Zum Inhalt der Seite

Grenade

Vermouth x Curaçao
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

kurz vorweg:

Im 20. Kinofilm gibt es eine Szene, aus der hervorgeht, dass Curaçao scheinbar für Vermouth gearbeitet hat, bevor sie zu Rums Assistentin wurde. Zwar ist die Story an den Anime angelehnt, richtet sich jedoch nicht nach den Geschehnissen aus dem Kinofilm, oder der allgemeinen Timeline des Animes.
 

Dieser OneShot ist xLime (Fanfiction.de) gewidmet, da du mir mal gesagt hast, dass du das Pair wirklich magst.
 

Grenade
 

Ihre Finger glitten über den kalten Stahl der Straßenlaterne, an welcher sie in einem halsbrecherischen Manöver hinabglitt. Ihr Körper vollführte eine halbe Drehung um den Laternenmast, dann hatte sie den sicheren Boden erreicht.

Leichtfüßig kam sie auf dem Asphalt auf und federte die Landung gekonnt ab, indem sie etwas in die Knie ging, dann war die Flucht aus dem zweiten Stockwerk des Bürogebäudes auch schon geglückt.

Curaçao riskierte einen raschen Blick hoch zu dem Fenster, aus welchem sie soeben noch gesprungen war. Ein schockierter Angestellter des firmeneigenen Sicherheitsdienstes, blickte ungläubig zu ihr hinab. Der letzte, sogenannte Sicherheitsmann, der noch in der Lage dazu war zu stehen, dachte die Silberhaarige spöttisch.

Schon wandte sie den Blick ab und setzte sich wieder in Bewegung. Mit zwei Sätzen hatte sie die Straße erreicht. Ohne jedes Zögern sprang sie auf die Straße, was eine alte Frau dazu veranlasste, scharf abzubremsen. Keine 30 Zentimeter vor ihr kam der in die Jahre gekommene Nissan Micra zum Stehen. Curaçao hatte noch nicht einmal gezuckt.

„Heeey! Fräulein! Passen Sie doch auf!“, entrüstete die Alte sich, welche das Fenster des Fahrzeugs hinuntergekurbelt hatte.

Mit einem Satz war das Organisationsmitglied bei ihr, öffnete die Fahrertür, beugte sich hinab und schnallte die Seniorin mit einer fließenden Handbewegung ab, ehe sie ihre rechte Hand in der Fleecejacke der Alten vergrub und diese aus dem Auto riss.

„Entschuldigen Sie, die Schrottlaube leihe ich mir jetzt.“ Treffsicher rammte sie der betagten Frau das Knie in den Magen und stieß die ächzende Alte bei Seite, wie einen Sack Mehl, für den sie keine Verwendung mehr hatte. Sie war sich bewusst, dass das nicht gerade die feine englische Art war, doch Zeit für Mitleid hatte sie nicht. Erste Schaulustige versammelten sich bereits und bis die Polizei hier aufkreuzen würde, würde es auch nicht mehr lange dauern.

Curaçao stürzte sich in das Auto, schlug die Tür hinter sich zu, trat das Gaspedal durch und raste auf und davon, während die Alte im Hintergrund wimmerte und eine Hand in ihre Richtung ausgestreckt hatte, fast so, als wollte sie sie aufhalten.

Mit vollkommen überzogenem Tempo raste die Kriminelle durch die Stadt. Der gestohlene Nissan war zwar leider nicht das ideale Rennfahrzeug, aber für den Anfang würde er seinen Zweck schon erfüllen.

Mit einer Hand hielt sie das Steuer, mit der anderen fuhr sie sich durchs Haar und zog sich in einer fließenden Bewegung die brünette Perücke vom Kopf. Lange, leicht gewellte silberne Strähnen fielen seidig ihre Schultern herab. Schon viel besser.

Curaçao schob die Sonnenbrille hoch, welche sie bis eben noch genutzt hatte, um ihre verschiedenfarbigen Augen zu verdecken. Da es inzwischen dunkel wurde, behinderte das getönte Glas nun jedoch nur noch ihre Sicht.

Auf die Lippen der jungen Frau stahl sich ein Lächeln. „Auftrag erledigt. Einfach wie immer.“

Sie lenkte den Kleinwagen in den Gegenverkehr, löste ein Hupkonzert aus, lenkte den Micra in eine scharfe Kurve und bog in eine andere Straße ein. Nicht mehr lange und sie könnte von dem Fluchtfahrzeug in ihren eigenen Wagen wechseln, welchen sie in der Nähe geparkt hatte.

Bis es soweit war, ging das Organisationsmitglied in Gedanken noch einmal den Auftrag durch.

Problemlos hatte sie sich Zutritt in das Gebäude der IT-Firma verschafft. Auch an die Informationen, welche die Organisation brauchte, war sie gelangt. Mit ihren bunten Farbkarten war es keine Schwierigkeit gewesen, sämtliche Daten in ihrem Gedächtnis zwischenzuspeichern. Gerade, als sie einen USB-Stick an den Rechner der Firma angeschlossen hatte, um das Unternehmen vorübergehend mit einem Computervirus lahmzulegen, waren die Angestellten des Sicherheitsdienstes auf sie aufmerksam geworden.

Obwohl die Männer zu viert waren, war der Kampf so einfach gewesen. Das angeblich geschulte Personal, hatte sich so leicht überrumpeln lassen. Eine Schusswaffe war nicht von Nöten gewesen. Wenn sie an eben dachte, konnte sie immer noch das Geräusch von brechenden Knochen und die Schmerzensschreie der Angestellten hören. Sie hatte niemanden getötet. Glaubte sie zumindest. Nicht, das sie als Organisationsmitglied ein Problem damit gehabt hätte, doch dank der Tatsache, dass sie in ihrer Verkleidung so schnell nicht wiedererkannt werden würde und die Gegner sich problemlos hatten besiegen lassen, hatte sie schlicht und ergreifend keine Notwendigkeit darin gesehen, die Angestellten des Sicherheitsdienstes endgültig auszuschalten.

Die Daten hatte sie im Kopf und könnte sie ihrer Vorgesetzten jederzeit aus dem Gedächtnis übermitteln.

Apropos Vorgesetzte, sie sollte Vermouth besser mal anrufen, um ihr von dem erfolgreichen Ausgang des Auftrags zu berichten.

Curaçao griff mit einer Hand nach ihrem Handy und wählte praktisch blind die Nummer der Amerikanerin, während sie in dem gestohlenen Kleinwagen die Straße entlangjagte.

„Curacao?“, konnte sie nach einigen Sekunden die Stimme der Schauspielerin hören.

„Ich habe den Auftrag durchgeführt und bin an die Informationen, die du wolltest, gelangt, Vermouth.“, meldete die Silberhaarige sich zu Wort.

„Also lief alles nach Plan?“

„Natürlich. Ich musste einige Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ausschalten und bin aktuell in einem gestohlenen Fahrzeug unterwegs, aber das werde ich gleich gegen mein eigenes Auto eintauschen.“

„Es gab einen Kampf?“, hakte die Blondine am anderen Ende der Leitung nach.

Erneut lenkte Curaçao den gestohlenen Micra in eine andere Straße. In einiger Entfernung konnte sie ihr eigenes Fahrzeug bereits sehen.

„Einen kurzen Kampf. Vier Sicherheitsangestellte haben mich bemerkt, aber ich habe mich um sie gekümmert.“

„Hat sonst noch jemand dein Gesicht gesehen?“, wollte Vermouth wissen.

„Vor der Firma fanden sich zwar ein paar Schaulustige ein, aber die haben nur meine Verkleidung gesehen. Niemand wird mich erkennen.“

„In Ordnung. Dann komm jetzt zurück und bring mir die Daten und den USB-Stick.“, forderte Vermouth.

„Ist gut. Dann bis gleich.“, verabschiedete Curaçao sich. Vermouth beendete das Telefonat.

Ein etwas bitteres Lächeln huschte über ihre Lippen. Wie üblich hatte sie den Auftrag wie befohlen ausgeführt und war an die Daten gelangt, die gewünscht waren. Wie üblich hatte die Amerikanerin kein Wort des Lobes verloren.

Aber was machte sie sich eigentlich vor? Sie war kein kleines Kind mehr. Vermouth konnte erwarten, dass sie ihre Aufträge zur vollsten Zufriedenheit ausführte. Warum sollte sie sie da loben, oder sich nach ihrem Gesundheitszustand erkundigen? Egal wie sehr sie sich insgeheim nach ein paar lobenden Worten und etwas Anerkennung der Amerikanerin sehnte, Curaçao wusste, dass das albern war. Nichts als Wunschdenken. Sie hatte zu funktionieren und genau das tat sie auch.

Sie schob die bitteren Gedanken bei Seite, parkte den Micra hinter ihrem eigenen Auto und schaltete den Motor aus. Eigentlich ein Wunder, das ihr die Polizei nicht schon längst auf den Fersen war.

Wenn sie daran dachte, dass sie einen Auftrag einmal mehr wie gewünscht ausgeführt hatte, machte sich jedoch auch ein freudiges und irgendwie zufriedenes Gefühl in ihr breit. Sie hatte erledigt, was Vermouth ihr aufgetragen hatte. Sie hatte sie nicht enttäuscht.

Und gleich würde sie sich mit der Schauspielerin treffen, um dieser die Daten zu übermitteln. Vielleicht hatte sie ja Glück und Vermouth hatte etwas Zeit und wäre gewillt, diese Zeit mit ihr zu verbringen. Curaçao wusste, dass sie nicht wie einer der vielen Fans, für die amerikanische Schauspielerin schwärmen sollte und doch... obwohl sie ein Organisationsmitglied, eine eiskalte Kriminelle war, sie fühlte nun einmal wie sie fühlte und sie war glücklich, wenn sie mit der Blondine zusammen war.

Nun, sehen würde sie sie gleich auf jeden Fall. Allein schon, um die Daten weiterzugeben und ihr den geliehenen USB-Stick, mit dem Virus darauf, zurückzugeben.

