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Beautiful Behavior

von

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Baldiges Wiedersehen

Als Detektiv hatte Ed schon viele Grausamkeiten gesehen. Mord, Ehebruch, Veruntreuung, Diebstahl, Lügen, Gaunereien…alles war dabei. Aber nun konnte er seinen eigenen Ohren nicht trauen. A secret makes a woman woman.

Er dachte an Jodie und daran, wie sie ihm vom Mord an ihren Eltern erzählte. Ihr einziger Anhaltspunkt war dieser eine Satz. Und Ed hatte alles in seiner Machtstehende getan, um die Frau zu finden. Aber es war ausweglos. Alle Spuren verliefen im Sande und er verstand, warum das FBI nicht weitergekommen war. Doch jetzt gab es nicht nur einen Hinweis auf die Mörderin, jetzt schien es auch so, als hätte sich diese vor laufender Kamera geoutet. Und es war ausgerechnet seine Lieblingsschauspielerin. Eine Frau, die in der Öffentlichkeit stand.

Ed runzelte die Stirn. Er hoffte inständig, dass Jodie dieses Interview nie zu Gesicht bekam. Aber ihm war auch klar, dass er der jungen Frau diese Erkenntnisse nicht auf Dauer verschweigen konnte. Doch zuvor musste er erst einmal die Fakten verifizieren. Nichts war schlimmer als jemanden Hoffnungen zu machen und diese dann zu zerstören.

Als es an der Tür klopfte, zuckte der Mann zusammen. Sofort schloss er das Browserfenster. „Herein.“

Jodie betrat das Büro. „Ed? Hast du einen Moment für mich?“

Er schluckte. „Natürlich. Setz dich.“

Jodie nahm Platz. „Du…du hast dir doch eben auch das Interview mit Sharon Vineyard angesehen, nicht wahr?“

Er schluckte abermals und wusste genau, worauf sie hinaus wollte.

„Sie…sie hat es erwähnt“, murmelte Jodie. „…während des Interviews…hat sie es erwähnt. A secret makes a woman woman, das waren ihre Worte. Das hat…sie auch damals gesagt. Ich weiß es genau. Sie…sie war es…sie muss es gewesen sein. Sonst kennt niemand diesen Satz.“

„Jodie, beruhig dich bitte. Ich weiß, dass das nicht leicht für dich ist. Aber wir sollten jetzt nichts überstürzen.“

„Wusstest du es?“, wollte Jodie wissen. „Milena sagte, du…du bist ein Fan von ihr. Und ich hab dir von diesem Satz erzählt. Ed, bitte…“

Ed seufzte. „Ich weiß, du sagst das, weil dich die Situation überfordert und ich bin dir nicht böse“, begann er. „Nachdem du mir damals alles über den Mord an deinen Eltern erzählt hast, habe ich überall nach diesem Satz gesucht. Wir sind die Datenbanken auch zusammen durchgegangen und haben nichts gefunden. Ja, ich bin Fan von Sharon Vineyard, aber das heißt nicht, dass ich sie schützen würde. Ich kann dir versichern, dass Sharon Vineyard diesen Satz nie in einem Interview, einem Film oder während einer öffentlichen Veranstaltung gesagt hat. Es gab keine Hinweise auf sie als Täterin.“

„O…o…kay. Vielleicht…hat sie den Satz auch immer nur in Japan verwendet und…auf Japanisch.“

„Das wäre möglich. Wir haben den Satz damals nicht übersetzt und auch nicht außerhalb der Staaten gesucht.“

„Und…und was…willst du jetzt tun?“, kam es von der jungen Frau.

Das war die eine Frage vor der er sich fürchtete. Normalerweise konnte er sich schnell auf eine neue Situation einstellen, aber jetzt war er überfordert. Allerdings war er einer Klientin auch noch nie so nah gewesen, wie Jodie. Er räusperte sich. „Ich habe dir damals versprochen, dass ich dir helfen werde. Und an dieses Versprechen werde ich mich auch halten. Durch Zufall sind wir jetzt einen Schritt weiter, aber wir müssen erst einmal in Erfahrung bringen, ob sie es auch wirklich war. Es ist nicht auszuschließen, dass die Fragen und Antworten von einer anderen Person geschrieben und nur einstudiert wurden.“

„Was? Du glaubst, das…“ Jodie wich einen Schritt nach hinten. „Ihre Statur passt auch zu der Person. Ich…ich bin mir…“

„Du bist dir sicher?“, wollte er wissen.

