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An Even Madder Word

von

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Adrenalin

Hi, mein Name? Remy, ich heiße Remy und ja, nun ja, ich wette… auf Kartenspiele, Duell Monsters. Ich setzte viel Geld ein, wette auf Spieler, ich sags euch, Leute, diese Duellanten sind einer heißer, wie der andere und sehr männerdominierend, yummy. Aber ja, wie dem auch sei, ich wette eigentlich immer auch den Schnuckligen, irgendwie sind die ja alle oft ziemlich süß, aber ich bin schlecht und wenn ich dann einmal den richtigen erwischt habe, oh fragt mich erst gar nicht, da steigt das Adrenalin, ich bin verrück nach diesem Gefühl, dann fällts mir halt noch leichter, große Beträge zu setzen…

Ich hab‘ gut geerbt, deswegen hab ich keine Geldprobleme, naja, noch nicht, langsam wird’s knapp mit der Kohle und tatsächlich ja, mir ist klar, dass ich ein Problem habe. Hab‘ auch schonmal versucht, was anderes zu machen, aber das Spielen am einarmigen Banditen ist langweilig und Pferderennen auch, außerdem ist es ja nichts Anderes, es ist nur ein anderes… Gift.

Durch diese ganzen Turniere und Spiele hab ich eigentlich kaum Zeit für mein restliches Leben… da ist es aufgefallen, meine Chefin hat sich irgendwann nur noch beschwert, ich meine… ja, ich bin oft zu spät gekommen oder gar nicht, aber ist das schon ein Grund, jemanden zu kündigen? Naja, wahrscheinlich schon, meinen Freunden gings auch irgendwann zu weit… blöde Intervention… dachte nicht, dass ich sowas jemals brauche… naja… aber, was soll ich sagen, diese Duelle sind so verflucht spannend und die Wetten geben nochmal so ‘nen richtig geilen Kick. Es blieb auch nicht nur bei den Duellen, ich hab auch alles gewettet. Beziehungen, Erfolge meiner Freunde, Niederlagen, oh vor allem Niederlagen. Ich war mal mit ‘ner Sex-Bekanntschaft auf so ‘ner Party, ‘ne Sex-Party, nichts Neues, gibt’s hier einige in L.A. Aber die war anders. War ne Surprise-Aids-Party, wir haben drauf gewettet, wer sich an dem Abend infiziert, haben auf einander gewettet, haben beide verloren, keiner hat sich‘s eingefangen, aber als ich da am nächsten Morgen aufgewacht bin in dieser heruntergekommenen Wohnung, da ist es mir klar geworden, da hab ich realisiert, ich hab ein richtiges Problem, eine Sucht, nach blöden Spielen und Wetten und Adrenalin. Und auch jetzt frag ich mich, wer hier wohl ne miese Krankheit hat und habe in meinem Kopf schon Wetten abgesetzt, du zum Beispiel, genau du, du willst doch schon mit mir vögeln, seit du mich gesehen hast… was? Sowas darf ich nicht sagen? Oh… das tut mir leid, klar, ich fördere nur eure Süchte, sorry Leute, ich werd‘ mich bessern.
 


 

Erbarmungslos prasselte der Regen gegen die Scheiben der Fenster. Es war wieder nur in Otogis Kopf, denn es war helllichter Tag und er saß in seine Jacke gehüllt auf einer Bank im Garten und rauchte eine Zigarette. Kein Niederschlag.

Tagsüber waren viel mehr der anderen Insassen… Patienten draußen. Sonst, wenn er Nachts mit Tanya hier war, war selten noch jemand Anderes in ihrer Nähe. Es war nicht so, als würde sich Otogi an seinen Leidensgenossen stören, aber sie waren schon allesamt ein komischer Haufen.

Die meisten waren so überdreht stolz auf ihre Erfolge während ein paar andere im Selbstmitleid zu ertrinken schienen.
 

Otogi dachte bei sich, dass er am Anfang wohl auch zu der letzteren Gruppe, der Selbstbedauerer, gehörte, in der Zwischenzeit hatte er sich seinem Schicksal ergeben. Die Hälfte der Zeit hatte er sowieso schon rum. Das Schlimmste wohl? Nein, das Schlimmste wartete noch auf ihn.
 

