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Qual(l)en

von

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Strahlender Sonnenschein, wolkenloser Himmel, weicher Sand unter meinen Füßen. Es hätte ein absolut herrlicher Tag sein können, perfekt geeignet für einen Ausflug zum Strand mit meinem kleinen Master. Hätte können. Als Merlin den Trip vorgeschlagen hatte, war ich skeptisch gewesen, doch nachdem er schon im nächsten Moment offenbart hatte, dass er selbst nicht mitkommen könnte, war dieses Misstrauen direkt wieder verschwunden. Naiv von mir. Ich hätte wissen müssen, dass es einen Haken gab. Den gab es doch immer, wenn Merlin irgendetwas anleierte. Nur wusste ich nicht, ob er dieses Mal auch wirklich Schuld an meiner Misere trug oder ob ich sie mir nicht versehentlich selbst eingebrockt hatte. Zumindest, tröstete ich mich im Stillen, war Elisabeth glücklich, denn die strahlte mit der Sonne um die Wette.

„Darf ich schon ins Wasser, Caster?“, wandte sich das kleine Mädchen an mich, die Augen groß und bettelnd, doch ich schüttelte trotzdem mit dem Kopf. „Warte bitte, bis du eingecremt bist und dann komme ich mit.“ Zweifellos hatte Eli diese Antwort längst gekannt, dennoch zog sie eine Schnute, fügte sich aber. „Schaut nicht so bedrückt, junge Lady“, schaltete sich Arthur nun ein, hörbar bemüht, Elisabeth aufzumuntern. „Caster sorgt sich nur um dich.“ Recht hatte er. Elisabeth war nun mal erst 13 Jahre alt und soweit ich es wusste, konnte sie nicht schwimmen. Auf gar keinen Fall ließe ich sie alleine auch nur in die Nähe des Meeres, so herrlich still und glitzernd es auch vor uns liegen mochte. Die Wellen, die so sacht an den Strand rollten, konnten dennoch von einer Strömung getragen sein, die meinen kleinen Master einfach von den Füßen riss.

„Aber nach dem Eincremen dann, ja?“, bohrte Eli nach. Ich nickte. „Natürlich. Dann gehen wir zusammen ins Meer. Ich bin sicher, König Arthur pustet dir auch den Schwimmreifen auf, nicht wahr?“ Zugegeben: Das war nicht die feine englische Art von mir, ihm diesen Job einfach aufzudrücken, doch der junge König lächelte und schien daran keinen Anstoß zu nehmen. „Aber natürlich“, stimmte er zu und zauberte Eli damit ein breites Lächeln auf die Lippen. „Und dann gehen wir alle zusammen schwimmen?“, ereiferte sie sich. „Tch“, ertönte es hinter mir, bevor ich bejahen konnte. War ja klar, dass König ich-bin-zu-gut-für-sowas ausgerechnet jetzt herummucken musste. Betont ignorierte ich ihn. „Natürlich, Master.“ Wenn Gilgamesh das nicht schmeckte, konnte er seinen selbstgefälligen Hintern auch alleine am Strand braten. Wusste der Himmel, wie er es geschafft hatte, in einer Gegend wie Babylon so blass zu bleiben.
 

„Hier?“ Arthur war ganz der Gentleman, als er fragend zu Elisabeth blickte, die wiederum prüfend vom Schirm zum Sand und dann ein Stück den Strand heruntersah. Dann nickte sie. „Ja, da ist super! Dankeschön!“, freute sie sich, als der König der Ritter den Sonnenschirm in den weichen Sand rammte und schließlich aufspannte, während ich die mitgebrachte Picknickdecke darunter ausbreitete. Die Handtücher folgten nur Augenblicke später. „Das wird für heute meinen Ansprüchen genügen“, betonte Gilgamesh ungefragt, wie wenig es ihm gefiel, auf dem Boden liegen zu müssen. Er hätte sich vermutlich eine luxuriöse Strandliege gewünscht, auf die er sich fläzen konnte, während Arthur und ich ihm mit Palmwedeln Luft zufächelten. Das konnte er sich mal gepflegt von der Backe putzen. Ich wusste sowieso nicht, wieso er darauf bestanden hatte, sich uns anzuschließen. Nach Merlins Vorschlag hatte ich gehofft, einfach nur einen entspannten Nachmittag mit Elisabeth am Strand verbringen zu können. Dass sie noch in Merlins Labor den jungen Arthur getroffen und eingeladen hatte, war eine Sache, mit der ich mich gut arrangieren konnte, aber Gilgamesh hatte sich schlichtweg selbst eingeladen, kaum dass er von unseren Plänen erfahren hatte. Meine wenig subtilen Versuche, ihm das Ganze madig zu machen, hatten nicht gefruchtet, also hatten wir jetzt den Salat.

