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Der erfundene Freund

von

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Verwirrende Gefühle

„Entschuldige“, sprach Saguru und senkte sofort sein Handy zu Boden. „Wo gehst du denn hin?“

„Ich wollte ein bisschen in den Pool“, antwortete Aoko.

„Ihr habt einen Pool?“, kam es verwirrt von dem Blonden.

Sie lächelte und nickte. „Ja, magst du mitkommen?“

Saguru blickte unsicher in die Dunkelheit zurück, dann aber lächelte er. „Gerne, ich würde nämlich mit Freuden unser Gespräch von vorhin wieder aufnehmen.“

Und sein Lächeln war atemberaubend, offen und ehrlich. Aoko konnte gar nicht anders, als zurückzulächeln und deutete an ihren Weg fortzusetzen.

Saguru ließ es sich nicht nehmen ihnen den Weg zu leuchten.

„Darf ich dich etwas fragen?“, durchbrach Aoko die Stille. „Du bist kein Japaner, oder?“

Der Blonde betrachtete sie aufmerksam. „Nur zur Hälfte. Die andere Hälfte ist Engländer“, grinste er.

„Naturblonde Haare habe ich nämlich in Japan noch nie gesehen“, erklärte sie ihre Gedanken. „Wo bist du denn aufgewachsen?“

„In London“, antwortete er. „Und du bist hier aufgewachsen“, stellte er fest. „Ein traumhaftes Anwesen.“

Aoko sah sich in der Finsternis um. Sie näherten sich dem vorderen Garten, der besser beleuchtet wurde als der hintere Gartenbereich. „Ja, das ist es wirklich.“ Etwas unwohl verschränkte sie ihre Arme vor der Brust, was dem jungen Mann keineswegs entging.

„Ist dir kalt?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er sich seine Jacke aus und legte diese um Aokos Schulter. Die Wärme ging sofort auf ihren Körper über und ihr Herz schlug Purzelbäume. Überwältigt, dass jemand so nett zu ihr war, kuschelte sie sich enger in die Jacke. Sie linste zu ihm, lächelte ihn dankbar an. Gemeinsam traten sie auf die Terrasse. Aoko strebte die Türe zum Wohnzimmer an, als eine Stimme sprach: „Ist die Party schon vorbei?“

Erschrocken, dass noch jemand wach war, fuhr Aoko zusammen, klammerte sich an die Jacke und suchte nach der Person, die sich scheinbar in einem abgedunkelten Bereich aufhielt.

Da trat ihre Großmutter in den Schein des Lichtes und musterte Aoko und ihren Begleiter aufmerksam.

„Oma, du bist noch wach?“

„Ja, natürlich, Kindchen. Der Abend ist doch noch jung.“ Die weisen Augen musterten den blonden jungen Mann aufmerksam. „Guten Abend, ich bin Aokos Großmutter.“

„Saguru Hakuba“, stellte sich dieser auch sofort vor. „Es freut mich Sie kennen zu lernen.“

Die Großmutter lächelte, musterte Aoko und ihren Begleiter allerdings neugierig und doch auch etwas verwirrt. „Wo wollt ihr denn hin? Ich dachte, die Party ist im alten Pavillon.“

„Ja, das stimmt“, antwortete Aoko in Erklärungsnot. Sicherlich fragte sich ihre Oma, was sie hier mit einem fremden Mann tat, während Kaito noch auf der Party war. Sollte jetzt der Zeitpunkt gekommen sein, dass diese ganze Lügengeschichte aufflog? „Ich wollte Saguru den Pool zeigen.“

„Erinnerungen schaffen…“

„Was?!“ Aoko starrte entsetzt ihre Oma an. Diese hatte den Satz eher zu sich selbst gemurmelt und war gar nicht für die Enkelin bestimmt, aber Aoko hatte die Worte klar und deutlich vernommen. „Was denkst du denn?! Ich bin mit Kaito zusammen.“ Sie wollte ihrer Oma kein falsches Bild mehr vermitteln, dennoch kamen die Worte schneller über ihre Lippen, als sie nachdenken konnte. Wollte sie ernsthaft diese Lüge weiterhin aufrechterhalten? War es nicht an der Zeit reinen Tisch zu machen? Sie deutete auf Saguru und dann auf sich selbst. „Wir wollen uns nur unterhalten.“ Unsicher deutete sie nun auch in das Haus hinein. „Und den Pool ansehen. Mehr ist da nicht, Oma.“

„Ach, Kindchen, du wirst schon wissen was du tust“, winkte die ältere Frau ab und verschwand wieder in der Dunkelheit.

Aoko führte ihre Begleitung durch das Haus in den Keller hinab. Barfuß tapsten sie in die warme Schwimmhalle und rochen die chlorgetränkte Luft. Wie lange war Aoko nicht mehr hier gewesen? Früher hatte sie sich immer hierher zurückgezogen. Zum Nachdenken, zum Lernen, zum Alleinsein oder einfach nur um zu schwimmen. Aoko reichte Saguru seine Jacke, setzte sich an den Beckenrand und tauchte ihre Beine ins Wasser.

Der junge Mann zog sich eine der Liegen heran und setzte sich neben sie. Er ließ seine Finger ins Wasser gleiten, um die Wassertemperatur zu prüfen, ehe er seine Arme auf den Knien ablegte und die Hände verschränkte. „Ihr habt es wirklich schön hier.“

„Ja, wie wahr. Soll ich dir etwas verraten? Das hier ist mein Lieblingsplatz im ganzen Haus. Diese Stille, das sanfte Plätschern des Wassers, der Geruch. Hier kann ich abschalten.“

Saguru beobachtete sie. „Deine Oma wirkte vorhin etwas überrascht uns zusammen zu sehen.“

„Weißt du“, suchte Aoko nach einer Erklärung, fand jedoch nicht die richtigen Worte.

