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Beautiful Behavior

von

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Rache

Im Schutz der Dunkelheit beobachtete Vermouth – die in Wahrheit die Schauspielerin Sharon Vineyard war – das Haus der Familie Starling. Ein Foto des Hausherren hing an ihrem Rückspiegel. Ein rotes X zierte sein Gesicht und stellte ihr aktuelles Ziel dar. Sie war wütend, schämte sich und sie hasste ihn.

Ihre Schauspielkarriere hatte Jahre zuvor begonnen. Anfangs war sie nur ein kleiner Fisch im großen Haifischbecken. Und dann trat die Organisation in ihr Leben. Eigentlich hatte sie diese nur für ihre Pläne benutzen wollen. Aber so leicht ließen sie sich nicht auf der Nase tanzen und ein Entkommen war schon lange nicht mehr möglich. Nach und nach fügte sie sich ihrem Schicksal und übernahm alle möglichen Aufträge. Aufgrund ihrer Tätigkeiten als Schauspielerin bekam sie von der Organisation einen Leibwächter zur Verfügung gestellt. Sie mochte den Mann nicht, doch er tat seine Arbeit sehr gewissenhaft. Nachdem er sie vor einem Angriff beschützte und sich eine Kugel einfing, fiel er für eine lange Zeit aus. Ihr Manager drängte auf einen zeitnahen Ersatz und so hatten sie Agent Starling – unter einem falschen Namen – angeheuert. Sie waren zwar vorsichtig und ließen ihn von oben bis unten überprüfen, konnten aber nichts finden, was auf seine Tätigkeit beim FBI schließen ließ. Starling war immer in ihrer Nähe und verbrachte mehrere Monate mit ihr. Je mehr Zeit verging, desto besser schien er zu wissen, welche Knöpfe er drücken musste, damit sie plauderte wie ein altes Waschweib. Sich die Probleme von der Seele reden, tat gut und sie fühlte sich nach langer Zeit befreit.

Doch dann wurde alles anders. Mit einem Mal fiel das gesamte Kartenhaus in sich zusammen, als sie durch Zufall die wahre Identität ihres Beschützers herausfand. Eigentlich wollte sie ihre Rache an dem Agenten alleine auskosten, doch leider musste auch die Organisation von der Wahrheit erfahren. Und diese schob die ganze Schuld auf sie. Jetzt gehörte sie zu jenem Mitgliedern, die beobachtet wurden und Rechenschaft ablegen sollten. Selbstverständlich musste sie diesen Fehler aus der Welt tilgen.

Vermouth warf einen Blick nach draußen. Der Wagen des Agenten parkte in der Einfahrt, verließ den Wagen und betrat das Haus. Bald, bald würde sie ihre Rache bekommen. Langsam öffnete Vermouth die Wagentür und stieg aus.
 

Diese Mehrfachbelastung zerrte an seinen Nerven. Er agierte seit mehreren Wochen verdeckt und hatte noch eine Familie, die ihn brauchte. Wann immer es ging, fuhr Agent Starling nach Hause und kümmerte sich um seine Frau und seine Tochter. Beide waren wichtiger als alles andere in dieser Welt. Aber sie waren auch der Grund, warum er immer noch gefährliche Aufträge annahm. Seine kleine Tochter sollte in einer friedlichen Welt aufwachsen. Eine Welt ohne Angst und Schmerzen.

Da Sharon für einige Tage in ein Wellness-Hotel wollte und ihm Zwangsurlaub aufgebrummt hatte, konnte auch er einige Tage entspannen. Sicherheitshalber hatte der Agent ihre Aussage überprüft und war froh, dass sie tatsächlich im Hotel war. So konnte er endlich nach Hause. Zum Glück hatte er eine verständnisvolle Ehefrau, die die Wichtigkeit seiner Arbeit verstand und ihm den Rücken stärkte.

Um Jodie nicht zu wecken, machte er sich auf Zehenspitzen auf den Weg in die Küche. Die Wahrscheinlichkeit, dass das kleine Mädchen trotzdem noch wach war, lag bei 50%. Jodie war schon immer ein aufgewecktes Kind und versuchte immer bis zu seiner Rückkehr wach zu bleiben. Sie hatte es bisher nur selten geschafft, gab aber nicht auf. Da kam sie eindeutig nach ihm. „Da bin ich wieder“, sagte er und drückte seiner Frau einen Kuss auf die Wange. „Schläft Jodie schon?“

Die Amerikanerin nickte. „Sie hat es einfach nicht mehr ausgehalten und ist im Wohnzimmer eingeschlafen. Ich hab sie nach oben ins Bett getragen.“

Agent Starling schmunzelte. „Dann kann ich mir morgen ja wieder was anhören.“

„Ja, darauf kannst du dich schon gefasst machen. Denk an die Gute-Nacht-Geschichte. Du hast sie ihr versprochen und sie wird dich auf dieses Versprechen festnageln.“

„Morgen schaffe ich es sicher“, entgegnete er und sah zu den Töpfen. „James kommt in etwa zwei Stunden zu einer Besprechung her. Ich muss oben noch etwas vorbereiten, danach können wir zusammen essen“, fügte er hinzu.

