen. „Na und? Jiroushin war doch auch nicht besonders begeistert davon, als er herausfand, wer ich war, und er hat auch mit Sicherheit nicht den anderen Mist gutgeheißen. Aber das hat dich nicht aufgehalten, oder?“

Nun zeigte der andere ein kleines Lächeln. „Natürlich nicht. Lorenor, mir ist sehr wohl bewusst, dass…“

„Es stimmt, du bist manchmal echt anstrengend und wir ticken in vielen Dingen anders. Aber mir ist egal, ob Meister Koshiro dich leiden kann oder nicht. Du bist mein Partner und das geht nur mich und maximal noch dich was an. Was andere davon denken, könnte mich nicht weniger interessieren.“

Dulacre war stehen geblieben, also tat Zorro es ihm gleich. Solche nervigen Gespräche waren selten geworden, aber es gab sie noch. Immerhin wusste Zorro sie mittlerweile zu händeln, was sie allerdings nicht weniger nervig machte.

„Hach, manchmal vergesse ich, wie du die Welt siehst. Aber ich bin erleichtert über deine Worte und muss gestehen, dass…“

„Zorro! Onkel Hawky! Habt ihr bis jetzt gekämpft?“

Dulacre hinter ihm stöhnte leise auf. „Nervige Bälger.“

Ray und Roshan kamen ihnen gerade entgegen, beide in Trainingsklamotten, Ray gähnend, aber weit ausholend am Winken, Roshan einen halben Schritt dahinter, zurückhaltend.

„Was seid ihr denn schon auf?“, bemerkte Zorro. „Macht ihr schon die Morgenrunde? Sehr…“

„Nein“, winkte Ray ab, winkte es etwas zu schnell ab. „Roshan hier wollte…“ Ray schwieg und sah zu Roshan herüber, die den Kopf senkte. „Komm schon, ich bin extra wegen dir so früh aufgestanden, also…“

„Willst du mir was sagen, Roshan?“

Ray biss sich auf die Unterlippe und sah etwas hilflos zwischen Roshan, Zorro und Dulacre hin und her, rieb sich den Hinterkopf, als Roshan immer noch nicht mit der Sprache herausrückte. Aber Zorro wusste, dass Dulacre ganz bestimmt nicht helfen würde, und er… würde es auch nicht. Etwas verlegen wedelte Ray mit den Armen umher.

Schließlich seufzte Dulacre und legte Zorro eine Hand auf die Schulter.

„Wir sollten uns nun langsam beeilen, Lorenor, schließlich hast du noch nicht gepackt. Wenn wir in der nächsten Stunde nicht aufbrechen, kommen wir in die Mittagströmung der Kreuzinseln.“ Dann sah er auf Roshan herab, die noch mehr in sich zusammenkroch. „Wenn es nicht so wichtig ist, kannst du es Lorenor auch bei unserer Rückkehr sagen. Aber wenn ihr schonmal auf seid, solltet ihr die Zeit nutzen. Jiroushin wird sich über euer Engagement freuen.“

„Ja klar!“, strahlte Ray enthusiastisch, aber Zorro zweifelte, dass dieser Enthusiasmus den ersten halben Kilometer überstehen würde, doch Dulacre ignorierte sein Patenkind und nickte Zorro nur zu und nach einem zweiten Blick auf Roshan, folgte Zorro seinem Partner.

„Meister!“ Sie sprang herum und verbeugte sich. „Ich… ich werde auf Eure Rückkehr warten und bis dahin zu Eurer vollsten Zufriedenheit trainieren!“

Zorro blieb stehen und beobachtete sie, niemand sagte ein Wort, Ray noch angespannter als zuvor. So vergingen mehrere Sekunden.

„Ich… ich meinte…“ Zögerlich lugte sie auf, ehe sie sich langsam aufrichtete, die Schultern hochgezogen. „Ich wünsche…d…d… dir und Meister Mihawk eine… gute Reise?“

Es erinnerte ihn an Chopper damals und wie damals füllte es ihn mit einer Wärme und einem Stolz, zu sehen, wie sie sich entwickelte. Sie erzitterte, als er nach vorne schritt, doch er ignorierte es und strubbelte durch ihr wildes Haar.

„Vielen Dank, werden wir haben. Ich wünsch dir auch viel Spaß und lass dich ja nicht zu sehr von Ray herumkommandieren.“ Ray begegnete seinem Zwinkern mit einem Grinsen. „Trainiere fleißig, aber mach auch Pausen, verstanden?“

Roshan nickte, kaum merklich unter seiner Hand, wagte nicht, aufzusehen.

„Gut, wenn was ist, Jiroushin weiß, wie man uns erreicht. Bis bald.“

„Bis… bald“, kam es leise.

„Bis bald! Kommt gut zurück!“, kam es laut.

Und dann gingen sie, ließen die beiden Kinder zurück, die hoffentlich ein paar Runden laufen gehen würde.

Vor ihnen ragte das Schloss auf.

„Ah, was für ein stolzer Lehrmeister“, neckte Dulacre ihn.

„Ach, leck mich doch“, knurrte er, während sie die Treppe hinaufstiegen. Dann sah er Dulacre an. „Danke dir.“

„Was? Wofür?“

„Dass du bei ihr die Samthandschuhe anziehst.“

Dulacre erwiderte seinen Blick und zeigte dieses leise Lächeln. „Na komm, beeile dich jetzt und geh packen, damit wir bald aufbrechen können.“

 

 



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