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Reboot

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Reboot


 

11. Reboot
 

„Mit wem hast du gesprochen? Mit Yugi?“ Etwas in Mokubas Stimme ließ Atemu aufhorchen. Etwas Waches, Angriffslustiges. „Ich … ja, genau. Ich habe Yugi angerufen. Ich musste einfach kurz mit ihm sprechen“, antwortete der Pharao und wusste noch im selben Augenblick, dass er das Falsche gesagt hatte. „Aha, das ist ja interessant“, schoss Mokuba unvermittelt zurück, „wie kann das denn vonstattengehen, wo doch Tea gerade mit ihm telefoniert?“ „Ich …äh …“ Atemus Puls beschleunigte sich und mit einem Mal begriff er, dass er in eine hinterhältig gelegte Falle getappt war. „Jetzt rück raus mit der Sprache“, forderte Mokuba ihn nun mit frostiger Stimme auf, „ich habe dein Gespräch eben mitgehört. Du hast Bakura angerufen, ist es nicht so?“ „Nein, ich … wie kommst du nur …?“ „Ich habe deutlich gehört, wie du seinen Namen gesagt hast! Du hast irgendeinen Deal mit ihm gemacht, hab ich nicht Recht?“
 

Soeben hatte der Arzt Mokuba mitgeteilt, dass Setos Zustand stabil war, er jetzt aber schlief. Sie hatten ihm Schmerzmittel gegeben und wollten ihm bis zum darauffolgenden Tag Zeit geben, um sich etwas zu erholen. Erst danach wollten sie Besuch gestatten. Nachdem Mokuba die Information an Tristan und Tea weitergegeben hatte und die junge Frau entschieden hatte, ihre Freunde in Domino via Yugi zu informieren, beschloss er, Atemu ebenfalls auf den neusten Stand zu bringen. Dieser hatte den ganzen Abend lang vollkommen neben sich gestanden und ziemlich verstört gewirkt, deshalb hoffte der jüngere Kaiba, dass ihn diese Entwarnung erst einmal etwas beruhigen konnte. Er hatte unheimliches Mitleid mit dem Freund seines Bruders, der bei dessen Zusammenbruch zugegen gewesen war. So ging er los, um den ehemaligen Pharao in den schwach durch Neonröhren beleuchteten Krankenhausfluren zu suchen. Am Ende eines Ganges erspähte er schließlich seine schlanke Gestalt und wollte ihn gerade ansprechen, als er plötzlich einen Fetzen des Telefongesprächs aufschnappte, das er gerade zu führen schien. Atemu sprach leise und eindringlich in den Hörer und klang dabei vielmehr fordernd als verzweifelt. Dann hörte der jüngere Kaibabruder aus den Worten deutlich einen Namen heraus: Bakura.
 

Sofort zog er sich ein wenig hinter die nächste Ecke zurück und lauschte dem Gespräch. Und je mehr er davon aufnahm, desto mehr ergab alles plötzlich einen Sinn. Wie hatte er es bloß nicht sehen können? Nein, viel eher hatte er es nicht sehen WOLLEN! Unvermittelt spukten ihm nun die Worte des Ringgeists wieder durch den Kopf: „Ich kann dir mit deinem Problem nicht weiterhelfen, da ich einem anderen Kunden bereits zur Treue verpflichtet bin. Dafür hast du sicher Verständnis. Der Kunde ist König. Der Kunde, der bereits für eine Leistung gezahlt hat, versteht sich.“
 

Der Kunde ist König … Wie hatte er nur so einfältig sein können? Seine Gliedmaßen fühlten sich taub an und in seinen Gedanken drehte sich alles. Das alles konnte nicht wahr sein! Hatte er seinen Bruder wirklich selbst in die Arme dieses Hochstaplers getrieben? Eines Marionettenspielers, der im Hintergrund die Fäden zog und mit den Erinnerungen und der geistigen Gesundheit seines Bruders spielte? Und er selbst hatte Seto sogar noch ermutigt, Atemus Hilfe in Anspruch zu nehmen! Was war er für ein blinder Narr!
 

„Ich war selbst bei Bakura und habe ihn darum gebeten, dass er Seto hilft! Aber er hat es abgelehnt, obwohl er dazu imstande gewesen wäre. Damals habe ich seine kryptischen Andeutungen nicht begriffen, aber jetzt … jetzt wird mir alles klar. Ihr beide steckt unter einer Decke. Aber warum? Ich kann das einfach nicht glauben. Wie konntest du nur? Ich habe dir das Wohl meines Bruders anvertraut“, sagte Mokuba tonlos in die Leere des Krankenhausflurs hinein.
 