„Hey! Es ist Zeit fürs nächste Seminar, hop hop!“ Eine Schwester, deren Name Otogi vollkommen egal war, genauso wie ihre alltägliche Erscheinung. Etwas pummelig war sie, nicht besonders groß, aber sie wirkte robust, wahrscheinlich einfach genau die Richtige für diesen Job, den Job des Zusammentrommelns.

Otogi erhob sich, dämpfte seine Zigarette aus und blies den letzten Zug genüsslich aus.

Er erinnerte sich an den Plan, es stand etwas von wegen Konsequenzen an, oder war es das mit den Konsummustern?

Die Stunde „Dankbarkeit“ hatte er gut überstanden. Mit einer angenehmen Portion Sarkasmus kam er dort sogar recht gut durch. Er bedankte sich dafür, dass er hier sein durfte, dass er heute aufgewacht war, anstatt im Regen zu ertrinken und dafür, dass er noch zwei Wochen hier sein würde.

Man hatte ihm applaudiert und gut zugesprochen, innerlich lachte er über diese Idioten.

Warum waren die nur alle so naiv? Waren die wirklich gehirngewaschen?
 

Als er die paar Schritte nach drinnen ging, baute sich sofort wieder der Drang auf, sich schnellstmöglich eine der aufregenden Substanzen einzuverleiben. Seine Nase zuckte, am liebsten hätte er sich hier wo zurück gezogen und sie sich umgangssprachlich gepudert. Eine Line gezogen.
 

„Ich brauch‘ das nicht“, sagte er ruhig vor sich hin. Eine Aufgabe, die ihm Dr. Carter gegeben hatte. Er sollte immerzu laut aussprechen, dass er es nicht brauche, wenn er den Drang verspürte, sich irgendwie voll zu dröhnen. Ob es ihm half, konnte er noch nicht sagen. In seiner aktuellen Gesellschaft aber fiel er soweit nicht auf, weswegen er sich nicht einmal dumm vorkam, nun ja, bei den ersten zehn Malen vielleicht schon. Viel zu schnell schien es das Normalste der Welt zu sein.
 

Und so normal war es nun auch, mit einigen anderen im gemeinsamen Trott in den Seminarraum zu gehen, wo sie bereits am Whiteboard stand. Sie, ein Bild einer Frau. Groß gewachsen, gute Figur, vielleicht drei bis fünf Kilo über ihrem Idealgewicht, aber das machte sie mit ihrem wunderschönen Gesicht wieder wett. Das aschblonde Haar fiel ihr in Wellen über die Schultern und den Rücken und ihr Deckhaar war zu einem lockeren Zopf über dem restlichen Haar zusammengebunden, vermutlich, dass sie sich nicht ständig die Haare aus dem Gesicht streichen musste.

Sie trug eine dunkle Stoffhose, darüber einen weinroten Pullover aus Cashmere.

Hätte sich Otogi nicht abermals dazu ermahnen müssen, dass er keine Drogen brauchte, wäre er mit der Seminarleiterin umgehend auf Tuchfühlung gegangen, hätte ihr Komplimente gemacht, am besten gleich über den schönen Pullover um Köperkontakt aufzubauen, weil er bei seiner Bewunderung den Stoff hätte berühren müssen um ihr zu unterstreichen, wie entzückt er war.
 

„Ich sehe heute ein paar neue Gesichter, wie schön, euch kennen zu lernen, mein Name ist Irene und ich spreche mit euch über eure Konsummuster, dabei ist es ganz egal um was es geht, wer möchte denn anfangen?“, legte sie sofort los. Ihre Stimme klang in Otogis Ohren wie Musik. War das etwa das Gefühl, das sie alle suchten? War das… war das etwa Liebe? Nein! Otogi kniff die Augen zu und schüttelte energisch den Kopf.
 

„Wollen Sie den Anfang heute machen?“ Otogi schreckte auf, er riss die Augen wieder auf und sah in zwei wunderschöne schokobraune Augen, die ihn auf ihre eigene Art und Weise beruhigten aber auch unsicher machten.

Wie war die Frau so schnell vor ihm aufgetaucht? Aber dafür hatte er keine Zeit. Sie hatte ihn aufgefordert, etwas zu tun. Was?

Überrascht artig stand er auf und sah zu ihr.
 

„Okay? Was soll ich tun?“, fragte er und sie drückte ihm einen schwarzen Marker in die Hand, dann deutete sie aufs Whiteboard und erklärte ihm den Arbeitsauftrag.

Er sollte aufschreiben, was er in einer normalen Woche konsumierte, wie viel, wie häufig.