Der USB-Stick... vor ihrem inneren Auge sah die Silberhaarige besagten Stick noch im Computer der Firma stecken. Sie hatte der Firma gerade ein Geschenk, in Form eines Computervirus, dalassen wollen, als die Angestellten der Sicherheitsfirma aufgetaucht waren. Nach dem kurzen Kampf, hatte sie eiligst das Weite gesucht. Und der USB-Stick? Curaçao zog sich der Magen zusammen und ein eiskalter Schauer jagte ihren Rücken entlang. Verdammt, sie hatte den USB-Stick vergessen! Vermouth würde sie umbringen!
 

Easy come, easy go, that's just how you live, oh

Take, take, take it all, but you never give

Should have known you was trouble from the first kiss

Had your eyes wide open

Why were they open? (Ooh)
 

Curaçao lehnte sich genießend ein Stück weit zurück, während die Hände der Blondine fachkundig ihre Schultern massierten. Herrlich. Sie hatte vorhin insgeheim noch gehofft, dass die Amerikanerin ein wenig Zeit für sie aufbringen würde und so wie es aussah, hatte sie heute Glück.

„Und du denkst, dass der Abteilungsleiter der Firm ein Programm entwickeln könnte, dass der Organisation nützlich ist?“, hakte Vermouth gerade nach.

„Ganz genau so ist es. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf jemanden richten sollten, dann auf den Abteilungsleiter.“, bestätigte Curaçao.

„Was genau macht dich da so sicher?“, bohrte ihre Gesprächspartnerin mit fast schon schnurrender Stimme weiter nach. Die Schauspielerin lehnte sich näher zu ihr. Ihre Lippen streiften Curaçaos Ohrläppchen, ehe die Blondine sich etwas weiter herunter beugte und damit begann die Schulter der anderen Kriminellen mit kleinen Küssen zu übersähen, ehe sie sich langsam weiter in Richtung Hals vorarbeitete.

Die Silberhaarige durchfuhr ein wohliger Schauer. Sie bekam eine leichte Gänsehaut, da die Liebkosungen gleichzeitig auch etwas kitzelten.

„Wenn man sich die Statistiken und Ergebnisse der Firma so ansieht, dann wird es eindeutig, dass besagter Abteilungsleiter das Hirn dieses Unternehmens ist. Bedeutende Erfolge gingen bisher noch immer auf seine Kappe.“, zwang Curaçao sich das Gespräch fortzusetzen, obwohl sie sich aktuell nur schwer darauf konzentrieren konnte. Sie genoss die Nähe und Zuwendung des ranghöheren Organisationsmitglieds und wünschte sich, nicht im gleichen Atemzug über die Arbeit sprechen zu müssen.

Inzwischen hatte Chris damit aufgehört, die Schultern der anderen Kriminellen zu massieren. Stattdessen hatte sie sie in eine Umarmung gezogen. Bereitwillig lehnte die Silberhaarige sich zurück und schmiegte sich näher mit dem Rücken an die, hinter ihr auf dem Sofa sitzende, Amerikanerin. Diese hatte eine Hand unter das Oberteil der anderen Frau geschoben, strich über deren weiche Haut und ließ die Hand langsam die Seite der Kriminellen hochwandern.

Curaçao schloss die Augen. Sie hatte den Kopf etwas zur Seite gelehnt, um der Blondine mehr Fläche zu bieten. Ihr Magen kribbelte wohlig und ihr Herz schlug schneller. Vielleicht sprachen sie gerade nebenbei auch noch über die Arbeit und vielleicht war das hier für Vermouth einmal mehr nicht mehr als ein Spiel, dennoch genoss sie jede Sekunde.

„Wie sollen wir in dem Fall jetzt weiter vorgehen?“, erkundigt Curaçao sich bezogen auf den letzten Auftrag. Ja, sie konnte sich besseres vorstellen, als dieses Thema weiterhin beizubehalten, doch sie wollte auch nicht, dass sie sich von Chris anhören durfte, dass sie sich zu leicht ablenken ließ und unkonzentriert war.

„Ich kümmere mich um alles weitere.“, entschied die Amerikanerin. „Dein Teil des Auftrags ist erledigt.“ Sie begann leicht am Ohr der anderen Kriminellen zu knabbern, welche wohlig schauderte. „Naja, fast erledigt, meine ich.“, verbesserte Vermouth sich und hielt einen Moment lang inne.

Fragend öffnete Curaçao die Augen wieder. „Mh? Fast erledigt?“, wiederholte sie.

Sanft, beinahe liebevoll, strich die Schauspielerin ihr mit der freien Hand einige der silbernen Strähnen zurück über die Schulter, lehnte ihre Hand an die Wange der jungen Frau, strich zärtlich darüber und ließ ihre Hand dann langsam weiter in Richtung Hals wandern.

„Wärst du wohl so gut und würdest mir nochmal erklären, was genau du mit dem USB-Stick angestellt hast?“ Vermouths Stimme bekam einen leicht schneidenden Unterton.

Curaçao erstarrte. Der USB-Stick. Der verdammte USB-Stick. Der Patzer, der ihr beim letzten Auftrag unterlaufen war. Sofort meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Adrenalin jagte durch ihren Körper und verursachte ein unangenehmes, stechendes Gefühl in ihrer Magengegend.

„Und wo du schon mal dabei bist, erzähl mir doch auch gleich noch, warum du Angestellte vom Sicherheitsdienst hast leben lassen.“ Vermouths Stimme wurde noch etwas schneidender und bedrohlicher.

„I-ich, also-“, begann Curaçao gerade, ehe ihrer Kehle ein schmerzverzerrtes Wimmern entkam.

Ohne jede Vorwarnung, hatte Vermouth die Fingernägel ihrer rechten Hand im Nacken der Silberhaarigen versenkt. Die langen, penibel manikürten und lackierten Nägel, gruben sich durch ihre Haut und drangen in ihr Fleisch.

Von einer Sekunde auf die andere plötzlich grob, hatte die Blondine ihre Nägel in den Nacken der anderen Kriminellen gekrallt und drückte sie mit beiden Händen runter.

Die vollkommen überrumpelte Curaçao, landete mit der Nase zuerst auf dem Sofa, während sie das Gefühl hatte, das Chris sie mit einem Griff unten hielt, als hätte sie eine gefährliche Würgeschlange im Nacken gepackt, die sie um keinen Preis entkommen lassen wollte.

Schmerz jagte der Kriminellen durch den Nacken. Sie hatte die plötzliche Attacke nicht kommen sehen, auch wenn es nicht das erste mal war, das die Amerikanerin vollkommen unberechenbar reagierte und ihr mit voller Absicht weh tat. Meistens dann, wenn sie etwas vermasselt hatte.

Schlimmer, als der körperliche Schmerz, war jedoch der Psychische. Die Frau, für die sie so sehr schwärmte, nein, viel mehr die Frau, die sie liebte, schadete ihr gerade einmal mehr mit voller Absicht. Situationen wie diese, führten ihr nur wieder vor Augen, wie einseitig ihre Gefühle doch waren. Für Vermouth war sie nicht mehr als ein Werkzeug, das zu funktionieren hatte. Bestenfalls noch ein Spielzeug, wenn der Schauspielerin danach war.

„Ich... e-es tut mir leid!“, stammelte Curaçao betroffen.

Sie war sich durchaus bewusst, dass sie der Blondine körperlich haushoch überlegen war. Es wäre ein Leichtes für sie, sich aus dem Griff zu befreien, den Spieß umzudrehen und der anderen Frau ohne jede Mühe jeden einzelnen Knochen im Leib zu brechen. Doch das wäre ihr im Traum nicht in den Sinn gekommen. Niemals.

Vielleicht war sie für Vermouth nicht mehr als ein Werkzeug, aber dann wollte sie wenigstens ein Werkzeug sein, welches funktionierte. Eins, welches sie gebrauchen konnte und keines, welches ihr Unannehmlichkeiten bereitete.

„Ich bringe die Sache wieder in Ordnung.“, versicherte die Silberhaarige, inzwischen etwas gefasster und entschlossener.

Einmal noch verstärkte Chris kurzzeitig ihren Griff und Curaçao kniff schmerzerfüllt die Augen zusammen, dann ließ die Blondine sie wieder los, rückte ein Stück weit ab und musterte sie aus kühlen, grünen Augen, welche wie immer leicht spöttisch funkelten.

„Das würde ich dir auch raten. Bügle aus, was du vermasselt hast und das lieber gestern als heute.“, wies sie sie an.

„Natürlich.“ Curaçao setzte sich wieder auf, rieb sich kurz über den Nacken und blinzelte heiße Tränen zurück, die in ihren Augen aufzusteigen drohten.
 

Gave you all I had and you tossed it in the trash

You tossed it in the trash, you did

To give me all your love is all I ever ask

'Cause what you don't understand is
 

I'd catch a grenade for ya (yeah, yeah, yeah)

Throw my hand on a blade for ya (yeah, yeah, yeah)

I'd jump in front of a train for ya (yeah, yeah, yeah)

You know I'd do anything for ya (yeah, yeah, yeah)
 

Oh, oh, I would go through all this pain

Take a bullet straight through my brain

Yes, I would die for ya, baby

But you won't do the same

No, no, no, no
 

Einige Wochen waren seit dem Auftrag vergangen, bei dem sie den USB-Stick versehentlich zurückgelassen und später hatte wieder einsammeln müssen.

Zumindest dieses Problem war damit aus der Welt geschafft, doch ein vergessener USB-Stick erschien Curaçao vergleichsweise unproblematisch zu der Situation, in welcher sie sich aktuell befanden.

Normalerweise neigte Vermouth dazu Aufträge im Alleingang durchzuführen. Innerhalb der Organisation war sie für ihre Alleingänge und den Erfolg, den sie damit hatte, bekannt.

Diesmal jedoch, hatten die beiden Frauen sich einer Aufgabe gemeinsam angenommen. Die Blondine hatte sie mit dabei haben wollen, als sie in eine Zweigstelle des FBIs eingebrochen war.

