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Santos sexy little Helper

von

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Kapitel 2 - Auf der Suche

Einen schönen Nikolaustag wünsche ich euch!!!

Hoffentlich gefällt euch bis jetzt meine kleine Adventsgeschichte.

Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß mit dem zweiten Kapitel und einen schönen Sonntag ^^
 


 

Kapitel 2 - Auf der Suche
 

Mein Kopf schwirrt. 'Diese dämliche Liste!'

Nein, nicht DIE Liste. Die gibt's schon lange nicht mehr. Wozu auch. Die unartigen, verwöhnten Balgen bekommen doch sowieso alles von Mama und Papa in den Arsch geblasen. Wozu dann noch eine Liste führen?

Nein.

Ich rede von der Produktionsliste. Wir liegen ganz gut in der Zeit, aber einiges muss noch abgearbeitet werden.

Bei den Elektrosachen stockt es wieder. Natürlich! Wo auch sonst? Dieser elektronische Mist ist seit vielen Jahren der Renner unter den Weihnachtsbäumen. Wer will noch Puppen, Kaufmannsläden oder Holzautos? Eben. Niemand.

Lieschen Müller möchte ein neues Smartphone, obwohl sie drei Monate vorher erst eins zum Geburtstag bekommen hat. Und Johnny Gierhals bekommt Schreianfälle, weil er unbedingt die neuste Spielekonsole braucht. Verwöhnte Balgen! Na ja okay. Die bekommen von uns auch nichts unter den Baum gelegt, sondern nur die, die es sich auch verdienen. Die, dessen Eltern sich nicht das Neuste und Beste leisten können.

Ich vergrabe das Gesicht in meinen Handflächen.

"Ich brauch 'ne Pause!"

"Tee?" Camilla steht plötzlich vor mir. Wieder lächelt sie, als wolle sie mich gleich auffressen.

"Danke." Trotz allem lächle ich freundlich zurück und nehme ihr die Tasse ab.

Auf einmal zuckt es drängend in meiner Hose.

Huch!

Verwirrt sehe ich zu Camilla auf.

"Ist was?", fragt sie mich und wirkt nicht mehr ganz so aufdringlich. Bis auf ihr ekelhaft süßes Parfüm. Ich hasse diesen Duft. Erinnert mich an verweste Blumen.

"Nein. Alles okay", lüge ich.

Diese Gefühlswelle eben konnte unmöglich von ihr kom… Da! Schon wieder!

Aber Camilla ist schon wieder davonwackelt. Von ihr kam das definitiv nicht.

Ich schaue mich im Raum um. Aber weder sehe ich hier Rentiere, noch jemanden, der mich notgeil angeifert. Mal ganz zu schweigen davon, dass das mit Menschen nicht funktioniert. Also das mit der Empathie.

Ob eins meiner Lieblinge gerade heiß ist? 'Ist doch gar nicht die Zeit dafür …'

Trotzdem schaue ich hinaus.
 

Meine Rentiere stehen tagsüber draußen auf den umzäunten Weiden. Die Flutlichter sind an, da es im Winter hier kaum hell wird. So wird einem wenigstens vorgegaukelt, es wäre einigermaßen hell.

Alles friedlich da draußen. Niemand, der seinen Artgenossen bespringt.

Und trotzdem zieht es wieder verlangend in meinem Schritt. So sehr, dass ich sogar leise Keuchen muss.

Unangenehm in einem Großraumbüro.

Mein Vordermann dreht sich zu mir. "Ist alles okay, Santos?"

"Ja, ja", winke ich ab und biege den Rücken durch. "Mein Rücken. Nix schlimmes."

Ich bekomme ein wissendes Lächeln geschenkt. "Wem sagst du das!" Mein Vordermann wendet sich wieder seinem Bildschirm zu. Gut.

Ändert nur nix daran, dass ich soeben einen mächtigen Ständer bekomme. Leider keinen Weihnachtsbaumständer …

Ich rutsche dichter an den Schreibtisch und versuche mich auf die Arbeit zu konzentrieren, doch Pustekuchen.

