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✩ Mondpalast ✩

von

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Cana

2. Cana

 

Kaum hatte ich die Gildenhalle betreten, flog auch schon sausend ein Barhocker an mir vorbei, der meinen Pony durch die vorbeisauende Wucht regelrecht nach hinten wehte. Die ändern sich nie. Belustigt konnte ich nur mit dem Kopf schütteln als ich sah, wie sich die übliche Männerhorde miteinander prügelten und ihren täglichen Prügel-Sport absolvierten, der schlicht und einfach ein zärtlicher Faustaustausch dafür war, wie lieb sie sich in Wirklichkeit alle hatten. Natsu und Gray waren natürlich ganz vorne mit dabei. Wenigstens hier ist alles in bester Ordnung, kam es mir in den Sinn und ich lächelte belustig als soeben ein grölender Elfman an mir vorbeihuschte und sich in den Trubel warf. »Männerliebe ist so männlich!« Ich musste bei dem alltäglichen Wahnsinn lächeln und genau dieser Anblick beruhige mich ungemein. Kurz stutzte ich als ich Natsus temperamentvolles Gebrüll vernahm. Hatte ich richtig gehört? »Eiszapfen-Stripper?«, lachte ich leise und hielt meine Hand vor den Mund, als meine Augen nach meinem besten Freund Ausschau hielten. Da hat Gray wohl soeben einen neuen Spitznamen erhalten. Zu gerne hätte ich den Gesichtsausdruck von ihm gesehen. Als meine braunen Iriden einen bestimmten Magier erfassten erröteten sich kurz meine Wangen in einem zarten Rosé und mir wurde augenblicklich ganz warm ums Herz. Schnell verdrängte ich die aufkeimenden Gefühle. Ich hatte andere Sorgen als mich jetzt mit meinem geschundenen Herzen auseinander zu setzen, welches jeden Morgen einen hektischen Marathon hinter sich legte und ich sehr froh darüber war, nicht bereits an einem Herzinfarkt gestorben zu sein. Nichtsdestotrotz verlangte genau dieses seit geraumer Zeit nach der Nähe eines bestimmten Mannes. Meine braunen Seelenspiegel wanderten weiter durch die chaotische Gilde bis ich in der hintersten Ecke einen braunen Haarschopf erblickte und die dazugehörige junge Frau gelangweilt an ihrem Glas Rotwein nippte. Cana! Freudig marschierte ich auf meine braunhaarige Freundin zu und musste unweigerlich bei dem Wissen grinsen, dass sie nur vom Fass zum Glas übergesprungen ist, weil sie sich für einen gewissen gutaussehenden und intelligenten Magier weiblicher und eleganter geben wollte. Sie wollte ihm zeigen, dass sie durchaus frauliche Züge besaß und keine lallende Säuferin war und ihre einzige Liebe eben kein Fass mit Bier war. Auf den Weg zu ihr musste ich hin und wieder mal geschickt fliegende Hocker oder auch Bierkrüge ausweichen, die selbstverständlich zuvor leergetrunken worden waren. Man verschüttete hier bei Fairy Tail schließlich keinen kostenbaren Alkohol. Das dürfte klar sein! Mein Ziel erreichte ich aber dennoch.

»Hey Cana, wie läuft es mit deiner Mission?« Ich setzte mich neben ihr auf die Bank und zwinkerte ihr keck zu. Die Braunhaarige nippte an ihrem Glas ehe sie sich mir mit einem viel zu ernstem Ausdruck in den Augen zuwandte, in denen ein Hauch von Traurigkeit lag. Ich musste schlucken und war sofort auf Alarmbereitschaft eingestellt. Oh, oh, Liebeskummer Alarm. »Ich habe bereits viele Männer Herzen erobert und nie irgendwelche Hemmungen gehabt einen Typen abzuschleppen. Aber bei ihm... Ich traue mich noch nicht einmal ihn um ein Date zu bitten!« Ich stützte mein Kinn auf meinen Handballen ab und sah meine Freundin mit einem wissenden Ausdruck in den Augen an. Die Alberona hingegen hatte ihren Blick zu einem bestimmten Magier in der Gilde gerichtet, der just in dem Moment eine hitzige Diskussion mit Evergreen führte. »Liegt wohl daran, dass es dir diesmal ernst ist und du dich verliebt hast«, lächelte ich sie an. Cana allerdings seufzte schwer und musste kurz über sich selber lachen, dass sie sich in den ganzen 27 Jahren, wo sie sich nun auf dieser Welt befand, zum allerersten Mal verliebt hatte und sich nach, was vielleicht etwas übertrieben war, hunderten von One Night Stands, zig gebrochenen Männerherzen, nicht traute, ihrem heimlichen Schwarm um ein Date zu bitten. Ob das ihre Strafe für die Flatterhaftigkeit war?