„Ja, ist gut.“

Agent Starling gab seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und ging nach oben.

Sie sah ihm nach und lächelte. Manchmal konnte man ihren Mann wie ein offenes Buch lesen. Die Frau des Agenten deckte den Küchentisch und goss den letzten Rest Orangensaft in ein Glas. Morgen früh wurde sie eine neue Packung kaufen.

Ein Knarzen aus dem Wohnzimmer ließ sie aufhorchen. Ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, begab sie sich in das angrenzende Zimmer. Das Licht flackerte. „Jodie?“

Vermouth blickte in ihr überraschtes Gesicht.

„Wer sind Sie? Was wollen Sie hier?“, wollte sie wissen. „Mein Mann…“ Sie verstummte als sie die Waffe in der Hand der fremden Frau sah. Ein Schalldämpfer. Niemand wird etwas hören, schoss es ihr in den Kopf. Oh Gott…Jodie…

„Wenn du nicht willst, dass was passiert, bleibst du ruhig“, entgegnete die Schauspielerin mit der Stimme des Agenten. Sie liebte es, ihre Opfer so zu quälen. Die Stimme ihres Liebsten sollte das letzte sein, was sie hörte.

Angela erkannte die Lüge in den Augen ihres Gegenübers und sie hatte ihr Gesicht gesehen. Das hieß, sie würde die Nacht nicht überleben, außer es geschah ein Wunder. Und warum sprach die Frau mit der Stimme ihres Mannes? Sie biss sich auf die Unterlippe und ging ihre Optionen durch.

„Brav“, gab Vermouth von sich. „Und jetzt gehen wir gemeinsam nach oben.“

„Hast du das gehört, Teddy? Mama und Papa kommen gleich nach oben“, flüsterte Jodie ihrem Teddybären zu. Nachdem sie wieder wach geworden war, kletterte sie aus ihrem Bett und ging in den Flur. Sie hörte die Stimmen ihrer Eltern und ging nach unten. Als sie vor dem Wohnzimmer stand, lauschte sie. Jodie freute sich und nahm an, dass sie nun die versprochene Gute-Nacht-Geschichte zu hören bekam. Um nun von ihren Eltern nicht erwischt zu werden, lief Jodie ganz schnell nach oben und versteckte sich hinter dem Treppengelände. Von dort aus beobachtete sie, was sich im Erdgeschoss abspielte.

Es tut mir so leid, Jodie. Die Frau des Agenten begab sich in den Flur. Würde sie nun wirklich nach oben gehen, würde sie ihre Tochter in Gefahr bringen. Um ihre Familie zu beschützen, stolperte sie absichtlich und fiel auf den Boden. Bei ihrem Sturz hatte sie ihre Handtasche ebenfalls umgeworfen und diese unter sich versteckt. Sie musste ihren Mann irgendwie auf diese Situation aufmerksam machen. Aber reichte der Sturz schon aus?

Vermouth verdrehte die Augen. „Was soll das?“, wollte sie mit der Stimme des FBI Agenten wissen.

Wer ist das? Von ihrem Versteck hinter dem Treppengelände beobachtete Jodie was geschah.

„Ich bin gestolpert“, log Angela.

„Dann steh wieder auf.“

„Hören Sie auf mit der Stimme meines Mannes zu sprechen.“ Während sich Angela langsam aufrichtete, öffnete sie ihre Handtasche und zog ihre Waffe heraus. Selbstverständlich hatte Vermouth bemerkt, dass es eine Falle war. „Du dummes Mädchen“, entgegnete die Schauspielerin und schoss auf die Frau.

Angela sackte zusammen und die rote Flüssigkeit breitete sich aus. „Es tut…mir so leid…Jodie…“, wisperte sie leise.

Vermouth ging zu ihr und trat ihr in den Bauch. „Das hättest du nicht tun sollen.“ Sie kniete sich hin und sah zu der Waffe. „Du hättest sie wenigstens laden sollen. Lass mich raten, die Patronen hast du getrennt von der Waffe aufbewahrt. Hast du gedacht, ich würde wirklich auf diesen Trick hereinfallen?“

„Fahr…zur Hölle…“

„Heute nicht“, entgegnete Sharon. „Viel Spaß beim Sterben“, fügte sie hinzu und ging an ihr vorbei.

Die Frau des Agenten nahm ihre letzte Kraft zusammen. Langsam setzte sie sich wieder auf und zog aus ihrer Handtasche eine kleine Schatulle. Sie war mit einem Schloss gesichert, welches sie augenblicklich aufsperrte. Anschließend befüllte sie die Waffe mit den Patronen und schoss auf den Eindringling.

Der Schuss verfehlte Vermouth. Die Schauspielerin blickte sich um und lächelte. „Dummes Mädchen“, wiederholte sie und gab erneut einen Schuss ab. „Sayonara.“ Vermouth ging die Treppen nach oben und blickte sich um. Die Tür zum Kinderzimmer stand offen. „Na so was“, murmelte sie leise und ging in das Zimmer.