Nichts leichter als das, dachte Otogi bei sich und ging vor um neben seinem Namen genau das aufzuschreiben:
 

morgens, die erste Line Kokain, ca 0,1 Gramm, eine Stunde später zog er die zweite mit etwas mehr. 0,15 Gramm, manchmal sogar gleich 0,2 Gramm.
 

„Kaffee auch?“, wollte er wissen und wurde bestätigt.
 

Literweise Kaffee über den ganzen Vormittag verteilt. Gegen Mittag zog er dann die dritte Line mit 0,1 Gramm, an einem anstrengenden Arbeitstag, war das schon die vierte. Den Nachmittag ging er ruhiger an. Bis zum Schlafengehen konnte er aber noch zwei bis drei Lines hinzufügen.
 

„Wow… das sind mehr als ein halber Gramm am Tag, hmm“, bemerkte er selbst etwas überrascht. Und es ging nur um das Kokain. Der Kaffee war nicht bedenklich.

Dann ergänzte er die Spritzen.
 

Alle paar Tage eine Dosis Heroin.

Hin und wieder – wenn angeboten – LSD, Ecstasy, Crack, Meth und was es unter der Hand noch so zu kriegen gab.
 

Otogi stoppte beim Schreiben. Das Whiteboard war gefüllter als erwartet und er wunderte sich regelrecht. Der Raum war ruhig, niemand sagte etwas.

Zumindest eine Weile.
 

„Und Alkohol?“, fragte Irene dann plötzlich. Otogi war abermals zusammengeschreckt, weil er sich so über das volle Board wunderte.

Er drehte sich zu der Seminarleiterin um.

„Wenns kein Heroin oder anderes Zeug zum Koks gegeben hat, wars schon mindestens eine halbe Flasche von irgendwas Hochprozentigem…“, sagte er und sah in ihre bemitleidenden Augen. Da war es wieder. Dieses Mitleid und sofort war es dahin mit der Liebe. Alles nicht echt.

„Zum Schlafen“, fügte er dem noch hinzu, zuckte mit den Schulter, legte den Marker an den Tisch neben dem Whiteboard und setzte sich wieder. Es interessierte ihn schon nicht mehr.

Tatsächlich würde er nun lieber einen Punkt nach dem anderen abarbeiten, den er soeben auf die weiße Tafel geschrieben hatte.
 

„Ich glaube, Ihnen ist bereits klar, wie ungesund das ist“, drang die plötzlich so nervige Stimme der schönen Frau an seine Ohren. Oh er konnte sie ja jetzt schon nicht mehr hören, wie sollte er das nur noch den Rest der Stunde aushalten, geschweige denn die restlichen zwei Wochen? Warum quälte man ihn hier so sehr? Unruhig begann er mit seinen Fingern zu spielen. Fummelte erst mit der linken an der rechten Hand, dann ballte er Fäuste und ließ wieder locker.
 

„Nun gut, wir sind uns alle einige, dass dies ein sehr exzessiver Missbrauch von Substanzen ist und, dass es die beste Entscheidung war, dass Sie sich dazu entschieden haben, einen Entzug zu machen“, sagte Irene, dass Otogi lachte. Sie wollte wissen, was so lustig war und er erklärte ihr, dass er nicht freiwillig hier war, zumindest, dass es nicht seine Entscheidung war, er ließ sich überreden, weich treten, er wollte doch nur, dass endlich alles ruhig war.
 

„Dann haben Sie jemanden, dem sie wichtig sind, das ist doch schön“, sagte sie und wieder lachte Otogi. Es reichte ihm. Er stand auf und ging einfach, ohne sich zu entschuldigen.
 

„Herr Otogi!“, rief ihm Irene nach, aber er ließ sich nicht aufhalten. Sie lief ihm auch nicht hinterher, sondern fuhr mit der Sitzung fort.

Otogi wurde bereits im Gang von einer der Schwestern aufgehalten und gefragt, warum er sich aus dem Seminar entfernte.
 

„Weil ich da nicht hin gehöre“, keifte er sie an und entriss sich ihren wohlwollend um seine Arme geschlungenen Finger. Er preschte voraus in sein Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und warf sich ähnlich wie die Protagonistin in einem Teenie-Drama aufs Bett, aber er weinte nicht. Er schrie in sein Kissen, schlug mit den Fäusten auf die Matratze ein und knurrte schließlich nur noch diesen unaussprechlichen Namen aus.