„Ich…Sie hat diesen Satz gesagt“, gab Jodie von sich.

Ed runzelte die Stirn. „Es gibt kein Muster. Ein ähnlicher Mord ist nie aufgetreten. Es ist 20 Jahre her und…dass sie diesen einen Satz gesagt hat, wird als Beweis nicht standhalten. Sie werden deine ganze Aussage in Frage stellen und versuchen, dir die Worte im Mund zu verdrehen. Das heißt nicht, dass ich dir nicht glaube, Jodie.“

„Sie hat Freunde…und eine Tochter…sie hat ein glückliches Leben“, warf sie ein. „Das…das ist nicht fair. Sie kann glücklich sein, aber…ich…“ Jodie wischte sich ihre aufkommenden Tränen weg. „Ich weiß nicht einmal, warum sie meine Eltern getötet hat. Was haben sie ihr getan? Ich möchte doch nur, dass sie dafür zur Rechenschaft gezogen wird.“

„Ich werde meine Suche nicht aufgeben. Ich werde Beweise suchen, aber es wird nicht einfach sein. Ich kann sie nicht im Rahmen meiner Ermittlungen aufsuchen. Wenn ich so mit ihr in Kontakt trete, könnte es sein, dass wir alles offenlegen müssen. Oder das wir die Medien darauf aufmerksam machen.“

„Das…hab ich mir schon gedacht. Sie ist eine Person der Öffentlichkeit. Es könnte ein Skandal werden.“ Jodie dachte nach. „Glaubst du, deswegen hat mir das FBI die Akten nicht gezeigt?“

„Wenn sie Sharon Vineyard für die Täterin gehalten hätten, hätten sie sicher Befragungen vorgenommen. Und das ist kein einziges Mal passiert. Vermutlich wissen sie auch nicht, dass der Satz im Interview gefallen ist und werden daher nichts machen.“

Jodie nickte. „Wir sollten das FBI darüber informieren. Ich…ich werde mich mit James treffen.“

Ed sah sie überrascht an. „Bist du dir sicher? Du musst das nicht machen. Ich kann für dich das FBI informieren.“

„Schon gut. Das ist was, was ich machen muss. Und…ich möchte es auch.“

„In Ordnung“, nickte der Ältere. „Soll ich ein Treffen für dich organisieren?“

„Nein, nicht nötig. Mein Vater hat bald Geburtstag. James wird sicherlich zum Friedhof fahren und sein Grab besuchen. Ich…werde dort einfach auf ihn warten.“

„Sei bitte vorsichtig. Wenn ich dich begleiten soll, kannst du auf mich zählen.“

„Danke, Ed. Für alles.“
 

James saß schockiert vor dem Bildschirm seines Computers. Selbstverständlich hatte auch er das Interview gesehen, aber nie zu träumen gewagt, dass sie sich als Täterin zu erkennen gab. Ungeduldig tippte der Agent mehrfach mit dem Fuß auf dem Boden. Er wollte endlich etwas tun und war froh, dass bald ihr wöchentliches Meeting begann. Black stand auf und begab sich in den Konferenzraum. Er war nicht der Erste und setzte sich auf einen freien Platz. Ein paar Minuten später kamen die restlichen Mitglieder ihres Teams.

Agent Decker überblickte die Runde. „Danke, dass Sie es alle einrichten konnten“, fing er an. „Gut, dann lassen Sie uns einmal besprechen, was Sie in der vergangenen Woche in Erfahrung bringen konnten. Agent Jackson, Agent Fallon, bitte fangen Sie an.“