„Kommst du auch mit ins Wasser, König?“, wollte Eli unvermittelt von Gilgamesh wissen. Sie hatte wohl bemerkt, wie finster ich zum König der Helden starrte. Mist. Der blonde Archer schien kurz nachzudenken, dann antwortete ich an seiner Stelle. „Später bestimmt. Aber wollen wir dich nicht erst einmal eincremen, Master? Sonst bekommst du noch Sonnenbrand.“ Wieder hörte ich Gilgamesh leise „Tz“ machen und ignorierte es. Stattdessen kramte ich aus der großen Umhängetasche die Sonnenmilch und bedeutete Eli, sich auf die Decke zu setzen. Der süßliche Geruch war mir als Servant genauso unangenehm wie schon als Mensch. Vielleicht lag es auch einfach an dem schmierigen Gefühl an den Händen, das Sonnencreme immer hinterließ. Beides konnte mich jedoch nicht davon abhalten, jeden Zentimeter freier Haut meines Masters rigoros mit der weißen Schmiere einzureiben. Mit Sonnenbrand und seinen Folgen war nicht zu spaßen, wie ich aus eigener Erfahrung wusste. Jetzt als Servant musste ich mir darum keine Sorgen mehr machen, aber Eli war ein Mensch.
 

„Jetzt creme ich dich ein! Und dich auch, Arthur!“, ereiferte sich Elisabeth, noch bevor ich mit ihrem Rücken ganz fertig war. „Oh, das ist sehr großzügig von dir, junge Lady, aber nicht nötig. Wir Servants sind gefeit gegen Sonnenbrand“, schmunzelte der König der Ritter, eine Verbeugung andeutend. Ha, hatte ich es mir doch gedacht! Sehr gut! Dann blieb mir dieser Mist erspart. Elisabeth guckte erst ein bisschen enttäuscht, ließ sich dann aber von dem großen, lilafarbenen Schwimmreifen ablenken, den Arthur tatsächlich in Rekordgeschwindigkeit aufgeblasen hatte. Im Stillen lobte ich ihn dafür. Schon den ganzen Weg hierher hatte er viel Rücksichtnahme gezeigt und war immer freundlich zu Elisabeth gewesen. Er wäre ein super Vater, so wie er sich um meinen Master kümmerte. Schade, dass er das bei Mordred nicht bewiesen hatte, sonst wäre sicher einiges anders gelaufen. „Dann können wir jetzt ins Wasser, ja?“, wollte Eli wissen, den Blick gleichermaßen erwartungsvoll wie bettelnd zu mir wendend. Ich grinste. „Ja. Lauf schon los. Aber geh nicht tiefer ins Wasser, als du stehen kannst und immer in meiner Nähe, hörst du?“ Tat sie nicht. Elisabeth hatte es so eilig, über den heißen Sand zum Meer zu laufen, dass ich doch sehr bezweifelte, dass sie meine Warnung noch mitbekommen hatte. Alles andere hätte mich auch eher gewundert. Aber ich gönnte ihr den Spaß. Bisher hatte sie niemanden außer Merlin gehabt, der mit ihr einen solchen Ausflug hätte unternehmen können.

Ich seufzte leise und wollte Elisabeth gerade folgen, als sich eine Hand um mein Handgelenk schloss. „Ich kann mich nicht erinnern, dir die Erlaubnis gegeben zu haben, dich zu entfernen.“ Gilgamesh. Natürlich. „Bitte?“, starrte ich den König der Helden entgeistert an. Aber ihm war klar, dass Eli beaufsichtigt werden musste, ja? „Dieser Sonnenschutz ist lächerlich und dass ich mit dieser erbärmlichen Lagerstatt heute ausnahmsweise vorlieb nehme, heißt noch lange nicht, dass ich mich aller Vergnügungen berauben lasse, die dieser Ausflug zu versprechen vermag“, fuhr Gilgamesh ungerührt fort, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. „Im Wasser zu planschen zählt eindeutig nicht zu diesen Freuden.“ Sein Problem. Ich hatte nämlich nicht nur einen Master, auf den ich aufpassen musste, sondern auch große Lust, ein bisschen im Meer zu paddeln. Am liebsten hätte ich Gilgamesh meine von der Sonnencreme noch schmierige Hand direkt ins Gesicht gedrückt, aber ich unterdrückte den Impuls. Wenn ich ihn zu sehr verärgerte, war es nicht unwahrscheinlich, dass er diesen Ausflug hemmungslos sprengte, indem er aus allen Löchern – oder Toren von Babylon – feuerte und den Strand mit meinem Blut rot färbte. Nicht unbedingt meine Vorstellung eines gelungenen Ausflugs ans Meer. Wieso zur Hölle war er überhaupt mitgekommen? Dass es hier keinen Luxus geben würde, war doch ziemlich klar gewesen.
 

