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1000 Ways to Die in the West

Die Memoiren eines Flohgeistes
von

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Lernen, ohne zu denken, ist eitel,

denken, ohne zu lernen, ist gefährlich.

Konfuzius

 
 

Ich starrte verzweifelt den weißen Kater und Wächter des Hekashin an. „Ehe ich gehe, kannst du mir nicht sagen, wohin ich mich wenden kann? Ich muss noch eine Menge lernen, ich kann ja nicht ins Dorf zurück.“

„Bildest du dir etwa ein, sie würden dich nicht mehr aufnehmen, nur, weil du einmal das Blut eines Daiyōkai getrunken hast?“

Rede, beschwor ich mich Er musste doch einfach jemanden wissen, einen anderen Magier als seinen Herrn? „Erstens finde ich gar nicht zurück und zweitens ist es bei uns Flohgeistern so, wenn man energiereiches Blut getrunken hat, kann man nichts mehr trinken, oder das ist nutzlos, wenn es weniger Energie hat. Ich bin jetzt an das Blut eines Daiyōkai gebunden. Und ich brauche dir kaum erzählen, dass es lebensgefährlich ist einen solchen zu überfallen. Freiwillig wird mir keiner mehr seines geben.“

„Das könnte wirklich ein Problem sein,“ sagte der Kater und stützte sich wieder auf den goldenen Stab, schien nachzudenken. „Bist du sicher?“

„Ja, das lehrt jeder, also, Meister Mikoto auch, aber jeder fängt mit Säugetieren an, dann Oni, dann Yōkai. Aber man soll nie schwerttragende Yōkai oder gar Daiyōkai angreifen, das wäre tödlich. Ist es bei mir ja auch, aber ich denke, davon hat er nichts gewusst, und ich war zu schwach um daran zu denken. Verstehst du mich jetzt? Ich muss lernen, alles, so viel es geht. Ich bin doch sonst schon so gut wie tot.“

„Es gibt vielleicht eine Möglichkeit. Wie ist dein Name?“

„Myōga.“ Ich hörte selbst, dass ich piepste, aber mein Herz raste bei der Vorstellung, dass es irgendeine Lösung gab, irgendein Wesen, dass mir helfen würde. „Wo soll ich hingehen?“

„Komm mit, Myōga.“ Er berührte mit dem Stab den Bannkreis und schritt hindurch. Ich folgte eilig. Und, oh, ich begriff endlich. Das war nicht der Wächter, das war der Meister höchstselbst! „Meister Nekohiko,“ keuchte ich, als ich hinter dem Zauber eine völlig andere Welt entdeckte.

Es war ein heller Wald mit Bäumen, wie ich sie noch nie gesehen hatte, silberne Stämme, hellgrünes Laub, dazwischen Wiesen auf denen Blumen wuchsen. Ein Bach schlängelte sich vorbei an einer kleinen Hütte, im Hintergrund erkannte ich einen Teich oder kleinen See, in den ein Wasserfall eine Felswand hinabstürzte. Das Plätschern klang seltsam laut. Alles war ruhig, friedlich. Und still. Zu still, eigentlich. Es gab keine Tiere.

Der Kater wandte sich zu mir und sah auf mich hinunter, die Augen nun geöffnet und ohne Grinsen. „Ja. Nekohiko bin ich. Dies ist der Hekashin. Meine Welt.“

„Es ist sehr still hier,“ flüsterte ich förmlich.

„Wenn Tiere hier wären, würden sie meine Pflanzen fressen und ich müsste laufend reparieren. Zur Meditation ist die Stille übrigens besser. - Du bist ein kluger Junge, Myōga, und in einer wirklich schwierigen Lage. Ich lasse dich eine Weile hier und du kannst von mir lernen. Aber eines Tages musst du wieder gehen, wie jeder Schüler. Komm.“

Er warf den goldenen Stab in die Luft und der verschwand. Ich starrte hin. „Das ist ja wie Zauberei.“

Der Meister kicherte etwas. „Myōga, das IST Zauberei. Nein, Flöhe haben es wirklich nicht mit Magie. Da spare ich mir jede Mühe. Lernen sollte du, über die Wesen in Japan, auch und gerade Daiyōkai, aber nicht Zauber.“