Agent Fallon nickte. „Wir haben uns Karten für eine Veranstaltung mit Sharon Vineyard besorgt. Während einer Fragestunde hat sie einige Informationen Preisgegeben. Es ging primär allerdings um Japan, ihren Umzug, ein paar Freunde und die Filme. Private Fragen wurden nicht gerne gesehen, sie hat dennoch kurz über ihren Ehemann gesprochen. Selbstverständlich haben wir das nachgeprüft. Ihr Ehemann hatte vor 18 Jahren einen Verkehrsunfall und ist seinen Verletzungen erlegen. Wir wissen nicht, ob er ebenfalls für die Organisation tätig war. Über ihre Tochter konnten wir kaum etwas herausfinden. Sie ist ebenfalls Schauspielerin, aber nur in Japan tätig. Wie es scheint, ist sie ohne den Medienrummel aufgewachsen. Sie hat von ihrer Mutter die Kunst der Imitation gelernt. Wie wir mittlerweile wissen, sind die beiden Frauen allerdings zerstritten. Wir sind aber an der Sache noch dran. Wir versuchen auch den Mann ausfindig zu machen, der Sharon Vineyard alles beibrachte. Dabei sind wir auch auf eine andere Schauspielerin aufmerksam geworden. Yukiko Kudo, ihr Pseudonym als Schauspielerin war früher Yukiko Fujimine. Sie ist Japanerin, lebt aber seit einigen Jahren mit ihrem Mann in New York. Wir nehmen sie noch weiter unter die Lupe.“

„Ich verstehe. Machen Sie weiter, aber wenn Sie mit der Freundin sprechen, denken Sie sich eine gute Geschichte aus. Ich möchte nicht, dass die Frau gewarnt ist.“

„Natürlich“, nickte Jackson.

„Montgomery, was ist mit Ihnen?“

„Ich habe die Flughäfen, die Bahnhöfe und die Mautstellen überprüft. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Sharon Vineyard offiziell in Amerika eingereist ist. Wir versuchen noch Informationen von den privaten Unternehmen zu erhalten. Eine Einreise über den Privatjet oder unter falscher Identität können wir noch nicht ausschließen. Camel hilft mir dabei.“ Er blickte zu dem Agenten.

„Ja“, sprach er sofort. „Ich habe ihre Rollennamen und die Rollennamen ihrer Tochter aufgeschlüsselt und nach Gemeinsamkeiten gesucht. Es wäre möglich, dass sie einen dieser Namen für die Einreise verwendet hat. Außerdem versuchen wir die Kombination der Namen.“

„Genau“, nickte Agent Fallon. „Was wir allerdings merkwürdig fanden, ist ihre Tochter. Sie müsste jetzt in etwa in dem Alter sein wie Jodie Starling. Das heißt, die beiden Mädchen waren auch damals im gleichen Alter. Deswegen verstehen wir auch nicht, warum sie eine Familie zerstört hat.“

James runzelte die Stirn. „Starling hat mir nie von einer Tochter erzählt, aber es würde zu Ihren Erzählungen passen, dass sie das Mädchen außerhalb des Medienrummels aufgezogen hat.“

„Verstehe“, murmelte Decker. „Camel, was haben Sie sonst noch getan?“

„Ich trage derzeit alle Informationen zusammen, die wir in der Vergangenheit vom MI6, dem BND, der CIA und von anderen Institutionen erhalten haben. Außerdem versuche ich die dortigen Angaben zu verifizieren.“

Decker nickte. „Gut Akai? Was ist mit Ihnen?“

„Ich suche weiterhin nach Jodie. Ich habe mehrere Bilder von ihr anfertigen lassen, die sich in ihren körperlichen Merkmalen unterscheiden. Die Gesichtserkennung ergab bisher keine Spur. Allerdings habe ich eine verlässliche Quelle gefunden, von der ich weiß, dass Jodie bis vor zwei Jahren in London, Ohio gelebt hat. Aber dann ist sie verschwunden. Es liegt kein Hinweis eines Verbrechens vor.“

„Moment? Sie haben Sie gefunden?“, kam es irritiert von James.

„Nicht wirklich. Ich hatte einen Anhaltspunkt, wo sie sein könnte. Ich möchte meine Quelle aber nicht offenlegen.“ Innerlich ärgerte es den Agenten schon, dass Roy Tripton noch nicht mit Black sprach. „Wie eben erwähnt, hat Jodie in London gewohnt und in einem kleinen Städtchen in der Nähe gearbeitet. Ich bin dorthin gefahren. Ihre Arbeitskollegen erzählten, dass sie von heute auf morgen nicht mehr zur Arbeit erschienen ist und gekündigt hat. Da das dort normal ist, haben sie es nicht hinterfragt. Ihr früherer Vermieter wurde vor zwei Jahren wegen Vergewaltigung und Nötigung verurteilt. Ich konnte nicht herausfinden, ob Jodie auch zu seinen Opfern gehörte. Ihre Wohnung ist bereits anderweitig vermietet. Dort wusste keiner, wo sie geblieben ist.“

James schluckte und malte sich sofort die schlimmsten Szenarien aus.