Von einem Augenblick auf den anderen änderte sich Atemus Gebaren. Er schien nun zu begreifen, dass es keinen Sinn mehr hatte, irgendwas abzustreiten oder zu beschönigen. Vielleicht wollte er das auch gar nicht mehr. Ja, Mokuba glaubte sogar, eine gewisse Erleichterung im Gesicht des ehemaligen Herrschers auszumachen, als wäre er dankbar, dass endlich jemand seine Scharade aufgedeckt hatte.
 

„Mokuba, ja, es stimmt. Aber bitte hör mir zuerst zu. Es ist nicht so, wie du vielleicht denkst“, begann er nun sanfter. „Ach ja? Was denke ich denn?! Dass du meinen Bruder ins Chaos gestürzt hast, einfach nur zum Zwecke deiner Unterhaltung?! Dass du mein Vertrauen missbraucht hast? Unser aller Vertrauen? Dass du freiwillig fragwürdige, okkulte Unterstützung von einem antiken Geist mit einem verfluchten, schwarzmagischen Artefakt suchst?!“ „ICH bin ein antiker Geist mit einem schwarzmagischen Artefakt!“, spie Atemu ihm unvermittelt entgegen und mit einem Mal wirkte er wie ausgewechselt, bedrohlich, „das wusstest du. Und trotzdem wolltest du, dass ich deinem Bruder helfe und ihm näherkomme!“ Mokuba verstummte, für einen Moment aus dem Konzept gebracht.
 

Schließlich fuhr der Pharao fort und die Erhabenheit und Härte in seinem Gesicht wich nun wieder dem sanftmütigen Wesen, das Mokuba vertraut war: „Okay, hör zu: Es gibt keine Ausrede für das, was ich getan habe. Ich verstehe, dass du dich hintergangen fühlst. Aber ich wollte deinem Bruder nie etwas Böses. Ich wollte ihn glücklich sehen. Das musst du mir einfach glauben. Und wenn du Bakura selbst aufgesucht hast, dann solltest du nur zu gut wissen, welche Motivationen einen zu dieser Art von Handel bringen.“
 

Mokuba schnaubte verächtlich. „Das ist etwas völlig anderes! Ich wollte meinem Bruder helfen, weil ich es nicht mit ansehen konnte, wie er leidet! Du hingegen hast dieses Leid erst verursacht!“ „Er hat vorher ebenfalls gelitten“, entgegnete der Pharao nun kleinlauter. Fassungslos schüttelte Mokuba den Kopf. Schließlich drehte er sich einfach um und schritt davon. „Es ist mir vollkommen egal, wie du diese absurde Perversion von Glück rechtfertigen willst“, sagte er im Gehen über seine Schulter, „wer unserer Familie schadet, der ist für uns gestorben. So war es immer und so wird es immer sein. Komm meinem Bruder nochmal zu nahe und ich werde alle Register ziehen. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.“
 

~*~
 

Verdammt! Frustriert schlug Seto Kaiba mit der Faust gegen die Tür des Aufzugs. Schon wieder hatte er es nicht geschafft, seiner verwirrenden Gefühle Herr zu werden. All seine Pläne waren nach hinten losgegangen. Eigentlich hatte er den anderen Yugi oder bessergesagt diesen Atemu (wie er sich nannte), dazu eingeladen, sein neustes Produkt zu testen und sein Resultat bei der heutigen Pressekonferenz kundzutun, um endlich Klarheit und Struktur in seine Gedankenwelt zu bringen. Obwohl dies eigentlich nicht nötig sein sollte. Im Grunde wusste er ja selbst nicht, was in letzter Zeit mit ihm los war. Es war mehr als kurios.
 

Seit Seto Kenntnis davon hatte, dass Atemu tatsächlich eine vollkommen eigenständige Persönlichkeit war, seit er ihn in seine 3000 Jahre alten Erinnerungen begleitet hatte, war alles in seinem Inneren nur noch wirr. Aufgerieben. Unordentlich. Noch immer empfand er zwar für den König der Spiele eine erbitterte, unerschütterliche Rivalität. Ja, vielleicht war sie sogar noch stärker als zuvor, als er noch in dem Glauben gewesen war, dass es der kleine Yugi Muto sei, der ihn immer wieder in Duel Monsters schlug. Aber zu der Abscheu und Feindschaft waren auch noch andere Gefühle getreten. Da war dieses seltsam (un)angenehme Ziehen in der Magengegend, jedes Mal wenn er dem ehemaligen Pharao begegnete, schweißnasse Hände und – am abartigsten von allen – der absurde Wunsch, mehr über ihn zu erfahren. Ihn irgendwie kennenzulernen. Mit ihm zu sprechen und ihm umgekehrt etwas von sich selbst preiszugeben. Der groteske Gedanke, dass sie einander verstehen würden, dass es etwas zu bedeuten hatte, dass ihre Leben miteinander verwoben waren.
 