Plötzlich schloss sich eine Hand um Gilgameshs Handgelenk. „Ich muss darauf bestehen, dass Ihr die Dame aus Eurem Griff entlasst, Archer.“ So eisig hatte ich Arthurs Stimme noch nie gehört. Wenngleich der König der Ritter noch lächelte, war der Ernst in seinen Worten doch nicht zu überhören. „Es geziemt sich nicht, so grob mit einer Lady umzuspringen. Besonders nicht als König.“ Das saß. Bei Gilgameshs verärgerter Miene musste ich mir krampfhaft ein Grinsen verkneifen. Kritik an seiner erhabenen Position hörte Gil eben noch weniger gerne als „Nein“, eine Antwort, die ich ihm schon so manches Mal hatte ins Gesicht schreien wollen. Meistens hatte ich mich dann aber doch seinem Willen gefügt, wie ich zugeben musste. „Diese Angelegenheit hat Euch nicht zu interessieren, König der Ritter. Zieht Eurer Wege und behaltet Casters Master im Auge“, bemerkte Gilgamesh kühl. „Meine Dienerin“, betonte er weiter und am liebsten wäre ich ihm für diese Wortwahl ins Gesicht gesprungen, „wird sich zunächst um mein leibliches Wohl kümmern.“ Jetzt glitt der Blick roter Augen zu mir. Nervös schluckte ich. „Nein“ war hier eindeutig keine Option. „Aber mein Master“, wollte ich trotzdem widersprechen, als Gilgamesh mich und Arthur damit ihn endlich losließ. „Ich bin zuversichtlich, dass dieser Ritter diese Pflicht gerne für dich übernimmt“, unterbrach Gilgamesh mich. Arthur und er sahen sich eine Weile nur stumm an, bevor sich der König Britanniens mir zuwandte. Sein Blick glitt dabei nicht gerade unauffällig über mein Handgelenk. Eilig lächelte ich in seine Richtung. Gilgameshs eigenwillige Attitüde musste für ihn schon sehr seltsam anmuten. Vielleicht war es aber viel seltsamer, wie sehr ich mich bereits daran gewöhnt hatte. „Würdest du bitte für eine kurze Weile nach meinem Master sehen, Saber? Ich vertraue sie dir an, weil ich weiß, dass du gut auf sie achten wirst.“ Arthur nickte nach kurzem Zögern. „Natürlich, Milady. Es ist mir eine Ehre. Bitte zögert nicht, mich zu rufen, solltet Ihr der Unterstützung bedürfen.“ „Danke, König der Ritter. Ihr macht Eurem Beinamen wirklich alle Ehre“, entgegnete ich aufrichtig.

Hätte ich eine Wahl gehabt, wäre ich Arthur allerdings lieber Richtung Meer gefolgt, als mit Gilgamesh zurückzubleiben. Hätte ich nur eine echte Wahl. Aber das Buch, natürlich wasserdicht in einem Plastikbeutel verpackt, hing an meiner Seite. Es kam mir vor, als wolle es mich an meine Bindung zum König der Helden erinnern. Gleichzeitig hielt mich davon ab, etwas Dummes zu tun und Gilgamesh ins Gesicht zu sagen, dass er mich mal gern haben konnte. Ich brauchte ihn, ob es mir gefiel oder nicht. Also musste ich ihn bei Laune halten. „Nun, was wünscht Ihr von mir?“, zwang ich mich zu einem höflichen Tonfall, konnte mir jedoch beim besten Willen kein Lächeln abringen. Wer wusste schon, welche absurden Ideen Gil schon wieder hatte? Er wollte doch um diese Uhrzeit und dann noch bei diesen Temperaturen nicht schon anfangen, sich einen Becher Wein nach dem anderen zu kippen, oder? Dass er auf die Meinung anderer dazu einen Scheiß gab, wusste ich ja, aber das musste doch nun wirklich nicht sein. Verfluchter Alkoholiker! Eine menschliche Leber hätte das keine Woche ausgehalten.
 

„Zuerst richte den Schirm adäquat aus. Anschließend kannst du meine Arme und meinen Rücken massieren“, befahlt Gilgamesh so betont gelangweilt, dass mir bei dieser Dreistigkeit schlicht die Spucke wegblieb. „Bitte?“, rutschte mir die Frage heraus, bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte. „Dieser Ort langweilt mich und der Boden ist kaum ein angemessener Ort für einen König.“ Natürlich nicht. Im Moment hatte ich auch eher Lust, dafür zu sorgen, dass der Boden sich über ihm befand. „Als meine Dienerin ist es deine Ehre, deinem König“, fuhr der goldene König fort, als ein schriller Schrei uns beide alarmiert aufblicken ließ. Elisabeth! Ohne zu zögern sprang ich auf und sprintete über den von der Sonne erhitzten Sand, durch die Brandung ins Wasser zu meinem Master. Zu meiner Erleichterung hatte Arthur meine kleine Eli in seine Arme gehoben, sodass nicht einmal mehr ihre Füße im Wasser hingen. Der ängstliche Ausdruck auf Elisabeths Gesicht war jedoch Grund genug für mich, sie erst einmal eingehend zu mustern. Unverletzt. Ich atmete hörbar auf. „Caster! Caster, da ist etwas im Wasser!“, jammerte Eli verängstigt. Fragend suchte ich Arthurs Blick, doch der König der Ritter sah mich nur besorgt, aber ratlos an. „Vielleicht ein Fisch?“, murmelte er leise. Eli klammerte sich förmlich an seine Schultern. Irgendetwas hier hatte ihr eine Heidenangst gemacht. Suchend glitt mein Blick über das dunkle Meerwasser, doch wie erwartet konnte ich nichts entdecken. Vermutlich hatte Arthur Recht und es war nur ein Fisch gewesen. Davon gab es hier bestimmt einige. Außerdem Seetang und Muscheln und Krebse.

