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Fremde gehen

von

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Es gibt nichts mehr außer uns.
 

Wir halten einander fest. Ich schließe die Augen und vergrabe mein Gesicht in seine weizenfarbenen Locken. Mir steckt ein Klumpen im Rachen und die Tränen kullern mir unkontrolliert die Wangen runter. Er schmiegt sich an meine Brust. Seine Schultern zucken. Es wirkt so, als möchte er vor der ganzen Welt flüchten und sich in meinen Armen verstecken. Ich spüre seine sanfte Wärme. Nichtmal seine dicken Klamotten können sie verbergen. Er drückt mich kräftig zusammen. Ich tue dasselbe, denn mir wird gerade bewusst, dass ich es zum allerletzten Mal machen darf.
 

„Du bist ungefähr anderthalb Jahre zu spät damit, Uchiha”, wispert er schnaubend.

„Ich weiß”, halle ich nach.

„Das werde ich dir niemals verzeihen.”

„Verständlich.”

„Weißt du, warum ich dem heutigen Treffen zugesagt habe?”

„Nein.”

„Ich wollte dich leiden sehen.”

Ich grinse mit den Tränen im Gesicht: „Und? Hat dich der Anblick meiner miserablen Existenz glücklich gemacht?”

„Ja, für ein paar Augenblicke ging's mir richtig göttlich heute.”

„Dann hat sich das Treffen doch gelohnt, oder?”

„Nein.”

„Wieso denn?”

„Weil dich so zu sehen…” Seine Stimme bricht, aber er bringt den Satz zu Ende: ”…unerwartet richtig doll weh tut.” Mein Herz verkrampft schmerzhaft. Ich reiße mich zusammen, um nicht in einem schlimmen Weinkrampf auszubrechen, und drücke ihn noch näher zu mir. Er fährt fort: „Dafür hasse ich dich, Sasuke. Ich hasse dich dafür, dass du immer noch diesen besonderen Platz in meinem Herzen besetzt. Ich verabscheue dich aus dem tiefsten Herzen. Mit aller Hingabe. Du bist ungelogen das Schlechteste, was mir je passiert ist.”
 

Ich kneife die Augen kräftig zusammen. Das trifft richtig hart. Es fühlt sich so an, als würde er direkt in mein Herz hineinstechen. Ich kann mich kaum zurückhalten. Wenn er noch so etwas parat hat, platze ich wahrscheinlich.
 

„Also, ist alles zwischen uns nur schlecht gewesen?” Ich weiß nicht, warum ich überhaupt diese Frage stelle. Es ist im Grunde egal, ob es was Gutes gab, die gesamte Bilanz ist negativ und das ist mir viel zu gut bewusst.

„Ja, weil jeder kleinste Glücksmoment mit dir dazu geführt hat, dass wir jetzt hier sind. Und das ist nicht gerade gut, weißt du?”

„Verstehe. Warum gehst du dann nicht einfach?”

„Keine Ahnung. Es ist genauso, wie du mir nicht sagen kannst, ob du mich wirklich jemals geliebt hast.”
 

Ich schnaube laut und schlucke, in der Hoffnung den Klumpen im Rachen loszuwerden. Natürlich bringt es nichts. Die Kehle wird gefühlt nur noch fester zugeschnürt.
 

„Du bist so richtig verbittert geworden, oder?”, wispere ich. Er sagt nichts. „Mir war überhaupt nicht bewusst, wie hart dich das getroffen hat.”

„Jetzt weißt du es.”

„Scheiße… ich habe dich ja richtig zerbrochen.” Mein Herz verkrampft sich noch einmal… oh, es ist nicht nur so ein Moment-Ding… es lässt nicht los. Aua!

„Ummm, hast du”, spricht er heulend aus.
 

Okay, das war's. Ich breche zusammen. Der Schmerz in meinem Brustkorb wird intensiver und breitet sich wie ein bösartiger Geschwür in die anderen Regionen meines Körpers aus. Ich verbrenne von Innen. Es sind die Flammen der Hölle. Sie zerfressen mich. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Es geht mir so dreckig. Trotzdem lasse ich nicht los. Ich spüre seine Präsenz und es ist mein Anker im Hier und jetzt. Gleich ist es vorbei. Nicht mehr lange…
 

Nach einigen Minuten beherrsche ich mich wieder genug, um die groben Umrisse meines Flurs bewusst wahrzunehmen. Er ist immer noch hier. Einerseits bin ich tierisch glücklich darüber, andererseits will ich, dass er aus meinem Leben für immer verschwindet.
 

„Hast du dich genug an meinem Leid ergötzen können?”, flüsterte ich kraftlos.

„Ja.”

„War das schön?”

„Oh ja.”

„Gut. Und geht's dir jetzt besser?”

„Nein.”

„Hmmm, schade. Hilft's dir, wenn ich sage, dass ich dich jeden Tag vermisse?”

„Nein.”

„Wie wäre es mit einer Liebeserklärung?”

„Nein.”

„Willst du nochmal deinen Frust an mir loswerden?”

„Nein.”

„Kann ich dich irgendwie aufmuntern?”

„Erfinde eine Zeitmaschine, reise in die Vergangenheit zurück und mach genau das, was du jetzt machst. Damit würdest du mich für immer aufmuntern.”

„Das kann ich nicht. Tröstet dich ein wenig, dass es ein Paralleluniversum gibt, wo genau das passiert ist?”

„Nicht sonderlich, nein.”

„Also, gibt's nichts, was ich für dich tun kann?”

„Lösch dich aus meinen Erinnerungen”, zischt er giftig. Dabei schmiegt er sich näher an meine Brust.

„Das liegt leider überhaupt nicht in meiner Hand.” Ich küsse unauffällig seinen Kopfwirbel und er zuckt leicht zusammen.

„Was kannst du eigentlich?!”, lässt er frustriert ab. Dabei klingt er passiv-aggressiv und absolut verzweifelt. Er haut mich ziemlich kräftig, aber der physische Schmerz ist in diesem Moment völlig egal. Er bricht zusammen. Ich auch. Wir verletzen einander schon wieder. Trotzdem halten wir einander ganz-ganz fest.

„Vielleicht muntert dich das hier auf. Dich gehen zu lassen war der größte Fehler meines Lebens. Ich möchte, dass du es mal gehört hast.”
 

Er sagt nichts. Ich höre nur Schluchzen. Ich wünsche, ich könnte ihm seinen Schmerz nehmen. Ich will, dass er für immer bei mir bleibt. Dann könnte ich es vielleicht irgendwann wiedergutmachen. Dann wäre er vielleicht ein wenig glücklicher.
 

Und so standen wir keine Ahnung für wie lange. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren und er augenscheinlich auch. Seine Schulter haben ab und zu spastisch gezuckt. Ich habe mich mittlerweile so weit beruhigt, dass ich jetzt ganz leise für mich heulen kann.
 

„Ich sollte jetzt wirklich gehen.”

„Mach das. Es wird ja nur noch später.”
 

Endlich haben wir den krampfhaften Halt aufgelöst. Er setzt das Verlassen meiner Wohnung fort, indem er die Hand wieder langsam auf die Türklinke legt. Diesmal stoppe ich ihn nicht und er kann erfolgreich die Tür aufmachen. Er bewegt sich in den Vorraum, wo der Fahrstuhl ist. Ich folge ihm bis dahin. Er betätigt den Knopf und nach einer Weile kommt der Fahrstuhl tatsächlich an. Er steigt ein, drückt auf die Null und dreht sich um. Unsere Blicke treffen sich und wir schauen einander bewusst an. Ich möchte die allerletzten Augenblicke mit ihm schnappen. Plötzlich geht die Tür zu. Kurz bevor er aus meinem Sichtfeld verschwindet, wisepre ich:
 

„Naruto, ich liebe dich.”



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2022-12-02T17:50:24+00:00 02.12.2022 18:50
Das wollte er sicher nicht mehr hören nach diesem Gespräch, er hat genug von Sasuke.
Weiter so freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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