 

Ich stelle bedrückt fest, dass ich nicht die einzige war, die ein Problem mit sich selbst und mit Männern hatte, aber im Gegensatz zu mir, kannte Cana den Grund allen Übels. »Darin liegt das Problem. Sowas kenne ich nicht. Ich hatte noch nie eine ernsthafte Beziehung. Nur One Night Stands über die man nicht weiter nachzudenken brauchte. Es waren nie Gefühle mit ihm Spiel und ... « »Cana«, unterbrach ich sie lächelnd und legte tröstend meine Hand auf die ihre. »Frag ihn einfach. Es muss ja nicht nach einem Date aussehen.« »Sondern?«, fragte sie mich, während sie ihre Augenbraue skeptisch in die Höhe zog. »Ich weiß nicht, ähm, haben wir keinen Auftrag am Quest Board, den du mit ihm als Zweier-Team machen könntest? Irgendwie was mit Runen oder ähnlichem?«, schlug ich vor und überlegend schielte ich hinüber zum Quest Board, wo mein Teamkollege stand und mit einer neugierigen Mimik einige Aufträge genauer unter die Lupe nahm. Gray und Natsu sind wohl erstmal fertig mit ihrer Liebelei. Canas Miene erhellte sich augenblicklich und sie fiel mir dankend um den Hals, was für meinen Geschmack etwas zu überschwänglich war. »Eine tolle Idee Lucy. Du hast wirklich was im Köpfchen. Darauf bin ich gar nicht gekommen«, rief sie freudig und klopfte mir ein paar Mal kräftig anerkennend auf die Schulter, so dass beinahe meine Stirn mit der Tischplatte Bekanntschaft gemacht hätte. »Und was möchtest du von mir?« Abschätzend schauten mich ihre dunklen Schokoaugen an, die mich irgendwie an Zartbitterschokolade erinnerten. Abermals nippte sie an ihrem Glas Rotwein als ich mir verlegen mit dem Zeigefinger an die Wange kratzte und ihrem Blick auswich. »Naja...«, nuschelte ich unsicher und knabberte nervös mit meinen Zähnen an meiner Unterlippe herum. Ich wollte zwar, dass mir Cana die Karten legte, allerdings würde sie Einblicke in mein tiefstes Inneres haben, was mir mehr als nur unangenehm war. Wer wusste schon, was dabei an Tageslicht befördert werden würde? Sie hatte mir bis jetzt zwar zwei Mal die Karten gelegt, allerdings war dies Missionsbezogen gewesen. Noch nie hatte sie die Karten für mich aus persönlichen Gründen gelegt gehabt, doch welche Alternativen hatte ich schon? Sie war meine letzte Hoffnung bevor ich als erste verrücktgewordene Magierin Fairy Tails von den Ratsmitgliedern in eine Zelle verfrachtet werden würde und mein Name gegen eine Nummer eintauschen müsste. Von Lucy Heartfilia zu Häftling Nummer 122589. Keine schöne Vorstellung, wenn ich ehrlich zu mir war …

 

»Schweigst du wie ein Grab, wenn du für jemanden privat die Karten legst?«, fragte ich sie zuerst und beäugte sie kritisch. Ich wollte wirklich erst zu einhundert Prozent sicher gehen. Die Braunhaarige kräuselte verwirrt ihre Brauen, während sie mich weiterhin abschätzend mit ihrem Blick durchbohrte. »Aber natürlich, Lucy! Ich reiße zwar oft Sprüche und bringe auch viele mit dem Thema Sex hier bei uns in Verlegenheit, aber ich habe noch nie was Persönliches ausgeplaudert, was man mir anvertraut hat.« Ein erleichtertes Seufzen verließ meine Lippen ehe ich mit unruhigen Fingern an dem Saum meines Rockes zupfte. Ich wusste selbst nicht, warum ich auf einmal so beunruhigt war. Vielleicht lag es daran, dass Cana mit ihren Karten endlich Licht ins Dunkle bringen würde oder mache ich mir vielleicht zu viele Hoffnungen?

 

»Also ich habe Albträume. Zumindest denke ich, dass es welche sind, weil ich seit ein paar Wochen morgens immer schweißgebadet aufwache und mein Herz mir fast durch die Brust springt. Das komische ist nur, dass ich mich an jeden meiner Träume erinnern kann, nur an diesen einen nicht und das macht mir wirklich zu schaffen«, gestand ich ihr und bevor ich es überhaupt ausgesprochen hatte wusste sie, was ich von ihr wollte. »Ich soll dir die Karten legen und von dem Traum berichten«, stellte sie fest und traf damit mehr als nur in Schwarze. Ich nickte zur Bestätigung und überlegend wandte sie ihren Blick ab. Sachte schwang sie das Rotweinglas zwischen ihrem Zeige- und Mittelfinger umher und ließ damit die rote Flüssigkeit im Inneren sanft kreisen. Überlegend schaute sie in das schwappende Rot und mir wurde bereits mulmig zu mute. Warum überlegt sie so lange? Das tut sie doch sonst nicht, fragte ich mich und hatte ernsthaft Bange, dass sie meine Bitte ablehnen würde. »Also gut«, sagte sie schließlich und mir rutschte vor Erleichterung mein Herz in die Hose. Ich wollte mich gerade bei ihr bedanken, doch schnitt sie mir bestimmend das Wort ab.

»Wir treffen uns heute Abend bei mir. 20 Uhr. Allerdings werde ich dir nicht die Karten legen. Eine Traumdeutung muss man anders angehen«, erwiderte sie und erhob sich von der Bank. »Wohin gehst du?«, fragte ich sie verwundert und sah zu ihr hinauf. Ein viel zu freundliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht und ein kalter Schauer lief mir über dem Rücken. »Ich muss für heute Abend noch was besorgen. Mit Karten legen kann ich die Erinnerung an den Traum nicht lesen. Wir sehen uns«, antwortete mir die Braunhaarige mit den Locken und verabschiedete sich mit einem Handgruß bei mir. Kurz verspürte ich einen Anflug von Panik und schaute ihr fassungslos hinterher. Ich ahnte nichts Gutes. »Was wohl noch dafür benötigt wird?«, fragte ich mich leise und schreckte im gleichen Moment hoch als ich einen heißen Atem auf meiner Haut spürte, der mir absichtlich in den Nacken gepustet wurde.

 

»Natsu!«, schrie ich sauer und verpasste ihm innerhalb einen vormittags einen zweiten Lucy Kick und er diesmal eine neue Bekanntschaft mit der Gildenwand schloss. Eingeschnappt ließ ich mich an der Bar nieder, bestellte mir bei Mirajane einen Eiskaffee und ignorierte Natsus Protestrufe, der sich jammernd seinen Hinterkopf rieb. Zumindest versuchte ich das. »Mit extra viel Sahne, Mira«, rief ich ihr hinterher und sie lächelte mich wissend an. Genervt rieb ich mir die Schläfen um die aufkeimenden Kopfschmerzen weg zu massieren. Seit Tagen schlafe ich nicht gut, meine Laune sinkt in den Keller und ich bin dauergereizt. Ich mag nicht mehr. Ein Königreich für eine Mütze voll Schlaf bitte!, nörgelte ich in Gedanken und bemitleidete mich selbst. Natsu tat mir zwar ein wenig leid, immerhin bekam er meine ganze schlechte Laune ab, aber der junge Mann schien auch nicht lernfähig zu sein und erst recht schien er nicht zu wissen, wann man eine Frau am besten in Ruhe ließ, besonders, wenn man in der Nacht zuvor wieder ein ihr eingebrochen war. Vielleicht sollte ich doch Sicherheitsschlösser an die Fenster anbringen.

 

Metall tickte gegen Holz, ließ es dumpf klimpern.



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