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The Weapon They Fear

Sasuke x Sakura
von

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Willkommen im Hasunohana

„Meister Ho-k-k-kage?!“

 

Die Augen der Rezeptionistin schienen ihr beinahe aus dem Kopf zu fallen, als sie erkannte, wer soeben ihre kleine Unterkunft betreten hatte. Ungläubig und mit offenem Mund starrte sie Kakashi an. Doch dann fing sie sich wieder und erinnerte sich an ihre guten Manieren.

 

„Mein Name ist Nuriko Takahashi und als Besitzerin des Hasunohana heiße ich Sie hiermit herzlich Willkommen! Was für eine Ehre!“ Die etwas rundliche Frau mit dem lockeren grauen Haarknoten und dem dunkelblauen Kimono verbeugte sich hinter ihrem Tresen mehrmals tief vor ihm. Für die heutige Nacht und die zweite von insgesamt dreien hatte Kakashi dieses eher unbekannte Ryōkan* ausgewählt, das nur wenige Zimmer für Reisegäste bot. Hier würde ihr Aufenthalt weniger auffallen, als in stark frequentierten Gasthäusern. Dass der Hokage das Dorf verließ sollte nicht allzu bekannt werden. Man wusste ja nie, ob es jemanden in der Nähe gab, der diese Information zu seinem Vorteil nutzen wollte.

 

„Es freut mich wirklich sehr Sie kennenzulernen, Meister Hokage!“

 

Leicht verlegen kratzte sich Kakashi am Hinterkopf. Freundlich kniff er die Augen zusammen. „Ähm, gleichfalls. Guten Abend.“

 

Sakura, Naruto und Sasuke standen etwa drei Meter hinter ihm im schmalen Eingangsbereich, bepackt mit ihren Rucksäcken, und beobachteten – der eine mehr, der andere weniger –amüsiert, wie die Frau beinahe den roten Teppich für ihren Sensei ausrollte. Der Name Kakashi Hatake war zwar schon früher bekannt gewesen, doch nun, als Hokage und somit einem der mächtigsten Shinobi der Ninjawelt, behandelten ihn die Leute doch mit weitaus mehr Respekt und Ehrfurcht.

 

„Wenn ich mal Hokage bin, werden die Leute auch vor mir niederknien“, verkündete Naruto stolz und zuversichtlich gegenüber seinen beiden Teamkameraden. Sakura schüttelte skeptisch den Kopf und verzog leicht das Gesicht, woraufhin er nur breit grinste. Naruto würde seinen Traum wohl nie aufgeben. Aber sie musste zugeben, dass er in den vergangenen Jahren seinem Ziel tatsächlich ein großes Stück näher gekommen war und der Gedanke, dass der Uzumaki eines Tages in Kakashis Fußstapfen treten könnte, war gar nicht mehr so abwegig.

 

Kakashi hielt eine Hand hoch und zeigte abgesehen vom Daumen alle Finger. „Eine Nacht für vier Personen, bitte.“ Ryōkan waren dafür bekannt, dass es keine Einzelzimmer gab, weshalb sie sich zusammen ein Zimmer teilen würden. In der Vergangenheit war dies bereits schon öfter vorgekommen und für Team 7 keineswegs etwas Neues.

 

„Oh!“ Jetzt erst bemerkte Nuriko, dass hinter dem Hatake noch drei weitere Personen standen. Ihre hellbraunen Augen betrachteten sie der Reihe nach, bis sie sich wieder auf Kakashi legten. „Natürlich. Vier Personen.“ Aufgeregt blätterte sie in einem Notizbuch und trug mit einem Kugelschreiber etwas ein. „Sie bekommen unser schönstes Zimmer, Meister Hokage. Bitte folgen Sie mir.“ Freudestrahlend bedeutete sie ihm ihr zu folgen und machte sich dann auf den Weg den langen Flur entlang. Kakashi und sein Team folgten ihr.