„Ich will nicht mehr.“ Jetzt schniefte mein armer kleiner Master sogar schon. Ich runzelte die Stirn. „Keine Angst, Master. Alles ist in Ordnung. Bei König Arthur bist du sicher“, versprach ich ihr. „Caster spricht die Wahrheit. Niemals ließe ich zu, dass dir etwas zustößt, junge Lady“, stimmte Arthur in meine Worte mit ein. „Wirklich?“ „Wirklich“, antworteten Arthur und ich gleichzeitig. Elisabeth zog hörbar die Nase hoch, dann nickte sie tapfer. „A-aber ich möchte lieber erstmal wieder raus. Vielleicht war das ein Seemonster?“ „Erlaubt Ihr, dass ich Euch begleite, meine Damen?“, flötete Arthur, jetzt wieder merklich entspannt. Eli nickte heftig, doch ich schüttelte den Kopf. „Ich schaue mich hier um. Nur zur Sicherheit.“ Zwar glaubte ich nicht einen Moment lang, dass ich irgendetwas finden würde und noch weniger, dass es etwas wäre, das Grund zur Sorge gab, aber besser sichergehen, als sich später über Nachlässigkeit zu ärgern. Elis Augen weiteten sich erschrocken, bevor sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig änderte und sie kicherte. Irritiert sah ich sie an. „Dann passt der König auf dich auf“, gluckste sie vergnügt. Wieder runzelte ich die Stirn und wollte gerade widersprechen, als hinter mir Gilgameshs Stimme erklang. „Es wäre lachhaft, meine loyale Dienerin durch eine solche Kleinigkeit zu verlieren. Sollte eine Kreatur in meinem Garten wildern, wird sie das Ausmaß meines Zorns zu spüren bekommen.“ Alles klar. Elisabeth würde davon vermutlich nur verstehen, dass Gil uns beschützen wollte, doch im Grunde ging es wieder um sein Ego. Er wollte einfach nur den Ton angeben, das war alles. Sollte mir recht sein. So machte sich Gil wenigstens mal nützlich.
 

„Saber, wärst du so lieb und würdest meinen Master zum Strand geleiten? Ich komme gleich nach“, versprach ich und trat dabei näher an den König der Ritter heran, um Elis Hand zu ergreifen. „Keine Angst, Master. Ich kümmere mich darum“, ließ ich sie wissen und konnte es mir nicht verkneifen, hinzuzufügen: „Und den König der Helden bringe ich auch heile wieder mit.“ Gil glaubte doch selbst nicht, dass hier wirklich irgendetwas sein könnte, das auch nur im entferntesten als gefährlich einzustufen wäre. Wusste der Himmel, wieso er meinte, jetzt doch im Meer herumplanschen zu müssen. Wollte er vielleicht einfach nicht mit Arthur allein sein? Dabei war der König der Ritter doch nun wirklich sehr umgänglich, wenn man sich nicht gerade wie ein Riesenarsch aufführte. Arthur war eben eine gute Seele, durch und durch. Kein Wunder, dass er als Sinnbild der ritterlichen Tugenden bekannt geworden war. „Mit Freuden, Milady“, nickte mir der junge König zu, wenn auch nicht ohne einen besorgten Blick in Gilgameshs Richtung zu werfen. Am liebsten hätte ihm gesagt, dass er sich um den keine Gedanken machen muss. King Bling hielte ich schon irgendwie an der kurzen Leine. Schlimmstenfalls musste ich eben doch nochmal die Jesus-Nummer bringen und Wasser in Wein verwandeln, damit Gil sich ordentlich einen hinter die Binde kippen konnte. Dann wäre er zumindest ruhig und würde nicht weiter herummosern.

„Dann wollen wir mal, nicht wahr, König der Helden?“, flötete ich Gilgamesh entgegen. Es war wirklich schwer, nicht zu lachen. Irgendwie erwartete ich, dass er jetzt doch nur Anweisungen gab, wo und wie ich zu suchen hatte, doch zu meiner Überraschung nickte er nur knapp, bevor er mit dem Kopf untertauchte. Das hatte ich nun wirklich nicht kommen sehen. Überrascht starrte ich einen Moment lang dem blonden Schopf nach, dann folgte ich seinem Beispiel. Ob wir unter Wasser überhaupt irgendetwas sehen würden? Das Wasser erschien von oben schon so dunkel. Doch ich hatte die übermenschliche Sicht eines Servants unterschätzt. Viel erkannte ich zwar nicht, aber doch weitaus mehr, als ich angenommen hatte. Eine Armeslänge vor mir war der König der Helden in die Hocke gegangen. Mit dem Blick suchte er die Umgebung ab, während ich nicht viel mehr tat, als ihn ungläubig anzustarren. War das eine Badehose? Also hatte er doch von Anfang an vorgehabt, mit uns ins Wasser zu gehen! Wieso hatte er dann so ein Schauspiel betrieben? Das hätte er doch auch einfach sagen können. Eli hätte sich ganz bestimmt riesig gefreut. Sie vertraute ihm nicht nur, sondern bewunderte den König der Helden unverkennbar. Am liebsten hätte ich den Kopf darüber geschüttelt, als Gilgameshs Blick an meinen hängenblieb. Da hatte ich wohl ein bisschen zu lange gegafft, anstatt mich nach Elisabeths Seeungeheuer umzuschauen. Eilig wandte ich den Blick ab und prüfte die Umgebung. Nichts, ganz wie erwartet. Einmal glaubte ich, einen Fisch vorbeischwimmen gesehen zu haben, aber ansonsten gab es höchstens ein paar Algen auf dem schlammigen Meeresboden.
 