Der Druck wird immer schlimmer. So sehr, dass ich meine Lippen fest aufeinander pressen muss, um nicht wieder loszustöhnen. 'Ich muss hier raus!'

Unauffällig schiele ich nach unten. Wie soll ich hier raus, ohne, dass jemand dieses Bäumchen in meiner Hose bemerkt?!

Mir kommt eine Idee.

Ich strecke mich und ziehe dann meinen Pullover aus. "Warm hier, oder?", frage ich in die Runde. Fragende Blicke. Einer nickt wenigstens.

Der Pulli landet auf meinem Schoß und ich tippe ein paar Minuten unsinniges Zeug in den Computer ein.

Erst, als ich ein wenig Zeit verplempert habe, wage ich es aufzustehen. Mein Oberteil natürlich vor den Schritt haltend, was mir wieder komische Blicke einbringt. "Schön weiterarbeiten!", fahre ich alle im schärften Boss-Ton an.

"Jawohl Chef!"

Ho ho ho.

Der Boss zu sein, kann auch Vorteile haben. Meist bedeutet es allerdings nur viel Arbeit und Stress.
 

Erleichtert atme ich tief ein, als ich im Vorraum stehe.

"Uh. Ist das Päckchen für mich?" Julian!

Natürlich hat er mein 'Päckchen' bemerkt.

Der Blonde lehnt sich grinsend zurück und knabbert dabei lasziv an seinem Kugelschreiber. Allerdings mit der Spitze voran, weshalb er sich die halbe Fresse blau einfärbt.

"Du hast da was", kläre ich ihn auf und versuche dabei so ernst wie möglich auszusehen.

"Hm?"

"Im Gesicht. Das ist ganz blau."

"Was … Oh Scheiße!" Eben hat er es gemerkt und starrt entsetzt auf die Kugelschreiberspitze. "Fuck! Fuck, fuck!"

Während Julian zum Glück damit beschäftigt ist, sich die Kugelschreiberfarbe mit einem Taschentuch aus der erschrockenen Visage zu kratzen, schlüpfe ich schnell in den Aufzug.

Froh, oben in meiner Wohnung angekommen zu sein, reiße ich mir gleich mal die Hose auf. Klein Santa steht immer noch wie ein strebsamer Spielzugsoldat aufrecht und lugt gefechtsbereit aus dem Hosenlatz.

"Was ist nur los?", frage ich meinen Kameraden, doch der antwortet nicht sondern wartet auf Kommandeur Händchen, der ihm ordentlich den Sturzhelm poliert. *

Ehe ich jedoch den Kommandeur in die unausweichliche Schlacht schicke, schaue ich mich ratlos in meinem Wohnzimmer um. Irgendwas ist anders. Was? Fragt mich was Leichteres.

Es zieht mich wieder zum Fenster, also laufe ich rüber zur Balkontür.

Auch von hier sehe ich meine Rentiere friedlich auf der Weide umherlaufen. Manche beknabbern sich sogar. Fellpflege. Ich fange an zu lächeln und beobachte meine Lieblinge eine Weile. Ihnen geht es gut und sie sind gesund. Das muss ich noch nicht mal spüren, um es zu wissen.

Als jedoch mein Schwanz plötzlich abermals wie eine übereifrige Wünschelrute ausschlägt, sehe ich es. Oder besser gesagt: Ihn.

"Du schon wieder", murmle ich und starre das Karibu an.

Er steht nicht weit von der Weide entfernt.

Aufmerksam beobachte ich ihn. Er macht keine Anstalten zu meinen Rentieren rüberzulaufen. Diese scheinen sich inzwischen an den Fremdling gewöhnt zu haben, denn sie bleiben weiterhin ruhig.

Ich seufze, was die Scheibe beschlagen lässt, also wische ich schnell mit dem Ärmel darüber.