Und dann waren da noch diese Fantasien, über die er sich kaum traute, bewusst nachzudenken: Fantasien von Atemus ganz eigentümlichen und einzigartigen Geruch. Darüber, wie es sein würde, seine Haut zu berühren, ihm so nah zu sein, dass ihre Körper einander ertasten konnten. Und dann Atemus Lippen, wie sie sich kraftvoll auf seine pressten – Nein, so konnte es nicht mehr weitergehen!
 

Wochenlang quälten ihn diese rivalisierenden Emotionen nun schon, obwohl sie in seinem aufgeräumten Kopf absolut nichts zu suchen hatten. Und nun musste er sich eingestehen, dass es an der Zeit war, sie ein für alle Mal auszumerzen. Sich Atemu zu stellen und ihn für sich zu entzaubern. Sich selbst darüber klarzuwerden, wie er wirklich zu ihm stand und was er für ihn empfand.
 

Und trotzdem hatte er es heute wieder nicht geschafft, dies zu bewerkstelligen. Obwohl er es sich so fest vorgenommen hatte. Eine einzige spitzzüngige Kritik an der neuentwickelten Mini-Duell-Arena von diesem Spinner, der sich selbst über alles erhaben fühlte, hatte gereicht, um erneut alle Sicherungen in Setos Gehirn durchbrennen zu lassen. Wie er da stand, so in sich ruhend und dennoch nach Aufmerksamkeit lechzend. Wie jedes seiner Worte so natürlich daherkam, mit seiner sanften, melodischen Stimme. Seto wollte ihm sein selbstgefälliges Mundwerk stopfen und gleichzeitig wollte er denselben spitzfindigen Mund leidenschaftlich küssen.
 

Aber statt sich mit der Situation auseinanderzusetzen war er lediglich in Richtung seines Büros davongerauscht und hatte all die belastenden Emotionen erneut mit sich genommen. Vielleicht würden sie endlich verblassen, sobald er außer Landes auf der Marketingreise war. Aber er bezweifelte es. Heute sah er es so klar wie nie zuvor: Mit derselben Leidenschaft, mit der er Pharao Atemu hasste, war er auch magnetisch von ihm angezogen. Geistig und körperlich. Und auf beiden Ebenen wollte er sich mit ihm messen und ihn in einen eleganten Tanz verwickeln. Und er würde es tun müssen, wenn er irgendwann wieder zu seinem klaren, analytischen Denken zurückkehren wollte.
 

Heute war die Gelegenheit vertan, aber sobald er von seiner Promotour für die neue Duellarena zurückkehrte, würde er sich alldem stellen. Ein für alle Mal. Mit diesem Entschluss trat er schließlich, sein neustes Produkt in einer Aktentasche verstaut, ins Freie.
 

Doch seinen Plan hatte er nie in die Tat umsetzen können. Denn hier endete die Spur seiner Gedanken abrupt. Das war nun zehn Monate her. Und an diesem Vormittag in einem Krankenhaus in New York City sah er zum ersten Mal wieder klar. Seine kräftezehrenden Kopfschmerzen waren über Nacht in ein erträgliches Pochen übergegangen und auch der Schwindel hatte sich gelegt. Es war, als habe sich ein Schleier vor seinem inneren Auge gelichtet. Und endlich konnte er wieder sicher in seinem eigenen Selbst navigieren. Endlich war es kein Blindflug mehr durch Erinnerungsfetzen und Erzählungen von Dritten. Er war wieder mit sich selbst verbunden – vielleicht so sehr, wie er es nie zuvor gewesen war. Denn er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal so tief über seine eigenen Emotionen und Handlungen reflektiert hatte.
 

Nun sah er alles gestochen scharf. Sowohl das Davor als auch das Danach. Seine Jugend bei Gozaburo und sein Leben vor zehn Monaten – aber auch sein neues Dasein, seine geistigen Errungenschaften der letzten Monate und seine Beziehung zu Atemu.
 

Nie war er sich über seine Gefühle für den ehemaligen Pharao so klar gewesen, wie er es heute war. Er wusste nun, was er vorher für ihn empfunden hatte, dass er bereits damals romantische Gefühle für ihn gehegt hatte, die seiner langgehegten Feindschaft in die Quere gekommen waren. Und er kannte ebenfalls die tiefen Gefühle, die er in den letzten Monaten für den antiken Herrscher entwickelt hatte, nachdem er ihm erlaubt hatte, ihm so nahezukommen. Das Einzige, was nach wie vor ein Rätsel für ihn war, waren Atemus Gefühle für ihn.
 

Sein Bruder Mokuba war der erste gewesen, der ihn heute Vormittag besucht hatte. Fast etwas verunsichert war der 16-Jährige ein- und auf das Krankenhausbett zugetreten. Nach einigen kurzen Augenblicken des Haderns überwogen schließlich Erleichterung, Liebe und Fürsorge und der Teenager fiel ihm überschwänglich um den Hals. Seto nahm seinen Bruder wortlos in den Arm und strich ihm behutsam über den Rücken. „Tut mit leid, dass du da durchmusstest“, sagte er mitfühlend, „ich bin sehr stolz auf dich. Du hast dich tapfer geschlagen.“ „Hauptsache, ich hab dich wieder!“, schluchzte Mokuba hemmungslos an seiner Schulter.
 

Nachdem sie einige Minuten so verharrt hatten, hatte der Jüngere sich wieder gesammelt und wurde nun sichtlich nervös. „Seto, ich …“, begann er unschlüssig, „ich hab großen Mist gebaut. Ich bin so dumm gewesen! So dumm! Ich bin mit dafür verantwortlich, dass du durch diese Hölle gehen musstest!“, platzte es schließlich ungehalten aus ihm heraus. „So ein Blödsinn!“, deklarierte Seto entschieden, „was meinst du denn damit? Wovon sprichst du?“ So hatte er durch seinen Bruder letztlich alles erfahren. Alles über den anderen Yugi und wie er seine eigene Hilfsbedürftigkeit so schamlos ausgenutzt hatte. Und Seto konnte sich nicht erklären, weshalb. Was waren seine Motive und was hatte er von ihm gewollt? Über eines war er sich jedoch klar: Er würde nie wieder zulassen, dass jemand ihn in seinen schwächsten Momenten derart manipulierte. Nein, es würde überhaupt erst gar keine schwachen Momente mehr geben!
 

~*~
 

Als Atemu das Krankenzimmer betrat, wirkte er gefasst, aufgeräumt. Im Gegensatz zu seinem Gespräch mit Mokuba gestern schien er sich in den letzten Stunden gesammelt zu haben. Langsam schritt er in die Zimmermitte, bis er wenige Schritte von Setos Bett entfernt angelangt war. Dort machte er Halt. Den Blick hielt er gesenkt und zunächst schien es, als wolle er es vermeiden, den Besitzer der KaibaCorp anzusehen. Doch schließlich hob er langsam den Kopf an und sah Seto fest in die eisblauen Augen, die aufmerksam auf ihm ruhten und ihn förmlich in seiner Integrität herausforderten.
 

„Respekt dafür, dass du dich noch einmal hierher getraut hast“, begann Seto kühl und mit Distanz in der Stimme, die Atemu in den letzten Monaten so warm und vertraut wahrgenommen hatte, „Ich denke, das Beste ist es, wenn wir diese Angelegenheit jetzt ein für alle Mal klären, bevor wir getrennte Wege gehen.“ „Dann hast du also deine Erinnerungen zurück?“, fragte der ehemalige Pharao in vertrautem Tonfall, was dem Firmenbesitzer sichtlich zu missfallen schien, „es freut mich, dass es dir heute besserzugehen scheint.“ „Du vermutest richtig. Und das bedeutet, dieser ganze Spuk hier hat endlich ein Ende. Ich hoffe, du bist dir darüber bewusst, dass ich dich auf Schmerzensgeld verklagen könnte. Du hast unverschämtes Glück, dass ich kein Geld brauche und ein Gericht diesem Wahnsinn ohnehin keinen Glauben schenken würde, von dem Mokuba mir heute Vormittag berichtet hat. Abgesehen davon ziehe ich es vor, ab sofort endgültig einen Strich unter diese Episode zu ziehen. Solltest du in Zukunft gegenüber irgendjemandem Lügen über mich verbreiten, wirst du eine saftige Rufmordklage am Hals haben. Ich hoffe, wir verstehen uns.“ Atemu sagte nichts, er nickte lediglich.
 

„Gut. Mein Privatjet fliegt dich heute noch nach Hause. Hast du noch irgendwas zu sagen? Ansonsten war es das von meiner Seite aus.“ Mokuba stand wortlos, aber reserviert und aufmerksam neben Setos Bett, die Arme vor der Brust verschränkt, und taxierte Atemu mit hartem, angewidertem Blick. Er machte den Anschein, als wollte er auf ihn losstürzen, sobald er sich seinem Bruder auch nur näherte.
 

„Warte“, warf der Pharao ruhig ein, „ich möchte dir tatsächlich noch etwas sagen.“ Er machte eine kurze Pause, dann fuhr er mit fester Stimme fort, „es war falsch, dass ich auf diese Weise in dein Leben eingegriffen und dich obendrein darüber getäuscht habe. Das war mir immer bewusst. Aber ich will, dass du weißt, dass ich es nicht aus böser Absicht getan habe. Und dass alles andere, was ich während der letzten Monate gesagt oder getan habe, der Wahrheit entspricht. Trotzdem respektiere ich selbstverständlich deine Entscheidung. Ich hoffe dennoch, dass du in Zukunft einen so guten Zugang zu dir selbst findest, wie du ihn ohne deine Erinnerungen hattest. Denn dir ging es so viel besser. Mokuba wird dir das bestätigen, wenn auch vielleicht ungern. Auch wenn dieser Zustand gegen deinen Willen herbeigeführt wurde, glaube ich, dass das Ergebnis nicht ausschließlich schlecht war. Deshalb werde ich mich dafür nicht entschuldigen. Und ich frage mich, wie oft du selbst bereits moralisch umstritten gehandelt hast, nur um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, das für dich zufriedenstellend war.“ Er näherte sich nun Setos Bett und Mokuba wirkte mit einem Mal unruhig und alarmiert, schritt aber nicht ein.
 

„Wie viele kleinere Firmen hast du geschluckt? Wie viele Mitarbeitende gefeuert, die gute Arbeit geleistet haben? Warst du es nicht, der Yugis Großvater entführt hat, nur um eine Karte zu bekommen, die du so unbedingt wolltest? Hast du dich nicht in Pegasus Satellit gehackt, um ein Duell zu manipulieren? Sicher, unsere Taten machen aus, wer wir sind. Wenn man einen Menschen wirklich durchdringen möchte, wie ginge das besser als über die Dinge, die er tut oder nicht tut? Aber es ist auch einfach, die Handlungen anderer als moralisch ambig oder verwerflich zu verurteilen und dieses Urteil dann auf den gesamten Menschen zu übertragen, der sie ausgeführt hat. Wir alle sind Menschen und handeln nun mal … nun ja … menschlich.“ Er stand jetzt direkt vor Seto und schien etwas in seinen Augen zu suchen. Etwas, das an die gemeinsamen Monate anknüpfte. Aber der Blick des Firmenchefs sprühte vor Abscheu. „Raus!“, wisperte er bedrohlich. Abermals nickte der Pharao ungerührt. Er wandte sich um und schritt Richtung Tür.
 

„Eine Sache sollst du noch wissen, und hör mir jetzt genau zu, denn ich werde das hier sicher kein zweites Mal sagen!“, erklang plötzlich noch einmal Setos Stimme. Atemu, der bereits seine Hand auf die Türklinke gelegt hatte, hielt in der Bewegung inne. „Fast hättest du mich soweit gehabt“, fuhr der Firmeninhaber fort, „ich meine vor deiner linken Aktion. Fast hätte ich mich dazu hinreißen lassen, deinem gefährlichen Charme zu verfallen und herauszufinden, was zwischen uns sein könnte. Ja, ich habe mich zu dir hingezogen gefühlt. Und so gesehen muss ich dir dankbar dafür sein, dass du mir vorher dein wahres Gesicht gezeigt hast. Denn alles, was ich in diesem verblendeten, unmündigen Zustand getan habe, zählt für mich nicht. Und jetzt, da ich an eigenen Leib erfahren habe, von welchem Schlag du bist, kann ich mich endlich von dir lossagen und mich wichtigeren Dingen zuwenden.“
 

„Viel Glück“, sagte Atemu leise, „und Mokuba: Mach dir bitte keine Vorwürfe. Dich trifft keine Schuld.“ Dann verließ er das Zimmer.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen,

irgendwie habe ich es schleifen lassen, diese Geschichte fertig hochzuladen. Das hole ich jetzt nach. Ich hoffe, dass noch einige am Ende interessiert sind (auch wenn ich gestehen muss, dass die Qualität ab hier abnimmt und ich mit diesem Teil nicht mehr wirklich zufrieden bin).

Viele Grüße,
Eure Mizu Komplett anzeigen

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