Okay, atmen musste man als Tote offenbar noch. Mir wurde nämlich die Atemluft gefühlt genauso schnell knapp wie als lebender Mensch. Mit den Füßen stieß ich mich am Boden ab und durchbrach Augenblicke später die Wasseroberfläche, um Luft zu schnappen. Man sollte meinen, als Geist wäre Atmen nur noch optional, aber so konnte man sich irren. Auf der anderen Seite konnten Servants ja aber auch verletzt werden und sterben. Auch nicht gerade typisch für Geister. Was war also schon normal? Fahrig versuchte ich, mir die nassen Haare aus den Augen zu schieben, doch so richtig gelingen wollte mir das einfach nicht, sodass ich nach zwei Versuchen einfach aufgab. Dann sah ich halt aus wie ein begossener Pudel. Wen juckte es? Kurzentschlossen holte ich noch einmal tief Luft, bevor ich erneut untertauchte. Dieses Mal sah ich mich wirklich um, doch etwas Neues konnte ich nicht entdecken. Gilgamesh war ein Stück weitergeschwommen und schien sich dort umzublicken, aber ich bezweifelte, dass er davon schlauer wurde als ich. Wahrscheinlich war wirklich nur ein Fisch oder ein Stück Seetang an Elisabeths Bein entlanggeschwommen und hatte meinen kleinen Master erschreckt. Ich wollte wetten, dass sie das schon fast wieder vergessen hatte und später mit Freuden noch einmal mit mir zusammen ins Wasser gehen würde. Und wenn sie Merlin dann morgen von unserem Ausflug berichtete, wüsste sie vielleicht schon nicht einmal mehr, dass irgendetwas sie geängstigt hatte. Ich wollte, dass sie diesen Tag in guter Erinnerung behielt.

Als ich auch bei meinem zweiten Tauchgang nichts entdeckte, ließ ich es gut sein und steckte den Kopf wieder aus dem Wasser, das mir kaum bis zur Brust reichte. Kurz darauf tauchte auch Gilgamesh auf, ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen. Mit einer gelassenen Geste schob er sich die nassen Strähnen aus dem Gesicht. „Deine Aufmerksamkeit lässt zu wünschen übrig, Caster“, tadelte mich Gilgamesh mit hörbarem Amüsement in der Stimme. Irritiert hob ich eine Braue. Wovon bitte sprach er? Wollte er mir etwa weismachen, dass er wirklich einen Meeresbewohner gefunden hatte, der Elisabeth so erschreckt hatte? Und wenn schon, herzlichen Glückwunsch? „Tut sie das?“, fragte ich vorsichtig nach. Wie erwartet, ließ sich der König der Helden nicht zu einer Antwort herab, sondern trat näher an mich heran, bis er direkt vor mir stand. „Welche Dankbarkeit könntest du mir nun erweisen, da ich deine Aufgabe erledigt und die Kreatur ihrem Ende zugeführt habe, die deinen Master ängstigte?“ Deinen Kram auch wieder nach Hause zu schleppen? Was dachte er wohl, wer seine Verpflegung und Handtücher rangeschafft hatte? Fragend hob ich nun auch die zweite Braue. „Dann lasst mal Eure Beute sehen, König der Helden“, verlangte ich skeptisch. Wer Sprüche klopfen wollte, sollte die besser untermauern können.

Anstatt meiner Aufforderung Folge zu leisten, kam Gilgamesh nur noch näher, sodass ich instinktiv einen Schritt vor ihm zurückwich. „Was nun?“, wollte ich misstrauisch wissen. „Wo ist das Seeungeheuer, das Ihr angeblich erlegt habt, oh mein König?“ Bildete ich mir das ein oder grinste der König der Helden jetzt nur noch selbstgefälliger? Was zur Hölle? Gerade als ich noch einmal nachhaken wollte, was denn nun Stand der Sache war, hob Gilgamesh die linke Hand aus dem Wasser. Darin hing eine weißliche, wabbelige Qualle, die etwa die Größe einer Müslischale hatte. Entgeistert starrte ich von der Qualle zu Gilgamesh und zurück. Sein Ernst? Das war es? Er hatte eine Qualle erledigt und wollte dafür auch noch belohnt werden? Das konnte unmöglich sein Ernst sein. Absolut lächerlich. „Eine Qualle“, stellte ich trocken fest. Gilgamesh lächelte nur. „Offensichtlich“, bestätigte er, bevor das tote Tier achtlos ins Wasser fallen ließ. „Wie du siehst, Caster, habe ich heute deine Pflichten erledigt. Zu deinem Glück bin ich heute in großmütiger Laune und vergebe dir diese Unachtsamkeit, meine Dienerin“, meinte er schmunzelnd. Bitte? Der hatte wohl ein Ei am Wandern. Das war nur eine verdammte Qualle! Davon gab es hier vermutlich noch Dutzende, also echt kein Grund für Panik oder Höhenflüge, weil er zufällig eine erwischt hatte. Das hätte ich auch noch geschafft. War ja echt nicht so, als wären Quallen dafür bekannt, besonders schnell oder bissig zu sein.
 