In das Gebäude einzusteigen, war für die beiden kein Problem gewesen, hatte Vermouth doch im Vorfeld für die richtige Tarnung gesorgt. Auch das Online-Adressbuch des FBIs hatten sie ungestört aufrufen können. An dieser Stelle waren Curaçaos Fähigkeiten zum Einsatz gekommen, hatte sie sich die Privatadressen diverser Agenten merken sollen, da dies der Organisation zur Vorbereitung für einen Schlag gegen die Behörde dienen sollte.

Dank ihrer Farbkarten hatten die Adressen sich in ihr Gedächtnis gebrannt. Alles hätte so glattlaufen können, hätten sich nicht exakt die beiden Agenten zurückgemeldet, die sich eigentlich im Ausland befinden sollten und als die sie sich ausgegeben hatten. Das es Personen nicht doppelt geben konnte, war selbst dem FBI leider viel zu schnell aufgefallen und da klar war, dass besagte Agenten keine Zwillinge hatten, war die Tarnung der beiden Kriminellen letztlich aufgeflogen.

Die Angestellten des FBIs, welche sich ihnen zuerst in den Weg gestellt hatten, hatten die beiden Frauen in einem raschen Schusswechsel noch relativ problemlos beseitigt, doch leider hatten die Schüsse einen ähnlich unschönen Effekt gehabt, wie der berühmte Stich ins Wespennest.

Auch, wenn sie sich die ersten Agenten vom Hals geschafft hatten, folgten bald darauf schon Weitere, welche die beiden Frauen an der Flucht hintern wollten.

„Diese verdammten Maden vom FBI werden damit rechnen, das wir entweder durch den Haupteingang, oder über die Feuertreppe fliehen werden!“, rief Curaçao der Amerikanerin zu, neben der sie aktuell über den Flur rannte. Auch wenn sie es eilig hatte das Gebäude zu verlassen, so hatte sie ihr Tempo dennoch stark gedrosselt, da ihr klar war, dass sie sportlicher und schneller als Vermouth war. Die Blondine abzuhängen, lag ihr fern.

„Bleibt folglich noch eine alternative Fluchtroute!“ Die Stimme der Schauspielerin klang von der Flucht durch das Gebäude bereits ein wenig außer Atem.

„Sofort stehen bleiben!“ Aus dem Treppenflur, in welchen sie gerade einbiegen wollten, stürmten zwei Agenten mit gezogenen Waffen.

Ruckartig hielten die Kriminellen inne, jedoch dachten sie beide nicht daran, dem FBI diesen Gefallen zu tun.

In einer fließenden Bewegung hatte Chris ihre eigene Pistole gezogen und den Abzug betätigt. Eine rote Fontäne sprühte aus dem Hinterkopf eines Agenten und besprenkelte großzügig die zuvor weiße Wand hinter ihm, dann sackte der Mann leblos zu Boden.

Agent Nummer zwei war durch den Vorfall für eine Sekunde unachtsam. Zeit, welche Curaçao nicht gewillt war verstreichen zu lassen.

Die Silberhaarige sprang nach vorne, vollführte eine halbe Drehung, riss das Bein hoch und trat dem verbleibenden Gegner mit voller Wucht unter das Kinn. Der Kopf des Agenten schnappte nach hinten, dann stürzte er zu Boden, als wäre er nicht mehr als eine leblose Puppe.

Vom Flur hinter ihnen und durch das Treppenhaus über ihnen, näherten sich die nächsten Agenten. Lediglich die Treppe, welche nach unten führte, lag zur Zeit noch ruhig da.

Alles in ihr schrie danach die Flucht nach unten anzutreten, doch als Curaçaos Blick zu Vermouth fiel, bemerkte sie, dass diese bereits stärker außer Atem war, als sie selbst

Sie zögerte. Die Silberhaarige wusste, dass Chris durchaus nicht aus Zucker war und über eine unglaubliche Willensstärke verfügte, dennoch machte sie sich Sorgen, wie die Flucht für sie verlaufen würde, wenn sie zeitgleich immer wieder die Agenten, welche hinter ihnen her waren, zurückschlagen müssten.

Auch wenn Curaçao selbst nichts lieber tun wollte, als die Flucht zu ergreifen, bevor die nächsten Gegner sie erreicht hatten, so fasste sie dennoch einen anderen Entschluss.

„Los, lauf du vor zum Motorrad.“, zischte sie Vermouth zu. „Ich halte die Agenten hier im Treppenhaus auf und komme dann nach.“

Die Blondine blickte sie ungläubig an. „Wir werden von einer ganzen Gruppe verfolgt. Sicher, dass du das schaffst?“

„Ich halte sie ja nur ein wenig hin und kürze dann ab.“, versicherte Curaçao.

Vermouth schien diese Aussage allem Anschein nach zu genügen. Sie hakte nicht weiter nach, sondern machte sich eiligst daran die Treppe nach unten zu laufen.

Die Kriminelle blickte ihr nach. Chris einen gewissen Vorsprung zu verschaffen, war die richtige Entscheidung gewesen, oder?

Länger darüber nachdenken, konnte Curaçao nicht mehr. Die ersten FBI Agenten hatten sie erreicht.

„Zeit zu spielen.“, begrüßte sie die Gegner mit einem grimmigen Lächeln.

Die junge Frau hoffte, nicht angeschossen zu werden, zögerte jedoch nicht länger und stürzte sich in den Kampf. Ihr schneller, kraftvoller Kampfstil war einzigartig und suchte seinesgleichen. Die meisten Gegner ließen sich für gewöhnlich im ersten Moment von ihrer Stärke überrumpeln. Ein kleiner Moment der Unsicherheit und des Zögerns, mehr brauchte sie zumeist auch nicht, um einen Gegner auf die Bretter zu schicken.

Curaçao wirbelte herum, schlug und trat zu und kämpfte wie eine Besessene. Die FBI Agenten in Schach zu halten, war leichter gesagt als getan, zumal die Gegner immer mehr statt weniger zu werden schienen. Nicht weiter verwunderlich, befand sie sich aktuell immerhin auch in einem Gebäude des FBIs.

Heftig trat sie einen Gegner gegen den Brustkorb. Der Mann flog nach hinten und riss einen anderen Agenten mit sich. Gleichzeitig fiel ein Schuss. Ein scharfer Schmerz jagte durch den Arm der jungen Frau. Ein Streifschuss. Verdammt, das war gar nicht gut.

Sehr viel länger konnte sie die Stellung hier im Treppenhaus nicht halten. Hatte Vermouth die Zeit, die sie ihr verschafft hatte, gereicht? Sie hoffte es, denn langsam musste sie selbst sehen, dass sie floh.

Gerade, als ihre verschiedenfarbigen Augen die Gegner scannten und nach einem alternativen Fluchtweg suchten, explodierte im Erdgeschoss des Gebäudes irgendetwas.

Der Krach war ohrenbetäubend. Fensterscheiben zerbarsten, kurze Zeit später stiegen Rauchschwaden und Flammen vom Erdgeschoss aus auf. Fast, als hätte jemand kurzentschlossen eine Handgranate gezündet.

Das FBI würde es wohl kaum darauf anlegen, das eigene Dienstgebäude in die Luft zu jagen, blieb also nur noch eine Person, die für die Explosion verantwortlich sein konnte. Vermouth... ob bei ihr alles in Ordnung war?

Was sie jedoch mit Sicherheit sagen konnte war, dass das Erdgeschoss derzeit nicht mehr betretbar war, was auch ihre eigene Flucht erschwerte.

Die linke Hand auf die Schussverletzung ihres rechten Arms drückend, setzte Curaçao sich wieder in Bewegung. Ihr Vorteil war, dass die Explosion die Agenten genau so aus dem Konzept gebracht hatte, wie sie selbst, weshalb diese nur zeitverzögert reagierten, als sie lossprintete, einen Mann mit der unverletzten Schulter grob bei Seite stieß und durch das zerbrochene Fenster im Treppenflur geradewegs nach unten sprang.

Kurz befand Curaçao sich im freien Fall, dann bekam sie den Ast eines Ahorns, welcher neben dem Gebäude wuchs, zu fassen.

Trotz der Schmerzen, die in ihrem Arm explodierten, lockerte sie den sicheren Griff um den Ast nicht. Der Baum stoppte ihren Fall und eignete sich wunderbar dazu, um sich daran nach unten zu hangeln.

Es war ein gutes Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Jetzt musste sie es nur noch zum gemeinsamen Fluchtfahrzeug, dem Motorrad, mit dem sie hergekommen waren, schaffen, dann wäre das schlimmste überstanden.

Zwei Schüsse pfeilten nur knapp an ihr vorbei. Curaçao nahm das zum Anlass, sich wieder in Bewegung zu setzen. Auch wenn von den FBI Agenten niemand ihrem Beispiel folgen und aus dem Fenster springen wollte, so wäre es dennoch nur noch eine Frage der Zeit, bis die Gegner sie wieder eingeholt hätten. Außerdem war sie nicht scharf darauf, erneut von einer Kugel getroffen zu werden.

Während Flammen sich das Gebäude hochfraßen, rannte Curaçao los. Sie sprintete über den Hof und hinaus zur Straße, wo sie vorhin das Motorrad zurückgelassen hatten.

Von besagtem Motorrad fehlte nun jedoch jede Spur. Nein, um genau zu sein, konnte sie es in weiter Ferne noch ausmachen. Ihre Teampartnerin entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit von dem Wespennest namens FBI.

Curaçaos Herz sackte ihr in die Kniekehlen. Es war eine Mischung aus Enttäuschung und Entsetzen, welche wie eine Welle über sie hinwegrollte.

Chris hatte sie ganz einfach stehen lassen. Sie selbst hatte der Blondine eben noch zur Flucht verholfen, während die Amerikanerin sie hier beim FBI zurückgelassen hatte.

Apropos FBI, die Agenten würden mit Sicherheit nicht mehr all zu lange auf sich warten lassen. Sie sollte hier nicht länger wie angewurzelt stehen bleiben. Aber wie sollte sie das FBI zu Fuß bitte abhängen?
 