 

Die ersten eineinhalb Tage ihrer Reise waren ohne Zwischenfälle verlaufen. Mittlerweile hatten sie den größten Teil des Feuerreichs hinter sich gelassen und schon morgen würden sie Kusagakure erreichen. Da sie erst am späten Abend aufgebrochen waren, waren sie den größten Teil der Nacht durchgelaufen, um genügend Kilometer zu schaffen. Für einige Stunden hatten sie sich allerdings ein ruhiges Fleckchen gesucht und die Nacht unter freiem Himmel verbracht, um ihre Kraftreserven aufzufrischen. Da sie sich aber immer noch weit von ihrem Zielort aufhielten entschied Kakashi nicht noch einmal im Freien zu schlafen, weshalb er für die heutige Nacht ein nettes Schlafquartier ausgewählt hatte. Wer wusste schon, was sie in der nächsten Nacht erwarten würde, deshalb würden sie es noch einmal ausnutzen unter einem Dach zu schlafen und eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen, bevor sie in den Genuss von Iwagakures Gastfreundschaft kamen.

 

Nuriko hielt vor einem Zimmer an und schob die Schiebetür auf. Mit einer einladenden Geste deutete sie in den Raum, woraufhin Kakashi eintrat.

 

„Ich bringe Ihnen gleich vier Futons, auf denen sie schlafen können. Unser Onsen ist noch bis Mitternacht für Sie zugänglich, für den Fall, dass Sie sich noch ein wenig von Ihrer langen Reise entspannen wollen.“

 

Ihre Augen sahen die Vier neugierig an, die angefangen hatten ihre Rucksäcke abzusetzen und sich das geräumige und durchaus gehoben eingerichtete Zimmer anzusehen. Ihr schien die Frage auf der Zunge zu liegen, wohin die vier Konoha-Nins denn reisen wollten, doch sie verkniff sich ihre Neugierde und biss sich stattdessen nur kurz auf die Unterlippe.

 

„Wir wissen, dass es schon spät ist“, begann Kakashi freundlich, „aber wir würden gerne noch etwas zu essen bestellen. Wir hatten gehofft, Ihre Küche wäre noch nicht geschlossen.“

 

Ihr Gesicht erhellte sich noch mehr. „Oh! Natürlich! Ich lasse Ihnen sofort etwas bringen. Kommen Sie erst einmal in Ruhe an und machen Sie es sich bequem. In etwa einer halben Stunde wird Ihnen dann hier das Abendessen serviert.“ Die nette Frau verbeugte sich noch einmal vor ihnen und verschwand dann rückwärts aus dem Zimmer, woraufhin Kakashi erst einmal erleichtert ausatmete.

 

Sakura zog sich ihre Weste aus und ließ sie auf ihren Rucksack fallen. Die Reise hatte sie durchaus geschlaucht, denn immerhin war sie es nicht mehr gewohnt so lange und so schnell zu laufen. Ihre Füße schmerzten und fühlten sich so schwer an, als wäre sie bereits seit einer Woche unterwegs. Bei der Erwähnung des Onsen hatte sie sofort aufgehorcht. Sie konnte es kaum erwarten sich ins heiße Quellwasser zu begeben und sich zu entspannen.

 

Doch vor dem Vergnügen kam bekannterweise die Arbeit.

 

Ebenso wie die anderen zog sie sich die Sandalen aus, die sie der Reihe nach an der Seite des Zimmereingangs abstellten, und schlüpfte in die bereitgestellten Hausschuhe, mit denen sie nun geräuschlos über die Tatami-Matten ging. In der Mitte des Raumes stand ein etwa dreißig Zentimeter hoher Tisch, um den sich die Vier versammelten. Jeder von ihnen hatte die grüne Weste ausgezogen sowie die Waffentaschen abgenommen, sodass sie nur noch einheitlich in ihrer dunkelblauen Uniform da saßen. Jeder saß an einer Seite des Tisches. Naruto saß Sakura gegenüber, während Kakashi rechts und Sasuke links von ihr saß. Kakashi, gleichzeitig der Gruppenführer, legte eine dicke Mappe auf den Tisch, und sie begannen noch einmal die Einzelheiten der Mission Stück für Stück durchzugehen.