Seufzend rieb ich mir die Schläfe. „Gehen wir besser zurück und teilen meinem Master mit, dass hier keine Gefahr droht“, wollte ich das Thema ad acta legen, doch dabei hatte ich die Gleichung ohne Gilgamesh gemacht. Wie schon zuvor am Strand griff er unversehens nach mir, dieses Mal meinem Oberarm. „Nicht so voreilig, Caster“, mahnte mich der König der Helden mit leiser Stimme. Unschlüssig hielt ich mitten in der Bewegung inne. Drohte er mir jetzt wirklich wegen so einer Nichtigkeit? Vorsichtig sah ich zu ihm hoch. Noch lächelte er. Das war gut, oder? Himmel, ich hoffte es. Das letzte, was ich mir wünschte, war, während eines Strandausflugs durch Teppichbombardement aus den Toren Babylons zu Schweizer Käse verarbeitet zu wer den. „Und welche Belohnung könnte eine unbedeutende Dienerin ihrem König schon zusprechen, die für ihn auch nur die geringste Bedeutung haben könnte?“, wählte ich meine Worte vorsichtig. Bei Gilgamesh wusste man nie. Wenn er aber so ankam, dann wollte er irgendetwas und müsste ich raten, ging es vermutlich damit Hand in Hand, dass ich mich entweder zum Deppen machte oder meine Würde sehr tief begrub. Eigentlich wollte ich lieber gar nicht wissen, wonach ihm der Sinn stand, doch welche Wahl hatte ich? Wenn er es drauf anlegte, hatte ich nicht den Hauch einer Chance. Abwartend blinzelte ich den König der Helden an, dessen rote Augen mich unangenehm fixierten. Wieso nur hatte er auch mitkommen müssen. Jetzt wünschte ich mir, ich könnte einfach nach Arthur rufen, damit der mich hier rausboxte.

Gilgameshs Grinsen wurde sogar noch eine Spur breiter. Mir kam es vor, als habe ich einen Scherz verpasst. „Alles, Caster. Ich will alles. Mit nicht weniger werde ich mich zufriedengeben und nicht weniger steht mir als dein König zu.“ Alles. Toll. Und das hieß jetzt konkret? Sollte ich loslaufen, um ihm eine Riesenportion Eis aufzutreiben, und anschließend die Schultern massieren oder Luft zufächeln? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, was Gil von mir erwartete. Unschlüssig sah ich ihn an. „Alles?“, echote ich. „Alles“, bestätigte der König der Helden so leise, dass ihn das Rauschen des Meeres beinahe übertönte. „Alles von dir“, flüsterte er mir ins Ohr. Ja? Stückweise gab es mich auch nicht, denn ich hatte nicht vor, mich zersägen zu lassen. Was stimmte denn heute nicht mit dem Kerl? Kam er mal zum Punkt? Sonst ließ ich ihn doch hier stehen, bis er sich überlegt hatte, wieso er seinen königlichen Arsch überhaupt hierher bewegt hatte. „Bin ich nicht bereits zur Gänze Eure Dienerin, mein König?“, bemühte ich mich um Ruhe. Wie gerne hätte ich ihn kräftig geschüttelt. Statt einer Antwort erhielt ich nur ein viel zu zufriedenes Schmunzeln des Königs der Helden. Na dann, Zeit zurück zu Elisabeth zu gehen und die Kleine zu beruhigen. Die Qualle allerdings ließ ich lieber hier bei Gil. Sollte er sie halt ins Meer pfeffern, in seine Schatzkammer verlagern oder was ihm sonst so einfiel. Soweit es mich betraf, könnte er sie meinetwegen einrahmen und Wikipediaeinträge umschreiben, damit das Vieh Marina Gilgamesha hieß.
 

„Dann fordere ich nun rechtens einen Kuss.“ Gilgameshs Worte hätte mich nicht weniger aus dem Konzept bringen können. Dass es mir eiskalt über den Rücken lief, lag überraschenderweise nicht am kühlen Meerwasser. Ungläubig starrte ich zu Gilgamesh hoch, der mich abwartend ansah. „Bitte?“, rutschte mir die überraschte Frage heraus. „Verweigerst du deinem König etwa, was Sein ist?“, konterte Gil mit einer Gegenfrage. Mein Hirn kam völlig ins Stottern. Die natürliche Antwort wäre eindeutig „ja“ gewesen, doch ich wusste, wie ungemütlich der König der Helden auf diese Reaktion üblicherweise reagierte. Er ging mit Ablehnung nicht besonders gut um. Dass er Arthurias Bein mit einem Speer durchbohrte, weil die ihm einen Korb gegeben hatte, sprach Bände. Nervös kramte ich in meinem Verstand nach einer hoffentlich klugen Antwort, die mich aus dieser Sache herausmanövrieren könnte. „Wie könnte eine Unwürdige es wagen, die Lippen des Königs der Helden für sich zu beanspruchen?“, war schließlich das Beste, was mir einfiel. Die Worte klangen hohl in meinen Ohren. Gil würde ich damit nicht täuschen, aber vielleicht gab er sich trotzdem zufrieden mit meiner schlechten Ausrede. Die Stille, die sich über uns legte, war unangenehm und förmlich greifbar. Ob ich einfach gehen sollte? Unsicher machte ich einen Schritt zur Seite, hielt aber sofort inne, als Gilgameshs Griff um meinen Oberarm sich nicht lockerte. Scheiße.