„Und… und das Blut?“

„Wenn ich mich recht entsinne, müsste das Blut dieses Daiyōkai noch etwas vorhalten. Bis dahin kann ich hier im Hekashin für Ersatz sorgen. Aber, wenn du ihn verlässt, musst du dich um dich selbst kümmern. Und du wirst ihn eines Tages verlassen müssen. Also lerne.“

„Sicher, Meister Nekohiko.“ Ich hätte ihn in diesem Moment freudig alles versprochen, ließe er mich nur hier, lernen und erst einmal einen Ersatz für das Blut trinken. Blut ist Leben, nicht nur aber vor allem für Flohgeister. „Ich lerne gern.“

„Dann setze dich hierher.“ Er deutete vor sich auf den Boden und ließ sich selbst nieder. „Und berichte mir von deinem Dorf, Mikoto, und wieso du allein hier her gekommen bist.“

Ja, das war klar, er wollte sicher genau wissen mit wem er es zu tun hatte und warum. So gab ich einen möglichst genauen Bericht, auch über die ganzen Zwischenfälle, die mir widerfahren waren, das Blut des Gebirgsgeistes und das seltsame Treffen in letzter Minute mit dem Daiyōkai.

 

„Er wollte zum Fürsten? Natürlich, um selbst Fürst zu werden.“ Der Meister hatte bei meiner Erzählung die Augen geschlossen.

„Nein, er sagte, er wolle lernen wie man ein Heer führe und das könne man nur als Taishō von einem Fürsten.“

„Dann wäre er ein sehr ungewöhnlicher Daiyōkai, alle schwertragenden Yōkai streben immer nach mehr Macht. Das liegt ihnen im Blut.“

„Um ehrlich zu sein, Meister, ich vermutete da auch, dass er lernen wolle, besser mit der höllischen Klinge umzugehen, er schien an sie gebunden.“ Warum nur wollte ich ihn verteidigen? Aber es stimmte ja auch.

„Wenn er derjenige ist, von dem ich hörte … Nun, sein Vater beschloss vor vielen Jahren So´unga an sich zu nehmen. Nur sein Sohn kann es nun tragen, ohne dass der Höllendrache darin ihn übernimmt. Es wäre arg für alles Leben, wäre dieses Schwert frei. Gebunden, nun ja. Hunde. Sie beschützen gern und ihnen war klar, dass sie nur mit dem Tragen dieses Schwertes alles Leben beschützen können.“

„Ja, er sagte etwas, nur jemand seiner Blutlinie könne es tragen.“

„Dann weiß er wohl, was Macht bedeutet. Und, dass es keine Macht ohne Leiden gibt. Darum will er nicht Fürst werden. Aber, Myōga, ist dir klar, was das bedeutet?“

Ich sollte wohl etwas lernen. „Äh, wenn Ihr so fragt…? Dass ich an das Blut eines Daiyōkai gebunden bin?“

„Das mag so sein. Aber diese eine, besondere, Blutlinie – wenn deine Aussagen stimmen bist du an sie gebunden. Sein Blut oder das seiner Kinder. Nichts anderes mehr.“

Ich bekam das Gefühl mein Herz höre auf zu schlagen, der Magen befand sich irgendwo in den Zehen. Ich hatte mich schon ein paar Mal gefragt, wie viel Pech ein einzelner Flohgeist haben könnte, aber das war vermutlich wirklich der Gipfel! „Das….das wäre sehr schlecht, verehrter Meister, oder?“

Der Katzenmagier dachte noch einmal nach. „Nun, wie gesagt. Ich nehme dich als meinen Schüler auf. Doch, wenn du mich verlässt, solltest du, musst du, den Taishō, denn ich vermute doch, dass er es wird, aufsuchen und ihm von deinem Problem erzählen. Dann musst du abwarten, wie er entscheidet. Immerhin, falls er je Kinder bekommt, kannst du das Blut von denen nehmen. Und seinen Enkeln und so… Aber Daiyōkai leben, wenn sie nicht im Kampf sterben, länger als Flohgeister. Wobei auch das bei dir nicht sicher ist. Ich muss in meiner Bücherei nachsehen. Das Problem ist nur, es gibt sehr wenig Nachrichten über euch Flohgeister. Niemand schreibt Bücher über sie und bis ich Mikoto kennen lernte, wusste ich auch nicht gerade viel über euch.“

„Wir sind Ungeziefer, ja.“ Das hatte schließlich auch der … der Daiyōkai gesagt. Und gemeint, er würde auch uns künftig mehr beachten. Aber, warum sollte er mir noch einmal helfen? Mein Leben lang helfen?