'Sieht er mich etwa an?'

Ich verenge die Augen, um besser sehen zu können, doch das bringt mich auch nicht weiter. 'Irgendwo liegt doch noch ein Fernglas herum', überlege ich und schaue mich um. Da drüben! Auf dem Bücherregal liegt es.

Ich schnappe es mir und stelle mich wieder vor die Balkontür.

"Wenn mich jetzt jemand sieht …", amüsiere ich mich.

Muss doof aussehen. Untenrum nackt, mit einer Mörder Erektion und Fernglas in der Hand. Doch alles, was es hier zu sehen gibt, sind Rentiere.

"Und ein neugieriges Böckchen", raune ich.

Er sieht mich tatsächlich an.

Wieder erwischt mich eine Welle aus Erregung und … 'Sehnsucht?'

"Merkwürdig. Sehr merkwürdig."
 

Ich beobachte das Karibu noch eine Weile, doch es tut nichts, als zurückzustarren.

Hin und wieder streckt er seine Nase in die Luft, als würde er etwas wittern.

"Hm." Werd da mal einer schlau draus.

Ich will gerade das Fernglas wieder weglegen, um mich endlich um mein südliches Problem zu kümmern, da sehe ich, wie sich der Körper des Karibus anspannt. Er reckt den Hals, öffnet das Maul und scheint zu rufen.

Meine Rentiere hopsen erschrocken davon, berappeln sich aber nach dem ersten Schreck wieder schnell.

Hören kann ich das Karibu hier oben nicht. Dennoch rauscht eine heiße Gänsehaut über mich hinweg und mein Soldat, nun ja … Ich muss jetzt wirklich dringend wo hin.

'Merkwürdig … Sehr, sehr merkwürdig …'
 

Erleichtert, aber trotzdem nicht wirklich befriedigt, trotte ich wieder nach unten.

Als ich aus dem Fahrstuhl trete, grinst mich Julian verschämt an.

"Wieder sauber?" Er nickt und wird rot.

"Ähm Santa?"

"Ja?"

"Heute Abend … Also wenn du magst …" Oh no! Was mach ich denn jetzt? "Da wir ja letztes Mal unter unterbrochen worden sind ..."

WAMM!

Mir bleibt fast das Herz stehen!

Julian schreit schrill auf, was fast noch schlimmer ist, als der Schreck eben und greift sich panisch an die Brust.

"Santos!", brüllt er und hopst unter dem Tresen in Deckung.

Panisch schaue ich vorn durch die gläserne Eingangstür. Aus dem Büro stürmen meine Angestellten, um zu schauen, was hier los ist.

"Ach du meine Güte!" Camilla.

Ich laufe los. Wie in Trance.

Dieses Karibu schon wieder!

Der vierbeinige Spinner ist mit voller Wucht gegen die Tür gerannt. Sie hat sogar einen Sprung!

'Hoffentlich hat er sich nicht verletzt', schießt mir durch den Kopf.

"Julian? Ruf Karin!" Keine Antwort. "Julian?!"

"J-Ja … Ja Boss. Sofort!"

Karin ist unsere Tierärztin.

Hinter mir kann ich förmlich hören, wie alle die Luft anhalten, als ich nach vorne schreite und die Eingangstür öffne.

"Santa! Nicht!" Mehrere rufen nach mir, aber ich ignoriere sie.

'Er wird mir nichts tun.' Hoffe ich …
 

Vorsichtig trete ich ins Freie. Das Karibu steht keine fünf Meter von mir entfernt. Es atmet schnell, fixiert mich.

"Hey mein Hübscher. Was machst du denn für Sachen?", rede ich leise auf ihn ein. "Hast du dir weh getan? Zeig mal her."

Langsam gehe ich auf ihn zu. Er schnaubt und senkt den Kopf. 'Oh oh ...'

"Ganz ruhig", versuche ich ihn zu beruhigen. "Es ist alles okay."