„Ich war auch beim Grab und in der alten Wohngegend. Keiner der Nachbarn hat sie gesehen. Sie melden sich aber, sollte Jodie dort auftauchen. Bald ist der Geburtstag ihres Vaters. Dann werde ich die beiden Orte nochmal aufsuchen. Vielleicht kommt sie dorthin.“

„Ich verstehe“, gab Agent Decker von sich. Er blickte zu James. „Und bei dir?“

„Ich…ich habe mir eben das Interview mit Sharon Vineyard in der Mediathek angesehen. Agent Fallon, Agent Jackson, Sie haben es nicht gesehen?“

„Nein, wir waren unten im Archiv. Es hat uns verwundert, dass wir an neue Erkenntnisse gekommen sind, aber diese nirgends in den Akten standen. Also haben wir uns alles noch einmal angesehen.“

„Sie vermuten, dass es einen Spitzel gibt?“, wollte Akai wissen.

Agent Jackson runzelte die Stirn. „Das ist zwar etwas hart ausgedrückt, aber ja, das war unsere Sorge. Wir konnten allerdings nichts feststellen, was auf eine Manipulation der Akten hinweist.“

„Das muss nichts heißen“, entgegnete der Japaner. „Wäre ich ein Spitzel, würde ich auch keine Spuren hinterlassen. Wir wissen bereits, dass die Organisation gefährlich ist und mit Sharon Vineyard haben sie eine Amerikanerin in ihren Reihen. Wer sagt, dass sie die Einzige ist?“

Die Agenten runzelten nachdenklich die Stirn. Sie starrten einander an, bis sich Agent Decker räusperte. „Wir sollten uns nicht gegenseitig verdächtigen. Aber…ich stimme Agent Akai zu. Die Möglichkeit besteht, auch wenn jeder Agent gewisse Tests regelmäßig über sich ergehen lässt. Aus diesem Grund werden wir den Fall auch streng geheim halten. Sollten Sie die Unterstützung von Kollegen benötigen, erzählen Sie nur das Nötigste. Und wenn Sie zum Stand der Ermittlungen befragt werden, geben Sie an, noch keinen Schritt weiter zu sein. Lassen Sie jeden in dem Glauben, dass alle Spuren im Sande verlaufen.“

„In Ordnung“, nickte Agent Fallen. „Können wir jetzt wieder auf das Interview zurückkommen? Agent Black, Sie wollten etwas dazu sagen.“

„Das Interview…“, murmelte James. „Sie hat viel gesagt, was wir schon wussten. Das gleiche, was auch Agent Jackson und Agent Fallon in Erfahrung gebracht hatten. Aber dann antwortete sie auf eine Frage mit „ A secret makes a woman woman“.“

Shuichi verengte die Augen.

„Entschuldigung?“, meldete sich Montgomery. „Könnten Sie uns bitte aufklären, was an diesem Satz so wichtig ist?“

„Als kleines Kind hat Jodie mit der Täterin gesprochen und…diese hat ihr genau diesen Satz gesagt.“

„Oh.“

„Das stützt natürlich die Annahme, dass Sharon Vineyard den Agenten und seine Frau auf dem Gewissen hat“, entgegnete Camel.

James nickte. „Jodie hat sie zwar nicht erkannt, aber dieser Satz war eindeutig. Und nun verhöhnt sie uns damit. Sie hat vor aller Welt diesen Satz gesagt. Trotzdem…“ Er biss sich auf die Unterlippe. „…konnten wir damals nichts dazu finden. Sie hat ihn nie wieder gesagt. Ich habe den Satz damals extra übersetzen lassen und versucht, die japanischen Medien zu durchforsten. Fehlanzeige.“

„Sie hat sich also absichtlich als Täterin offenbart, aber nur jenen, die davon wissen. Entweder sie will uns damit sagen, dass sie am längeren Hebel sitzt. Oder sie hofft, dass Jodie das Interview auch gesehen hat und will sie aus dem Konzept bringen“, gab Decker von sich.

„Oder Möglichkeit drei. Sie macht uns eine Kriegserklärung“, entgegnete Akai ruhig.

James nickte.

„Gut. Dann bereiten wir uns weiter vor und lassen nichts unversucht. Sie alle kennen Ihre Aufgaben. Wenn es keine weiteren Fragen gibt, treffen wir uns nächste Woche wieder hier.“



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