„Lobenswerte Selbsterkenntnis. - Du willst lernen und denkst nach. Gut. Wir versuchen es. Morgen werde ich dir die Quelle zeigen, aus der du dann trinken sollst. Die Einzige, wohlgemerkt, aus der du das hier im Hekashin kannst. Ich hoffe für dich, du besitzt die notwendige Disziplin und kannst deine Neugier im Zaum halten.“

„Ich denke schon,“ beteuerte ich. Was sollte ich mit anderen Quellen, wenn diese eine mir helfen würde? Während meiner Erzählung war mir wieder bewusst geworden, wie viel Glück ich t gehabt hatte überhaupt hier zu sitzen. Das würde ich unter keinen Umständen aufs Spiel setzen! Da der Meister sich erhob sah ich zu ihm, ohne jedoch aufzustehen. So hatte ich das auch von Meister Mikoto gelernt.

Er nickte. „So ist es gut, kleiner Floh. Aber, komm mit. Ich zeige dir deinen Platz in meiner Hütte.“

So folgte ich ihm in die von außen so winzig scheinende Hütte. Auch hier war Magie am Werk, denn von innen wirkte sie deutlich größer. Fast die Hälfte wurde von eng gestapelten Schriftrollen in Bambusregalen eingenommen, auf der anderen Seite lag eine Tatamimatte. Die einzige Einrichtung. Aber auf einen Wink des Meisters erschien eine zweite, direkt neben mir, neben der Tür. „Dein Platz,“ verkündete er. „Ich gebe dir nun etwas zu lesen. Du kannst lesen und schreiben?“

„Ja, soweit ich es bei Meister Mikoto lernen konnte. Ich kann noch nicht alle Zeichen.“

„Wir werden sehen.“

 

Am folgenden Morgen, wir hatten beide nicht schlafen müssen, aber ich hatte es wirklich genossen, einfach in Sicherheit zu sein und mich auszustrecken, die Augen zu schließen, sprang ich hinter dem großen, weißen Kater her.

Meister Nekohiko führte mich zu dem Wasserfall, den ich gestern bereits gesehen hatte, dann allerdings daran vorbei, ein Stück empor in die Felsen. Dort befand sich eine Quelle, nun, groß für mich, für einen Menschen vielleicht vier Hände groß, die aus einem natürlichen Becken drang. Soweit hier im Zauberwald überhaupt etwas natürlich war. Das Wasser war klar und rann über die vordere Kante auf den Boden, suchte sich dann den Weg hinab zu dem Teich.

Meister Nekohiko wandte sich zu mir um. „Hier. Du hast dir den Weg gemerkt? Dann gehen wir zurück. Wann immer du Durst verspürst, komm hierher und trinke. Aber hüte dich aus dem Wasserfall oder dem Teich dort zu trinken. Nur diese Quelle.“

„Ich habe verstanden.“ Erst nach einigen Malen Weg zu der Quelle verstand ich die Warnung. Man war versucht das Wasser, das ebenso klar aussah, aus dem Teich zu trinken, sich den letzten Weg steil hinauf zu sparen. Aber ich hielt mich an die Regel, durchaus nicht sicher, was die anderen Gewässer des Hekashin für Magie beinhalten würden. Diese Quelle jedenfalls schmeckte für meine Sinne nach Blut. Das war sicher ein Irrtum, aber es imitierte das Blut eines Daiyōkai recht gut.

 

Ich lernte viel in diesen scheinbar ewig gleichen Tagen. Wir standen bei Sonnenaufgang auf, machten einige Übungen, ehe ich zu lernen begann, bei Sonnenuntergang zog sich jeder auf seine Matte in der Hütte zurück und ich sah oft genug, wie der Meister noch meditierte. Manchmal gingen wir auch an andere Orte des Waldes, wo wir uns nur schweigend gegenübersaßen. Man könnte es Magie nennen, ich weiß es nicht, aber wenn wir nach Stunden aufstanden, war irgendetwas an mich weitergegeben worden, das ich nicht einmal benennen konnte.