Ich atme tief ein, verjage das aufkommende Unwohlsein. 'Kommt das von ihm?' Ich weiß es nicht.

"Was ist denn nur mit dir?"

Hinter mir höre ich meine Angstelten aufgeregt murmeln. 'Können die nicht mal leise sein?!'

"Die tun dir nichts", verspreche ich dem aufgeregtem Karibu. "Das lasse ich nicht zu." Es antwortet mir mit einem Schnauben. "Ganz ruhig … ruhig …" Der Bursche wird wirklich ruhiger. "Gut so mein Hübscher … Alles ist gut … Komm zu mir ..."

"Boss!" Heinz schlittert um die Ecke, hinter ihm erscheint auch gleich noch Karin. Das Karibu nimmt wieder reissaus.

"Heinz! Verdammt!"

"Oh. Sorry Boss." Bedröppelt schaut er erst dem flüchtenden Karibu hinterher, dann richtet sich sein Blick mich. "Das wollte ich nicht." Ich gebe ein genervtes Grunzen von mir.

"Okay, es reicht! Der große Junge wird jetzt eingefangen! Egal wie!", beschließe ich. "Heinz? Spann Benedikt vor den kleinen Einspänner."

"Jawohl, Boss!" Heinz eilt davon.

"Und Karin?"

"Ja?"

"Halte dich bereit. Ich weiß nicht, ob er sich nach der Aktion gerade verletzt hat."

"Ist gut, Santa."

Ich stürme wieder das Gebäude und reiße meinen Mantel vom Haken.

"Oh Gott! Santos! Du bist so mutig!" Julian trippelt auf mich zu.

'Ich werde mich bald nach einer neuen Empfangs'dame' umsehen müssen!' Aber erstmal suche ich das flüchtige Karibu!

Wenn ich daran denke, er könnte tatsächlich verletzt sein … Mir wird ganz flau im Magen.
 

***
 

"Langsam, Junge." Benedikt drosselt das Tempo. Eigentlich müsste ich nicht mal was machen. Die Verbindung zwischen ihm und mir kommt ganz ohne Worte und Gesten aus. Leider reicht es noch nicht, damit er sich in die Luft erhebt. Das klappt nur am Heiligen Abend. Wenn genug Magie in der Luft herumschwirrt und die Verbindung zwischen den Rentieren und mir am Stärksten ist.

Ich bringe Benedikt zum Anhalten.

Wir stehen auf einer Anhöhe. Bringt nur leider nicht viel. Ein erneuter Schneesturm ist aufgezogen. Trotzdem weiß ich, dass das Karibu hier in der Nähe ist. Ich spüre ihn. Ein wenig verwirrt, leicht ängstlich aber auch hoffnungsvoll. Etwas, was ich bei einem Ren noch nie gespürt habe. Dazu mischt sich eine Art Sehnsucht und ein Drängen. Was auch immer das zu bedeuten hat. Wahrscheinlich ist es nur unsicher und fragt sich, was das soll, denn es kann ganz sicher auch mich fühlen. Doch das ist noch nicht alles.

Er ruft mich.

Ja, haltet mich für bekloppt, aber ich glaube, das tut er. Manchmal sogar mit Lauten.

Sein Röhren ist tief und melodiös und beschert mir jedes Mal eine prickelnde Gänsehaut. 'Ich muss ihn finden und in Sicherheit bringen!'

"Komm Benedikt! Weiter geht's mein Dicker!"

Wir rauschen die Anhöhe auf der anderen Seite hinab.

Schneeflocken tanzen um mein Gesicht und ich bin froh, dass ich einen unvergleichlich guten Orientierungssinn habe. Auch so ein Weihnachts-Magie-Ding.

Wäre ja auch was, wenn Santa sich ständig verfliegen würde.

Wir kommen unten im Tal an. Eine große, weiße Fläche tut sich vor uns auf. Das sieht man kaum, aber ich weiß, dass sie da ist, denn im Sommer ist hier ein großer See. Nun ist er jedoch meterdick zugefroren.