 

Etwa dreißig Minuten später wurde das Essen serviert. Drei junge Frauen, die ebenso dunkelblaue Kimonos trugen wie Nuriko, betraten den Raum. Jede von ihnen hielt ein großes Holztablett in der Hand, auf denen sich die angerichteten Speisen befanden. Ohne ein Wort zu sagen, und um die Gäste auf keinen Fall bei der Besprechung zu stören, deckten sie den Tisch, verteilten Teller und Schälchen, sowie Essstäbchen und Becher. Sakura beobachtete die drei dabei. Sie sahen sich alle sehr ähnlich, denn sie hatten alle das gleiche lange, glatte, schwarze Haar und helle, braune Augen. Vielleicht befanden sie sich momentan in einem Familienbetrieb, überlegte sie, und die drei könnten die Töchter oder die Nichten von Nuriko, der Eigentümerin des Hasunohana, sein. Was Sakura auch bemerkte war, wie die drei verstohlene Blicke in Sasukes Richtung warfen. Dies löste bei ihr einen Hauch von Eifersucht aus. Egal wo der Schwarzhaarige auftauchte, es kam immer wieder vor, dass sich das weibliche Geschlecht in seiner Nähe automatisch zu ihm hingezogen fühlte. Ein Umstand, der früher nicht nur Naruto, sondern auch sie furchtbar frustriert hatte. Nach wie vor fühlte sie sich von der mutmaßlichen Konkurrenz bedroht, auch wenn sie wusste, dass sie keinerlei Ansprüche auf ihn hatte. Dass er von den drei durchaus hübschen Frauen jedoch keinerlei Notiz zu nehmen schien, und lediglich Kakashis Monolog lauschte, beruhigte sie ungemein, auch wenn er sie ebenso ignorierte.

 

Zu guter letzt stellten sie eine große Sake Flasche auf den Tisch, die Naruto interessiert begutachtete. Dann verließen sie den Raum und Sakura konnte sich wieder darauf konzentrieren, was Kakashi sagte.

 

Während das Abendessen aufgetischt wurde hatte ihr Sensei darauf geachtet lediglich Dinge zu erwähnen, die weder wichtige Infos über ihre Mission, noch ihren Zielort offenbarten. Letztendlich hätten die drei auch Spione sein können, die sich hinter liebreizenden Lächeln und unschuldigen Augen versteckten. Da sie nun wieder unter sich waren ging er wieder ins Detail.

 

„Das ist Ryō Yagami, der neue Tsuchikage aus Iwagakure.“ Kakashi holte eine Fotografie aus einer Mappe hervor, die einen braungebrannten, rothaarigen Mann zeigte, der ernst in die Kamera schaute. „Geboren und aufgewachsen in Iwa. Die Akademie hat er mit Auszeichnung abgeschlossen. Mit zwölf wurde er zum Ge-Nin und mit dreizehn zum Chū-Nin. Ein weiteres Jahr später zum Jō-Nin. Es folgten 158 A-Rang-Missionen, 63 S-Rang-Missionen sowie etliche B-, C- und D-Rang-Missionen. Seine Spezialitäten sind im Gegensatz zum Erdelement, dass die meisten Shinobi aus Tsuchi no Kuni einsetzen, die Blitz- und Wassernatur. Momentan ist er achtunddreißig Jahre alt und er lebt seitdem er das Amt des Kage ausübt gemeinsam mit seiner Familie – seiner Frau und einem Sohn – im Kagepalast. Er ist“, zitierte Kakashi, während er auf ein Pergament stierte, das zusammen mit unzähligen weiteren Papieren in der Mappe steckte, die Yamato für die Mission zusammengetragen hatte, „eitel, ehrgeizig, pflichtbewusst, äußerst kampferfahren und skrupellos.“ Das letzte Wort hing noch wie Rauchschwaden in der Luft, während er die Mappe wieder zuklappte. „Hm, ich schlage vor, wir machen uns nichtsdestotrotz unser eigenes Bild.“

 

In dem Moment knurrte Narutos Magen und er senkte beschämt den Kopf. „Sensei, können wir die Mission besprechen und nebenbei essen?“ Schon fast sabbernd starrte er auf die köstlich duftenden Oktopus-Bällchen direkt vor ihm.

 

Kakashi sah von seinen Unterlagen auf und betrachtete nun verwundert den Tisch, als hätte er ganz vergessen, dass das Essen inzwischen vor ihnen stand.