Ich hatte nicht die mindeste Ahnung, wie lange ich schon hier war. Es wurde Nacht, es wurde Tag, der immer gleichförmige Rhythmus, ohne jede Jahreszeit, ließ die Zeit einfach dahin gehen. Und ich hatte wirklich viel gelernt, meine Schreibkünste vollendet, Tiere, Pflanzen, Yōkai, auch wie man Landkarten lesen konnte oder sie zeichnete, wie Japan insgesamt aussah, wer wo herrschte und wem man besser aus dem Weg ging, wie den Drachen unter ihrem König Ryuichi.

 

Dennoch war ich entsetzt, als Meister Nekohiko eines Tages meinte: „Es wird langsam Zeit für dich zu gehen, Myōga.“

Ich war entsetzt, hatte ich doch das friedliche Leben hier, ganz dem Studium und der Meditation, genossen. „Was? Ich weiß doch noch längst nicht alles.“

„Wer glaubt alles zu wissen, irrt. Und nur, wer auf der Suche ist, ist weise, Myōga. Noch nicht morgen, aber bald.“ Er nickte etwas. „Und du solltest dann wirklich den Taishō aufsuchen, so er noch am Leben ist, und ihn um Blut bitten. Vielleicht kannst du ihm mit deinem neuen Wissen nützlich sein.“

„So er noch am Leben ist?“ wiederholte ich verwirrt. Wie lange war ich schon hier?

„Schwerttragende Yōkai sterben oft genug durch eben die Klinge. Auch einem Heerführer kann das passieren. Und ehe du fragst, nein, ich weiß nicht, welche Zeit in der Welt vergangen ist. Ich war, seit ich dich einließ, nicht mehr draußen. Aber etwas sagt mir, dass es für dich an der Zeit ist zu gehen. So, wie es auch Mikoto tat und alle meine Schüler.“ Er hob eine Pfote. „Aber jetzt werden wir noch ein wenig meditieren.“

 

Wie recht der verehrte Meister mit seinem Gefühl hatte, zeigte sich schon am folgenden Tag, denn er erhob sich. „Jemand ist am Bannkreis.“

„Ein neuer Schüler?“ erkundigte ich mich seufzend, denn dann wäre meine Frist hier wirklich abgelaufen.

„Eher ein alter, wenn ich das richtig deute. Warte hier.“ Er hob die Hand und der goldene Stab mit dem Kreis befand sich darin, eigentlich ein Mönchsstab der Menschen, wie er mir erklärt hatte. Er benötigte ihn um durch den Bannkreis zu gelangen, den er selbst gelegt hatte, eine kleine Sicherheitsmaßnahme, wie er es genannt hatte, denn er konnte ihn buchstäblich im Nichts verschwinden lassen. Unmöglich für andere Personen ihn zu stehlen und diesen Bann aufzuheben.

 

Kurz darauf kehrte er mit einem Katzenyōkai zurück, eindeutig an Rüstung und Schwert als Krieger zu erkennen. „Das ist Myōga, mein derzeitiger Schüler. Hikari, ein ehemaliger Schüler. Er dient dem Fürsten des Westens.“

Ich neigte höflich den Kopf. Der Kater schien etwas erstaunt mich zu sehen. Aber nun ja, ich bin eben ein Floh.

„Setz dich Hikari, was führt dich her?“

Der Kater nahm das Schwert samt der Scheide ab, ehe er sich setzte und legte es neben sich. „Tatsächlich der Wunsch Euch wiederzusehen, sensei. Mein Auftrag führte mich hier vorbei. Der gesamte Westen wird alarmiert, die Krieger zum Schwebenden Schloss zusammengezogen.“

Nekohiko seufzte fast resignierend. „Ach, gibt es wieder Krieg unter den Yōkai. Man sollte annehmen, dass der Fürst genug Schlachten geschlagen und gewonnen hat. Und ich hörte, dass er einen Taishō hat.“

„Oh, ich bitte um Vergebung, Meister,“ sagte Hikari hastig. „Ich vergaß, dass viele Neuigkeiten Euch hier nicht erreichen. Der alte Fürst verstarb vor Jahren. Allerdings hatte er vor seinem Tod noch die Freude seinen Enkel sehen und anerkennen zu können.“

„Der Sohn der Tochter, also,“ murmelte ich, denn das war die einzige zulässige Schlussfolgerung. „Aber, wer ist dann ihr Ehemann und Fürst?“ Und, was war mit dem Daiyōkai mit dem Höllenschwert? Hatte ihn der Fürst doch umgebracht? Und der war schon Jahre tot? Wie lange war ich schon hier gewesen? Mein Haar war freilich noch immer schwarz und lang, es war nicht gewachsen, zugegeben. Aber ich wollte auch einen Fremden nicht nach dem Taishō fragen. Das ging niemand etwas an und ich vermutete doch, dass es dem Hund absolut nicht recht wäre, würde ich seine freundliche Geste in ganz Japan herumerzählen.

„Niemand.“ Hikari zuckte die Schultern. „Der aktuelle Fürst ist der Welpe. Vater ist allerdings der Taishō. Und genau das ist das Problem.“

Ich sah mehr als nur geringfügig verwirrt zu meinem Lehrer, der die Augen zusammengezogen hatte.

„Das bedeutet, Hikari, der Taishō und die Prinzessin sind keine offiziellen Gefährten?“

„In der Tat. Der Taishō wollte dem Fürsten, dem er Treue geschworen hatte, diese auch halten, keinen Kampf gegen ihn. Dieser konnte seinen Enkel anerkennen und damit ist der Kleine jetzt der Herr des Westens, seine Mutter die Regentin. Das Militär führt der Taishō an, oder besser, er tat es. Darum wird der Westen alarmiert. Er kehrte von einem Ausflug nicht in das Schwebende Schloss zurück. Die fähigsten Hundekrieger folgten seiner Fährte, die abrupt endete. Von ihm fehlt jede Spur, allerdings fanden sich noch sehr verschwommene Gerüche von Drachen.“

„Drachen.“ Meister Nekohiko warf mir einen mahnenden Blick zu. Ich hatte wohl zu tief Atem geholt. So fuhr er fort: „Irre ich mich, oder besitzt der Taishō nicht das Höllenschwert? Damit sollte er doch auch gegen Drachen ankommen.“

„Das ist wahr. Aber das ist eben auch weg. Und es steht zu befürchten, dass der Drachenkönig Ryuichi es nun entweder bereits besitzt oder bald besitzen wird. Die Regentin sprach es klar gegenüber den Unterführern aus – wenn die Drachen das Höllenschwert bereits in den Klauen hätten, hätten sie den Taishō umgebracht und liegen lassen. So ist davon auszugehen, dass er eine Falle bemerkte und es ihm noch gelang So´unga zu verbergen und zu versiegeln. Das allerdings bedeutet, dass es nur noch eine kurze Frist ist, bis sie wissen, wo es verborgen liegt. Aber, das ist der einzige sinnvolle Grund, warum sie den Taishō entführt haben.“

„Niemand kann solche Auskunft im Kerker der Drachen lange verschweigen.“ Meister Nekohiko sah auf seine Knie. „Wie alt ist der jetzige Fürst?“

„Ein Welpe, stark und viel versprechend, aber nicht kampffähig. Die Regentin hat die Bannkreise um das Schwebende Schloss verstärkt. An dem Ort, wo der Taishō verschwunden ist, werden Krieger stationiert und Späher ausgeschickt, falls Drachen dorthin zurückkehren. Das Höllenschwert muss dort in der Gegend sein, aber es ist selbst für Magiekundige nicht zu finden.“

Der Katzenmagier lehnte den Kopf beiseite. „Du hast doch nicht etwa angenommen ich würde dorthin gehen und es suchen?“

„Nun, eine vage Hoffnung,“ gab Hikari zu. „Ihr wisst, was es bedeutet, wenn So´unga in der Hand eines Unfähigen ist. Und den übernimmt.“

„Das sollte dem Drachenkönig auch bewusst sein. Nun, ich habe Ryuichi nur einmal getroffen,“ meinte Meister Nekohiko. „Er machte auf mich den Eindruck grausam, stark und selbstbewusst zu sein, aber das dürfte ihm gegen den Geist des Höllendrachen nichts helfen. Im Gegenteil. Seine Grausamkeit wird die Hölle befreien.“

„Könnte man nicht den Taishō befreien?“ erkundigte ich mich aufgeregt. Meine Blutquelle! Nun ja, da gab es wohl einen Welpen, meine allerletzte Hoffnung, aber wie einer besorgten Mutter mit einem Land im Kriegszustand und unter der Bedrohung buchstäblich durch die Hölle, erklären, dass man mal eben das Blut ihres Babys trinken will? Mein Lehrer und der Katzenkrieger wandten sich mir gleichermaßen ungläubig zu. Es war wohl eine dumme Frage gewesen. „Äh, ich meinte, mit dem Heer des Westens?“

„Myōga war noch nie außerhalb,“ erklärte Nekohiko ein wenig nachsichtig. „Das Schloss der Drachen ist aus Fels, umgeben von überaus starken Bannkreisen, besetzt mit den besten Kriegern dieses Volkes.“

„Überdies bringen sie den Taishō eher um, wenn sie merken, dass wir uns nähern,“ ergänzte Hikari. „Du kannst nicht kämpfen, Floh.“ Das war eine reine Feststellung.

Schön, die Frage war wohl dämlich gewesen, beschloss ich. Aber die Vorstellung, dass der Mann, der Daiyōkai, der mir das Leben gerettet hatte, ohne Hilfe da in einem Kerker saß, oder eher wohl lag, wenn sie Auskunft von ihm wollten, wo er das Höllenschwert verborgen hatte. Das war sicher nicht … schmerzfrei.

Der Meister nickte. „Danke für die Informationen, Hikari. Aber das Höllenschwert wage ich nicht einmal zu suchen. Es gibt und gab überaus wenige Personen, die sich in seiner Nähe aufhalten können, ohne übernommen zu werden. Ich halte mich nicht dafür. Und auf dich zählt die Regentin und der junge Fürst. Du hast einen Auftrag.“

Hikari verneigte sich. „In der Tat. Aber in Anbetracht der Lage erschien mir dieser Besuch einen Versuch wert.“

„Er war es wert. Ich begleite dich hinaus.“

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Während des kleinen Zeitsprungs haben sich die Probleme eines kleinen Flohgeistes wohl soeben potenziert. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Morgi
2022-11-25T09:05:14+00:00 25.11.2022 10:05
Hallo!

Warum sollte ein kleiner, überaus unscheinbarer und vom Blut abhängiger Floh nicht in die Festung gelangen können? Es ist mir zwar ein Rätsel, wie er den Taishou und frischgebackenen Vater dort herausholen möchte, aber es wäre der perfekte Handel, um sich bis ans Lebensende Blut zu ergaunern. Gefallen gegen Gefallen.
... eigentlich können die Drachen nur froh sein, dass der Welpe noch nicht kampffähig ist, sonst hätte der sich Höllenschwert und Herrn Papa zurückgeholt, um den noch zu Lebzeiten zu übertreffen. (Oder so ähnlich. Ich mag die Kurzzusammenfassung, was während des Lernens passierte. Man hatte ja rundheraus das Gefühl, in einer zeitlosen Welt zu stecken, die von der Außenwelt nichts mitbekommt. Nunja, außer dem Meister, der schnappte trotzdem Gerüchte auf - nur wie?)
In mir rumort derweil die Frage, ob das Dorf und Mikoto noch an Myouga denken. Es scheinen Jahrhunderte vergangen zu sein oder immerhin Jahrzehnte.

Viele Grüße, Morgi
Von:  Sanguisdeci
2022-07-21T06:28:15+00:00 21.07.2022 08:28
Ob Drachen sich der Existenz von Flohgeistern bewusst sind? Und ob sie diesen Beachtung schenken würden? oô
Antwort von:  Hotepneith
21.07.2022 12:18
Gute Frage. Nach deiner Bemerkung habe ich spontan an Herr der Ringe gedacht....der letzte Marsch der Flohgeister oder so...^^"
Nun, mal sehen

hotep


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