Vollkommen außer Atem ließ Curaçao sich im Fahrersitz zurücksinken. Sie war entkommen. Gerade so. Aber auch nur, weil sie sich erst durch einige Büsche gekämpft hatte, bevor sie über eine recht hohe Mauer gesprungen war und auf dem nächsten Parkplatz ein Auto gestohlen hatte.

Ihre Verfolger hatten den Diebstahl nicht mitbekommen, weshalb sie sich in dem Fahrzeug verbergen und sich schließlich damit aus dem Staub hatte machen können.

Es dämmerte bereits, ihr T-Shirt war blutdurchtränkt und ihr Arm schmerzte heftig.

Die Silberhaarige wischte sich den Schweiß von der Stirn, schloss für einen Moment die Augen und genehmigte sich noch eine Pause von einigen weiteren Augenblicken.

Wie gut es tat, endlich innehalten zu können. In dem Wissen, nun in Sicherheit zu sein, fiel ihr eine riesige Last von den Schultern.

Schließlich öffnete sie die Augen wieder und pflückte die Maske, die sie von Vermouth erhalten hatte, aus ihrem Gesicht. Ihre Kehle fühlte sich ausgetrocknet an und brannte. Sie brauchte dringend etwas zu trinken. Doch bevor sie sich um etwas Wasser bemühte, wollte sie von der Straße verschwinden.

Ihr Handy begann zu klingeln und zog Curaçaos Aufmerksamkeit auf sich. Sie riskierte einen Blick auf das Display. Vermouth.

Ob...ob Chris sich vielleicht doch Sorgen um sie machte? Kurz keimte Hoffnung in der Silberhaarigen auf. Aber das zu glauben wäre albern, oder? Die Schauspielerin hatte sie noch nie angerufen, um sich danach zu erkundigen, wie es ihr ging. Als sie darüber nachdachte, überkam sie ein beklemmendes Gefühl.

Sie seufzte stumm und nahm den Anruf schließlich entgegen. „Ja?“

„Wo bist du, Curaçao?“, wollte Vermouth ohne Umschweife wissen

„Ich bin ihnen entkommen.“, brachte die Silberhaarige noch etwas außer Atem hervor. „Gerade so.“

Sie schloss erneut kurz die Augen und holte tief Luft. „Du hast mich zurückgelassen.“, stellte sie dann fest.

„Ich wusste, dass du mit deinen Parkour-Fähigkeiten schon von dort wegkommen würdest.“, stellte die Schauspielerin ungerührt fest.

Curaçao wusste im ersten Moment nicht, ob sie nun lachen oder weinen sollte. Mit einer Entschuldigung musste sie wohl nicht rechnen.

Dann fragte sie sich, ob die Amerikanerin die Aussage eben wohl nur getätigt hatte, weil sie ihren Fähigkeiten wirklich so blind vertraute. Das wäre schon fast als Kompliment aufzufassen, aber auch zu schön um wahr zu sein. Um ehrlich zu sein, bezweifelte Curaçao, dass Vermouth sie zurückgelassen hatte, weil sie wirklich darauf vertraut hatte, dass der Silberhaarigen die Flucht auch allein gelingen könnte. Eigennutz war da schon das wahrscheinlichere Motiv.

„Ich bin verletzt. Einer der Agenten hat mich am Arm erwischt.“, informierte sie die Blondine.

„Armes Kätzchen. Aber du bist noch selbständig in der Lage dich durch die Stadt zu bewegen?“, hakte Chris nach.

„Ja, das wird schon gehen.“, versicherte Curaçao ihr.

„Gut, dann komm jetzt zurück zum Treffpunkt. Ich will die Adressen an Rum weitergeben.“

„Ist gut. Ich bin unterwegs.“ Die Kriminelle beendete das Telefonat und seufzte leise.

Kein Wort der Reue, keine wirkliche Sorge. Warum sollte Vermouth sich auch um ein Werkzeug sorgen?

Doch so sehr es ihr auch das Herz brach, für sie nicht mehr als das zu sein, sie konnte nicht aus ihrer Haut. Sie konnte ihre Gefühle nicht beeinflussen. Wenn sie in Vermouths Augen schon nur ein Werkzeug war, dann wollte sie wenigstens ein Nützliches und Funktionierendes sein.
 

Black, black, black and blue

Beat me 'til I'm numb

Tell the devil I said "Hey" when you get back to where you're from

Mad woman, bad woman

That's just what you are

Yeah, you'll smile in my face then rip the brakes out my car
 

Wieder waren einige Wochen ins Land gezogen. Obwohl Curaçao wusste, dass es verrückt war, hatte sie Vermouth nicht wirklich böse sein können. Chris hatte es noch nicht einmal bereut, sie bei der Flucht neulich zurückgelassen zu haben und dennoch hatte sie ihr verziehen.

Sonnenstrahlen fielen durch einen Spalt in der Gardine und blendeten die Silberhaarige. Langsam wachte sie auf, blinzelte müde und schirmte ihre Augen mit einer Hand ab, da die Sonne sie genau ins Gesicht blendete.

Curaçao gähnte hinter vorgehaltener Hand und streckte sich. Schließlich suchte sie mit dem Blick den Raum nach einer Uhr ab und fand einen Digitalwecker auf dem Nachtschrank. 06:43 Uhr. Die Sonne ließ sich heute ja ganz schön früh blicken, selbst für einen Sommertag.

Nachdem sie die Uhrzeit geprüft hatte, wanderte ihr Blick zurück zum Bett. Chris lag neben ihr und schien noch zu schlafen. Einen Arm hatte die Blondine locker um die andere Kriminelle gelegt.

Curaçao schmunzelte. Es kam nicht oft vor, dass die Amerikanerin länger schlief als sie selbst.

Generell übernachteten sie eher selten im gleichen Hotelzimmer und wenn, dann war es meist die Blondine, die früher aufwachte und aufstand.

Zum Aufstehen hatte sie selbst hingegen noch keine all zu große Lust. Es war noch früh. So weit sie wusste, stand in den nächsten Stunden nichts besonderes an, also sprach nichts dagegen, entspannt in den Tag zu starten.

Curaçao musterte die Schauspielerin. Sie sah so friedlich aus, wenn sie schlief. Auch im wachen Zustand, würde man Vermouth auf den ersten Blick nicht unbedingt für eine gefährliche Kriminelle halten, doch wenn sie wach war, lag meist dieser ganz spezielle Ausdruck in ihren Augen. Leicht überheblich und spöttisch traf es nicht ganz. Es war viel mehr etwas Katzenhaftes. Eine lauernde Katze, die Spaß daran hatte, noch eine Weile mit der Maus zu spielen, ehe sie wirklich zuschlug.

Curaçao drehte sich zu der anderen Frau und schmiegte sich näher an sie.

Die Haut der anderen fühlte sich wunderbar weich und warm an. Der Geruch nach Zigarettenrauch war aktuell so gut wie verflogen.

Für einen Moment schloss die Silberhaarige die Augen, blieb liegen und genoss den Moment.

Sie liebte es, so aufzuwachen wie heute. Auch wenn ihr klar war, dass sie für die Schauspielerin nie mehr sein würde als eine Affäre. Nicht mehr als ein Spielzeug, welches da war, wenn Chris es wollte. Für gewöhnlich war die Blondine es, die die Regeln bestimmte, die festlegte, wann sie Curaçao in ihre Nähe ließ und wann nicht.

Seit ungefähr 2 Jahren ging das nun schon so. Einerseits genoss die Silberhaarige es, der Frau, die sie liebte, so nah sein zu dürfen, andererseits machte ihr Verhältnis es nur noch quälender. Wieder und wieder waren sie sich nah, wieder und wieder musste sie sich vor Augen führen, dass es für die Amerikanerin nie mehr als ein Spiel war, wenn es ihr gerade passte. Körperliche Nähe ließ sie zu, wenn ihr danach war, emotionale Nähe würde Curaçao von Vermouth nie erwarten dürfen. Auch wenn sie sich so oft wünschte, dass die schöne Blondine auch nur annähernd das gleiche für sie empfinden könnte, wie Curaçao für sie, so wusste sie doch, dass das nur ein Wunschtraum bleiben würde.

Trotz des bittersüßen Beigeschmacks konnte Curaçao nicht leugnen, das sie Morgen wie diese genoss.

Nach einer Weile, öffnete die Silberhaarige die Augen wieder und betrachtete die schlafende Kriminelle neben sich. Vom Sonnenlicht angeschienen, glänzten die Haare der Amerikanerin, während ihre Haut fast wie Porzellan anmutete. Eine Erinnerung, die sie gerne festhalten würde. Aber nicht mit einem Foto. Das stand ihr nicht zu. Zudem brauchte Curaçao keine Fotos. Ihr Erinnerungsvermögen funktionierte viel effektiver, als das von anderen.

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, rückte sie ein Stück weit auf Abstand, fischte ihre Farbkarten vom Nachtschränkchen neben sich und zog langsam die Decke zurück.

Warum konnte nicht jeder Morgen so friedlich und gemütlich beginnen?

Curaçao musterte die Amerikanerin durch die Farbkarten, während das Sonnenlicht ins Zimmer fiel.

Das Bild vor ihr, brannte sich in ihr Gedächtnis ein.

Das, was nur zwei Sekunden später geschah, leider ebenfalls.

Vermouth blinzelte, schlug die Augen auf und schirmte ihr Gesicht mit einer Hand ab, da die Sonne sie blendete. Aus dem Augenwinkel nahm sie dennoch eine Bewegung wahr und wandte den Blick zu der anderen Kriminellen.

Im ersten Moment schaute sie noch verschlafen und etwas fragend drein, dann wurde ihr Blick skeptischer. „Sag mal, was machst du da, Curaçao?“, hakte sie missfallend nach, wusste Vermouth doch ganz gut, wie genau die Silberhaarige sich Bilder einprägte.

