Lichtermeer
Dieser eine Moment
Wir sind jetzt schon fünf Jahre zusammen. Fünf ganze Jahre, etwas womit ich nie gerechnet hätte. Ganz ehrlich, hätte mir vor sechs Jahren jemand gesagt, dass wir beide mal zusammen sein würden, hätte ich ihn wohl ausgelacht und ihm einen Vogel gezeigt. Ich mein, wir sind beste Freunde, wir kennen uns schon, seit wir ganz klein sind. Selbst unsere Eltern sind befreundet und das schon seit der Schulzeit. Wir haben schon so viel miteinander erlebt, schon bevor wir zusammengekommen sind. Du, Logan, Etienne und ich… Uns konnte nichts trennen. Die Vier Musketiere hat meine Mum uns mal genannt, ich glaub, es gibt sogar noch ein Bild vom Kindergarten, als sie uns auch so verkleidet hatten. Es war eine schöne Zeit und doch wurden wir alle erwachsen. Du warst mit Tienne zusammen, Logan hat Nance für sich gefunden und ich habe Lauri kennengelernt. Unsere Leben wurden anders… Und doch waren wir füreinander da. Dass es mit dir und Etienne nicht funktioniert hat, war für uns alle ein Schock aber irgendwie auch nicht… Ihr passtet nicht zusammen. Zuerst dachten wir das schon, aber irgendwie wart ihr in einer Beziehung nicht gut füreinander. Ganz im Gegensatz zu Nance und Logan. Ich mein, wer bitte hätte damit gerechnet, dass die beiden heiraten. Ich nicht, ganz ehrlich nicht… Das war wirklich eine große Überraschung und doch, bei den beiden passt es. Sie passen einfach zusammen, sie haben ihre eigene kleine Familie gegründet und ich bin ehrlich, das hat mich dann doch geschockt und man sieht, wie glücklich Logan mit ihm ist. Aber ich komm vom Thema ab, denn nicht nur die beiden haben zusammengefunden, sondern auch ich habe diese eine Person gefunden. Ich dachte, dass es Lauri war, als ich sie kennenlernte, doch leider nahm unser Schicksal einen ganz anderen Verlauf und meine Gefühle auch. Eine Tatsache, die schwerer war als man wohl glaubt, denn ich wurde von Vorwürfen geplagt, vor allem, als sie dann auch noch wegen Anthony starb. Sie war so sanft und liebevoll, sie hatte es nicht verdient, so jung zu sterben. Schließlich hatten wir noch so viele Pläne, sie hatte noch so viele Pläne, doch schon bevor sie starb, hatte mein Herz sich schon für jemand anderen entschieden und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Wie ich es dir erklären sollte und vor allem auch, wie du dazu stehst, immerhin, ich war nicht Etienne. Ich war eigentlich das komplette Gegenteil von ihm, aber an Logans Hochzeit, dank des Alkohols, und es gab viel Alkohol, konnten wir endlich zu unseren Gefühlen stehen. Das ist nun fünf Jahre her. In diesen Fünf Jahren haben wir es, trotz der Tatsache, dass wir beide im Gefängnis saßen, erst zusammen und dann ich allein, geschafft zusammenzubleiben, zusammenzuhalten und die Gefühle nicht zu verlieren. Seit ich vor einem Jahr entlassen wurde haben wir auch endlich die Zeit, unser Leben zusammen zu verbringen, das zu tun was Pärchen eben so machen. Wir sind sogar zusammengezogen, einfach weil wir zusammen sein wollten. Und ich bin ehrlich, ich möchte auch weiterhin bei dir sein. Mein Leben mit dir teilen und dich nie wieder verlieren. Deshalb stehe ich jetzt auch hier am Strand, in einem Lichtermeer aus Kerzen und Sternen, während ich warte, dass dich Etienne und Logan hierher lotsen, denn ich habe die beiden eingeweiht. Etienne hatte die Idee, dass wir wieder hier an den See fahren, an dem wir damals diesen katastrophalen Urlaub hatten und einfach mal wieder nur zu viert etwas machen. Ich fand es perfekt, denn du hast keine Ahnung, was wir noch geplant haben. Du hast gemault, als dich Logan und Etienne dazu verdonnert haben, mit ihnen kurz in den kleinen Supermarkt zu fahren, damit ihr noch Bier holen könnt und ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht zu lachen. Jetzt aber warte ich hier und werde wirklich nervös, wobei ich aber langsam eure Stimmen hören kann – hören kann, wie ihr lacht und quatscht, bis du dieses Meer von Lichtern siehst. Verwirrt siehst du von einem zum anderen, bevor du nach vorne stolperst, als dir Logan einen kleinen Schubs gibt. Unsicher kommst du auf mich zu und siehst dich dabei um. „Was soll das? Hast du das gemacht?“, kommt es von dir, worauf ich schmunzeln muss, denn das bist so typisch du. „Mhm…“, nuschle ich, worauf du zu den anderen beiden siehst. „Sollte ich deshalb mit Einkaufen gehen?“, willst du wissen und wieder erhältst du ein Nicken von mir und ein „Mhm…“, doch als du dich diesmal zu mir umdrehst, knie ich vor dir. In der Hand eine Schachtel mit einem Ring. „Jordan… ich weiß du bist überhaupt nicht für Romantik und findest das immer alles total kitschig… aber… naja, ich steh auf diesen ganzen Scheiß, aber vor allem auf dich… und… du bist mehr wert, als ein Antrag zwischen Tür und Angel, deshalb steh… nein knie ich jetzt hier vor dir und frage dich… willst du mich heiraten? Den Rest deines Lebens mit mir verbringen? Dich über mich ärgern, mir verbrannte Pancakes machen und mir wegen meiner dummen Sprüche irgendetwas an den Kopf werfen? Bis uns beiden irgendwann mal die Lichter ausgehen?“, frage ich dich und habe dabei deine Hand genommen. Ich sehe zu dir auf und kann deutlich sehen, wie sprachlos du gerade bist, wie sehr du nach Worten suchst und doch kniest du dich dann einfach zu mir. „Du bist ein Spinner Ryan Kendall… aber ja… ja ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen“, kommt es dann von dir, worauf ich dich einfach nur an mich ziehen kann, um dich zu küssen, denn diese Antwort habe ich mir erhofft. Ich habe so sehr darum gebetet, dass du „Ja“ sagen würdest und meine Gebete wurden eindeutig erhört. Während ich dich küsse und dir dann den Ring an deinen Finger stecke, kann ich das leise Schluchzen von Etienne hören. Unsere kleine Weichwurst kann die Tränen wieder deutlich nicht zurückhalten, aber ich kann ihn verstehen, denn ich bin gerade auch so glücklich, dass ich mit den Tränen kämpfen muss und doch sehe ich dann dein freches Grinsen, bevor ich nach deinen nächsten Worten wieder lachen muss. „So schlecht sind meine Pancakes gar nicht… deine Spiegeleier sind viel schlimmer“, murrst du jetzt, denn du musst diesen gefühlsduseligen Moment einfach irgendwie umgehen. Aber so kenn ich dich und so liebe ich dich auch. Außerdem ändert das nichts daran, dass du „Ja“ gesagt und mich somit zum glücklichsten Mann auf der Welt gemacht hast.