„Strapaziere nicht meine Geduld, Caster“, meinte der König der Helden nach einer gefühlten Ewigkeit gereizt. War das wirklich sein Ernst? Konnten Servants einen Sonnenstich bekommen? Eigentlich doch wohl nicht, oder? Bedachte man allerdings, dass wir hier von Gil sprachen, könnte er auch einfach nur mehrere Promille Alkohol im Blut haben und deshalb so seltsame Ideen haben. Vielleicht war ihm auch einfach nur langweilig. Wer konnte schon sagen, was in seinem Hirn vorging? Am Ende spielte es vermutlich auch gar keine Rolle, denn ich hatte sowieso keine Wahl. Was immer ihm gerade in den Sinn kam, ich müsste mich dem beugen. Nur so konnte ich am Leben bleiben und nur so könnte ich hoffen, diesen Gralskrieg irgendwie zu überstehen und vielleicht sogar zurück nach Hause zu kommen. Einen Augenblick nahm ich mir noch, um tief durchzuatmen und meinen Mut zusammenzukratzen, bevor ich unsicher eine Hand an Gilgameshs Wange legte. „Wenn dies der Wunsch meines Königs ist, des Bezwingers glibberiger Wasserbewohner“, konnte ich mir die Bemerkung trotz des mahnenden Blicks aus roten Augen nicht verkneifen. Gil war anzusehen, dass er dazu auch ein paar Takte zu sagen hatte, die ich ganz bestimmt nicht hören wollte, also überwand ich die letzten Zentimeter zwischen uns und drückte meine Lippen auf seine. Eigentlich hatte ich mich sofort wieder lösen wollen, doch die Rechnung hatte ich ohne den König der Helden gemacht, dessen Hand von meinem Oberarm zu meinem Rücken glitt und mich festhielt.
 

Niemals würde ich das laut aussprechen und wusste der Gott, an den ich nicht glaubte, ich würde es Gilgamesh niemals wissen lassen, aber er konnte küssen. Verdammt! Dass ich auf den Zehenspitzen stand und dabei im Schlamm des Meeresbodens versank, blendete ich genauso aus wie die Sonne, die so heiß brannte, dass es mir normalerweise unangenehm gewesen wäre. Sogar das Atmen vergaß ich für einige Augenblicke und so wie Gilgamesh grinste, als wir uns schließlich lösten, wusste er das auch ganz genau. Ich schluckte. Die Frage, wieso Gilgamesh auf einmal der Sinn danach stand, einen Menschen zu küssen, verschob ich wohl besser auf später. Normalerweise hielt er sich nämlich für etwas Besseres und niemanden seiner würdig. Als Dienerin fiel ich da eigentlich ganz klar in die Kategorie „Gerade gut genug zum herumschubsen“. Oder offenbar nicht nur. Irrsinnigerweise schmeichelte dieser Gedanke meinem Ego. Völlig bescheuert. Vielleicht hatte ich nicht das allerbeste Selbstbewusstsein, aber so miserabel war es darum eigentlich auch nicht bestellt. Ich brauchte nicht Gilgameshs Anerkennung, um mir meines Wertes bewusst zu sein! Trotzdem. Vielleicht gab mir diese Situation einen Kick, weil ich wusste, wie wählerisch der König der Helden war und wie sehr von sich überzeugt. Scheißegal. Einmal ist keinmal und morgen würde kein Hahn mehr nach diesem Kuss krähen. So atemlos mich dieser auch zurückgelassen hatte, ich würde und durfte mir darauf auf keinen Fall zu viel einbilden. Mein Augenmerk musste vor allem auf Elisabeths und meinem Überleben liegen und dafür, so hart es klang, war Gilgamesh ein überaus nützliches Werkzeug.

„Glaube nicht“, hauchte mir der König der Helden entgegen, noch so nahe an meinem Gesicht, dass ich seine Wimpern hätte zählen können, die genauso blond waren wie sein Haar. Oder meines. „Dass das genügen würde. Dein König verlangt alles von dir, Caster. Ich werde mich nicht mit weniger zufrieden geben.“ War das eine Drohung oder ein Versprechen? Mal ab von dem, was Gilgamesh sagte oder andeutete, war ich mir da selbst nicht so ganz sicher. Ich zwang mich zu einem Lächeln, das hoffentlich nicht so nervös aussah, wie ich mich fühlte. „Ich glaube kaum, mein König, dass dieser Ort der rechte ist, um alles zu teilen“, murmelte ich halblaut. Gilgamesh lachte. „Teilen, Caster? Ich teile nicht, was mir gehört.“ Okay, jetzt klang es eindeutig nach einer Drohung! Vorsichtig sah ich zu ihm hoch. Gut, er lächelte noch. Seine Hand in meinem Rücken, die ich schon fast wieder vergessen hatte, drückte mich nun enger an den bloßen Brustkorb des Königs der Helden. Seine Haut fühlte sich warm an, selbst durch meinen Badeanzug, aber etwas ganz anderes erregte schon im nächsten Augenblick meine Aufmerksamkeit. Etwas, das gegen meine Hüfte drückte. Etwas, das ganz eindeutig keine Qualle war. Trotzdem dauerte es einige Augenblicke, bis mein Verstand dazu in der Lage war, eins und eins zusammenzuzählen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Im Ernst?! Sprachlos öffnete ich den Mund, nur um ihn dann doch wieder zu schließen, ohne etwas gesagt zu haben. Das konnte doch nicht wirklich... oder? Nein. Halt, stop. Tief durchatmen. Selbst wenn. Sollte er halt. Er war offenbar ein Mann mit körperlichen Bedürfnissen und im Moment gab es sicher nicht viele Frauen in seinem Leben. „Womöglich“, wisperte Gilgamesh, nun scheinbar genervt. Sein Blick glitt dabei gen Strand, wo Arthur und Elisabeth standen und zu uns herübersahen. „Ich werde ihnen sagen, dass Ihr das Seeungeheuer erlegt habt, mein König“, meinte ich, als Gilgamesh seine Umarmung endlich löste. „Und dass Ihr... Euch noch ein bisschen abkühlt.“ Musste er noch grinsen, wenn ich das sagte? Es war zum Wahnsinnigwerden mit diesem Kerl! „Alles, vergiss das nicht. Ich behalte dich im Auge, Caster.“ Das befürchtete ich ja, doch ich verkniff mir die Bemerkung und nickte nur.
 

Fast fluchtartig war ich gen Ufer gelaufen, so schnell es mir im Wasser möglich war. Eli und Arthur erwarteten mich bereits und während Eli mir sogar entgegenlief und sich sofort nach dem Monster im Wasser erkundigte, konnte ich doch nicht umhin, den leicht besorgten Blick des Königs der Ritter bemerken. Ich hatte keine Ahnung, wie viel er mitbekommen hatte, aber sicher genug, um verstanden zu haben, dass mich Gil in der Hand hatte. Man müsste schon blind und taub sein, um nicht darauf zu kommen, wenn man sich mit uns herumtrieb. In letzter Zeit war Arthur häufig genug zu Besuch gewesen, dass er es einfach hatte merken müssen, zumal Gilgamesh praktisch bei jedem Besuch auch entweder anwesend gewesen oder später hinzugekommen war. Subtil war was anderes. Das hieß natürlich auch, dass er wusste, dass Gilgamesh und ich Verbündete waren, so mehr oder weniger zumindest. In einer ruhigen Minute sollte ich wohl mal offen mit Arthur über die kleinen und großen Probleme dieses unfreiwilligen Bündnisses sprechen, besonders, wenn ich hoffen wollte, auch mit ihm ein gutes Auskommen zu finden. Angesichts von Elisabeths Bindung zu Onkel „Merlin“ Marlin wäre es sicher besser. Und dann war da ja auch noch Tristan. Wir gäben schon ein wirklich seltsames Gespann ab.

„Ist es weg, Caster? Ganz bestimmt?“, wollte mein kleiner Master aufgebracht wissen. Ich nickte. „Ja, wirklich. Ich verspreche es. Der König der Helden hat es gefangen und unschädlich gemacht. Es wird dir nichts tun. Du brauchst also keine Angst haben.“ Eli sah mich mit großen Augen an und nickte dann. „Dann ist es ja gut. Es hat dich doch nicht auch angefallen, oder?“, wollte sie dann wissen. Oh, wie könnte ich dieser Versuchung widerstehen? Die Vorlage war zu gut, um ungenutzt zu vergehen. „Oh doch, sie hat sich einfach an mich rangeschoben“, erklärte ich ihr ernst. Dass ich damit aber weniger die Qualle als vielmehr Klein-Gilgamesh meinte, musste sie ja nicht erfahren. Elis Augen weiteten sich erschrocken. „Aber es hat dich doch nicht gebissen, oder?“, fragte sie besorgt. Jetzt konnte ich mir ein Lachen wirklich nicht mehr verkneifen. „Nein. Das wagt es nicht, sonst beiße ich zurück“, grinste ich meinen Master an, bevor ich Richtung Picknickdecke nickte. „Was hältst du davon, wenn wir uns die Wassermelone aus der Kühlbox holen?“ Sofort leuchteten Elisabeths Augen und alle Sorgen waren vergessen. „Ja!“, rief sie aus, da flitzte sie auch schon los und ließ mich in der Brandung zurück.

Erleichtert sah ich ihr nach, bevor ich mich zu Arthur wandte, der mich auch jetzt noch mit Besorgnis musterte. „Ist wirklich alles in Ordnung, Caster? Archer hat dich doch nicht bedrängt?“ Die Art, wie er fragte, war eigentlich schon fast Antwort genug. Natürlich dachte er sich seinen Teil, er war ja nicht blöd. Trotzdem brachte ich ein Lächeln zustande. „Nein. Es ist alles okay. Bitte sorgt Euch nicht meinetwegen, König der Ritter“, erwiderte ich schließlich, als sich schon zum zweiten Mal heute eine Hand um mein Handgelenk schloss, dieses Mal allerdings deutlich behutsamer. „Bitte lasst es mich jederzeit wissen, sollte sich das ändern, Milady“, betonte Arthur mit so viel Nachdruck, dass es mir richtig leidtat, wieder abzuwinken. „Das werde ich. Danke. Ihr habt wahrlich ein gutes Herz und tragt die Tugenden eines Ritters mit leuchtendem Beispiel“, ließ ich den jungen König noch wissen, ehe ich mich entschieden löste und meinem Master folgte. Elisabeth hatte die Tupperdose mit den Wassermelonenstücken bereits gefunden und hielt sie triumphierend empor.



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