Ich schließe für einen Moment die Augen. 'Nach rechts.' Der Schlitten biegt nach rechts. 'Er ist da. Ich weiß es!'

Plötzlich wirkt Benedikt nervös und wird langsamer. "Kannst du ihn wittern?" Das kann er.

Ich lasse ihn anhalten. "Ist in Ordnung, Benedikt. Bleib brav hier." Mit diesen Worten steige ich vom Schlitten, greife mir den randvollen Futtereimer sowie das Halfter und gehe ein paar Meter.

"Hey Hübscher! Wo bist du?" Ich schwenke den Eimer, damit es ordentlich raschelt. "Ich habe was für dich!"

Blöd nur, dass das Futtergeraschel nur Benedikt anlockt. Er zuppelt an meinem Mantel herum. Grinsend gebe ich ihm eine Hand voll. "Ja, ist ja gut. Hast du dir verdient, hm Dicker?"

Links neben uns ein dumpfer Laut. Noch einer. Und noch einer. "Bist du das?" Der Dämliche Sturm wird schlimmer. Die Flocken wirbeln nur so um meinen Kopf herum. "Mensch, Hübscher. Du bringst mich echt in die beschissesten Situationen." Vielleicht wäre es besser gewesen, erst einmal wieder einen kühlen Kopf zu bekommen, anstatt dem Karibu sofort in die eisige Wildnis zu folgen. 'Oder vorher mal den Wetterbericht zu gucken.'

"Nun lass dich doch endlich blicken, du sturer Kerl." Ich werde wieder ungeduldig. So kenne ich mich gar nicht. Moment mal. Ich höre in mich hinein. 'Das bin ich nicht.'

"Warum bist du ungeduldig?" Ganz sicher! Das ist wieder mal das Karibu. Beängstigend, dass ich das nicht gleich gemerkt habe. Normal weiß ich immer, von wem welche Gefühlswellen kommen. Aber bei ihm … 'Fast schon menschlich …', kommt es mir in den Sinn und ich bekomme eine markerschütternde Gänsehaut.

"Hübscher?" Ich lasse den Eimer sinken und schaue mich hektisch um. "Wo bist du?"

"Hier. Direkt vor dir."
 

Der Eimer segelt zu Boden und mir bleibt das Herz stehen. Keine Sekunde später rast es so schnell, dass mir der Schweiß ausbricht und mir schwindelig wird.

"Was zum …?"

Ein Schatten löst sich aus dem Schneegewusel. Ein Schemen, der sowohl tierisch, als auch menschlich sein könnte. Für einen kurzen Moment sieht es so aus, als stände ein Mensch mit Geweih vor mir. Fast wie ein nordischer Schamane.

"Endlich allein", höre ich erneut diese tiefe Stimme, die mir heiße Wellen durch den Körper jagen lässt. Ob sie gut sind, oder schlecht, weiß ich nicht zu bestimmen.

"Wo ist das Karibu? Gehört es dir? Oder hast du ihm etwas angetan?" Wehe, wenn dieser Typ meinem hübschen Burschen …

Ein Schmunzeln. Direkt an meinem rechten Ohr.

Ich schnelle herum, doch niemand mehr zu sehen.

"Gewissermaßen gehört das Tier mir, ja."

"Was soll das hier! Wer sind Sie?"

"Der, den du gesucht hast." Langsam verstehe ich gar nichts mehr.

"Verdammt noch mal! Was soll das heißen?" Sauer kicke ich in den Wadenhohen Schnee vor mir in die Höhe.

"Nicht so aufbrausend. Ich bin doch da." Ein Lachen. Ein verdammt scharfes Lachen, was mich nur noch wütender macht.

"Hör auf mit dem Scheiß, Mann!"

"Gleich", verspricht mir die tiefe Stimme. "Zuerst: Was wolltest du mit Monty?"

"Monty?"