Kopfschüttelnd stand Chris auf, streckte sich kurz und begann dann zielstrebig damit, ihre Wäsche und ihr Kleid vom Fußboden aufzusammeln, auch wenn sie sich keine Mühe gab, sich sofort damit zu bedecken.

„Wenn du scheinbar schon nichts besseres zu tun hast, dann nutz deine Fähigkeiten wenigstens sinnvoll, anstatt dir meinen nackten Körper ganz genau einzuprägen, während ich schlafe.“, tadelte die Amerikanerin sie. „Creep.“ Mit diesem letzten Kommentar war für Chris sie Sache scheinbar erledigt. Sie schenkte der anderen Kriminellen keine sonderlich große Beachtung mehr und verschwand stattdessen im Bad.

Curaçao hingegen, die sich bemüht hatte, die Karten möglichst rasch sinken zu lassen, aber nicht schnell genug gewesen war, zuckte leicht zusammen. Creep? War es das, was sie für die Schauspielerin war? Autsch.

Sie konnte durchaus verstehen, wie schräg ihre Aktion der Amerikanerin eben vorgekommen sein musste, genau so konnte sie nachvollziehen, dass Vermouth nicht besonders erfreut darüber gewesen war, dennoch schmerzte das, was sie gesagt hatte.
 

Gave you all I had and you tossed it in the trash

You tossed it in the trash, yes you did

To give me all your love is all I ever ask

'Cause what you don't understand is
 

I'd catch a grenade for ya (yeah, yeah, yeah)

Throw my hand on a blade for ya (yeah, yeah, yeah)

I'd jump in front of a train for ya (yeah, yeah, yeah)

You know I'd do anything for ya (yeah, yeah, yeah)
 

Oh oh, I would go through all this pain

Take a bullet straight through my brain

Yes, I would die for ya, baby

But you won't do the same
 

Es war später Abend eines anderen Tages, als die beiden Frauen erneut Zeit zusammen verbrachten.

Curaçao hatte keine eigene Wohnung in der Stadt und mietete sich daher in unterschiedlichen Hotels ein. In keinem Hotel wirklich lange zu bleiben, hatte zudem den Vorteil für eine Kriminelle, dass es für Behörden schwieriger war, ihren aktuellen Standort ausfindig zu machen. Lediglich die anderen Organisationsmitglieder wussten, wo sie sich gerade aufhielt, so auch Vermouth.

Spontan hatte die Amerikanerin sie abends besucht, nachdem sie einen Auftrag abgeschlossen und gerade in der Nähe gewesen war.

Manchmal war es wirklich zum Verzweifeln. Chris war unglaublich schwer einzuschätzen, wenn nicht sogar vollkommen unberechenbar. An manchen Tagen verhielt sie sich kühl und unnahbar, dann wieder gab sie sich überraschend normal und plauderte über ganz alltägliche Themen.

An diesem Abend, verhielt die Blondine sich überraschend umgänglich. Curaçao vermutete, dass sie sie besucht hatte und mit ihr plauderte, um sich von ihrem vorherigen Auftrag abzulenken. Für Organisationsmitglieder war es ganz normal, fast schon im Tagesrhythmus schwere Straftaten zu begehen, einige davon wirklich blutig. Im Normalfall waren sämtliche Mitglieder abgebrüht und gefühlskalt, was ihre Taten betraf, doch natürlich gab es hin und wieder Zwischenfälle, die eben doch nicht spurlos an ihnen vorbeigingen.

Chris hatte diese Vermutung nicht bestätigt, um genau zu sein, hatte die Silberhaarige in weiser Voraussicht erst gar nicht näher nachgehakt, dennoch hatte sie das Gefühl, das die Blondine hier war, um nach dem Auftrag wieder auf andere Gedanken zu kommen.

Wie seltsam es doch war. Vertraut und vollkommen absurd zugleich. Wie zwei gute Freundinnen, oder aber fast schon so, als wären sie tatsächlich ein Pärchen, saßen die beiden Kriminellen zusammen auf dem Sofa, während im Hintergrund der Fernseher lief.

Die Schauspielerin hatte Curaçao vom neusten Nagelstudio erzählt, welches in der Stadt eröffnet worden war. Auch wenn die Silberhaarige eher praktisch veranlagt war, hatte sie der Anderen gerne zugehört. Schließlich war das Gespräch, wie auch immer, zu Motorrädern und Ersatzteilen für die Maschinen gewechselt, etwas, was Curaçao dann doch schon mehr interessiert hatte.

Letztlich hatten sie beide eine Weile lang schweigend den Film, der gerade lief, verfolgt, oder aber hatten ihren Gedanken nachgehangen.

Chris hatte der Bequemlichkeit halber einen Arm auf die Sofalehne gelegt. Die Silberhaarige hatte sich daraufhin an ihre Schulter gelehnt und erfreut festgestellt, dass die andere Kriminelle diese Geste duldete. Zumindest aktuell schien sie kein Problem damit zu haben.

Wie herrlich normal der Abend doch war. So normal, dass Curaçao es fast schon wieder nicht glauben konnte und sich wünschte, Abende wie diese könnten zur neuen Normalität werden.

Sie genoss die Zeit mit der Schauspielerin, mit ihr zu plaudern, oder auch ganz einfach nur an ihre Schulter gekuschelt auf dem Sofa zu sitzen und gemeinsam fernzusehen.

Natürlich waren Abende wie dieser, alles andere als die Norm. Es kam durchaus vor, dass Vermouth diese Art von 'Alltag' zuließ und sich Curaçao gegenüber fast schon vertraut gab, jedoch konnte die Silberhaarige solche Abende viel mehr rot im Kalender ankreuzen.

Im Normalfall verhielt Chris sich ihr gegenüber mehr wie eine Vorgesetzte und gab sich unnahbar. Doch auch in Momenten wie diesem, die scheinbar so vertraut waren, wusste Curaçao ganz genau, dass Vermouth ihre Deckung zu keiner Zeit ganz fallen ließ. Nur weil sie gerade entspannt nebeneinander saßen und den Abend gemeinsam ausklingen ließen, bedeutete das nicht, dass die Blondine ihr vertraute. Ihr war lediglich danach einen entspannten Abend zu verbringen, nicht mehr und nicht weniger. Und das Curaçao zu so etwas nicht nein sagen würde, wusste die Amerikanerin ganz genau.

Von ihrer derzeitigen Position aus, das Kinn gemütlich auf die Schulter der Schauspielerin gelehnt, blickte die Kriminelle hoch zu der anderen Frau. Wie sehr sie sich wünschte, dass Tage wie diese alltäglich sein könnten. Wie sehr sie sich wünschte, dass die Blondine auch nur annähernd etwas für sie empfinden könnte.

Mit einem Finger hatte Chris damit begonnen Kreise auf dem Oberarm der anderen zu ziehen.

Schließlich widmete sie Curaçao, anstatt dem Fernseher, ihre Aufmerksamkeit.

„Woran denkst du gerade?“, durchbrach Vermouth die Stille.

Kurz zögerte die Silberhaarige. War das eine ernst gemeinte Frage? Sollte sie wirklich eine ehrliche Antwort darauf geben? Andererseits...warum nicht? Es war immerhin nicht so, als wenn Vermouth sie nicht eh ziemlich genau einschätzen konnte.

„Das weißt du ganz genau, oder?“, antwortete Curaçao mit einer Gegenfrage. Sie konnte nicht verhindern, dass in ihrer Stimme ein Hauch von Bitterkeit mitklang, denn die ganze Situation hatte etwas Bittersüßes, durfte sie doch gerade von dem träumen, was nie sein würde.

„Ach ja, weiß ich das? Wie kannst du dir da so sicher sein, wenn du dich nicht klar ausdrückst, Süße?“ In der Stimme der Amerikanerin schwang erneut der typische, leicht neckende Unterton mit.

Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen, dann fasste die Silberhaarige sich ein Herz. „Ich habe mir gerade vorgestellt, dass Situationen wie diese ganz einfach unser Alltag sein könnten.“, gab sie schließlich zu.

„Zwei Schwerstkriminelle, die gemütlich Zeit miteinander verbringen? Ist das dein Ernst?“ Vermouth lachte leise.

„Warum nicht? Ich meine, Tage wie dieser sind doch das beste Beispiel dafür, dass so etwas möglich ist.“, seufzte Curaçao, auch wenn sie Vermouths Antwort darauf schon zu kennen glaubte.

Die Blondine seufzte und drehte sich in ihre Richtung, was Curaçao dazu veranlasste, sich wieder gerade hinzusetzen, sodass sie sich nun ansehen konnten.

Halb genervt, halb mitleidig blickten smaragdgrüne Augen in ihre verschiedenfarbigen Gegenstücke. „Ich weiß, dass es dir nicht nur darum geht, einen gemütlichen Abend auf dem Sofa zu verbringen. Aber Beziehungen innerhalb der Organisation? Das ist lächerlich, Süße.“

Obwohl Curaçao die Einstellung der Amerikanerin kannte, versetzten ihre Worte ihr einmal mehr einen schmerzhaften Stich.

„Was genau ist für dich so lächerlich daran?“, wollte sie wissen, nicht, weil sie sich erhoffte Chris ernsthaft zum Umdenken bewegen zu können, sondern viel mehr, weil es sie interessierte, was genau für sie das Absurde an diesem Gedanken war.

„Zwei Kriminelle in einer Beziehung? Es erscheint mir nicht gerade die klügste Idee, jemandem zu vertrauen, der einem im nächsten Moment ein Messer ins Kreuz rammen wird.“

„So wie du das sagst, kling es so, als würdest du befürchten, dass ich dich im nächsten Moment angreifen wollte.“

„Im nächsten Moment vielleicht nicht, aber warum solltest du es nicht tun, wenn sich ein halbwegs plausibler Grund dafür ergibt? Es gibt nun einmal niemanden, der nicht dann sein hässlichstes Gesicht zeigen würde, wenn es gerade vorteilhaft für ihn ist.“

Warum sie ihr nicht bei Gelegenheit ein Messer ins Kreuz rammen sollte? Für Curaçao war die Frage leicht zu beantworten. Bei den meisten Menschen hätte sie kein Problem damit, sie ohne jedes Zögern zu hintergehen, aber bei der Person, die sie liebte, war das noch einmal etwas ganz anderes. Aber würde Vermouth etwas davon hören wollen? Ganz sicher nicht.