„Du bist mit Kaito zusammen“, wiederholte er ihren Satz von vorhin.

Überrascht sah sie auf, haderte damit den nächsten Menschen, den sie sympathisch fand anzulügen, dennoch nickte sie. „Ja“, murmelte Aoko.

„Aber Kaito und Akako“, setzte Saguru an und raufte sich die Haare. „So wie die flirten, hätte ich niemals angenommen, dass du seine Freundin bist. Stört dich das gar nicht?“

Natürlich tat es das. Aber es durfte sie nicht stören. Sie hatte keinen Anspruch auf ihn. Er ist Shinichis bester Freund und warum auch immer er sie in diese kleine Lügengeschichte involvierte, war er auch nie mehr als der Sandkastenfreund ihres älteren Bruders gewesen. Auch wenn sie sich damals durchaus heimlich mehr gewünscht hätte. „Es ist ein kleines bisschen kompliziert“, versuchte Aoko zu erklären, wusste aber sofort, dass es keine Logik dafür gab. Hatte sie sich als sechzehn jähriges Mädchen doch immer ausgemalt, wie es wäre sich Kaitos feste Freundin nennen zu dürfen. Nun war sie es offiziell, aber doch nicht wirklich. Damals hegte sie die Hoffnung, dass sie der Grund für seine fast täglichen Besuche war. Sie malte sich aus, dass er eigentlich sie sehen wollte, nicht ihren Bruder. Aber nun wusste sie, dass er die gesamte Zeit mit Akako zusammen war. Damals wusste sie davon nichts. Unglaublich. Während sie in ihrem Zimmer mit aufgeregtem Herzklopfen saß, darauf wartend dass er in ihr Zimmer kam um ihr seine Gefühle zu gestehen, war er bereits längst vergeben. Und niemals hatte sie erwartet, dass diese kindliche Schwärmerei sie nun wieder einholte.

„Zu schade“, murmelte Saguru plötzlich.

Vollkommen aus den Gedanken gerissen, blickte sie auf und musterte den jungen Mann neben sich, der inzwischen sein Hemd leicht geöffnet hatte. Immerhin herrschte hier eine Raumtemperatur von über 30 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit tat ihr übriges. Sie erhaschte einen Blick auf den leicht beharrten Oberkörper und drehte ihren Kopf verlegen wieder weg. „Wie meinst du das?“

„Zu schade, dass du schon in festen Händen bist“, gestand er und lächelte etwas wehmütig. „Aber was habe ich auch erwartet. Eine hübsche Frau wie du, muss natürlich schon in festen Händen sein.“

Die Überraschung stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Ihr Herz klopfte aufgeregt. So ein schönes Kompliment hatte ihr bisher noch nie jemand gemacht. Sie freute sich darüber, dennoch konnte sie ihn nur stumm anstarren. Aoko wusste einfach nichts darauf zu sagen, suchte die braunen Augen und hielt unbewusst die Luft an. Konnte es sein, dass er wirklich an ihr Interesse hatte? Sie kannten sich doch gar nicht. Wollte er deswegen mit ihr Zeit verbringen? Um sie kennenzulernen? Zu sehen, ob sich da etwas entwickeln könnte? Ihr fehlten die Worte. War er vielleicht der Richtige? War er der Mann fürs Leben, den sie schon so lange suchte? Nicht dass sie hier womöglich ihre einzige Chance vergeudete und sich dann nie wieder eine weitere ergab?

Saguru hielt sie in seinem Blick gefangen und näherte sich etwas.

Auch Aoko kam ihm entgegen.

„Ich hintergehe niemanden“, flüsterte er, dennoch beugte er sich noch ein Stück zu ihr.

Er würde nichts überstürzen, er würde ihr die Entscheidung überlassen. Wenn sie es wollte, würde er alles für sie machen. Wollte sie es? Wollte sie einen Versuch wagen? „Was wäre, wenn die Situation ganz anders ist, als es aktuell den Anschein macht?“, hauchte Aoko verwirrt von ihren Gefühlen. Innerlich zerrissen spürte sie aber schon den Atem des jungen blonden Mannes an ihren Lippen. Sie schloss ihre Augen. Würde sie es wagen, den entscheidenden Schritt zu gehen? Würde sie es über das Herz bringen diesen jungen Mann zu küssen, um zu sehen ob er ihr Prinz war? Sie war so aufgeregt und durcheinander. In ihr kribbelte alles. Sie war frei und ungebunden und dennoch fühlte es sich an wie Betrug. Sie war dabei Kaito zu betrügen, obwohl das doch vollkommen schwachsinnig war. Sie verdrängte dieses bittere Gefühl in sich, haderte noch mit diesem entscheidenden Schritt auf Saguru zuzugehen. Seine Lippen schwebten vor ihren, es war nur eine kurze Überbrückung, nur ein wenig vorbeugen, dann würde sie wissen, ob er in ihr ein Feuerwerk auslösen konnte. Sie durfte nicht an Kaito denken, nicht in diesem Moment. Sie musste ihn verdrängen, zur Seite schieben. Es war kein Betrug. Immerhin flirtete er schon den gesamten Abend mit seiner Ex und ließ sie, Aoko, unbeachtet links liegen. Sie bewegte sich auf ihr Gegenüber zu und spürte das warme weiche Lippenpaar an ihren.



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