"Dem Karibu." Es hat also einen Namen.

Verwirrt runzle ich die Stirn. "Na es einfangen."

"Warum?" Irre ich mich, oder hört sich der Typ nun sauer an.

"Es gehört nicht hier her, deshalb dachten wir, es ist wo ausgebüchst. Ich wollte schauen, ob es gechipt ist und wenn ja, seinem Besitzer zurückgeben."

"Mehr nicht?"

"Nein."

"Du wolltest es nicht behalten? Es für dein Vergnügen einsperren?" Langsam wird es mir zu bunt!

"Was soll diese Fragerei?", schreie ich. "Wenn es dir gehört, dann sieh zu, dass es nicht ständig abhaut! Es hat meine Rentiere aufgeschreckt!"

"Ach was! Die waren nur aufgeregt."

"Nur aufge…" Mir platzt gleich der Kragen! "Du Elender …"

"Was hättest du gemacht, wenn du niemanden gefunden hättest?"

"Hä?" Was soll das jetzt?

"Wenn du Monty eingefangen, aber keinen Besitzer gefunden hättest", präzisiert er.

"Ich … Natürlich hätte ich mich um ihn gekümmert", beantworte ich seine Frage.

"Gekümmert …" Ich runzle die Stirn. Was will der Kerl denn eigentlich? "Was bedeutet das?" Ist der doof? Will der von mir jetzt ernsthaft eine Duden-Erklärung darüber haben?

"Das bedeutet, ich hätte ihn gefüttert, ihn untersuchen lassen, ob er gesund ist, ihn gepflegt … Na was man eben mit Tieren macht, um die man sich kümmert!"

"Das hättest du getan?" Der Typ hat doch nicht mehr alle Blütenblätter am Gänseblümchen!

"Das wird mir zu blöd", schnaube ich und verschränke die Arme vor der Brust. "Wer bist du? Und was hat es mit dem Karibu auf sich, hm?"

"Noch nicht", krächzt er. "Ich muss mir erst sicher sein." Was soll denn das nun wieder bedeuten?

Ich werde langsam richtig sauer. Aber volle Kanne. Ich will diesen Idioten gerade so richtig anbrüllen, da werde ich am Arm gepackt und herumgewirbelt.

Mir entfleucht ein leiser Schrei, dann wird mir plötzlich angenehm warm und anschließend ... alles Schwarz.
 

***
 

"Ist er wach?"

"Ich weiß nicht. Sei doch mal leise!"

"Aber … Was ist denn passiert?"

"Das weiß ich doch nicht! Er ist ja noch immer weggetreten."

Ein Seufzen.

Ich stöhne, weil mein Schädel brummt, als hätte ich drei Badewannen voll Eierpunsch weggeext.

"Santos? … Santos? Alles okay? Sag doch was!" Jemand rüttelt mich an der Schulter.

"Au…", keuche ich und drehe mich weg.

"Sorry." Ich schnaufe bloß und versuche die Augen zu öffnen.

Sanfter Kerzenschein. Sehr augenfreundlich.

"Was ist los?", frage ich schleppend.

"Das wüssten wir gern von dir!"

Meine Sicht klärt sich langsam. Über mir schweben die Gesichter von Heinz und Lars. Lars ist Arzt. Ist er wegen mir da?

"Wieso seid ihr hier?" In meinem Schlafzimmer wohlgemerkt.

"Was ist das Letzte, an das du dich erinnerst?", fragt mich Lars ernst und blendet mich mit einer kleinen Taschenlampe, sodass ich zischend Luft zwischen meine Zähne einsauge.

"Hör auf damit!"

"Santos. Antworte."

"Ist ja gut!" Ich überlege. Ziemlich lange. "Keine Ahnung … Das Karibu. Ich hab's gesucht."

"Und weiter?"

"Weiß nicht … Hab ich's gefunden?"

"Sag du es uns."