Diesen ganzen Schwachsinn hatte er dem CEO der Kaiba Corp. zu verdanken, er quälte ihn, lachte in seiner Villa vermutlich über ihn und diese Leute hier hatten nicht besseren zu tun, als ihn als den Wohltäter vor dem Herren hinzustellen.
 

Otogi blieb die restliche Zeit auf dem Zimmer. Hin und wieder kam der aufdringliche Genosse herein, laberte ihn mit Belanglosigkeiten voll, denen er sich vollends abwenden konnte. Zu laut war der Regen an diesem Tag, er hätte wohl nicht einmal folgen können, hätte er es gewollt.

Einzig zu der Gruppentherapie konnte er sich aufraffen. An die hatte er sich bereits gewöhnt und irgendwie freute er sich bereits darauf, dem nächsten Trottel bei seinen Problemen zuzuhören.
 

In der Gruppe musste er nicht sprechen, nur wenn er wollte und das tat er nicht. Nicht nachdem Chris da war. Chris war auch an diesem Tag anwesend, aber er sprach nicht. Er lauschte wie auch Otogi den Worten der Spielerin. Wahrscheinlich waren sich die beiden gar nicht so unähnlich, vielleicht passten sie sogar gut zusammen.

Bei dem Gedanken musste der junge Spieleentwickler grinsen, konnte sich die Mimik aber aus dem Gesicht wischen, ehe es komische Fragen dazu gab.
 

Nach der Gruppe gab es Kaffee, das war eigentlich immer so und normalweise beteiligte sich Otogi nicht daran, an diesem Tag aber, verspürte er den Drang dazu, noch etwas zu bleiben. Ein paar Worte mit dem Broker zu wechseln.
 

„Hätte nicht gedacht, dass es dir so beschissen geht“, sagte er zu ihm und Chris lachte verhalten.

„Hätte nicht gedacht, dass du doch noch zur Vernunft findest, steht dir gut“, antwortete dieser und deutete mit einem Nicken zur Tür hinaus. Er wollte sich im Garten die Füße etwas vertreten, habe zu lange gesessen, hatte er gesagt. Otogi hatte nichts dagegen.

Die Kaffeebecher blieben halbleer zurück und im Garten – es dämmerte bereits – wurden Zigaretten gezückt. Otogi bot Chris Feuer an, doch er lehnte ab. Zündete sich den Glimmstängel selbst an.
 

„Ich werde mich nicht auf dich einlassen und es wäre auch keine gute Idee für dich“, legte der Brünette die Karten sofort auf den Tisch. Otogi grinste und zog an seiner Zigarette.
 

„Du bist ein ziemlich heißer Kerl, aber ich habe kein Interesse“, log er, Chris hatte ihn bereits durchschaut. Stärker als das Verlangen nach den euphorisierenden Substanzen war das Verlangen danach, Chris auf der Stellte hier gegen die Hauswand zu drängen, sich einen leidenschaftlichen Kuss nach dem anderen zu holen und den starken Mann den Spieß schließlich umdrehen zu lassen. Chris sollte ihn in die Ecke treiben und ihm bei Möglichkeit sein Gehirn rausvögeln.
 

„Wärst du nicht so wunderschön“, sagte Chris nach einer gefühlten Ewigkeit, in Wirklichkeit waren es gerade einmal drei Zigarettenzüge. Chris biss sich angestrengt auf die Lippe.

„Diese Augen…“, hauchte er und zog Otogi an der Hand ein paar Meter weg vom beaufsichtigen Bereich
 

„Als wären es nur meine Augen“, grinste Otogi und sie machten gegen all ihre Vorsätze die Fantasien des jeweils Anderem wahr.
 

Erbarmungslos prasselte der Regen gegen die Scheiben der Fenster.
 


 

Hi, mein Name? Remy, ich heiße Remy und ich bin Adrenalin-Junkie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  empress_sissi
2022-01-11T20:03:23+00:00 11.01.2022 21:03
Ob das so klug ist, sich wieder mit Chris einzulassen?🤔 Otogi ist definitiv noch lange nicht wirklich Herr seiner selbst, wenn man so seine Gedanken betrachtet.
Antwort von:  Hypsilon
11.01.2022 21:07
klug? bestimmt nicht ^^'
und ne, der Gute hat sich noch lange nicht im Griff. Gut Ding braucht Weile


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