 

Sakura warf Naruto einen tadelnden Blick zu, obwohl sie selbst großen Hunger hatte. „Kannst du dich nicht einmal zusammenreißen?“

 

Sein Magen knurrte erneut, lauter, verzweifelter. Er sackte noch mehr in sich zusammen und hielt sich den leeren Bauch. „Aber das Essen wird doch sonst ganz kalt.“

 

Kakashi schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete griff er nach den Essstäbchen. „Na los, greift zu. Das Essen geht auf mich.“

 

Mit einem leisen Freudenschrei griff Naruto nach seinen Stäbchen, riss sie auseinander und rieb sie aufgeregt in seinen Händen aneinander. „Wow, Kakashi-Sensei, du lässt es dir ja echt gut gehen, was? Das Reisen als Hokage zahlt sich ganz schön aus.“

 

„Hm, ich verrechne das als Spesen.“

 

Die Vier aßen, während sie den weiteren Verlauf der Mission besprachen. In den Schälchen und auf den Tellern versammelten sich allerhand Köstlichkeiten, wie gebratener Curryreis, gegarter Aal, gegrillte Hühnchenspieße, gegrillte Teigbällchen mit Oktopusstückchen und gegrillte Schweineschnitzel.

 

Beherzt griff Naruto nach der Sake-Flasche, aber Kakashi schüttelte mit ernstem Blick den Kopf, woraufhin der Blonde sie mit einem Schmollmund zurückstellte. Die Schüsseln und Teller leerten sich während die Bäuche immer voller wurden.

 

„Was immer noch das größte Rätsel darstellt“, begann Kakashi, während er gesättigt seine Essstäbchen beiseite legte, „sind die unterschiedlichen Zeugenaussagen. Das bereitet mir das meiste Kopfzerbrechen.“

 

„Könnte es sich vielleicht um so etwas Ähnliches wie einen Bijū handeln?“, fragte Sakura, die ebenfalls gesättigt war. Der einzige, der nach wie vor aß, war Naruto. „Der Neunschwänzige und die anderen Bijūs haben ungewöhnliche Gestalten und Fähigkeiten. Das Kyūbi sieht aus wie ein Fuchs, ist aber wesentlich größer und durchaus in der Lage ein komplettes Dorf zu zerstören.“ Kurz warf sie einen Blick zu Naruto, um zu sehen, wie er bei der Erwähnung des Fuchsungeheuers reagierte, doch er zuckte nicht einmal mit der Wimper.

 

„Die Bijūs an sich können wir ausschließen“, entschied Kakashi, der die Arme vor der Brust verschränkte. „Wenn ein Jinchūriki oder ein Bijū ein Dorf unkontrolliert verlassen hätte und somit eine Gefahr darstellen würde, wären wir mit Sicherheit informiert worden. Aber vielleicht könnte es sich tatsächlich als etwas Ähnliches herausstellen. Die Bijūs sind Dämonen und wir wissen nicht, ob es abgesehen von ihnen nicht noch weitere gibt. Eine weitere Theorie wäre ein Genjutsu.“

 

„Ein Genjutsu halte ich nicht für wahrscheinlich“, entgegnete Sasuke, während er gedankenverloren mit seinen Essstäbchen in der rechten Hand spielte. „Das wäre zu einfach. Außerdem bin ich mir sicher, dass es in Iwa genügend Spezialisten gibt, die es aufdecken würden.“

 

Naruto nickte, während er mit seinen Stäbchen nach einem Reisbällchen schnappte und es sich in einem Stück in den Mund steckte. „Wie wär‘s mit ‘nem Transformationsjutsu?“, fragte er schmatzend und mit vollem Mund, sodass Sakura missbilligend den Mund verzog.

 

Interessiert legte Kakashi den Kopf schief. „Wer weiß. Das könnte durchaus möglich sein.“

 

Eine Stunde später schwamm Sakura im heißen Wasser. Das Onsen des Hasunohana war wie die meisten Bäder nach Geschlechtern getrennt, sodass sie auf dieser Seite der heißen Quelle allein war. Abgesehen von ihr befand sich kein weiterer weiblicher Gast im Onsen, sodass sie die Ruhe ganz entspannt genießen konnte. Hinter der Trennwand konnte sie das leise Lachen von Naruto hören. Die drei weiteren Mitglieder ihres Teams genossen gemeinsam ihr Bad. In Momenten wie diesen fand sie es schade, dass sie die einzige Frau in ihrem Team war. Umgeben von Männern konnte es manchmal recht einsam sein. Dabei mochte sie die drei Männer ihres Teams, vor allem Naruto war mehr als ein Kamerad, er war ein sehr guter Freund, auch mit Kakashi verstand sie sich wunderbar, nur mit Sasuke hatte sie ihre Probleme. Aber manchmal fehlte ihr einfach eine Partnerin des weiblichen Geschlechts, eine Frau, eine Freundin, jemanden, mit dem sie reden konnte, der auch mal ihre weiblichen Launen verstand, so jemanden wie –