Ich denke krampfhaft nach. Aber nichts. "Ich weiß nur noch, dass ich ihn ganz in der Nähe gespürt habe und dann …" Mit einem Mal fällt mir alles wieder ein.

Ich setze mich auf. Zu schnell für meinen pochenden Schädel. "Au!"

"Langsam!" Lars und Heinz pressen mich wieder ins Kissen.

"Da war jemand! Der Besitzer von dem Karibu, glaube ich. Der hat mir dumme Fragen gestellt und muss mir dann wohl eine verpasst haben." Dieses Arschloch!

Die beiden sehen sich stirnrunzelnd an. "Ehrlich!" Glauben die mir etwa nicht? Stopp mal! "Wie bin ich wieder hier her gekommen?"

"Du lagst auf dem Schlitten. Hast gestunken wie eine ganze Schnapsbrennerei und warst bewusstlos."

"Was?"

"Benedikt hat dich wieder sicher nach Hause gebracht. Und … Na ja … Das Karibu lief brav hinter euch her." Mir fällt die Kinnlade runter.

"Monty ist hier?"

"Äh … Monty?" Die beiden schauen mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle. Und so langsam befürchte ich, dass sie Recht haben könnten, doch das ist mir im Moment total egal.

"Na Monty! Das Karibu!"

"Ach so … Ja. Steht bei den anderen im Stall und ist lammfromm." Das gibt's doch nicht!

Ich schwinge die Beine aus dem Bett. "Ich muss ihn sehen!"

"Warte doch mal! Santos!" Die beiden versuchen mich aufzuhalten, doch ich kann ihren besorgten Griffeln entkommen, obwohl mein Gang noch ziemlich wackelig ist und mein Kopf pocht wie ein Presslufthammer.

"Santos! Halt!" Nichts da! Ich muss zu Monty! "Du bist nackt!"

Hä?

Ich bleibe stehen und schaue an mir runter.

"Oh."
 

Angezogen mache ich mich erneut auf den Weg. Diesmal lassen die beiden mich auch ohne zu murren gehen. Nur Lars schenkt mir einen amüsierten Augenaufschlag.

Die halbe Belegschaft kommt angerannt, als ich unten in der Lobby ankomme. Julian hängt sich sogar wimmernd an mich.

"Ist ja gut!", knurre ich. "Mir geht es bestens! Geht wieder an die Arbeit." Etwas unsanft verfrachte ich Julian wieder hinter den Empfang und düse nach draußen.

Im großen Stallgebäude angekommen, muss ich Monty nicht lange suchen.

Er steht in einer der hinteren Boxen. Einer, die wir immer für Notfälle über haben.

"Das gibt's doch nicht", hauche ich ungläubig. "Du bist wirklich hier."

Ich trete an die Box heran. Sofort trottet Monty zu mir, schnuppert an meiner ausgestreckten Hand.

"Was ist da draußen denn nur passiert?" Mir brummt immer noch der Schädel.

Ich soll nach Schnaps gestunken haben. War ich etwa einen Heben? 'Niemals! Das wüsste ich ja wohl!'

Ich war schon oft sternhagelvoll wie eine feierwütige Betschwester am Karfreitag, aber noch niemals hatte ich einen solchen Filmriss, dass ich mich noch nicht mal daran erinnern konnte, überhaupt eine Kneipe betreten zu haben.

Montys warme, raue Zunge schleckt über meine Hand. Langsam wird's ekelig.

"Hat dich dein Herrchen mir etwa aufs Auge gedrückt?", überlege ich laut. "Oder bist du uns einfach nur nachgelaufen? Und warum hast du dich jetzt einfangen lassen?" Fragen über Fragen. Und dabei habe ich noch nicht mal angefangen, über diesen merkwürdigen Typen nachzudenken.

Wo kam er her? Was hatte er da draußen zu suchen? Soweit ich weiß, gibt es da kein Dörfchen, geschweige denn ein Haus oder gar eine Jagdhütte. Bei diesen Minusgraden kann der unmöglich dort im Freien leben ...