„Warum sollte ich so etwas tun, hm?“, hakte die Silberhaarige nach und klang betroffen.

„Weil der Mensch nun einmal im tiefsten Inneren seines Herzens böse ist. Menschen schwören sich die Treue und im nächsten Moment verraten sie sich gegenseitig. Du würdest es tun, ich genau so.“, antwortete Vermouth ihr, als sei dies das Selbstverständlichste der Welt.

„Aber-“, wollte Curaçao gerade einwenden, wurde jedoch davon unterbrochen, dass die Blondine ihr den Zeigefinger auf die Lippen legte.

„Sssh.“, machte sie und brachte Curaçao damit zum Schweigen. „Zu einer Beziehung gehört Vertrauen und wer klug ist, der vertraut anderen nicht.“ Chris lehnte sich zu ihr. „Du weißt genau, dass ich dir das nicht bieten kann. Das Thema hatten wir schon so oft.“ Beim Sprechen streiften die Lippen der Amerikanerin leicht die der Silberhaarigen. Schließlich küsste sie sie auf den Mund. Erst sanft, dann etwas fordernder. „Aber mit unserer kleinen Affäre leben wir doch auch ganz gut, meinst du nicht?“, schmunzelte Chris, wobei sie den Kuss kurz unterbrochen hatte. Sie gab der anderen Kriminellen keine wirkliche Gelegenheit zu antworten, sondern verwickelte sie erneut in einen Kuss.

Innerlich seufzte Curaçao. Sie kannte die Einstellung der Amerikanerin ganz genau, dennoch verletzte es sie jedes Mal wieder, ihre Zurückweisung zu erfahren.

So sehr sie sich auch mehr wünschte, als das Verhältnis, welches sie hatten, so genau wusste sie doch, dass sich daran nie etwas ändern würde. Mehr als das aktuelle Verhältnis, würde sich zwischen ihnen wohl nie ergeben. Dennoch war da auch immer noch etwas Hoffnung. Nicht mehr als ein winziger Grashalm, an den sie sich klammerte, so dumm und absurd das auch sein mochte.

Schließlich bemühte die Silberhaarige sich, die bitteren Gedanken vorerst bei Seite zu schieben. Stattdessen konzentrierte sie sich lieber aufs Hier und Jetzt, darauf, was sie haben konnte. Curaçao erwiderte den Kuss und öffnete den Mund einen Spalt weit, als die Blondine ihr auffordernd mit der Zunge über die Lippen fuhr.

Die Amerikanerin drückte sie sanft aber bestimmt aufs Sofa. Sie seufzte wohlig, als die Blondine ihr mit einer Hand unter das T-Shirt fuhr und diese langsam nach oben wandern ließ.
 

If my body was on fire

Ooh, you'd watch me burn down in flames

You said you loved me, you're a liar

'Cause you never, ever, ever did, baby
 

Wasser. Überall war Wasser. Sie sank. Unaufhörlich tiefer, bis die Dunkelheit sie zu verschlucken drohte. Um sie herum konnte sie vereinzelt Trümmerteile und einige Fahrzeuge sinken sehen. Irgendwo, weit über ihr, flackerte der Feuerschein einer Explosion. Sie sank weiter und weiter. Ihre Lungen drohten zu bersten, Panik die Kontrolle über sie zu erlangen.

Ein Auto sank an ihr vorbei nach unten. Der Innenraum des Fahrzeugs füllte sich bereits mit Wasser, während eine ihr nur zu gut bekannte Gestalt von innen mit den Fäusten gegen die Fensterscheibe hämmerte. Die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Chris!“ Reflexartig streckte sie eine Hand nach ihr aus... und sank unaufhörlich weiter.

Mit einem panischen Laut schreckte Curaçao auf. Kerzengerade saß sie im Bett und ließ den Blick im ersten Moment wild und voller Entsetzen durchs Zimmer schweifen. Durchs Zimmer. Das Hotelzimmer, in dem sie sich eingemietet hatte und in dem sie gestern auch eingeschlafen war.

Die Bettdecke rutschte an ihr herunter. Sie registrierte es bloß am Rande.

Langsam normalisierte sich ihr Herzschlag wieder. Nur ein Traum. Sie hatte einen Alptraum gehabt, nichts weiter.

Curaçao atmete auf und entspannte sich langsam wieder. //Du hast nur schlecht geträumt//, sagte sie sich wieder und wieder.

Im Zimmer war es bereits einigermaßen hell. Auch ohne auf den Wecker zu blicken, wusste sie, dass es früher Morgen sein musste.

Die Silberhaarige fröstelte. Sie rieb sich über die nackten Oberarme. Es war ziemlich frisch hier im Zimmer. Der Grund dafür war schnell gefunden. Die Balkontür stand offen.

Vermouth stand auf dem Balkon und rauchte eine Zigarette, hatte sich nun jedoch der Balkontür zugewandt und blickte ins Innere des Raums.

„Curaçao? Was machst du? Du siehst aus, als wäre der Teufel hinter dir her.“, sprach die Blondine die andere Kriminelle an. Im Gegensatz zu der Silberhaarigen, war die Schauspielerin bereits wieder vollständig angezogen. Ihre Haare waren noch leicht nass, was verriet, dass sie geduscht haben musste, während Curaçao noch geschlafen hatte.

„Es ist nichts. Nur ein Alptraum. Ich hab mich erschreckt.“, erklärte die Silberhaarige, die inzwischen wieder deutlich ruhiger war.

Chris bedachte sie mit einem schiefen Schmunzeln. “Na dann. Du solltest duschen gehen, du bist schweißgebadet.“
 

Eine Dreiviertelstunde später, hatten die beiden Frauen das Hotelzimmer verlassen und saßen im Auto. Vermouth hatte das Kinn gemütlich auf ihre Hand gestützt und blickte genervt aus dem Fenster der Beifahrerseite. „Warum noch gleich wolltest du mich unbedingt begleiten, Curaçao? Dir ist schon klar, dass ich keinen Babysitter brauche?“, murrte sie mit einem fast schon zickigen Unterton vor sich hin.

„Wir hatten den gleichen Weg. Ich wollte im Toto-Aquarium etwas überprüfen.“ Eine glatte Lüge. Wie hätte sie der Amerikanerin denn bitte erklären sollen, dass sie ein so schlechtes Gefühl in der Magengegend bekommen hatte, als die Blondine dabei war das Zimmer zu verlassen, dass sie spontan gebeten hatte sie begleiten zu dürfen. Vermouth hatte sich nur mäßig begeistert darüber gezeigt, doch nachdem Curaçao, für ihre Verhältnisse, ungewöhnlich hartnäckig geblieben war, hatte sie schließlich zugestimmt.

„Ich habe dir den Auftrag zumindest nicht erteilt. Denkt Gin, er könnte dich für Aufträge ausleihen, wie es ihm – pass doch auf!“ Hatte sie bis eben noch gelangweilt aber entspannt dagesessen, so war die Schauspielerin nun aufgeschreckt und blickte alarmiert nach vorne, ehe sie Curaçao einen wütenden Blick zuwarf.

„Ich war weit davon entfernt einen Unfall zu bauen, entspann dich wieder.“, versuchte die Silberhaarige das ranghöhere Organisationsmitglied abzuwimmeln, doch den Gefallen tat Chris ihr nicht.

„Gegen einen spritzigen Fahrstil ist nichts einzuwenden, aber mit einem LKW müssen wir uns nicht anlegen, da ziehen wir den Kürzeren. Vielleicht fünf Zentimeter und der Truck hätte uns dank deinem Überholmanöver beinahe geschlachtet!“

Als hätte der LKW-Fahrer die Worte der Kriminellen gehört und wollte ihnen zustimmen, betätigte er verärgert die Hupe.

„Ich weiß schon was ich tue. Du brauchst dir überhaupt keine Sorgen zu machen.“, winkte Curaçao ab. Es stimmte schon, dass sie einen abenteuerlichen Fahrstil hatte, sie selbst nahm ihre Fahrkünste jedoch als weitaus weniger riskant und halsbrecherisch wahr, als sie es wirklich waren.

„Und weil du weißt, was du tust, sind wir allein innerhalb der letzten 10 Minuten ganze drei Mal nur um Haaresbreite einem Totalschaden entkommen, ja?“, hakte Vermouth verärgert nach. „Mach so weiter und du fährst gleich rechts ran und wir tauschen die Plätze.“

„Jetzt übertreibst du aber. Wir kommen schon heil an. Nur noch über die Brücke und ein kleines Stück weiter, dann haben wir den Park auch schon erreicht.“, versicherte Curaçao.

Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie die Blondine in ihrer Handtasche kramte und sich kurze Zeit später eine Zigarette anzündete. Das Fenster der Beifahrerseite hatte sie ein kleines Stück weit heruntergefahren, damit der Zigarettenrauch sich nicht im ganzen Auto verteilte. Trotz allem hatte Curaçao das Gefühl, gerade selbst unfreiwillig zu rauchen.

„Bourbon kann einem schon wunderbar auf die Nerven fallen, aber du hast ein ähnliches Talent, weißt du das eigentlich?“, seufzte Vermouth. Sie blies genüsslich etwas Zigarettenrauch aus und betrachtete kurz prüfend ihre lackierten Nägel.

Früh morgens waren noch nicht besonders viele Personen auf dem Weg über die Brücke. Die Straße war relativ frei, sodass ein zügiges Vorankommen möglich war. Das Wasser unter ihnen glitzerte herrlich golden und silbern in der Morgensonne, während einige Möwen kreischend über die Brücke hinwegflogen... und ein Tanklaster sich plötzlich ohne ersichtlichen Grund auf der Fahrbahn querstellte.