 

Sakura schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Sie wollte jetzt nicht anfangen zu grübeln, sondern sich entspannen! Das heiße Wasser tat ihrem Körper unglaublich gut und umschmeichelte ihre Muskeln. Die Hitze und der Dampf der Quelle sorgten für einen leichten Rotschimmer im Gesicht und Schweißperlen auf ihrer Stirn. Die Mission würde noch anstrengend genug werden. Wer wusste schon, wann sie sich wieder ein herrliches Bad gönnen konnte?

 

Es war so ruhig und friedlich. Keine Menschenseele war hier und störte sie, zumindest nicht in ihrem Badebereich. Sie lehnte sich zurück, sodass sie nun horizontal im Wasser lag, nur ihr Gesicht überragte die Wasseroberfläche. Ihre Augen starrten in den dunklen Nachthimmel hinauf.

 

Bis jetzt lief es doch ganz gut. In ihrer Fantasie hatte sie sich die schlimmsten Szenarien ausgemalt, wie diese Mission verlaufen könnte, als würde ein Teil in ihr wissen, dass sie zum Scheitern verurteilt war. Ihr Stolz hielt sie aufrecht. Sie wollte sich beweisen, heute, ebenso wie früher, dass sie ein berechtigtes und ernstzunehmendes Mitglied von Team 7 war. Vielleicht sollte sie diesmal lediglich als Medic-Nin aushelfen, doch die anderen sollten sie dennoch nicht unterschätzen. Denn sie hatte bei Tsunade nicht nur Heiljutsus gelernt.

 

Ihre Gedanken drifteten ab, bewegten sich über das Wasser, glitten mühelos durch die dünne Wand, die sie von ihren Kameraden trennte, und fanden den Weg zu der Person, die ihr am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Zugegeben, es fühlte sich nicht ganz so schlimm an, wie sie anfangs befürchtet hatte. Und doch spürte sie, dass etwas zwischen ihnen stand. Er beachtete sie kaum und sie sprachen nur miteinander, wenn es sich nicht anders vermeiden ließ. Es war komisch, wenn man bedachte, dass sie früher alles Mögliche unternommen hätte, um in seiner Nähe sein zu dürfen. Jetzt machte seine Nähe sie nervös und sie fühlte sich unwohl. Gleichzeitig fühlte sie sich von ihm angezogen. Die flüchtigen Blicke, die sie ihm hin und wieder zuwarf, immer dann, wenn sie dachte, dass er sie nicht bemerkte, konnte sie einfach nicht unterlassen. Etwas an ihm zog sie nach wie vor in den Bann.

 

Sakura atmete tief ein, hielt die Luft an, tauchte unter und genoss das Gefühl von Schwerelosigkeit im heißen Wasser. Die Augen hielt sie geschlossen. Die Geräusche wurden gedämpft, nur ein leises Rauschen drang an ihre Ohren. Sie blieb so lange untergetaucht, bis ihr die Luft ausging. Ihr Kopf brach durch die Wasserdecke und sie atmete begierig ein. Mit einer Hand rieb sie sich das Wasser und einige nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht. Mit einem Blick auf ihre Fingerkuppen bemerkte sie, dass sie bereits ganz schrumpelig waren. Von daher beschloss sie, dass es langsam Zeit wurde, das Bad wieder zu verlassen.

 

Nach einigen weiteren Minuten stieg sie aus dem Wasser und wickelte sich das weiße und ziemlich flauschige Handtuch um den Körper. Im Umkleidebereich, der ebenfalls nach Geschlechtern getrennt war, trocknete sie sich mit ihrem Handtuch ab, bevor sie in den für sie bereitgelegten hellgrauen Yukata schlüpfte. Anschließend rubbelte sie sich mit dem Handtuch noch übers Haar, um es weitestgehend möglich zu trocknen. Dann warf sie es in einen dafür vorgesehenen Behälter, schnappte sich ihre Kleidung aus dem Körbchen und ging zurück in ihr angemietetes Zimmer. Nun, außerhalb der heißen Quelle, fühlte sich die Luft eisigkalt auf ihrem Körper an, sodass sich eine leichte Gänsehaut auf ihren Beinen ausbreitete. Wenn sie Glück hatte wäre sie die erste und die anderen wären noch im Onsen, dann hätte sie noch einen Moment für sich. Auf der Mission waren sie schließlich immer zusammen, da war nicht viel Platz für Privatsphäre.