"Na? Wie benimmt sich unser Gast?" Karin taucht auf.

"Sag du es mir? Hast du ihn schon untersucht? Hatte er irgendwelche Verletzungen?"

"Zu Frage eins: Ja und zu zwei: nein." Sie schüttelt den Kopf und stellt sich neben mich. "Alles okay mit ihm. Und er hat sich auch ganz brav untersuchen lassen." Merkwürdig … Aber nicht nur das ist komisch an der ganzen Sache.

"Da bin ich mir nicht so sicher …" Karin mustert mich fragend. Ich seufze. "Da stimmt was nicht."

"Und was?" Ich zucke mit den Schultern. "Meinst du Körperlich? Fühlst du etwas?"

"Irgendwie schon, ja."

"Soll ich mal seine Blutwerte untersuchen?"

"Das wäre vielleicht keine schlechte Idee. Aber ich glaube nicht, dass es davon kommt."

"Erkläre es mir." Ich überlege.

Mit Karin tausche ich mich oft über das Befinden meiner Rentiere aus. Viele Tierbesitzer merken, wenn etwas mit ihren Lieblingen nicht stimmt. Bei mir ist das auch so. Nur noch viel intensiver und mein Vorteil ist, dass ich meist auch genau sagen kann, wo welches Tier Schmerzen hat.

Bekommt eine meiner Damen Wehen, weiß ich es sofort, was ganz praktisch ist. Auch kleinere Wehwehchen merke ich.

Trotzdem weiß ich gerade nicht, wie ich mein Gefühl beschreiben soll.

"Gestern hatte ich das Gefühl, er würde mich zu sich rufen", beginne ich. "Und davor … Ich weiß auch nicht. Er schien … in der Brunft zu sein." Ich kann Karins stechenden Blick direkt auf mir spüren.

"Ah ja. Verstehe." Sie grinst verstohlen.

"Lach nicht! Das war nicht witzig! Ich saß gerade im Büro! Und dank diesem ganzen Weihnachtszauberzeug konnte ich es noch besser fühlen als normal." Jetzt kichert sie erst richtig los, sodass ich ihr einen Schubs mit dem Ellenbogen verpasse.

"Also … wenn ich das jetzt richtig verstehe", kichert sie weiter "Ist der große Kerl hier heiß und wollte dich zu sich locken." Karin kringelt sich regelrecht.

"Nicht witzig, Karin. Nicht witzig." Ich schmolle und tätschle Montys Stirn.

Eine Welle Trost schwappt über mir zusammen. Ich ziehe die Hand von dem warmen Fell, als hätte ich mich daran verbrannt.

"Verdammt!"

"Was?" Sofort ist Karin wieder professionell. "Hat er da was?"

"Nein. Er … Scheiße Karin! Ich schwöre dir, der Bursche wollte mich eben trösten!"

Nun guckt mich heute schon eine dritte Person so an, als hätte ich nicht mehr alle Tässchen im Oberschränkchen.

"Du solltest deinen Rausch noch ein wenig länger ausschlafen", rät sie mir, klopft mir auf die Schulter und verabschiedet sich wieder mit dem Versprechen, sofort hier zu sein, wenn etwas mit unseren Neuzugang sein sollte.

"Ich hab mich nicht besoffen", grummle ich, als ich wieder allein bin. "Und das weißt du auch, nicht?" Monty schnaubt mir sanft ins Gesicht. "Danke. Sehr freundlich."
 

******
 

* Ist irgendwie merkwürdig, wenn man beim Korrekturlesen über seinen eigenen Erdachten Mist lachen muss xDD



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Usaria
2020-12-10T15:28:15+00:00 10.12.2020 16:28
Hallo Fara,

Jaaa! Mein Verdacht verhärtet sich. Das Karibu ist ein verzauberter Mensch. Oder ein Satyr? Hmm bin gespannt was noch alles so passiert.


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