Warum das riesige Fahrzeug plötzlich von der Spur abgekommen war, blieb ein Rätsel, Tatsache war jedoch, das der Geländewagen hinter ihm nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und frontal in den Benzintank krachte.

Andere Verkehrsteilnehmer versuchten noch mit quietschenden Reifen zum Stehen zu kommen.

Auch Curaçao trat das Bremspedal bis zum Anschlag durch und riss das Lenkrad nach rechts.

Den beiden Organisationsmitgliedern blieb nicht mehr, als voller Entsetzen die Augen aufzureißen, während die Silberhaarige versuchte, den Wagen abzubremsen. Noch nie war ihr ein Bremsweg so quälend endlos vorgekommen.

„Runter!“, hörte sie die Amerikanerin blaffen und folgte dem harschen Befehl reflexartig. Curaçao tat es Vermouth gleich, lehnte sich zur Seite und duckte sich möglichst tief weg, als der Tanklaster explodierte.

Eine Feuerwalze samt Druckwelle fegte über die Brücke hinweg. Teile des Tanklasters, sowie Trümmerteile der Brücke, flogen nach unten in Richtung Wasser.

Fahrzeuge wurden von der Explosion über und von der Brücke gedrückt, als hätte ein Kind eine ganze Sammlung Spielzeugautos von einem Tisch gewischt. Das Auto der beiden Kriminellen knallte gegen das Brückengelände. Im ersten Moment wurde Curaçao die Luft aus den Lungen gedrückt.

„Raus hier!“, versuchte sie der anderen Frau durch den allgemeinen Lärm hinweg zuzurufen, kaum, dass sie sich halbwegs gefangen hatte.

Kurz tauschte sie einen Blick mit Vermouth aus. Die Amerikanerin sah erschrocken aus, nickte jedoch und schien ihr zuzustimmen.

Die Silberhaarige schnallte sich mit einer ruckartigen Bewegung ab und griff nach dem Türgriff. Sie würden beide über die Fahrerseite entkommen müssen, da die Tür der Beifahrerseite gegen das Brückengelände gedrückt wurde und somit nicht zu öffnen war.
 

Gerade, als Curaçao die Tür öffnen wollte, gab das Brückengelände neben ihnen mit einem metallischen Kreischen nach. Egal wie gut ihre Reflexe auch waren, sie kam nicht mehr dazu das Fahrzeug zu verlassen. Ihr entsetzter Blick haftete auf der Straße, der arg in Mitleidenschaft gezogenen Brücke, dann ging es auch schon abwärts. Ein stummer Schrei entkam ihrer Kehle.

Horror ergriff sie. Noch im freien Fall fühlte Curaçao sich in ihren Alptraum zurückversetzt, den sie heute Morgen gehabt hatte. Und nun holte besagter Traum sie ein, wie in einem schlechten Film.

Die Explosion auf der Brücke, der Sturz ins Wasser...das konnte doch alles nicht...!

Panik stieg in ihr auf, doch noch gelang es ihr, sie niederzukämpfen.

Als das Auto auf der Wasseroberfläche aufkam, fühlte sich der Aufprall an wie ein harter Schlag.

Die Silberhaarige stieß äußerst unsanft gegen das Lenkrad, während Chris gegen die Tür der Beifahrerseite prallte. Dann war zumindest der Sturz von der Brücke vorbei. Ungläubig und voller Entsetzen blickten die beiden Frauen sich an.

„Bist du verletzt? I-ich glaube mir ist nichts passiert.“, fand Curaçao die Sprache wieder.

„Nein, ich glaube mir ist auch nichts passiert.“, antwortete Vermouth stockend.

Das...das war alles fast genau so wie in ihrem Traum, bloß das sie in dem Alptraum außerhalb des Fahrzeugs gewesen war.

Wie in Zeitlupe neigte das Auto sich zur Seite. Da sie nicht mehr angeschnallt war, wurde die Kriminelle rüber zu der Blondine gedrückt. Durch das stark beschädigte Fahrzeug und das zum Teil geöffnete Fenster, begann Wasser in die Fahrzeugkabine zu dringen.

„Wir müssen hier raus! Sofort!“, rief Curaçao erschrocken aus.

„Wir werden die Tür erst öffnen können, wenn das Wasser bis zu einem gewissen Pegel angestiegen ist...!“, erinnerte Vermouth sie. „Die Fensterelektronik reagiert nicht mehr.“

„Das das Wasser ausreichend hoch steht, wird eine Sache von Sekunden sein...“ Die Silberhaarige wurde blass. Das Fahrzeug füllte sich schneller und schneller mit Wasser und sank.

Sich in einem Auto, welches sich stetig mit Wasser füllte, unterhalb der Wasseroberfläche zu befinden, glich einem wahren Alptraum. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren, auch wenn das leichter gesagt war, als getan!

Curaçao spürte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Die Sekunden, die verstrichen, fühlten sich an wie Ewigkeiten. Immer weiter füllte das Fahrzeug sich mit Wasser.

Bis zum Bauch reichte das Flusswasser ihnen inzwischen. Unaufhörlich quollen weitere Wassermassen ins Fahrzeuginnere.

Mit steigendem Wasserpegel, wuchs auch ihre Panik, doch Curaçao zwang sich zur Ruhe. Nicht mehr lange und sie würde die Fahrertür öffnen können.

Nicht mehr lange und sie würden keine Luft mehr zum Atmen haben, meldete sich ihre innere Stimme zu Wort.

Aus dem Augenwinkel bemerkte die Silberhaarige, wie ihre Begleiterin mit dem Gurt kämpfte und dabei immer hektischer wurde. „Hey, was ist los?“, sprach sie die Schauspielerin alarmiert an.

„Der Gurt klemmt und lässt sich nicht öffnen.“, zischte diese. „Irgendwie hat das verdammte Ding sich verkeilt und gibt kein Stück mehr nach, sodass ich nicht einfach so rausschlüpfen kann.“

Nicht gut. Gar nicht gut, erst recht nicht, da das Wasser weiter anstieg und der Wagen sich leicht zur Seite neigte.

„Versuch es weiter!“

„Das brauchst du mir nicht zu sagen, Sherlock!“

Während Curaçao sich nach oben recken konnte, um möglichst lange den Kopf über Wasser zu halten, kam die Blondine nicht aus dem Beifahrersitz. Das Wasser reichte ihr inzwischen bis knapp zum Kinn.

Der Blick der Silberhaarigen fiel zur Fahrertür. Inzwischen sollte ein Druckausgleich stattgefunden haben. Die Tür müsste sich öffnen lassen. Aber wenn sie das tat, würden nur weitere Wassermassen ins Auto gelangen. Sie wäre zwar frei, aber das traf nicht auf die Schauspielerin zu, die weiterhin verzweifelt mit dem Gurt kämpfte.

Rasch überlegte Curaçao. Ihre Pistole würde ihr aktuell kaum etwas nutzen. Ein Messer wäre praktisch, doch sie wusste, dass sie keins mit sich führte.

„Hast du ein Messer dabei? Irgendetwas, das schneidet?“, rief sie der Blondine alarmiert zu.

Sie selbst könnte sich inzwischen in Sicherheit bringen, doch... wollte sie das? So sehr ihr Überlebenswille sie auch dazu drängte, die verdammte Tür zu öffnen und in die Freiheit zu schwimmen, so schmerzhaft zog sich ihr Herz bei dem Gedanken daran zusammen, die Frau zurückzulassen, die sie liebte.

„An meinem Bein, fast am Fußknöchel. Ich habe immer eins dabei, aber ich komme aktuell nicht dran!“ Weiterhin zerrte Chris am Verschluss des Gurtes, in der Hoffnung, dass dieser endlich nachgeben würde. Bei ihren Worten hatte sie bereits etwas Wasser geprustet, da der Wasserpegel im Fahrzeug immer weiter anstieg. In den sonst so überlegenen Augen der Kriminellen spiegelte sich aktuell nur noch Entsetzen.

Curaçao hatte genug gehört. Sie war frei, konnte sich bewegen. So sehr es ihr auch davor graute, von jetzt auf gleich ganz vom Wasser umgeben zu sein, tauchte sie ab.

Dadurch, das der Wagen sich unter Wasser befand und sank, wurde es zunehmend dunkler. Sie tastete sich mehr den Beifahrersitz und dann Vermouths Bein entlang, als das sie wirklich etwas sah.

Mit den Hände fuhr sie den Stoff der Jeans entlang, bis sie fast auf Knöchelhöhe, in der Tat auf eine Ausbeulung unter dem Stoff stieß. Das Messer! Sie versuchte die Jeans am Bein hochzuschieben, um an das Messer zu kommen, doch der durchweichte Stoff haftete am Bein der Kriminellen wie eine zweite Haut.

Curaçao ging die Luft aus. Sie tauchte auf, in der Hoffnung, dass es noch eine kleine Luftblase im Auto gab. Glücklicherweise wurde sie nicht enttäuscht.

Die Amerikanerin neben ihr, reckte tapfer den Kopf nach oben, in dem verzweifelten Versuch ihre Nase oberhalb der Wasseroberfläche zu halten.

Als die Silberhaarige wieder auftauchte und nach Luft schnappte, blickte Chris sie im ersten Moment entsetzt an, da sie davon ausgehen musste, das der Befreiungsversuch fehlgeschlagen war.

Schließlich legte sich fast schon so etwas wie Resignation und Bitterkeit in ihren Blick. „Los, mach schon, bring dich in Sicherheit, Curaçao. Das hat doch keinen Zweck.“, verlangte sie.

Überrascht riss Angesprochene die Augen auf. „Vergiss es! Ich hol dich hier raus!“, widersprach sie ungewohnt heftig.

„Wenn du nicht bald losschwimmst, ertrinkst du hier unten mit mir. Das kannst du doch unmöglich wollen!“

„Nein, ich schneid dich los und dann bringen wir uns beide in Sicherheit!“, versicherte Curaçao entschieden und blickte ihr Gegenüber entschlossen an. „Und wenn ich es vermassle, gehen wir beide unter.“

Chris schüttelte den Kopf. „Das ist doch verrückt! Wer würde so etwas für eine andere Person tun?!“ Sie klang vollkommen fassungslos.