 

Kami erhörte ihren Wunsch allerdings nicht, denn als sie die Schiebetür zu ihrem Zimmer leise aufschob musste sie feststellen, dass schon jemand vor ihr zurückgekommen war. Einen Moment lang verharrte sie in der Türschwelle und starrte in die schwarzen Augen, die aufsahen, als er ihr Eintreten bemerkte. Plötzlich wurde ihr wieder ganz warm.

 

Sasuke saß an dem Tisch, der in der Zwischenzeit abgeräumt worden war. Jemand hatte ihn beiseitegeschoben und stattdessen die Futons ausgerollt. Der Schwarzhaarige wandte den Blick von ihr ab und studierte wieder die Unterlagen, die er in seinen Händen hielt. Als der Blickkontakt endete erwachte Sakura auch wieder aus ihrer Starre. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, zog die Tür hinter sich zu und ging zu ihrem Rucksack. Sie hockte sich davor, faltete ordentlich ihre Shinobi-Kleidung und legte sie neben ihr Gepäck. Dann sah sie sich wieder um. Die Stille im Raum war erdrückend. Sasuke beachtete sie nicht und las, während sie überlegte, was sie zu ihm sagen sollte – ob sie überhaupt etwas zu ihm sagen sollte. Einerseits wollte sie es, sehr sogar, wünschte sich, dass sie einfach wieder vernünftig miteinander reden konnten, andererseits befürchtete sie, dass sie sich wieder einmal zum Affen machte und ihn vermutlich nur nervte.

 

Während sie überlegte musterte sie ihn. Er trug den gleichen hellgrauen Yukata wie sie, nur einige Nummern größer. Sein schwarzes Haar war noch leicht nass. Wie gerne würde sie es berühren, vor allem die kurzen abstehenden Strähnen in seinem Nacken oder die langen, die ihm verwegen in die Stirn fielen. Selbst in diesem einfachen Outfit sah er verboten gut aus.

 

„Wo … Wo sind denn Naruto und Kakashi?“, fragte sie, als sie die Stille nicht länger aushielt. Noch während sie die Frage stellte bemerkte sie, wie bescheuert sie doch war. Er schien ähnlich zu denken, denn er warf ihr einen leicht irritierten Blick zu.

 

„Im Wasser. Wo sonst?“

 

„Oh.“

 

„Sie kommen sicher gleich.“

 

Sakura nickte stumm. Unerklärlicherweise störte sie der Gedanke. Von ihr aus konnten die anderen beiden sich noch Zeit lassen. Ihre Füße schienen ein Eigenleben zu führen, denn sie ging plötzlich langsam auf ihn zu. Dabei wusste sie gar nicht, woher dieser Mut auf einmal kam. Hier mit ihm allein in einem Zimmer zu sein fühlte sich irgendwie verboten an, als würden sie etwas Unerlaubtes tun.

 

Er las weiter und sah auch nicht auf, als sie sich neben ihn stellte und leicht zu ihm herunterbeugte. „Und? Hast du schon irgendwelche Ideen?“ Sie räusperte sich, da ihr ihre Stimme eher wie ein Krächzen vorkam.

 

Er sah sie immer noch nicht an. „Mehrere.“

 

„Mhm.“ Sie kam sich vor wie eine Idiotin. Nervös fummelte sie mit ihren Fingern an dem Rand des Ärmels ihres Yukatas. „Ähm …“

 

Sasuke atmete tief ein und wieder aus. In ihren Ohren klang es, wie ein genervtes Seufzen. Er legte die Unterlagen beiseite und drehte sich mit dem Oberkörper in ihre Richtung. „Was?“ Seine Augen blickten ihr kalt entgegen, sodass es ihr den Atem raubte. Ihre Brust schnürte sich zusammen, sodass es ihr schwerfiel, zu atmen.