Verängstigt hatte Jodie ihr Versteck gewechselt. Als die Schauspielerin ihr Kinderzimmer betreten hatte, lief Jodie die Treppenstufen nach unten. Sie rüttelte ihre Mutter. „Mama…Mama…mach die Augen auf“, flehte sie leise. „Mama…bitte…mach deine Augen auf. Mama…ich hab Angst…“ In ihrem zu Hause war eine Frau die die Stimme ihres Vaters nachmachen konnte und sie wusste nicht, wo ihr Vater war. „Mama…“ Jodie schluchzte.

Aber die Angesprochene rührte sich nicht.

„Jodie?“

Als das Mädchen die Stimme ihres Vaters hörte, zuckte sie zusammen. Das ist wieder diese Frau, schoss es ihr durch den Kopf. Jodie hörte Schritte. Sie wusste, dass sie sich verstecken musste. Aber sie wusste auch, dass man dieses finden würde. Wie in Trance nahm Jodie die geladene Waffe und lief ins Wohnzimmer. Sie versteckte sich hinter dem Sofa. Von ihrem Vater wusste sie, dass eine Waffe großen Schaden anrichten konnte, aber sie konnte auch ein Leben retten. Er hatte sie schon häufiger zum Schießstand mitgenommen und sie die Waffe bedienen lassen. Damals hatte sich Jodie gefreut, dass ihr Vater ihr etwas beibrachte. Aber jetzt hatte sie Angst vor dem, was sie mit der Waffe tun würde. „Bitte…sie soll weggehen…“, wisperte Jodie ihrem Teddybären zu. Sie hatte ihn kein einziges Mal aus der Hand gegeben. Das junge Mädchen zitterte am ganzen Leib.

„Jodie?“

Erneut rief die Stimme nach ihr. Jodie konnte nicht zu ordnen, ob es sich um die Frau handelte oder ob es nicht doch ihr Vater war. Wie sollte sie die Beiden nur unterscheiden? Jodie schloss die Augen und drückte ihren Teddy an sich.

Agent Starling bekam nicht mit, was sich im Erdgeschoss abspielte. Er saß im Arbeitszimmer und druckte einige Unterlagen aus. Erst als der Schuss aus der Waffe seiner Frau fiel, überkam ihn die Anspannung. Sofort läuteten alle Alarmglocken und er holte seine Dienstwaffe aus dem Safe. Er lud diese mit Patronen und verließ das Arbeitszimmer. „Jodie“, hörte er seine Stimme. Doch nicht er war es, der seine Tochter rief. Sie war in der Nähe. Sharon! Es gab nur eine Person die Stimmen imitieren konnte. Starling wusste nun, dass sie in sein Heim eingedrungen war. Er musste handeln und seine Familie beschützen. Egal was auch kommen würde, er musste Jodie in Sicherheit bringen. Mit schnellen, aber auch leisen Schritten marschierte er nach unten und suchte seine Tochter. Selbstverständlich hatte er die offene Tür des Kinderzimmers gesehen. Würde er den Raum betreten, würde er in eine Falle laufen. Da war er sich sicher. Und er wusste, dass sie nach seiner Tochter rief, um ihn herauszulocken. Würde sie Jodie in ihre Finger bekommen…daran wollte er nicht denken.

„Angela“, wisperte er leise, als er die Leiche seiner Frau fand. Er kniete sich hin und kämpfte gegen seine Tränen. Sie war seine große Liebe und er konnte sie nicht beschützen. Der Agent schloss seine Augen, sprach in Gedanken ein Gebet und stand wieder auf. Er folgte den blutverschmierten, kindlichen Fußspuren bis ins Wohnzimmer. Die ganze Zeit hoffte er, dass Jodie unverletzt war.

„Jodie? Wo bist du?“ Seine Stimme wurde leiser. „Jodie, ich bins, Daddy. Hab keine Angst. Es wird alles gut.“

Jodie zitterte. Mittlerweile hielt sie die Waffe vor sich. Ihre beiden Zeigefinger lagen auf dem Lauf und ihre Augen waren geschlossen. Sie hatte nicht vorgehabt abzudrücken, aber dann kamen die Schritte näher. Langsam öffnete das Mädchen ihre Augen und als eine Silhouette vor ihr erschien, zuckte sie zusammen. Dabei löste sich ein Schuss. Ein tödlicher Schuss.

„Jo…die…“ Der Agent sackte zusammen und starrte sie mit offenen Augen an. Blut floss aus dem Loch in seiner Stirn und er fiel nach hinten. Er war augenblicklich gestorben.

Jodie weitete ihre Augen. „Papa?“, fragte sie leise. Als sie realisierte, dass es tatsächlich ihr Vater war, ließ sie die Waffe zu Boden fallen und krabbelte zu ihm. Sie zerrte an seinem Arm. „Papa…bitte…Papa…sag doch was…Papa…“, wisperte sie. Jodie rüttelte weiter an ihm. „Papa…bitte…es tut mir leid. Es tut mir leid. Es tut mir leid. Es tut mir leid. Es tut mir leid.“ Immer wieder wiederholte sie diese vier Worte.



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