Curaçao legte ihr die Hände auf die Schultern und sah sie an. Der Blick der Silberhaarigen wurde sanfter. „Ich, für dich.“, versicherte sie, beugte sich vor und lehnte ihre Stirn für einen Augenblick an Vermouths. „Du kannst mir vertrauen. Ich hol dich hier raus.“

Schließlich ging sie wieder auf Abstand. „Und jetzt halt still. Ich weiß ungefähr wo das Messer ist.“

Curaçao holte noch einmal tief Luft und tauchte erneut. Kaum, dass sie abgetaucht war, füllte das Fahrzeuginnere sich endgültig mit Wasser.

Eilig tastete sie sich am Bein des anderen Organisationsmitglieds entlang, fand das Messer diesmal schneller und hielt sich nicht mehr mit dem Versuch auf, das Hosenbein nach oben schieben zu wollen. Stattdessen packte sie das untere Ende der Jeans und zerriss den Stoff ganz einfach, bis sie das Messer aus seiner Befestigung ziehen konnte.

Zu der Panik, sich im Inneren eines sinkenden Autos zu befinden, in dem es keinen Luftvorrat mehr gab, mischte sich nun auch ein Triumpfgefühl, als sie das Jagdmesser endlich sicher in der Hand hielt. Eiligst begann sie am Gurt der anderen Kriminellen herumzusäbeln, welcher zum Glück nicht lange Stand hielt.

Endlich gab der Gurt nach. Chris war frei!

Curaçao langte nach dem Griff der Autotür der Fahrerseite und öffnete diese. Dann tauchte sie los und zog die Blondine mit sich aus dem Auto.

Nun, im freien Wasser, fehlte ihr im ersten Moment die Orientierung. Alles sah gleich aus. Wo war oben, wo unten? Schemenhaft konnte sie zwei andere Fahrzeuge in ihre Richtung sinken sehen. Dort, wo die PKWs herkamen, mussten sie hin.

Curaçao schwamm los, immer weiter in Richtung Oberfläche. Ihr Luftvorrat wurde knapp. Sie kämpfte gegen den stärker werdenden Drang zu atmen an. Ihre Lunge fühlte sich an, als würde sie jeden Moment zerreißen.

Die Wasseroberfläche kam nicht schnell genug näher. Wenn das so weiter ging, dann würde sie...

Die Panik griff mit spitzen Krallen nach ihr. Sie war nicht schnell genug! Dem Mund der Silberhaarigen entkamen einige Luftblasen, wertvoller Sauerstoff. Überall war Wasser und ihre Sicht begann zu verschwimmen. Sie spürte noch, wie jemand ihren Arm packte und sie weiter in Richtung Wasseroberfläche zog, dann wurde ihr endgültig schwarz vor Augen.
 

But darling, I'd still catch a grenade for ya (yeah, yeah, yeah)

Throw my hand on a blade for ya (yeah, yeah, yeah)

I'd jump in front of a train for ya (yeah, yeah, yeah)

You know I'd do anything for ya (yeah, yeah, yeah)
 

Oh oh, I would go through all this pain

Take a bullet straight through my brain

Yes, I would die for ya, baby

But you won't do the same

No, you won't do the same

You wouldn't do the same

Ooh, you'd never do the same

No, no, no, no oh
 

Jemand presste die Hände auf ihren Brustkorb. Immer und immer wieder. Curaçao riss die Augen auf, drehte sich schwerfällig auf die Seite und begann zu husten. Sie spuckte Wasser, hustete, rang nach Atem und spuckte erneut Wasser.

Es dauerte einige Augenblicke, bis es langsam wieder ging. Nun nicht mehr nach Luft ringend, aber immer noch schwer atmend, begann sie ihre Umgebung erst wirklich wahrzunehmen.

Sie lag in einer Mischung aus hohem Gras und Kies. Im Hintergrund rauschte der Fluss. Also befand sie sich am Ufer?

Langsam wanderte ihr Blick nach oben. Vermouth kniete neben ihr und blickte zu ihr hinunter. Die andere Kriminelle war noch vollkommen durchweicht und sah unglaublich erledigt aus.

„Da bist du ja wieder. Na endlich. Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, Curaçao.“, seufzte die Amerikanerin erleichtert.

„Was ist...“, begann Curaçao zu fragen, brach dann jedoch ab. „Du hast mich ans Ufer gezogen?“, wollte sie wissen.

„Nachdem du mir aus dem Wagen geholfen und dir dann hast einfallen lassen ertrinken zu wollen, ja.“, bestätigte Vermouth. Am Ende ihrer Kräfte, wie sie von der Rettungsaktion noch war, ließ die Schauspielerin sich neben ihr ins Gras sinken. Für den Moment sprach nichts dagegen.

„Das du so lange geblieben bist, bist du mich befreit hattest, war im übrigen vollkommener Wahnsinn, weißt du das eigentlich? Wärst du früher losgeschwommen, wäre dir die Luft nicht knapp geworden.“

„Mag sein, aber du wärst ertrunken.“, erwiderte Curaçao matt.

Für einige Sekunden lang herrschte Schweigen.

„Trotzdem war die Entscheidung vollkommen verrückt. Dein Leben für mich zu riskieren.“ Die Blondine schnaubte abfällig. „Was glaubst du dadurch für Vorteile zu gewinnen?“

Überrascht und ein wenig bekümmert blickte Curaçao ihre Begleiterin aus ihren verschiedenfarbigen Augen an. „Ich erhoffe mir dadurch gar keine Vorteile. Ich hätte es nur einfach nicht ertragen, dich in dem Auto zurückzulassen.“

Verständnislos sah Vermouth sie an. „Hättest du das nicht? So, wie ich dich all die Jahre über behandelt habe?“

„Meine Gefühle habe ich mir nicht ausgesucht.“, versuchte die Silberhaarige zu erklären und setzte sich mühsam auf. Chris tat es ihr gleich. „Mag sein, dass ich für dich nicht mehr als ein Werkzeug bin, aber dann will ich wenigstens ein Nützliches sein, dem du vertrauen kannst.“

Überrascht und etwas betroffen zugleich, ruhten Vermouths grüne Augen auf ihr. „Ein Werkzeug sagst du?“, wiederholte sie und schüttelte mit einem zynischen Gesichtsausdruck den Kopf. „Du hältst dich gern selbst klein, Curaçao, oder? Dummes Mädchen.“, stellte sie fest. „Wenn du dir so sehr wünschst, das zwischen uns je mehr sein wird, als die Affäre, die wir haben, dann solltest du als erstes damit aufhören, dich selbst als Werkzeug zu betiteln und dir alles von mir gefallen zu lassen. Sicher, innerhalb der Organisation habe ich dir natürlich etwas zu sagen, aber privat will ich keine Partnerin, die sich von mir herumschicken lässt, sondern mir Kontra gibt, wenn sie anderer Meinung ist. Jemanden auf Augenhöhe. Du solltest diesen Gedanken überhaupt nur weiterverfolgen, wenn du dich in der Lage siehst, endlich damit aufzuhören, dich ständig vor mir kleinzumachen.“

Curaçao klappte der Kiefer herunter. Sie glaubte sich verhört zu haben und doch wusste sie, dass ihre Ohren gut funktionierten und das all das hier genau so real war, wie der Sturz von der Brücke.

„Ver-... nein, Chris, willst du damit sagen...?“, begann sie und gab dem Drang nach, die Schauspielerin endlich mit ihrem richtigen Vornamen anzusprechen. Es fühlte sich gut an.

Noch ehe sie ihre Frage zu Ende stellen konnte, rauschte ein Rettungshubschrauber mit ohrenbetäubendem Lärm über ihre Köpfe hinweg.

Inzwischen waren Polizei und Rettungsdienst auf beiden Seiten der Brücke eingetroffen. Es wäre nur noch eine Frage von Minuten, bis die Einsatzkräfte auch die beiden Kriminellen finden würden.

„Verdammt, die Polizei ist hier, das ist gar nicht gut...!“, zischte Curaçao besorgt. „Wenn die Rettungskräfte uns aufgreifen und die Polizei auf die Idee kommt, uns zu befragen, haben wir ein Problem.“, fügte sie alarmiert hinzu.

Chris grinste jedoch nur wenig beeindruckt und winkte ab. „Dummes Ding, wirklich. Was denkst du, wen die Einsatzkräfte glauben hier aufgegriffen zu haben? Eine international bekannte Schauspielerin und eine silberhaarige Frau mit ungewöhnlichem Aussehen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es hat nie jemand unsere wahren Gesichter gesehen.“

„Hey! Hey, Sie! Die Damen da unten am Flussufer!“, rief der erste Rettungssanitäter in diesem Moment auch schon nach ihnen. „Sind Sie verletzt?“

Vermouth war es, die fließend in eine Rolle schlüpfte, sich dem Mann zuwandte und ihm antwortete: “Uns geht es den Umständen entsprechend gut! Wir haben uns aus dem Fluss gezogen und sind dementsprechend am Ende. Wären Sie wohl so gut, uns die Böschung hochzuhelfen?“, rief sie dem Mann zu.

Kurz noch wandte die Blondine sich an Curaçao. Aufmunternd streiften Vermouths Fingerspitzen die Hand der Silberhaarigen. „Na los, spiel einfach mit. Für ihn sind wir nicht mehr als ganz normale Zivilistinnen. Unfallopfer. Die Rolle kriegst du schon hin -“ Am Ende des Satzes formten die Lippen der Schauspielerin lautlos ein Wort. Curaçaos Augen weiteten sich. Bei dem lautlos geformten Wort, handelte es sich um ihren echten Vornamen. Auf ihre Lippen stahl sich ein Lächeln. Chris ihren Namen flüstern zu sehen, war das das Schönste, was ihr seit langer Zeit passiert war.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück