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Abyss

von

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Men

„Ich dachte, du bist gar nicht darauf aus, mit unserem rothaarigen Daddy in die Kiste zu steigen?“

Hawks ächzt innerlich, verzieht aber keine Miene, während er vor dem Spiegel im Bad steht und seinen Bart in Form bringt. Mina lehnt in der Tür und funkelt ihn so wissend an, dass es wohl keinen Sinn macht, sie anzulügen. Erzählt hat er ihr bis jetzt nämlich nichts, einfach weil er selbst nicht weiß, was das mit Endeavor und ihm ist. Direkt am Wochenende nach seiner Schicht ist er wieder bei ihm gelandet…und den halben Sonntag danach geblieben. Diesmal hat Hawks darauf bestanden, den passiven Part zu übernehmen – nicht, dass er jemals lange passiv ist. Er ist eben kein Bilderbuch-Twink und überraschenderweise scheint genau das Endeavor zu gefallen.

Am Dienstag ist er spontan nach der Abendschule zu ihm gefahren und früh morgens wieder nach Hause gekommen. Heute ist Donnerstag und er hat vor, das von Dienstag zu wiederholen. Geschrieben hat er ihm bereits und auch, wenn er noch keine Antwort hat, ist er guter Dinge, dass er die Nacht nicht allein verbringen muss.

„Weiß nicht, was du meinst“, gibt er trotz allem zurück und hält die Rasierklinge unter das Wasser.

„Ist klar“, spottet sie und neigt den Kopf. „Dann habt ihr am Samstag also Karten gespielt und brav die Hände über der Bettdecke behalten, ja?“

„Wäre das denn so unglaubwürdig?“, erwidert er ruhig.

Hauptsächlich, weil er weiß, dass sie seine Reaktion reizt. Mina ist ein Plappermaul, das Klatsch und Tratsch liebt. Ebenso weiß er aber auch, dass sie den Mund halten kann, wenn er sie ernsthaft darum bittet.

„Hawks…“, mault sie und er zuckt mit den Schultern.

„Hat sich halt einfach so ergeben.“

„Ja. Genau. Einfach so. Nach eurem Date“, murmelt Mina und schüttelt den Kopf. „Du hast’s doch drauf angelegt.“

Ja. Hat er. Aber nachgeben will er ihr auch nicht so leicht. Er fährt fort, seinen Bart zu begradigen, während er hinter sich ihr ungeduldiges Seufzen vernimmt.

„Wie du gesagt hast…er ist mein Typ, er hat Geld und er lebt allein, wie ich feststellen durfte. Außerdem war er richtig schnell spitz, da kauf ich ihm ab, dass er lange keinen Sex gehabt hat. Scheint die Wahrheit zu sein, dass das mit seiner Frau vorbei ist.“

„…und wenn das wieder nur etwas auf Zeit ist?“

„Dann haben wir eine verdammt gute Zeit. Mach dir keinen Kopf, Mina, ich erwarte mir nicht mehr davon“, versucht er sie zu beschwichtigen.

Und sich selbst. Fakt ist, dass er Endeavor mehr als nur körperlich interessant findet. Der Sex ist so gut, eben weil es nicht nur eine schnelle Nummer ist. Weil ihn der Ältere mit seinem Verhalten immer wieder überrascht und Hawks‘ Neugierde anfacht, mehr über ihn zu erfahren. Es fühlt sich schön an, dem Hünen Sicherheit zu geben, sodass sich dieser fallen lassen kann – weil Hawks sich dadurch gebraucht fühlt.

Die meisten Leute denken, dass sein Selbstwertgefühl gigantisch sein muss, weil er eine große Klappe hat und sich nicht für seinen Körper schämt. Die Wahrheit ist, dass dieses Selbstwertgefühl auf der Anerkennung anderer Leute basiert. Er tanzt und zieht sich gern im Club aus, weil es ihm Bestätigung bringt.

Hawks ist sich dessen bewusst, ebenso wie er sich bewusst ist, dass er manchmal selbst Halt braucht. Ein Grund ist zweifellos, weil er in seiner Kindheit keine elterliche Zuwendung bekommen hat, aber damit hat er sich abgefunden…und angefangen, sie sich auf andere Weise zu holen. Deswegen genießt er es, nach dem Sex liegen zu bleiben. Die Nähe auszukosten. Er muss wirklich aufpassen, sich nicht wieder zu verrennen.

Mina scheint dasselbe zu denken, denn er sieht ihren skeptischen Blick durch den Spiegel.

„Na gut. Pass aber trotzdem auf dich auf, ja?“, hakt sie noch einmal nach, woraufhin er sie anlächelt.

„Ja klar.“

Daraufhin lächelt auch sie und geht in ihr Zimmer, wo sie vermutlich gleich die Musik einschalten wird. Es ist nie lange still in ihrer Wohnung. Hawks sieht wieder in den Spiegel, mustert sein Gesicht für ein paar Sekunden…dann wendet er sich ab. Er muss bald los.

Nur wenig später bekommt er die erwartete Nachricht von Endeavor.
 

„Du schaffst mich…“

Hawks murmelt die Worte gegen den Hals des Älteren, der unter ihm liegt und ebenso schnell atmet wie er selbst. Diesmal haben sie direkt auf den Film verzichtet und sind ins Schlafzimmer verschwunden. Anscheinend fallen die Hemmungen langsam auch von Endeavor ab, was Hawks durchaus als positiv erachtet. Einen Arm hat der Hüne um seine Taille geschlungen, der andere ruht auf dem Bett. Sie haben nur schnell das Kondom entsorgt und sich sauber gewischt, für mehr hat Hawks auch gerade weder Kraft noch Lust.

„Sagt der Richtige…“, hört er Endeavor brummen und muss schmunzeln.

Faul bleibt er auf ihm liegen, lauscht dem ruhiger werdenden Atem, während er sich zu sammeln versucht. Man kann auf jeden Fall behaupten, dass der Ältere einen bleibenden Eindruck hinterlässt, denn Hawks spürt es deutlich in seinem Hintern ziehen. Na ja, wird schon gehen, auch wenn er am nächsten Abend arbeiten muss. Vielleicht sollte er das mit dem Wechseln besser an seine Schichten anpassen. Er nimmt wahr, wie die kräftigen Finger langsam über seinen Rücken wandern und die Federn nachziehen. Scheint ihn ja zu faszinieren. Nun, Hawks ist stolz auf sein Tattoo, daher genießt er die Berührung umso mehr.

„…bist du…in Ordnung?“

Das hat er das letzte Mal schon gefragt und irgendwie findet Hawks es schmeichelhaft, wenn auch nicht unbedingt nötig.

„Nach der Nummer? Mehr als in Ordnung. Ich sag dir schon, wenn was nicht geht.“

„…gut.“

„Wenn dir dabei nicht wohl ist, können wir das nächste Mal wieder tauschen?“, schlägt Hawks vor und bettet sein Kinn auf die breite Brust. „Auch wenn ich wirklich gern auf dir reite.“

Er sieht ihm die Verlegenheit an, die er mühsam zu unterdrücken versucht, und es gefällt ihm.

„Mal sehen“, weicht er aus und Hawks lächelt.

Einen Moment schweigt er, ehe er einfach weiterredet.

„Ich mag beides. Bin öfter passiv gewesen, aber das liegt eher daran, dass die Typen, mit denen ich sonst schlafe, lieber selbst die Stecher sind. Ich genieße es, aber zwischendurch will ich eben auch mal toppen. Find’s cool, dass bei dir beides geht.“

Anscheinend weiß Endeavor nicht, was er darauf erwidern soll. Ist ihm vermutlich unangenehm, dass er beim Thema Sex so offen ist, doch daran sollte er sich lieber gewöhnen. Hawks nimmt dabei nie ein Blatt vor den Mund; bei persönlichen Themen schon eher.

„Aha…“

„Du kannst mir ruhig ein bisschen was von dir erzählen. Muss ja nicht immer nur ich reden. Warst du oft passiv? Bei Männern? Also vor deiner Frau?“

Endeavor schnaubt bei den Fragen.

„Warum willst du das wissen?“

„Neugierde? Weiß nicht. Dachte, wir tauschen uns mal ein bisschen aus.“

Begeisterung kann man den Blick, der ihm aus den türkisfarbenen Augen zugeworfen wird, nicht nennen. Hawks ist jedoch gut darin, dies zu ignorieren und zu warten, bis er bekommt, was er will.
 

Schließlich seufzt Endeavor tief.

„Nur bei meinem damaligen Partner“, brummt er widerwillig.

„Du meinst Toshi?“

Wahrscheinlich verflucht Endeavor gerade, dass sie einander kennengelernt haben. Nun, zumindest Hawks macht es nichts aus, darüber zu reden.

„…ja. Wir waren Rivalen. Einander ebenbürtig…es wäre komisch gewesen, wenn es einseitig gewesen wäre.“

„Warum ist das mit euch eigentlich auseinander gegangen?“, hakt Hawks nach und hofft, dass er damit keine Grenze überschreitet. „Er scheint nett zu sein…und er sieht gut aus.“

„Er hat ein Sportstipendium in den USA angenommen. Mit der Distanz hätte das ohnehin nicht funktioniert, also haben wir es beendet. War besser so.“

„Okay…und du hast danach keine anderen Männer gehabt?“

„…“

Anscheinend ist das wieder ein Tabu, so wie der andere zögert.

„Also wenn du nicht darüber reden möchtest, kein Problem, ich-“

„…doch“, kommt es plötzlich von Endeavor. „…direkt nach ihm. Aber es war nicht dasselbe. Es hat für eine Weile abgelenkt und dann habe ich Rei…meine Frau kennengelernt.“

Hawks wird das Gefühl nicht los, dass da die Leichen begraben liegen. Jedenfalls scheint da etwas im Argen zu sein, das Endeavor quält – und er weiß nicht, ob er nachfragen soll. Vielleicht wird ihm nicht gefallen, was der Rothaarige erzählt. Der übermäßige Alkoholkonsum und die fehlende Beherrschung sind nicht gerade gute Omen…und Hawks hat ein Talent dafür, sich die schlechten Menschen als Affären herauszupicken.

„Hast du eigentlich Kinder?“, fragt er stattdessen, da Endeavor ihm sowieso nicht seine komplette Lebensgeschichte erzählen wird.

Kurz wird es still und die Miene des Älteren verschließt, sodass Hawks schon damit rechnet, eine Abfuhr erteilt zu bekommen. Zu seiner Überraschung folgt dann aber doch noch eine Antwort.

„Vier.“

„Was? Du hast vier…okay. Ihr habt wohl keine Zeit verloren, hm?“, meint er scherzhaft, doch Endeavor scheint das kein bisschen witzig zu finden.

Hawks japst auf, als er ohne Vorwarnung von dem breiten Körper geschubst wird und auf der anderen Betthälfte landet. Das hat er nicht bezwecken wollen. Verdutzt sieht er zu, wie der andere aufsteht, ihn dabei nicht mehr ansieht. Hat er es verbockt? Das ist eigentlich nicht der Plan gewesen.

„Ich geh duschen. Bestell dir was zu essen.“

Hawks blinzelt, versteht aber, dass das hier wohl kein Rausschmiss ist. Zum Glück, denn er hat wenig Lust, um die Zeit noch nach Hause kommen zu müssen. Es ist schon fast 21 Uhr. Hunger hat er jedenfalls wirklich, da kennt der Ältere ihn gut.

„Willst du auch was?“

„Ich habe keinen Appetit.“

Mit den Worten geht Endeavor einfach – und er schließt die Schlafzimmertür hinter sich. Okay. Anscheinend soll er ihm nicht unter die Dusche folgen. Hawks versteht, dass auch die Kinder des Älteren ein Tabu-Thema sind. Frustriert seufzt er, ehe er die Finger nach seinem Handy auf dem Nachttisch ausstreckt, um den Lieferdienst in der Umgebung abzuchecken. Dabei fragt er sich, ob er sich einen Vorwurf machen muss, entscheidet letztendlich aber, dass dieser Eiertanz nicht ewig funktionieren kann, wenn er wissen will, ob da mehr sein könnte. Er will Endeavor kennenlernen…und dafür muss er unangenehme Fragen stellen.
 

Als sie schließlich mit Pizza auf der Couch sitzen, hat sich der Ältere scheinbar beruhigt. Auch wenn es Hawks stört, dass das nicht nur der Dusche, sondern wohl auch dem Glas Whisky auf dem Tisch zu verdanken ist. Er spricht es nicht an, weil er keine Lust darauf hat, dass die Situation wieder unangenehm wird. Schließlich ist er hier, um sich gut zu fühlen. Die Pizza mit doppeltem Käse trägt zumindest ihren Teil dazu bei.

Diesmal hat er sich Klamotten mitgenommen, sodass er nun, nachdem auch er geduscht hat, eine dunkelrote Jogginghose und ein zu großes, graues Shirt mit Iron Man-Symbol trägt, während er an einem Stück Pizza knabbert. Im Fernsehen läuft irgendein Undercover-Film, doch keiner von ihnen hört richtig zu. So heiß Endeavor in seiner schwarzen Jogginghose und dem weißen Muskelshirt auch aussieht – wie eine Mischung aus Bodybuilder und Bauarbeiter –, kann Hawks den Ausgang ihres Gesprächs nicht vergessen. Vier Kinder. Er hat nicht ein Foto in der Wohnung gesehen. Machen Eltern das nicht? Fotos von ihren Kindern rahmen und aufhängen, weil sie ach so stolz auf sie sind? Seine eigenen Eltern einmal ausgenommen, die würden eher Bierflaschen ausstellen.

Vielleicht macht ihm die Parallele Angst und er will deswegen nachhaken. Auch bei Freundschaft plus sollte man wissen, worauf man sich einlässt, nicht wahr?

„Meine Kinder reden nicht mehr mit mir.“

Hawks hält inne, als Endeavor plötzlich von selbst zu sprechen beginnt. Er sieht ihn dabei nicht an, sondern hat den Blick fest auf den Fernseher gerichtet, während er am Whisky nippt.

„Mein ältester Sohn…ist…er…ist umgekommen. Er war in…Schwierigkeiten und…hat sich mit den falschen Leuten eingelassen. Es…ich war nicht immer für ihn da. Meine Kinder geben mir die Schuld daran…und wahrscheinlich stimmt das sogar.“

Die bitter gesprochenen Worte sitzen. Hawks ist im ersten Moment zu geschockt, um etwas darauf zu erwidern. Endeavor kippt das halbleere Glas in einem Zug herunter und gießt sich direkt nach. Wenn Hawks ehrlich ist, hat er das Gefühl, dass er gleich selbst einen gebrauchen könnte.

„Tut mir leid“, murmelt er beklommen, weil man dazu nichts anderes sagen kann.

Hätte er das geahnt, hätte er nicht mit seinen Kindern angefangen. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass eines seiner Kinder tot ist, scheint es weder eine Krankheit noch ein Unfall gewesen zu sein. Endeavor jetzt darüber genauer auszufragen, empfindet er als falsch, weswegen er zunächst still bleibt. Die Pizza schmeckt plötzlich wie Pappe, sodass er sie erstmal weglegt.

„Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht darüber nachdenke, was ich alles falsch gemacht habe, dass es dazu gekommen ist“, brummt Endeavor und blickt dabei starr vor sich hin. „Ich kann das weder rückgängig machen, noch…um Vergebung bitten. Ich kann dafür bloß sühnen…und das habe ich getan. Jedenfalls bis du aufgetaucht bist.“

Er sagt es, als sei es etwas Negatives. Vielleicht ist es das ja sogar. Zumindest aus seiner Sicht. Hawks schluckt unweigerlich, doch Endeavor fährt fort.

„Ich bin ausgezogen. Ich habe ihnen Zeit gegeben und mich zurückgezogen. Ich habe akzeptiert, dass sie mich nicht bei ihrer Trauer miteinbeziehen wollen. Das Alleinsein ist meine Strafe, Hawks, und wenn ich mich nicht regelmäßig mit Alkohol betäube, weiß ich wirklich nicht, wie ich das weiter aushalten soll.“

Hawks wird bewusst, dass Endeavor genau wie er selbst ist. Bei diesem Teil jedenfalls. Er weiß, dass es ein Fehler ist, und er tut es trotzdem. Weil er es braucht. So wie Hawks Anerkennung und den Sex braucht, um sich gut zu fühlen, so braucht er den Whisky, um nicht durchzudrehen. Okay ist es nicht, aber die einzige Möglichkeit, um mit gewissen Dingen fertig zu werden.
 

„Du denkst, dass du nicht glücklich sein darfst“, stellt er leise fest und Endeavor schnaubt verächtlich.

„Du hast mir eben zugehört, oder nicht? Ich bin daran schuld, dass eines meiner Kind tot ist.“

„Ich weiß ja nicht, was genau passiert ist, aber du leidest offenbar ziemlich darunter, dass es dazu gekommen ist. Also war und ist dir dein Sohn nicht egal. Du versuchst, damit fertig zu werden, indem du dich bestrafst. Ich meine…das ist zwar echt nobel von dir, aber…das ändert nichts an der Sache.“

Hoffentlich versteht Endeavor ihn nicht falsch, denn seine Mimik wirkt plötzlich recht entgleist.

„Hey, ich wollte damit nicht sagen, dass du…also…ich meine damit, dass es keinem hilft, wenn du dich zugrunde richtest. Was auch immer geschehen ist, du willst dich ja offenbar ändern, nur sind deine Kinder noch nicht bereit dafür. Wäre es nicht…sinnvoller, dass du ebenfalls anfängst, damit fertig zu werden? Wenn sie so weit sind und zu dir kommen…willst du dann wirklich an der Flasche hängen? Ich kann mir vorstellen, dass es schwer sein muss, mit dem Verlust klar zu kommen…aber wenn du mich lässt, helfe ich dir dabei.“

Hawks begreift noch in der Sekunde, als er es ausspricht, dass er es wieder getan hat. Sich an einen Mann mit Problemen hängen und sie zu seinen eigenen machen, weil er der Vorstellung nachhängt, irgendwann dafür geliebt zu werden . Dabei weiß er nicht mal, was passiert ist. Seine Intuition sagt ihm jedoch, dass Endeavor kein schlechter Mensch ist. Er besitzt ein Gewissen, sonst gäbe es keine Panikattacken und Selbstgeißelung. Er ist nicht wie sein Vater.

Endeavor sieht ihn auf eine Weise an, die deutlich macht, dass er ihn für verrückt hält.

„Warum willst du das überhaupt?“, entkommt es ihm harsch. „Den Sex kannst du dir auch woanders holen – du hast ja wohl kaum zu wenig Auswahl. Was stimmt mit dir nicht, dass du dich mit mir einlässt?! Du weißt nicht, was ich…wie ich…war. Ich verdiene weder Mitleid noch Hilfe. Ich bin doppelt so alt wie du, Hawks! Wie du festgestellt hast, habe ich einen Haufen Probleme. Das…du kannst nicht wirklich glauben, dass das auf irgendeine Weise…eine Zukunft hat.“

Obwohl er sich in Rage redet, ist einiges nicht von der Hand zu weisen. Mit ihm stimmt so einiges nicht. Hawks lächelt freudlos, ehe er sich kurzerhand auf Endeavors Schoß schwingt. Er legt die Arme um den breiten Nacken und blickt ihn ruhig an, während er in der Mimik des anderen erkennt, dass dieser schon wieder kaum Luft bekommt.

„Wie du sagst…mit mir stimmt was nicht“, gibt er zu. „Ich habe meinen eigenen Ballast, aber ich komme damit klar. Wenn ich mir den Sex woanders holen würde, wäre es wieder ein Kerl wie du – weil das mein Ding ist. Manche stehen auf blond, blauäugig oder was weiß ich. Ich stehe auf schwierige, ältere Männer. Ist nun mal so. Ich habe das akzeptiert. So bin ich eben.“

Seine Daumen ziehen Kreise auf seiner Haut, um ihn ein bisschen zu beruhigen.

„Und was das Mitleid und die Hilfe angeht – ja, ich weiß nicht alles über dich. Es wäre einfacher, wenn du mir mehr erzählen würdest, aber was ich von dir weiß, ist, dass du kein kaltherziges Schwein bist. Wie du sagst, du hast Probleme. Du hast Fehler gemacht. Es wird aber nichts besser werden, wenn du dich weiter damit herumquälst. Ich kann dir nicht sagen, ob das hier eine Zukunft hat, aber schlimmer kann es nicht werden, oder?“

Wenigstens scheint der Körperkontakt zu helfen – vielleicht sogar mehr als das, was er sagt. Er streichelt weiter seinen Nacken, hält dem flackernden Blick des anderen stand. Obwohl die Situation so verfahren ist, hat Hawks das Gefühl, dass er das Richtige tut.

Mina würde ihm hierfür vermutlich eine Ohrfeige verpassen. Oder zwei. Links und rechts.
 

„Lass uns einfach so weitermachen wie bisher“, schlägt er vor. „Wir treffen uns, haben eine gute Zeit…und reden uns was von der Seele, wenn uns danach ist.“

Endeavor schnaubt leise, doch seine Anspannung scheint etwas nachzulassen. Immerhin zittert er nicht unkontrolliert, wie es schon mal der Fall gewesen ist. Bei seiner Panikattacke, die Hawks nicht unbedingt wiederholen möchte.

„…mit dir kann etwas nicht stimmen“, brummt Endeavor, woraufhin Hawks schief lächelt.

„Verkorkste Leute suchen und finden einander, was?“

„Scheint so.“

„Dann wäre das ja geklärt. Willst du jetzt was von meiner Pizza und wir gucken einen Film, auf den wir beide Bock haben?“, wechselt Hawks das Thema und rutscht von seinem Schoß.

Er greift nach dem angeknabberten Pizzastück, zieht mit der anderen Hand die Decke zu sich und lehnt sich wieder an den Hünen, der den Arm um ihn legt. Bevor Hawks hineinbeißen kann, legt sich eine Hand unter sein Kinn und drückt es leicht hoch. Hawks hat nicht mit einem Kuss gerechnet. Eher mit Distanz, weil das eben heftig für den Älteren sein muss. Er hat ihn getriggert, ohne dass er es gewollt hat.

Der Kuss ist schwer einzuordnen. Sanft. Aber nicht keusch. Hawks schließt automatisch die Augen, weil er es genießen will, auf diese Weise geküsst zu werden, die ihm warm werden lässt. Nein, er kann das hier unmöglich bereuen, wenn es sich so gut anfühlt.

Womit er noch weniger gerechnet hat, ist, dass sich Endeavor, kaum dass sie sich voneinander gelöst haben, einfach seine Pizza schnappt und hineinbeißt.

„Oi!“, protestiert Hawks halbherzig, doch der Ältere drückt ihm bloß die Fernbedienung in die Hand.

„Du wolltest was abgeben. Such den Film aus.“

„Dachte nicht, dass du wirklich was willst…“, mosert Hawks, obwohl noch mehr als ein Stück übrig ist.

„Falsch gedacht.“

Und damit verschwindet auch der Rest des Pizzastücks in Endeavors Mund. Wenn es um Essen geht, ist Hawks gierig. Na ja, nicht nur, wenn es um Essen geht. Er weiß nicht, ob er empört oder belustigt sein soll, doch er muss unweigerlich grinsen. So ist ihm der Ältere eindeutig lieber. So gelöst. Auch wenn das mit der Pizza frech ist. Gut, Endeavor hat sie bezahlt , aber dennoch…es gibt Grenzen.

Davon aber mal abgesehen…vielleicht bekommen sie das Chaos in Endeavors Leben ja zusammen in den Griff. Und vielleicht hilft das auch Hawks, besser mit seinem eigenen klarzukommen. Vorausgesetzt, Endeavor lässt die Finger von den anderen Pizzastücken und…

„Oi!“

Wohl eher nicht.



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