 

Gekränkt wandte sie den Blick ab. „Nichts“, murmelte sie, während sie zu den Futons ging, nur um mehr Abstand zwischen sich und ihn zu bekommen. Sie wählte einen an der Wand aus und legte sich unter die Decke. Seine Anwesenheit war immer noch stark präsent. Sie rollte sich so weit es ihr möglich war zusammen und kniff die Augen zu. Diese Nacht würde der Horror werden. Diese ganze Mission würde der Horror werden. Sie schafften es ja nicht einmal normal miteinander zu reden.

 

Seine Reaktion sorgte dafür, dass sie sich elend fühlte. Seine Botschaft war nicht misszuverstehen. Am liebsten würde sie weglaufen, weg von ihm und dieser Mission, die alles auf den Kopf stellte. Die Anspannung im Raum war kaum auszuhalten. Sie traute sich kaum zu atmen. Nun hatte sie ihre Meinung geändert und hoffte, dass Naruto und Kakashi bald wieder zurückkamen.

 

Aber auch diesmal erhörte Kami ihren Wunsch nicht …

 

Es dauerte noch eine halbe Ewigkeit, bis Sasuke schließlich aufstand und das Licht ausschaltete. Im Dunkeln ging er ebenfalls zu den Futons, und wählte genau so wie sie einen an der Wand, und somit den am weitesten von ihr entfernten. Sie lag auf der Seite und konnte ihn trotz der Dunkelheit der Nacht leicht erkennen. Er hatte ihr den Rücken zugewandt. Noch eine klare Botschaft.

 

Es zerriss ihr beinahe das Herz. Ihre Augen begannen zu brennen, während sie auf seinen Rücken starrte. Auf den Punkt, wo seine Kleidung sonst immer das Uchiha-Wappen zierte, wenn er nicht seine Shinobi-Uniform trug.

 

Inzwischen hatten sie sich wieder soweit voneinander entfernt. Dabei hatte es Zeiten gegeben, in denen es anders gewesen war. Schon damals, als ihr Team gegründet wurde, war es schwierig mit dem Uchiha gewesen, doch im Laufe der Zeit hatten sie sich alle, zusammen mit Naruto und Kakashi, angefreundet. Der Eisklotz taute nach und nach langsam auf und das Teamwork, woran es bei allen anfangs haperte, wurde immer mehr ein Teil von ihnen. In den vergangenen Jahren hatten sie vieles zusammen erlebt, viel schönes …

 

Doch nun war alles anders. Und sie bedauerte es zutiefst und wünschte sich, es wäre nie soweit gekommen. Ihre Gefühle für ihn waren immer noch da. Am liebsten wäre sie aufgestanden und zu ihm gegangen, mit unter seine Decke gekrochen und hätte sich an ihn geschmiegt. Seine Nähe und seine Wärme gespürt. Seine beruhigenden Berührungen. Seine dunkle Stimme, die ihr zuflüsterte, dass alles wieder gut werden würde.

 

Sie fragte sich, was er inzwischen für ein Mensch war, schließlich hatten sie die letzten drei Jahre so gut wie keinen Kontakt gehabt. Ebenso wie Naruto gehörte er mit zu den talentiertesten Shinobi des Dorfes. Er entsprang einem berühmten Clan, war durchaus begabt und mit seinem Sharingan in der Lage es mit jedem Gegner aufzunehmen. Mehrmals hatte sie ihn kämpfen gesehen, mehrmals Seite an Seite mit ihm gekämpft, und jedes Mal hatte es ihr den Atem geraubt. Seine Präzision, die Schnelligkeit und der Anmut, mit denen er sich bewegte und seine Waffen führte, stets hatte er die Kontrolle, zeigte niemals Angst … Gleichzeitig konnten seine Augen eine eisige Kälte ausdrücken und eine Leere schien in ihm zu stecken, die sie unbedingt füllen wollte.

 

Die Sehnsucht riss weiter an ihr, wollte sie zu ihm zerren und es kostete sie alle Anstrengung dagegen anzukämpfen. Sie stellte ihn sich vor, seine stattliche Größe, sein durchtrainierter Körper, die zarte Blässe seiner Haut, die sinnlichen Lippen, das leicht zerzauste schwarze Haar, seine starken Hände und seine Augen, diese wundervollen dunklen Augen, die sie alles vergessen ließen, wenn sie in sie hineinblickte.

 

Doch dann drängten sich andere Augen in ihre Gedanken, helle, anklagende Augen. Ein Ziehen ging durch ihren Magen und verbreitete einen bitteren Nachgeschmack.

 

Nein, sie durfte nicht.

 

Mit einer schnellen Bewegung drehte sie sich um und kehrte ihm ebenfalls den Rücken zu. Sie atmete mehrmals zitternd ein und aus. Der Schlaf wollte nicht kommen, denn sie war zu aufgewühlt, ihre Gedanken fuhren Achterbahn. Irgendwann wurde die Tür aufgeschoben und Naruto und Kakashi schlichen ins Zimmer. Da das Licht bereits aus war achteten sie darauf, die anderen beiden nicht zu wecken, auch wenn Sakura anhand von Sasukes Chakra spüren konnte, dass nicht nur sie noch wach war.

 

Naruto und Kakashi machten es sich ebenfalls auf ihren Futons bequem. Direkt neben sich hörte sie die tollpatschigen Schritte von Naruto. Seine leisen Atemzüge wurden immer langsamer und lauter, bis es einem leichten Schnarchen glich.

 

Lange lag Sakura wach und quälte sich mit Gedanken, mit Gefühlen und Sehnsüchten. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch irgendwann schlief auch sie schließlich ein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*Ryōkan = traditionell japanisch eingerichtetes Reisegasthaus Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Scorbion1984
2021-03-22T19:20:31+00:00 22.03.2021 20:20
Ich frag mich immer noch ,was ist zwischen Sakura und Sasuke vorgefallen ,das er ihr gegenüber so eine Kälte ausstrahlt. Freu mich das es weitergeht.
Antwort von:  stone0902
23.03.2021 17:29
Huhu, naja Sasuke hat ja so schon keine sehr warhmherzige Art. Er ist sehr kühl und distanziert, ebenso wie zum Beispiel Ibiki, Fugaku oder Shikaku. Die sind auch sehr verschlossen.
Allerdings ist in der Vergangenheit etwas zwischen den beiden vorgefallen und Sasuke hat durchaus seine Gründe, weshalb er zu Sakura so abwesend ist. Das Geheimnis wird aber erst später gelüftet. ;)
Von:  Mindgames
2021-03-20T23:00:43+00:00 21.03.2021 00:00
Hey :)
Das war wieder ein super Kapitel!
Die Atmosphäre in dem Gasthaus hast du so super beschrieben, dass es sich so angefühlt hat, als würde man als Leser direkt daneben stehen.
Dass die Rezeptionistin fast einen roten Teppich vor Kakashi ausgerollt hat, fand ich ziemlich amüsant haha und auch, als sie rückwärts aus dem Zimmer gegangen ist.

Den inneren Aufruhr von Sakura konnte ich richtig gut nachvollziehen. Diese kurze Eifersucht, als diese drei Damen das Essen serviert haben und auch diese Nervosität, als sie nach dem Baden zurück ins Zimmer gekommen ist.

Natürlich hat das Kapitel auch neue Fragen aufgeworfen und ich bin schon sehr gespannt, wann und ob diese beantwortet werden.
Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf das nächste Kapitel! :)

LG <3
Antwort von:  stone0902
21.03.2021 15:04
Huhu :)

Schön, dass es dir gefallen hat. Der Anfang ist noch relativ unspannend und zeigt erst einmal das Verhältnis der Charaktere zueinander, bevor es so richtig losgeht.

Nuriko hat mir auch gut gefallen xD Die meisten Ninja im Narutoverse sind immer so ernst, von daher dachte ich mir, das ist mal ne schöne Abwechslung ^^

Am Anfang mag alles ein wenig verwirrend sein, aber die meisten offenen Fragen werden aufgedeckt werden. Man hat ja schon erfahren, dass es ein wichtiges Ereignis gab, das für viel Veränderung in Sakuras Leben gesorgt hat. Ich hoffe, dass ich soweit alles logisch und nachvollziehbar schildern kann, ohne dass es zu verwirrend und zusammenhanglos erscheint. Das ist ein wenig schwierig, aber ich gebe mein Bestes :)

Liebe Grüße
stone :)


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